Trude Herr

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Januar 2017 um 21:00 Uhr durch Kaisehr74 (Diskussion | Beiträge) (+ Link zum Grab). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gedenktafel für Trude Herr vor ihrem ehemaligen Theater in der Kölner Severinstraße

Trude Herr (* 4. Mai 1927 in Köln; † 16. März 1991 in Lauris bei Aix-en-Provence in Frankreich) war eine deutsche Schauspielerin, Schlagersängerin und Theaterdirektorin.

Kindheit

Trude Herr wurde in Köln-Kalk geboren, wuchs in Köln-Mülheim auf und besuchte dort die Schule. Ihr Vater Robert Herr war Lokomotivführer und wurde wegen seiner Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei lange Zeit im Gefängnis und später auch im Konzentrationslager inhaftiert. Für ihn schrieb sie das Lied Papa, in dem sie sich für ihre Zeit mit ihrem Vater bedankt, und sang es 1961 auf seiner Beerdigung. Sie selber war Mitglied der SPD.[1] 1933 besuchte sie eine Volksschule in Köln-Mülheim und arbeitete danach in einer Bäckerei. Da die Wohnung der Herrs im Zweiten Weltkrieg 1943 durch Bomben zerstört wurde, lebten sie zwei Jahre in Ewersbach/ Hessen. Dort arbeitete Trude, die zu diesem Zeitpunkt bereits „Tutti“ und scherzhaft wegen ihrer vollschlanken Formen auch „dat Pummel“ genannt wurde, als Schreibkraft in der Stadtverwaltung Dillenburg. Ab 1946 arbeitete sie als Statistin an der Aachener Wanderbühne; ab 1948 erhielt sie Nebenrollen am Kölner Millowitsch-Theater.[2]

Karriere

Im Millowitsch-Theater spielte sie u. a. in dem vom Fernsehen aufgezeichneten Lustspiel Der verkaufte Großvater (Premiere: 29. August 1955) neben Willy Millowitsch, Elsa Scholten und Franz Schneider erstmals in einer größeren Rolle mit. 1949 gründete sie mit ihrem Freund und Mentor Gustav Schellhardt die Kölner Lustspielbühne, deren Existenz jedoch nicht von langer Dauer war. Zeit ihres Lebens war sie stolz auf dieses Projekt und erwähnte es immer wieder in Presseinterviews. Nach dem Konkurs arbeitete Trude Herr zwischen 1949 und 1954 als Bardame im Homosexuellen-Szenelokal Barberina (Hohe Pforte).

Seit 1954 trat sie zur Karnevalszeit immer wieder bei den Veranstaltungen der verschiedenen Kölner Vereine als Büttenrednerin auf und erntete stets großen Applaus. In ihren Auftritten folgte sie der seit den 1920er Jahren als Varieté- und Revuesängerin bekannten Grete Fluss. Trude Herr wurde dabei von Willi Schaeffers, dem Chef des Kabaretts Tingel-Tangel entdeckt, der sie 1958 in Berlin engagierte. Mit der deutschen Version von Percolator unter dem Titel Ich will keine Schokolade (ich will lieber einen Mann)[3] konnte sie mit Rang 18 in der deutschen Hitparade ihren überhaupt größten Schallplattenhit landen. Der deutsche Text wurde von Carl-Ulrich Blecher verfasst. Er schrieb allerdings drei Strophen, dadurch konnte der Instrumental-Part des Originals entfallen. Das Lied wurde in dem deutschen Schlagerfilm Marina von Trude Herr (als Trude Pippes) gesungen, der am 19. August 1960 mit seinen 15 Schlagern Premiere hatte. Mit diesem Musikfilm gelang ihr 1960 der Durchbruch. Sie spielte in über 30 Filmen mit, hatte zahlreiche Auftritte in Fernsehsendungen und Erfolg im Schlagergeschäft. Im August 1964 unternahm sie eine fünfmonatige Reise durch Sahara-Staaten,[4] wo sie 1969 den zum Volk der Tuareg gehörenden Tunesier Ahmed M’Barek kennenlernte. Er begleitete sie zurück nach Deutschland, wo beide heirateten; die Ehe hielt bis 1976. Mit eigenem Ensemble spielte sie im Millowitsch-Theater ab 16. September 1970 sehr erfolgreich Die Perle Anna, ab 21. September 1972 Die Familie Pütz.

Grabstätte von Trude Herr

Am 9. September 1977 eröffnete sie auf der Severinstraße ihr Volkstheater Theater im Vringsveedel. Dort wollte sie eine volksnahe Alternative zum etablierten Millowitsch-Theater aufbauen. Mit reichlich kölschem Humor und kölscher Sentimentalität und garniert mit einer Portion Vulgarität schrieb sie für dieses Theater Stücke wie Die kölsche Geisha (1977), Der Hausmann und Massage-Salon Denz (1979), Drei Glas Kölsch (1980), Scheidung auf Kölsch (1981), Die Hellseherin (1985) oder als letztes Theaterstück Im zweiten Frühling (1986). Ihr Bühnenpartner war in dieser Zeit Hans Künster. Der Spielplan dauerte nur von September bis Ende Dezember, die restliche Zeit war das Theater anderweitig vermietet oder stand leer. Ohne städtische Zuschüsse, die sie 1977 und 1982 vergeblich beantragt hatte, stand das Theater finanziell ständig auf schwachen Füßen. Daran änderte auch die sehr hohe Besucherauslastung von 97 Prozent nichts — die Fixkosten mit 21 Beschäftigten waren zu hoch.[5] Es war das bestbesuchte Theater in Nordrhein-Westfalen.[6] Deshalb und auch wegen zunehmender Gesundheitsprobleme wurde das Theaterexperiment am 27. Februar 1986 beendet.

Zwischendurch wirkte sie in der WDR-Produktion Schöne Bescherung – Ein Beitrag zum Fest von Trude Herr mit, die im Dezember 1983 ausgestrahlt wurde. Zwischen Oktober 1986 und Januar 1987 nahm sie in den Info Studios (Monheim am Rhein) mit dem Produzenten Thomas Brück das Album Ich sage, was ich meine mit internationalen Hits auf, die sie mit deutschen Texten versah. Das Lied Niemals geht man so ganz, das sie mit Wolfgang Niedecken (BAP) und Tommy Engel (Bläck Fööss) interpretierte,[7] erreichte im August 1987 Platz 20 in den deutschen Charts. Nach sechs schweren Operationen am Hals und an den Beinen zog sie aus gesundheitlichen Gründen im Juli 1987 auf die Fidschi-Inseln (nahe der Hauptstadt Suva). 1988 erhielt sie das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. In jenem Jahr gab sie Günther Jauch ihr letztes Fernsehinterview.[8] Im Januar 1991 kehrte sie mit Samuel Bawesi, ihrem Lebenspartner, von den Fidschi-Inseln nach Köln zurück. Im Februar 1991 zog sie nach Lauris, einem kleinen Dorf bei Aix-en-Provence in Südfrankreich, wo sie im März 1991 an Herzversagen starb. Sie wurde auf dem Kölner Nordfriedhof beerdigt.[9]

Nach ihrem Tod

Im Sommer 1995 fand auf dem Kölner Roncalliplatz eine Trude-Herr-Gedenkrevue statt, in der Künstler wie Anne Haigis, Tommy Engel oder die Höhner die größten Hits von Trude Herr präsentierten. Die Idee zu dieser Revue hatten Thomas Brück und Jürgen Fritz, der ihren Hit Niemals geht man so ganz komponierte. Anlässlich ihres 80. Geburtstags im Jahr 2007 zeigte das WDR-Fernsehen sowie das ARD-Digitalprogramm EinsFestival die Aufzeichnungen ihrer Theaterstücke aus ihrem „Theater im Vringsveedel“ in Köln. Drei dieser Theaterstücke wurden anlässlich des Geburtstages auf DVD veröffentlicht. Durch eine anonyme Spende konnte 2011 ihre Grabstelle für weitere 25 Jahre erhalten werden.[10]

Sonstiges

Trude Herr ist die Tante von Gigi Herr (* 28. Dezember 1942), die seit 1994 Rollen in Walter Bockmayers skurrilen Theaterstücken im Kölner Scala-Theater spielt. In der TV-Comedy-Serie Hausmeister Krause – Ordnung muss sein spielte Gigi Herr die Schwiegermutter Rosemarie Küppers.

Diskografie (Auswahl)

Chart­plat­zie­rungen
Erklärung der Daten
Alben
Ich sage, was ich meine
 DE3603.08.1987(8 Wo.)
Singles
Ich will keine Schokolade
 DE1801.02.1960(12 Wo.)
In der Spelunke zur alten Unke
 DE3601.03.1960(4 Wo.)
Spiegel-Twist
 DE2301.01.1963(8 Wo.)
Niemals geht man so ganz
 DE2010.08.1987(10 Wo.)

Template:Infobox Chartplatzierungen/Wartung/vorläufige Chartplatzierung

Singles

Trude Herr - Ich will keine Schokolade
  • Quatschkopp-Marsch / Laß das mal den Vater machen (1959; Philips)
  • Ich will keine Schokolade / In der Spelunke „Zur alten Unke“ (1960; Philips)
  • Morgens bin ich immer müde / So schön wie du (1960; Philips)
  • Oh, Heinrich / 33 144 mal (1960; Philips)
  • Tschitschibum / Weil ich so sexy bin (1961; Philips)
  • Er war stets ein Kavalier / Laß das sein (1961; Philips)
  • Brautjammer (Hör’ ich die Glocken) / Ich kann weinen wie ein Wasserfall (1961; Philips)
  • Spiegel-Twist / Autofahrer-Blues (1962; Polydor)
  • Französisch sprechen kann ich fast gar nicht / So ein Mann ist ein komisches Gewächs (1963; Polydor)
  • Mein bester Freund heißt Luxi / Ich bin eine Frau von Format (1963; Polydor)
  • Mama, er ist schon wieder hier / Ja, er kann lügen (1964; Polydor)
  • So einfach ist die Liebe nicht / Nein, ich laß mich nicht fotografieren (1964; Polydor)
  • Du warst lieb zu mir / Nach dem dritten Schoppen (1965; Polydor, unveröffentlicht)
  • Er schaut in die Röhre / So sind die Männer (1967; Mondial)
  • Wir tragen’s mit Humor / Es ist schade um die Zeit (1969; CBS)
  • Mama, ich bin e so bang / Mal sagt er ja (1973; BASF-Cornet)
  • Ich ben dodurch / Conditorei (1978; TVV)
  • Die Stadt / Älter sein (1987; EMI Electrola)
  • Niemals geht man so ganz / Föhlenz (1987; EMI Electrola)
  • Beast of Burden (Die Hipp vum Nümaat) / Die Unschuld (mit Wolfgang Niedecken) (1987; EMI Electrola)
  • Versteh’ / Ich weiß jenau wat de meinz (1988; EMI Electrola)

EPs

  • Bumsvallera (Der Alte bleibt / Sputnik / Blau sind die Veilchen / Wenn ich dich besehe mit Kurt-Adolf Thelen; 1958; Philips)
  • Unsere tollen Tanten in der Südsee (Gus Backus: Coca mit Rum / Blue Caprice: Laylani / Trude Herr: Hula-Twist / Blue Caprice: Unter den Sternen der Südsee; 1963; Polydor)

LPs

  • Gunter Gabriel: Damen wollen Kerle (Gunter Gabriel und Trude Herr: Mama Molly’s Makkaroni Band) (1978; Polydor)
  • Ich sage, was ich meine (1987; EMI Electrola)

CDs

  • Ich sage, was ich meine (1987; EMI Electrola)
  • Ich will keine Schokolade (1998; Bear Family Records)

Filmografie (Auswahl)

Literatur

  • Gérard Schmidt: Trude Herr. Ihr Leben. Bastei Lübbe, Köln 1991, ISBN 3-404-61214-0.
  • Heike Beutel, Anna Barbara Hagin (Hrsg.): Trude Herr. Ein Leben. Emons, Köln 1997, ISBN 3-924491-94-1.
  • Ulrike Sprenger: Wer Sorgen hat, hat auch Konfekt. ‚Trude Herr: Ich will keine Schokolade (1959)‘. In: Schlager, die wir nie vergessen. Verständige Interpretationen. Hrsg. von Rainer Max, Rainer Moritz. Reclam, Leipzig 1997, ISBN 3-379-01583-0, S. 75–80.

Weblinks

Commons: Trude Herr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Interview in der NDR Talk Show vom 27. März 1987
  2. Horst O. Hermanni: Von Jean Gabin bis Walter Huston. Band 3, 2009, S. 387 f.
  3. Februar 1960; Philips 876 938-7
  4. Trude Herr. In: Der Spiegel. Nr. 32, 1964, S. 76 (online).
  5. Horst O. Hermanni, a.a.O., S. 388
  6. Op dat Jlück muß man sich setzen. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1987, S. 173 (online).
  7. dailymotion.com: Video Trude Herr, Wolfgang Niedecken, Tommy Engel: Niemals geht man so ganz
  8. Na siehste! -Folge 3 vom 17. Februar 1988, (zu finden auf Youtube)
  9. knerger.de: Das Grab von Trude Herr
  10. Spende rettet das Grab von Trude Herr.