Birrwil

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. Februar 2010 um 23:17 Uhr durch DidiWeidmann (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Birrwil
Wappen von Birrwil
Wappen von Birrwil
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Aargau Aargau (AG)
Bezirk: Kulmw
BFS-Nr.: 4132i1f3f4
Postleitzahl: 5708
Koordinaten: 657382 / 238141Koordinaten: 47° 17′ 30″ N, 8° 11′ 50″ O; CH1903: 657382 / 238141
Höhe: 560 m ü. M.
Fläche: 5,53 km²
Einwohner: 1357 (31. Dezember 2022)[1]
Einwohnerdichte: 245 Einw. pro km²
Website: www.birrwil.ch
Karte
Karte von Birrwil
Karte von Birrwil
{ww
Weiler am See

Birrwil (schweizerdeutsch ˈbɪr.viːl, in der lokalen Mundart ˈbɛr.bʊ)[2] ist eine Einwohnergemeinde im Bezirk Kulm im Schweizer Kanton Aargau. Sie liegt im Seetal am Westufer des Hallwilersees.

Geographie

Das Dorf liegt auf vier lang gezogenen, schmalen Terrassen an den steilen Osthängen der Eichhalde (771 m ü. M.) und des Güggelibergs (752 m ü. M.), rund 70 bis 150 Höhenmeter über dem Seespiegel. Zwischen den beiden Hügeln erstreckt sich eine kleine Hochebene, die im Westen durch den fast kreisrunden Tätschbüel-Hügel (715 m ü. M.) begrenzt wird. Das Ufer des Hallwilersees ist mit Ausnahme des Weilers «Am See» weitgehend unverbaut. Ganz im Nordosten, in der Nähe von Alliswil, liegt der Weiler Schwaderhof.[3]

Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 553 Hektaren, davon sind 88 Hektaren bewaldet und 45 Hektaren überbaut. Der höchste Punkt befindet sich auf 771 Metern auf der Eichhalde, der tiefste auf 449 Metern am Seeufer.

Nachbargemeinden sind Leutwil im Nordwesten, Boniswil im Norden, Meisterschwanden im Osten, Beinwil am See im Süden, Reinach im Südwesten und Zetzwil im Westen.

Geschichte

Vereinzelte Funde zeugen von einer Besiedlung während der Jungsteinzeit. Der Ostabhang des Hombergs scheint auch während der Römerzeit besiedelt gewesen zu sein, wie Funde von Mauerresten, Ziegelstempeln und einer Münze des Kaisers Claudius Gothicus (ca. 270 n. Chr.) beweisen.[4] Gegründet wurde das Dorf von den Alamannen. Die erste urkundliche Erwähnung von Beriuuillare erfolgte im Jahr 1185. Der Ortsname geht auf das althochdeutsche Berinwilari zurück, was «Hofsiedlung des Bero» bedeutet.[2]

Im Mittelalter lag das Dorf im Herrschaftsbereich der Grafen von Lenzburg, ab 1173 in jenem der Grafen von Kyburg. Nachdem diese ausgestorben waren, wurden die Habsburger im Jahr 1264 die neuen Landesherren. Im Namen dieser Adelshäuser herrschten die Herren von Birrwil über das Dorf. Das Geschlecht besass lediglich lokale Bedeutung und starb 1331 aus, von ihrer Burg ist nichts erhalten geblieben. Ab 1326 übten die jeweiligen Besitzer des Schlosses Liebegg bei Gränichen die niedere Gerichtsbarkeit aus.

1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau; Birrwil gehörte nun zum Untertanengebiet der Stadt Bern, dem so genannten Berner Aargau. Das Dorf bildete einen Gerichtsbezirk im Amt Lenzburg. 1528 führten die Berner die Reformation ein. Im März 1798 marschierten die Franzosen in die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Birrwil gehört seither zum Kanton Aargau. Relativ spät erfolgte die Eingliederung ehemaliger Steckhöfe: Der Schwaderhof gehörte bis 1822 zur damals selbständigen Gemeinde Alliswil, der Wilhof wurde erst 1905 vollständig in die Gemeinde Birrwil integriert.

Im 18. Jahrhundert hatte sich die Verarbeitung von Baumwolle etabliert. 1857 wurde die erste Zigarrenfabrik gegründet. Am 15. Oktober 1883 erhielt Birrwil einen Anschluss ans Eisenbahnnetz, als die Seetalbahn das Teilstück zwischen Beinwil am See und Lenzburg in Betrieb nahm. Bis 1930 ging die Bevölkerungszahl jedoch um über einen Fünftel zurück. Noch heute zählt die Gemeinde weniger Einwohner als im Jahr 1870. Die Tabakindustrie ist seit 1960 verschwunden und auch die Landwirtschaft hat nur noch eine geringe Bedeutung. Birrwil hat sich zu einer Wohngemeinde entwickelt, die sich an den grösseren Regionalzentren orientiert.

Sehenswürdigkeiten

Kirche und Bahnhof Birrwil

Die Birrwiler Kirche wurde erstmals 1275 erwähnt. 1689 brach man das Kirchenschiff mit Ausnahme der nördlichen Längsmauer ab und errichtete ein paar Meter weiter nördlich einen Neubau. Die stehengebliebene Nordmauer bildete nun die Südseite. Der an den Chor angebaute Kirchturm blieb unverändert erhalten. 1791 erhielt die Kirche eine Stuckdecke im Rokoko-Stil. 1925 und 1975/78 erfolgten umfangreiche Renovationen. Bauernhäuser mit hohen Walmdächern im Berner Stil prägen das Ortsbild.[5]

Wappen

Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «In Blau über grünem Dreiberg weisse Birne an grünem Blätterzweig.» Das Wappen erschien erstmals auf dem Deckblatt des Kirchenrodels von 1513, die Verwendung der Birne ist auf eine Fehldeutung des Ortsnamens zurückzuführen. Um Verwechslungen mit dem Wappen von Birr zu vermeiden, liess der Gemeinderat 1953 die Farbe der Birne von Gelb in Weiss ändern.[6]

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung:[7]

Jahr 1653 1870 1900 1930 1950 1960 1970 1980 1990 2000
Einwohner 195 1005 850 808 845 880 888 927 923 960

Am 31. Dezember 2008 lebten 935 Menschen in Birrwil, der Ausländeranteil betrug 10,5 %. Bei der Volkszählung 2000 waren 58,0 % reformiert. 22,6 % römisch-katholisch, 4,1 % moslemisch und 1,3 % christlich-orthodox; 1,1 % gehörten anderen Glaubensrichtungen an. 93,6 % bezeichneten Deutsch als ihre Hauptsprache, 1,1 % Albanisch, je 0,8 % Italienisch und Französisch.[8]

Politik und Recht

Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden.

Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht in Unterkulm zuständig. Birrwil gehört zum Friedensrichterkreis Leutwil.

Wirtschaft

In Birrwil gibt es gemäss Betriebszählung 2005 rund 200 Arbeitsplätze, davon 21 % in der Landwirtschaft, 28 % in der Industrie und 51 % im Dienstleistungsbereich.[9] Neben den wenigen Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben besitzt auch der Tourismus eine gewisse Bedeutung (Ausflugsverkehr zum Hallwilersee). Die meisten Erwerbstätigen sind Wegpendler und arbeiten im oberen Wynental (Reinach/Menziken).

Verkehr

Durch das Dorf verläuft die wichtige Seetal-Hauptstrasse von Lenzburg über Hochdorf nach Luzern. Birrwil besitzt eine Haltestelle an der Seetalbahn der SBB.

Bildung

Die Gemeinde verfügt über einen Kindergarten und eine Primarschule. Die Realschule und die Sekundarschule können in Beinwil am See besucht werden, die Bezirksschule in Reinach. Die nächstgelegene Kantonsschule (Gymnasium) befindet sich in Aarau.

Weblinks

Commons: Birrwil – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  2. a b Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 94–95.
  3. Landeskarte der Schweiz, Blatt 1110, Swisstopo
  4. Martin Hartmann, Hans Weber: Die Römer im Aargau. Verlag Sauerländer, Aarau 1985, ISBN 3-7941-2539-8, S. 165.
  5. Michael Stettler: Die Kunstdenkmaeler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen. Birkhäuser Verlag, Basel 1948.
  6. Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 123.
  7. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden im Bezirk Kulm, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  8. Gemeindeporträt, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  9. Betriebszählung 2005 - Statistisches Amt des Kantons Aargau