Shani Louk

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Shani Nicole Louk (hebräisch שני ניקול לוק; geboren am 7. Februar 2001; gestorben wahrscheinlich am 7. Oktober 2023 bei Reʿim) war eine Deutsch-Israelin, die nach dem Massaker auf dem Supernova-Musikfestival bei Reʿim im Rahmen des Terrorangriffs der Hamas auf Israel 2023 als eine der vermissten Festivalbesucher in den Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit geriet. Ende Oktober 2023 wurde ihr gewaltsamer Tod bestätigt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Shani Louk wurde am 7. Februar 2001 als Tochter eines israelischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren.[1] Ihre Mutter Ricarda Louk lebte zunächst in Ravensburg, konvertierte zum Judentum und zog Anfang der 1990er Jahre nach Israel, wo sie ihren späteren Mann Nissim Louk kennenlernte.[2] Nach der Geburt von Shani zogen die Eltern mit ihr und ihrer drei Jahre älteren Schwester nach Portland im US-Bundesstaat Oregon, wo Shani den Kindergarten der Portland Jewish Academy besuchte.[3] Zurück in Israel lebte die Familie – vergrößert um zwei Söhne – in Srigim, einer Gemeinschaftssiedlung, die zur Regionalverwaltung Mateh Jehuda gehört.[4]

Shani Louk studierte Grafikdesign, arbeitete als selbstständige Tattookünstlerin in Tel Aviv und war als Influencerin auf Instagram tätig. Sie hatte die israelische und deutsche Staatsangehörigkeit. Die deutsche Sprache lernte sie am Goethe-Institut in Freiburg und Weimar.[2] Aufgrund ihrer pazifistischen Einstellung weigerte sie sich, den obligatorischen Wehrdienst abzuleisten. Dank ihrer doppelten Staatsbürgerschaft konnte sie dem entgehen.[5]

Supernova-Festival und Angriff der Hamas[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Shani Louk hatte mit ihrem mexikanischen Freund auf dem Psytrance-Festival Supernova in der Negev-Wüste die Nacht durchgefeiert.[6] Kurz nach Beginn des Angriffs der Hamas am frühen Morgen des 7. Oktober 2023 erhielt Ricarda Louk einen letzten Anruf ihrer Tochter, in dem diese von der Attacke berichtete, aufgrund deren sie einen Schutzraum aufsuchen wolle.[6] Anschließend brach der Kontakt ab. Louks Familie fand später heraus, dass Shani mit Freunden über einen Parkplatz gerannt war, um mit zwei Autos zu flüchten.[6]

Am selben Tag wurde ein Video auf X verbreitet, das zeigte, wie Louk mit dem Gesicht nach unten auf der Ladefläche eines Pickups liegend von Hamas-Terroristen durch die Straßen von Gaza gefahren wird.[7] Männer um sie herum grölten „Allahu akbar“ (Gott ist groß), einer zog an ihren Haaren und ein Jugendlicher spuckte ihr auf den Kopf.[8] Louk wirkte regungslos und an ihrem Hinterkopf war Blut zu sehen, es blieb jedoch zunächst unklar, ob sie bewusstlos oder tot ist. Ihr Freund wurde ebenfalls verschleppt.[9]

Sicherheitsexperten und Kommentatoren bezeichneten das Video als Propaganda der Terrororganisation Hamas in den sozialen Medien. Es wurde zu einer der ersten sich schnell verbreitenden Filmaufnahmen vom Terrorangriff auf Israel. Einige Journalisten brachten die Veröffentlichung des Videos mit den Ermittlungen der Europäischen Kommission gegen X (vormals Twitter) im Jahr 2023 in Verbindung, als der Dienst die Verbreitung illegaler Inhalte zugelassen hatte.[10] Bei einer weiteren Filmsequenz, die in zahlreichen Berichten mit der Beschreibung eingebunden wurde, dass sie Louk kurz vor dem Angriff beim Tanzen zeige, handelte es sich um eine bereits im März 2023 entstandene Aufnahme von einem anderen Festival.[11]

Zusätzliche Aufmerksamkeit wurde dem Fall zuteil, nachdem Ricarda Louk ihre Tochter rasch an deren Tätowierungen erkannt hatte.[9] Sie bat daraufhin die deutsche Regierung öffentlich um Hilfe.[12] Die Mutter erklärte wenige Tage später, dass sie die Information erhalten habe, dass Shani am Leben sei und sich mit schweren Kopfverletzungen im Indonesian Hospital in Bait Lahiya befinde.[13] In dieser Stadt im nördlichen Gazastreifen sei laut Bankauskunft auch zweimal versucht worden, mit ihrer Kreditkarte Geld abzuheben.[8] Nach Angaben der deutschen Behörden gehörte Shani Louk zu den mindestens acht deutschen Staatsangehörigen, die während des Terrorangriffs als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden waren.[14]

Identifizierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 29. Oktober 2023 informierte die israelische Bergungseinheit ZAKA Louks Mutter, dass ein Schädelfragment ihrer Tochter entdeckt und mithilfe des eingereichten Vergleichsmaterials per DNA-Test identifiziert worden sei.[2] Die aufgefundenen Überreste des Felsenbeins seien mit dem Leben nicht vereinbar, so dass alles daraufhin deute, dass Shani bereits am 7. Oktober auf dem Festivalgelände getötet worden war.[15] Dass nur dieser Teil ihres Schädels gefunden wurde, lässt laut israelischen Forensikern darauf schließen, dass sie schon tot war, als die Terroristen mit ihrem geschändeten Körper durch Gaza fuhren.[16]

Das israelische Ministerium für auswärtige Angelegenheiten bestätigte am 30. Oktober 2023 in sozialen Medien offiziell Shani Louks Tod.[17] Ricarda Louk gab an, dass abgesehen vom Schädelfragment der Leichnam ihrer Tochter bislang nicht gefunden wurde.[18]

Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der deutsche Botschafter in Israel Steffen Seibert sprach in einem Tweet Louks Familie sein Beileid aus.[19] Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte der Mutter. Gemeinsam werde man sich dem Hass und dem Terror entgegenstellen. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einer furchtbaren Tat. Der Mord zeige „die ganze Barbarei, die hinter diesem Angriff der Hamas“ stecke.[20] Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden.[21]

Die Familie kritisierte nach Bekanntwerden des Todes die Bundesregierung. Trotz eines Treffens mit Außenministerin Annalena Baerbock sahen sich Familie Louk und andere Angehörige der deutschen Entführungsopfer von der Außenministerin, dem deutschen Botschafter und Bundeskanzler Scholz nicht unterstützt. Man habe zudem kaum Informationen von den deutschen und israelischen Behörden erhalten.[20]

Shani Louks Vater Nissim Louk wandte sich am 31. Oktober 2023 das erste Mal an die Öffentlichkeit: „Wenigstens weiß ich nun, dass sie nicht in irgendeinen Gaza-Tunnel geworfen wurde“, sagte er in einem Interview auf dem israelischen Sender Channel 13, „es ist gut, dass sie uns endlich eine endgültige Antwort gegeben haben, das tröstet uns ein wenig.“[22][23][24]

Die israelische Anwältin Yael Vias Gvirsman erstattete wegen sexualisierter Gewalt an Shani Louk Anzeige in Deutschland, Frankreich und beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.[25]

Ausstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 7. Februar 2024, Shani Louks 23. Geburtstag, wurde im Nahum Gutman Museum of Art in Neve Tzedek, Tel Aviv, eine Ausstellung mit Louks Zeichnungen unter dem Titel „Forever Young Forever Art“ eröffnet.[26]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Niklas Liebetrau: Israel-Gaza-Krieg – Shani Louk ist tot: Ein Schädelknochen bringt furchtbare Gewissheit. In: Berliner Zeitung. 30. Oktober 2023, abgerufen am 31. Oktober 2023.
  2. a b c Nicholas Potter: Nachruf auf entführte Shani Louk. Sie liebte das Leben. Die Tageszeitung, 30. Oktober 2023, abgerufen am 31. Oktober 2023.
  3. Andrew Foran: Shani Louk, one-time Portland resident, confirmed dead by mother after Israel attack. koin.com, 30. Oktober 2023, archiviert vom Original am 30. Oktober 2023; abgerufen am 1. November 2023 (englisch).
  4. Yael Chechenover: "הפנים של שני הפכו לעדות לזוועות החמאס, ולשתיקת העולם לנוכח מעשיהם" - פרויקט מיוחד. msn.com, 17. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2023 (hebräisch).
  5. Khaleda Rahman: Shani Louk Video Captures Final Moments at Festival Before Hamas Attack. Newsweek, 9. Oktober 2023, abgerufen am 1. November 2023 (englisch).
  6. a b c Zittern um entführte Deutsche: Shani Louk schwer verletzt. Jüdische Allgemeine, 10. Oktober 2023, abgerufen am 31. Oktober 2023.
  7. Jannis Holl: Nach Gaza verschleppt: Israelisches Außenministerium bestätigt den Tod von Shani Louk. In: FAZ.NET. 30. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  8. a b Christian Parth & Lea Frehse: Shani Louk. Die verzweifelte Suche nach der kleinsten Spur. Die Zeit, 14. Oktober 2023, abgerufen am 31. Oktober 2023.
  9. a b Marcus Giebel: Nach Entführung von Shani Louk: Cousine bekommt Fake-Nachrichten über Geisel-Aufenthaltsort. Frankfurter Rundschau, 25. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  10. Muriel Kalisch: Krieg in Israel: Die Deutsche in der Gewalt der Hamas. Der Spiegel, 8. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  11. Faktencheck: Nein, dieses Video zeigt nicht Shani kurz vor dem Hamas-Terror. 20 Minuten, 10. Oktober 2023, abgerufen am 6. November 2023.
  12. Frau mit Wurzeln in BW durch Hamas-Angriffe schwer verletzt: Mutter bittet deutsche Behörden um Hilfe. SWR Aktuell, 11. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  13. Entführte Deutsche Shani Louk soll laut Mutter schwer verletzt am Leben sein. Der Spiegel, 11. Oktober 2023, abgerufen am 6. November 2023.
  14. Baerbock: mindestens acht deutsche Geiseln in der Gewalt der Hamas. Redaktionsnetzwerk Deutschland, 14. Oktober 2023, abgerufen am 6. November 2023.
  15. Shani Louk, 23-year-old kidnapped by Hamas from music festival, declared dead, Israel says. CNN, 31. Oktober 2023, abgerufen am 6. November 2023.
  16. Katharina Bracher: Forensiker analysieren menschliche Überreste des Hamas-Terrors – manche Vermisste werden für immer verschollen bleiben, NZZ, 11. Mai 2023
  17. Tweet vom Israel Foreign Ministry. In: twitter.com. Israel Foreign Ministry, 30. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023 (englisch).
  18. Shani Louk ist tot – "Wenigstens hat sie nicht gelitten". Stern, 30. Oktober 2023, abgerufen am 6. November 2023.
  19. Steffen Seibert: Tweet von Steffen Seibert. X, 30. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023 (englisch).
  20. a b Vermisste Deutsche Shani Louk ist tot. Die Zeit, 30. Oktober 2023, abgerufen am 31. Oktober 2023.
  21. Geiseln im Gazastreifen: Hamas veröffentlicht neues Video. In: FAZ.NET. 31. Oktober 2023, abgerufen am 31. Oktober 2023.
  22. Liran Tamari: Father of late German hostage: 'At least I know she's not tossed in some Gaza tunnel'. ynetnews.com, 31. Oktober 2023, abgerufen am 1. November 2023 (englisch).
  23. Reuters: "Wenigstens hat sie nicht gelitten". Die Zeit, 1. November 2023, abgerufen am 5. November 2023.
  24. Omar Jordani: "אני שמח כי אנחנו יודעים שהיא לא סבלה": שני לוק שנחטפה לעזה - נרצחה. 13tv.co.il, 30. Oktober 2023, abgerufen am 7. November 2023 (hebräisch).
  25. Muriel Kalisch: Sexualisierte Gewalt der Hamas. Ihre Körper als Schlachtfeld, DER SPIEGEL 51/2023, 17. Dezember 2023
  26. ‘She left something for the world’: Exhibition of Shani Louk drawings. In: Jewish Nes Syndicate. 16. Februar 2024, abgerufen am 18. Februar 2024 (englisch).