„Notwehr (Deutschland)“ – Versionsunterschied

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Ebenfalls um Rechtfertigungsgründe handelt es sich bei {{§|227|bgb|dejure}} BGB und bei {{§|15|owig|dejure}} OWiG.
Ebenfalls um Rechtfertigungsgründe handelt es sich bei {{§|227|bgb|dejure}} BGB und bei {{§|15|owig|dejure}} OWiG.

Das Notwehrrecht besitzt nach in der Rechtswissenschaft vorherrschender Auffassung zwei Funktionen: Zum einen dient es dem Schutz des angegriffenen Rechtsguts. Zum anderen dient es der Durchsetzung der Rechtsordnung.<ref>{{BibISBN|3642053610|Kapitel=§ 3, Rn. 85-86}}</ref><ref>Christian Jäger: ''Das dualistische Notwehrverständnis und seine Folgen für das Recht auf Verteidigung – zugleich eine Untersuchung zum Verhältnis der Garantenlehre zu den sozialethischen Einschränkungen des Notwehrrechts''. In: Goldtdammer's Archiv für Strafrecht 2016, S. 258.</ref>


== Objektive Tatbestandsmerkmale ==
== Objektive Tatbestandsmerkmale ==

Version vom 9. Juni 2018, 22:21 Uhr

Notwehr ist im Strafrecht und Privatrecht Deutschlands die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden (vgl. § 227 Abs. 2 BGB, § 32 Abs. 2 Strafgesetzbuch, § 15 Abs. 2 OWiG).

Eine Notwehrhandlung, die diesen gesetzlichen Kriterien entspricht, ist ein gerechtfertigter Eingriff in die Rechtsgüter des Angreifers und damit kein strafbares Unrecht. Sämtliche Individualrechtsgüter (etwa die unter § 34 StGB aufgeführten Rechtsgüter Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum) werden vom Notwehrparagraphen abgedeckt. Nicht notwehrfähig sind Angriffe auf Rechtsgüter der Allgemeinheit. Da dem Notwehrrecht das so genannte Rechtsbewährungsprinzip zu Grunde liegt, erfolgt hier grundsätzlich keine Rechtsgüterabwägung. Lediglich bei einem massiven Missverhältnis der Rechtsgüter darf das Notwehrrecht nicht angewandt werden.

Rechtsgeschichte

Das Notwehrrecht leitet sich von alters her ab aus dem römischen Rechtsgrundsatz Vim vi repellere licet[1] (lat., dt. Gewalt darf mit Gewalt erwidert werden). Im modernen Sprachgebrauch wird oft die Grundsatzformel „Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“ (auch Rechtsbewährungsprinzip genannt) gebraucht. Damit soll einerseits das Notwehrrecht überhaupt begründet werden. Es ist aber auch bereits ein erster Grundsatz festgehalten: Es ist einem Angegriffenen grundsätzlich gestattet, sich mit Gewalt zu wehren, auch wenn ihm eine Flucht als „mildestes Mittel“ der „Notwehr“ möglich wäre; er kann sich also wehren und braucht nicht zu weichen.

Ein Blick in die Historie zeigt, dass das Recht auf Notwehr nicht zu jeder Zeit selbstverständlich war. Einer der einschneidendsten, am intensivsten untersuchten und dokumentierten Fälle von Notwehr mit tödlichem Ausgang für den Angreifer ereignete sich 1805 im damaligen Schlesien: Ein einschlägig bekannter und dem Strafvollzug zuvor entflohener Räuber namens Exner starb beim versuchten Einbruch in eine einsam gelegene Mühle durch einen Messerstich des anwesenden Müllers. Das allgemeine preußische Landrecht enthielt infolge des geistigen wie juristischen Absolutismus des preußischen Obrigkeitsstaates keine klaren Festlegungen über das Recht auf Notwehr. Im Deutschland jener Zeit war die Anerkennung der Notwehr in den meisten Fällen ganz in das Ermessen der verhandelnden Richter oder in die Gnade der jeweiligen Landesherren gelegt. Daher musste in einem langwierigen Prozess geklärt werden, inwieweit in diesem besonderen Einzelfall das Recht auf Notwehr angewandt werden konnte. Der nachfolgende Prozess um den Tod des Räubers Exner führte nach längerer Dauer unter dem Druck der Öffentlichkeit und der äußeren Verhältnisse (vor allem der Französischen Revolution) eine intensive, kontrovers geführte Diskussion unter den führenden Rechtsgelehrten der Zeit herbei, die schließlich in die noch heute gültige Formulierung der Notwehr im deutschen Recht mündete. Dieser Fall war so bedeutend und hatte schon seinerzeit so weitreichende Konsequenzen, dass er bereits in den „Neuen Pitaval“ Aufnahme fand. Die Befürworter eines verbrieften Rechtes auf Notwehr verwiesen auf die Abwesenheit der Obrigkeit in Notwehrfällen und postulierten die noch heute gültigen bürgerlichen Rechte und Regularien. Die Gegner betonten die Möglichkeit des Missbrauchs und die Verletzung des staatlichen Gewaltmonopols. Die Diskussion darüber dauerte bis in die jüngste Zeit an. Die Definition des Notwehrexzesses und dessen zeitweilige Strafbewehrung sind Beleg dafür.

Funktion des Notwehrrechts

Gemäß § 32 Absatz 1 StGB ist die Begehung einer Straftat nicht rechtswidrig, wenn sie in Ausübung des Notwehrrechts begangen wird. Das Notwehrrecht stellt damit einen Rechtfertigungsgrund für Eingriffe in die Rechtsgüter des Angreifers dar. Grundsätzlich darf sich der Angegriffene auf jede in Frage kommende Weise verteidigen. Hierdurch zeichnet sich das Notwehrrecht durch eine im Vergleich zu anderen Rechtfertigungsgründen besonders große Eingriffsbefugnis aus. Beschränkt wird das Notwehrrecht durch die Kriterien der Erforderlichkeit und der Gebotenheit der Notwehrhandlung. Zudem darf derjenige, der in Notwehr handelt, lediglich Rechtsgüter seines Angreifers verletzen.

Ebenfalls um Rechtfertigungsgründe handelt es sich bei § 227 BGB und bei § 15 OWiG.

Das Notwehrrecht besitzt nach in der Rechtswissenschaft vorherrschender Auffassung zwei Funktionen: Zum einen dient es dem Schutz des angegriffenen Rechtsguts. Zum anderen dient es der Durchsetzung der Rechtsordnung.[2][3]

Objektive Tatbestandsmerkmale

Notwehrlage

Das Notwehrrecht setzt gemäß § 32 Absatz 2 StGB voraus, dass eine Notwehrlage in Form eines gegenwärtigen und rechtswidrigen Angriffs vorliegt. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zum rechtfertigen Notstand nach § 34 StGB, welcher lediglich eine Gefährdung voraussetzt, dann aber als Folge eine Güterabwägung notwendig macht.[4]

Angriff auf ein Rechtsgut

Bei einem Angriff handelt es sich um eine Bedrohung eines rechtlich geschützten Guts oder Interesses durch menschliches Verhalten.[5] Eine solche liegt jedenfalls vor, wenn der Täter dazu ansetzt, sein Opfer mit einer Waffe zu erschießen.

Ein Angriff kann auch in einem Unterlassen bestehen. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, ist in der Rechtswissenschaft im Einzelnen umstritten. Ein Angriff liegt jedenfalls vor, wenn den Täter als Garant verpflichtet ist, einen Erfolgseintritt abzuwenden.[6]

§ 32 StGB erfasst lediglich solche Bedrohungen, die sich gegen Individualrechtsgüter richten. Als solche kommen insbesondere Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Eigentum in Frage. Auch Individualrechtsgüter, die dem Staat als Fiskus zugeordnet sind, können Gegenstand eines Angriffs sein. Dies betrifft etwa Eigentum der öffentlichen Hand. Sofern dem Staat das betroffene Gut allerdings in seiner hoheitlichen Funktion zugeordnet ist, ist es lediglich dann notwehrfähig, wenn es für den Staat von grundlegender Bedeutung ist und dieser es nicht selbst schützen kann.[7][8] Von vornherein nicht notwehrfähig sind schließlich Rechtsgüter der Allgemeinheit, etwa die Sicherheit im Straßenverkehr und die öffentliche Ordnung.[9]

Kein Angriff liegt vor, wenn das bedrohte Gut lediglich in einem rechtsförmigen Verfahren geschützt ist. In einem solchen Fall kommt als Rechtfertigungsgrund anstatt des Notwehrrechts eine zivilrechtlichen Selbsthilfe in Frage. Daher liegt beispielsweise kein Angriff auf die Rechtsstellung eines Vermieters vor, wenn sich der Mieter nach Beendigung des Mietvertrags weigert, eine Wohnung zu räumen.[10] In einem solchen Fall muss der Vermieter einen Räumungstitel in einem Gerichtsverfahren erwirken.

Gegenwärtigkeit des Angriffs

Ein Angriff ist gegenwärtig, sobald die Rechtsgutverletzung unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert.[11]

Ein unmittelbares Ansetzen liegt vor, wenn er ein Rechtsgut in eine konkrete Gefahr bringt. Ein Indiz hierfür enthält § 22 StGB. Hiernach gelangt ein Delikt ins Versuchsstadium, wenn der Täter zur Tat unmittelbar ansetzt, also aus seiner Sicht alle Schritte unternommen hat, um ein Rechtsgut ohne weitere wesentliche Zwischenschritte zu gefährden. Allerdings ist ein Überschreiten der Schwelle zum Versuch nicht erforderlich. Zwecks effektiven Schutzes genügt die Gefährdung des zu schützenden Rechtsguts, die unmittelbar zu dessen Verletzung führen kann.[12] Gegenwärtigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Angreifer eine Schusswaffe an sich nimmt, um sein Opfer zu erschießen. An der Gegenwärtigkeit fehlt es hingegen, wenn der Täter die Rechtsgutsverletzung lediglich ankündigt, sich jedoch noch zu weit vom Opfer entfernt befindet, um dieses gefährden zu können.[13]

Die Verteidigung ist bis zur Beendigung der Tat möglich (z. B. Verfolgungsrecht beim flüchtenden Dieb).[14] Ein fehlgeschlagener oder untauglicher Versuch berechtigt diesbezüglich zu keiner Notwehrhandlung (mehr).

Aufgrund des Erfordernisses der Gegenwärtigkeit ist die Präventivnotwehr nach überwiegender Auffassung ausgeschlossen. Sie argumentiert insbesondere mit dem Umfang der Befugnisse, die das Notwehrrecht dem Handelnden verleiht.[15][16]

Siehe Abschnitt: Extensiver Notwehrexzess

Rechtswidrigkeit des Angriffs

Gemäß § 32 Absatz 2 StGB setzt eine Notwehrlage voraus, dass der Angriff rechtswidrig ist. Umstritten ist in der Rechtswissenschaft, unter welchen Voraussetzungen dies zutrifft. Nach vorherrschender Auffassung ist ein Angriff rechtswidrig, wenn er nicht von einer Erlaubnisnorm getragen ist, sodass der Angegriffene ihn nicht dulden muss. Den Maßstab bildet also der Erfolgsunwert der Tat.[17][18]

Nach einer in der Lehre vertretenen Auffassung erfordert Rechtswidrigkeit zusätzlich, dass das Verhalten des Täters über Handlungsunwert verfügt, also einem Gebot der Rechtsordnung zuwiderläuft. Sie argumentiert, dass nur bei einem solchen Unrecht die Rechtsfolgen des Notwehrrechts angemessen seien.[19][20][21]

Beispiel: Autofahrer A erleidet einen Herzinfarkt und steuert daher sein Auto (ohne Handlungswille, d. h. ohne Vorsatz) auf eine Menschenmenge zu. Lastkraftfahrer B könnte durch Nothilfe zur Abdrängung (und ggf. auch Tötung) des Fahrers A gerechtfertigt sein. (Das Beispiel ist nicht geeignet um Notwehr bzw. Nothilfe zu erklären: Die Gefahr geht nicht vom Fahrer aus, sondern vom unkontrollierten Fahrzeug – somit trifft § 34 StGB „Rechtfertigender Notstand“ zu!).

Nicht rechtswidrig handelt, wer einen gesetzlichen Tatbestand in gerechtfertigter Weise erfüllt. So verübt etwa derjenige keinen Angriff, der ein Rechtsgut im Rahmen der Ausübung seines Notwehrrechts gefährdet.

Bei Notwehr gegen hoheitliche Diensthandlungen verwenden die Rechtsprechung[22] und Teile der Literatur[23] den „strafrechtlichen Rechtswidrigkeitsbegriff“, wonach eine Amtshandlung strafrechtlich schon dann als rechtmäßig anzusehen ist, wenn der Beamte die sachliche und örtliche Zuständigkeit sowie wesentliche Förmlichkeiten einhält und entweder auf bindende Weisung seines Vorgesetzten oder aufgrund eigener pflichtgemäßer Ermessensausübung tätig wird.[24]

Nach vorherrschender Auffassung muss der Angriff nicht schuldhaft erfolgen, da § 32 Absatz 2 StGB dies nicht fordert.[25][26] Nach einer Gegenauffassung bedürfe es gegenüber einem schuldlos Handelnden keiner Verteidigung der Rechtsordnung.[27] Im Ergebnis gelangen beide Auffassungen oft zu ähnlichen Ergebnissen, da nach herrschender Auffassung die Schuldlosigkeit des Angreifers der Wahl der Notwehrhandlung enge Grenzen setzt.

Notwehr- bzw. Verteidigungshandlung

Als Notwehrhandlung wird die Handlung bezeichnet, die der Verteidiger zur Abwehr des Angriffs vornimmt. Diese darf nur gegen den Angreifer selbst oder dessen Rechtsgüter gerichtet sein.[28] Werden andere in die Notwehrhandlung einbezogen, so kommen lediglich andere Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe in Betracht, beispielsweise der entschuldigende Notstand (§ 35 StGB).

Erforderlichkeit der Notwehrhandlung

Notwehr berechtigt nur zur erforderlichen Verteidigung. Eine Verteidigung ist erforderlich, wenn sie das mildeste aus allen möglichen und gleichwertig effektiven Mitteln darstellt, die geeignet sind, den Angriff sicher und endgültig zu beenden.[25]

Die Notwehrhandlung ist geeignet, wenn durch die Verteidigung die Abwehr des Angriffs voraussichtlich erreicht oder zumindest gefördert werden kann. Nicht erforderlich sind daher Mittel, die die angestrebte Verteidigung in keiner Weise fördern können.

Der Notwehrübende hat zwar das relativ mildeste Mittel zu wählen, muss sich aber nicht auf Risiken bei der Verteidigung einlassen. Daher ist er nicht verpflichtet, mildere Mittel zu ergreifen, die möglicherweise zur Abwehr des Angriffs genügen.[29] Ebenso wenig ist er zu einer „schimpflichen Flucht“ verpflichtet, da das Recht dem Unrecht nicht weichen muss. Die Ausübung von Notwehr berechtigt daher grundsätzlich zur Anwendung von Trutzwehr.

Eine Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter findet – anders als beim rechtfertigenden Notstand nach § 34 StGB – nicht statt. Das heißt, dass der in Notwehr Handelnde keine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen muss.[30] So muss beispielsweise niemand eine Körperverletzung hinnehmen, falls diese nur durch eine tödliche Abwehrhandlung zu verhindern ist.[31]

Bei Einsatz von gefährlichen Verteidigungsmitteln ist eventuell je nach Intensität des Angriffs ein abgestuftes Verteidigungsverhalten zu fordern und das entsprechende mildere Mittel zu wählen. So soll z. B. beim Schusswaffeneinsatz, sofern die Situation es zulässt, wie folgt vorzugehen sein:

  1. Androhen des Schusswaffengebrauchs
  2. Warnschuss
  3. Schuss auf nicht lebenswichtige Körperteile zielend (Extremitäten außer Kopf)
  4. tödlicher Schuss als ultima ratio

Ein weiteres Beispiel für ein milderes Mittel kann z. B. eine sich in unmittelbarer Nähe befindliche Polizeieinheit sein, die die Notwehrlage ohne Risiko sicher beenden kann.

Der Einsatz automatischer Schutzvorrichtungen kommt grundsätzlich als zulässige Ausübung des Notwehrrechts in Frage. Allerdings kann sich der Täter strafbar machen, wenn die Schutzvorrichtung einen Dritten schädigt, gegen den kein Notwehrrecht besteht. Wegen ihrer Gefährlichkeit ist eine Schutzvorrichtung im Regelfall nur erforderlich, wenn sie erkennbar ist oder auf sie hingewiesen wird.[32]

Gebotenheit der Notwehrhandlung

Damit die Notwehrhandlung gerechtfertigt ist, muss sie des Weiteren gemäß § 32 Absatz 1 StGB geboten sein. Das Merkmal der Gebotenheit dient der Berücksichtigung sozialethischer Wertungen bei der Frage nach der Rechtfertigung eines Verhaltens durch Notwehr.

Im Regelfall gilt eine Notwehrhandlung als geboten, da das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 32 StGB indiziert, dass ein schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung der Rechtsordnung besteht. Ausnahmsweise kann die Ausübung des Notwehrrechts allerdings sozialethisch missbilligt sein. In der Rechtswissenschaft sind mehrere Fallgruppen anerkannt, in denen eine sozialethische Missbilligung der Notwehr vorliegt.

Das Kriterium der Gebotenheit führt regelmäßig zu einer Beschränkung des Notwehrrechts dahingehend, dass der Kreis der potentiellen Notwehrhandlungen eingeschränkt wird. Hieraus folgt ein gestuftes Notwehrrecht: Zunächst muss der Angegriffene dem Angriff ausweichen. Ist dies nicht möglich, darf er Schutzwehr üben. Erst wenn dies nicht hinreichend schützen kann, darf er zu Trutzwehr übergehen.[33] Je nach Einzelfall kann auch eine gewisse Hinnahme von Rechtsguteingriffen beim Verteidiger gefordert werden, sodass die Ausübung von Notwehr insgesamt ausscheidet.

Extremes Missverhältnis

Die Gebotenheit der Notwehr kann entfallen, wenn zwischen dem angegriffenen und dem verletzten Gut ein deutliches Missverhältnis besteht. Dies folgt daraus, dass eine deutlich unverhältnismäßige Reaktion den grundlegenden Geboten der Rechtsordnung widerspricht, insbesondere dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs.

Ein extremes Missverhältnis liegt beispielsweise bei einem Diebstahl (§ 242 StGB) einer geringwertigen Sache vor, der mit tödlichem Schusswaffengebrauch vereitelt werden soll. Die Schwelle zur Geringwertigkeit ist in der Rechtswissenschaft umstritten, einige Stimmen gehen in Anlehnung an § 243 Absatz 2, § 248a StGB von 50 € aus[34], andere von 100 € bis 200 €[35].

Bereits der Diebstahl mittelwertiger Gegenstände darf nach herrschender Meinung jedoch auch mit einer tödlichen Abwehrhandlung vereitelt werden, sollten mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen.[30][31] Art. 2 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbietet nicht generell die Tötung aus Notwehr zum Schutz von Sachwerten, da die Vorschrift lediglich Hoheitsträger adressiert.[36]

Angriffe von erkennbar schuldlos Handelnden

Der Gebrauch des Notwehrrechts kann weiterhin nicht geboten sein, wenn der Angriff von einer Person ausgeht, die erkennbar schuldlos handelt. In einem solchen Fall bedarf es des vollen Umfangs des weitreichenden Notwehrrechts nicht, um die Rechtsordnung zu schützen. So verhält es sich etwa, wenn der Angriff von einem Kind oder einem Volltrunkenen ausgeht.

Angriff innerhalb einer engen persönlichen Beziehung

Weiterhin kann die Gebotenheit der Notwehr entfallen, wenn der Angriff innerhalb einer engen persönlichen Beziehung erfolgt. In diesem Fall kann das Opfer eine erhöhte Duldungspflicht treffen. So verhält es sich insbesondere im Rahmen von Beschützergarantenstellungen, wie sie etwa zwischen Eltern und ihrem Kind bestehen.

Handeln von Hoheitsträgern, insbesondere Folter

Nach vorherrschender Auffassung können sich auch Hoheitsträger auf den Rechtsfertigungsgrund der Notwehr berufen.[37][38] Bei der Ausübung des Notwehrrechts unterliegen sie allerdings den spezifischen Schranken hoheitlichen Handelns. Nicht geboten ist aus diesem Grund insbesondere die Durchführung von Folter, da sie die Menschenwürde verletzt (Art. 1 Absatz 1 GG) und durch § 136a Absatz 1 der Strafprozessordnung ausdrücklich verboten ist.[39][40] Aus diesem Grund verneinte etwa das Landgericht Frankfurt am Main die Rechtfertigung durch Notwehr, als Polizisten einem Entführer Gewalt androhten, um den Aufenthaltsort eines entführten Kinds in Erfahrung zu bringen.[41]

Schwangerschaftsabbruch

Begeht eine Schwangere einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 StGB, handelt sie zwar tatbestandslos, der Abbruch bleibt jedoch rechtswidrig. Daher stellt er einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf die Leibesfrucht dar. Dürfte ein Dritter jedoch den Abbruch in Ausübung seines Notwehrrechts verhindern, gefährdete dies die Beratungslösung des Gesetzes. Deshalb ist eine solche Notwehrhandlung nicht geboten.[42]

Notwehrprovokation

Ein Sonderfall liegt vor, wenn der Angegriffene die Notwehrlage selbst (etwa durch Provokation des Angreifers) entweder mit Vorsatz oder auf andere Weise herbeigeführt hat. In diesem Fall spricht man von einer Notwehrprovokation.

Die Rechtsprechung geht gegenwärtig davon aus, dass in diesem Falle dem Provokateur zumindest das Ausweichen zumutbar ist, der Grundsatz, dass das Recht dem Unrecht nicht weichen müsse, damit nicht zur Anwendung kommt. Dogmatisch wird dies entweder über die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Gebotenheit oder im Rahmen des subjektiven Verteidigungswillen geprüft, welcher nun eventuell durch einen Angriffswillen so in den Hintergrund gedrängt wird, dass dieser nicht mehr berücksichtigungsfähig ist.

Daneben wird im Schrifttum eine Strafbarkeit aus einer actio illicita in causa erörtert. Diese Rechtsfigur will ähnlich wie die actio libera in causa darauf abstellen, dass die Notwehrlage ursprünglich (in causa) nicht gegeben war, so dass die Notwehrhandlung in causa rechtswidrig (illicita) gewesen wäre. Der Bundesgerichtshof hat eine derartige Strafbarkeitsausdehnung früher strikt abgelehnt, teilt mittlerweile jedoch partiell die Position der Literatur.[43]

Der herrschenden Lehre zufolge bleibt das volle Notwehrrecht bei „provozierten“ Angriffen bestehen, da alleine die Tatsache, dass die Notwehrsituation durch eine Provokation entstanden ist, nicht dazu führen kann, dass man sich nicht mehr gegen gegenwärtige, rechtswidrige Angriffe zur Wehr setzen darf. Dies wird damit begründet, dass der (provozierte) Angreifer durch seinen Angriff eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung begehe. Diese schließt dann eine objektive Zurechnung der Gefahrschaffung durch die Provokation des (provozierenden) Verteidigers aus.

Subjektive Tatbestandsmerkmale

Kenntnis der Notwehrlage

Die Rechtfertigung der Notwehr ist nur auch bei entsprechenden subjektiver Kenntnis der objektiven Tatbestandsmerkmale möglich. So ist insbesondere beim Verteidiger die Kenntnis der Notwehrlage Voraussetzung.

Verteidigungswille

In der Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil der Literatur wird neben dem Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des § 32 StGB ein subjektives Rechtfertigungselement, der Verteidigungswille, als Voraussetzung der strafbefreienden Notwehr für erforderlich gehalten. Die ist insbesondere aus den Worten um […] zu (des § 32 Abs. 2 StGB) abzuleiten.

Ganz vereinzelt finden sich in der Literatur heute noch Stimmen, die einen Verteidigungswillen für entbehrlich halten. Schließlich werde objektiv gesehen die Rechtsordnung verteidigt. Diese Ansicht wird jedoch überwiegend abgelehnt. Sie führt zu dem überraschenden Ergebnis, dass der mit feindlicher Gesinnung handelnde Täter gerechtfertigt wäre.

Es entspricht der Stellung der Rechtfertigungsgründe im Verbrechensaufbau, das im Tatbestand enthaltene Unrecht vollständig auszuschließen. Der Tatbestand weist als Unrechtselemente (zumindest im Bereich der Erfolgsdelikte) Handlungs- und Erfolgsunrecht aus. Das bedeutet, dass sowohl in der eigentlichen (Abwehr-)Handlung als auch im Erfolg der Handlung ein (grundsätzlich strafbares) Unrecht liegt. Daraus folgt, dass bei der Beurteilung der Notwehr sowohl Handlungs- als auch Erfolgsunrecht aufgehoben werden müssen, denn bei Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes kommt eine Strafbarkeit nicht in Betracht. Wird davon ausgegangen, dass es keines subjektiven Rechtfertigungselements bedarf, so bliebe es in den typischen Fällen (vergleiche Beispiel unten) bei einer Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs. Der tatbestandliche Erfolg wäre zwar gerechtfertigt, nicht aber die ursächliche Handlung. Aus der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs ergibt sich damit, dass grundsätzlich ein subjektives Rechtfertigungselement zu fordern ist.

Beispiel: Wer einen flüchtenden Dieb niederschlägt, ohne zu wissen, dass die Person ein flüchtender Dieb war, kann sich mangels Verteidigungswillen nicht strafbefreiend auf Notwehr berufen, wenngleich objektiv eine Notwehrsituation vorliegt.

Uneinheitlich wird beurteilt, welche Anforderungen an ein subjektives Rechtfertigungselement zu stellen sind und welche Rechtsfolgen das Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements nach sich zieht. Nach der Rechtsprechung ist Verteidigungsabsicht erforderlich.[44]

Anforderungen an das subjektive Rechtfertigungselement

Die Rechtsprechung sowie Teile der Literatur verlangen einen zielgerichteten Verteidigungswillen. Begründet wird das unter anderem mit dem Wortlaut der § 32, § 34 StGB, der mit der Verwendung des Wortes „um“ einen zielgerichteten Verteidigungswillen impliziere. Allerdings muss der Wille zur Verteidigung nicht das allein bewusstseinsdominante Motiv der Handlung sein, es genügt, wenn er nicht völlig hinter den sonstigen Motiven zurücktritt.

Teile der Literatur weisen dieses Verständnis des subjektiven Notwehrelements zurück. Es ergäbe keinen Sinn, Verteidigungsabsicht zu fordern, für diese aber ausreichen zu lassen, dass sie nur nicht hinter anderen Motiven vollkommen zurücktrete. Praktisch sei damit das Erfordernis der Verteidigungsabsicht aufgegeben, das Fehlen lasse sich nie nachweisen. Daher seien alle fraglichen Fälle zugunsten desjenigen entschieden worden, der sich auf einen Rechtfertigungsgrund berief.

Ferner wird argumentiert, dass beim Vorsatz Kenntnis der strafbarkeitsbegründenden objektiven Tatbestandsmerkmale ausreicht, um vorsätzliches Handeln zu bejahen. In Anbetracht der „Spiegelbildlichkeit“ von Tatbestand und Rechtfertigungsgründen (s. o.) könne daher bei der Rechtfertigung nicht mehr verlangt werden, als das Bewusstsein der Rechtfertigungslage.

Rechtsfolgen bei Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass beim Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements aus vollendetem Delikt zu bestrafen ist. Für diese Ansicht sprechen systematische Erwägungen. Handelt der Täter zwar objektiv gerechtfertigt, aber ohne subjektives Rechtfertigungselement, so befindet er sich in einem umgekehrten Erlaubnistatbestandsirrtum. Beim Erlaubnistatbestandsirrtum stellt sich der Täter irrtümlich Umstände vor, bei deren Vorliegen eine Rechtfertigung gegeben wäre. Fehlt ihm das subjektive Rechtfertigungselement, so geht er irrtümlich davon aus, dass rechtfertigende Umstände nicht gegeben sind. Ordnet man den Erlaubnistatbestandsirrtum dem § 16 StGB (in analoger Anwendung) zu, so entfällt eine Strafbarkeit wegen eines Vorsatzdeliktes. Wenn nun aber die Unkenntnis einer tatsächlich nicht vorliegenden Rechtfertigungslage den Täter nicht belastet, so könne ihn umgekehrt die Unkenntnis einer tatsächlich objektiv gegebenen Rechtfertigungslage nicht entlasten.

Teile der Literatur widersprechen dem. Man müsse bedenken, dass zwar eine rechtlich missbilligte Handlung vorgenommen wurde, nicht aber ein rechtlich missbilligter Erfolg eingetreten ist. Diese Lage entspreche der beim (untauglichen) Versuch, man müsse daher eine Versuchsstrafbarkeit (und nicht eine vollendete Deliktstrafbarkeit) annehmen.

Zudem sei es nicht richtig zu behaupten, dass der sich im Erlaubnistatbestandsirrtum befindliche Täter vollkommen entlastet werde. Es werde zwar seine „rechtstreue“ Motivation insofern prämiert, als keine Vorsatzstrafbarkeit in Betracht komme. Der tatbestandliche Erfolg begründe aber unter Fahrlässigkeitsgesichtspunkten einen Ansatzpunkt für eine Strafbarkeit. Diese Differenzierung müsse konsequent auch im Umkehrschluss durchgehalten werden. Der objektiv gerechtfertigte Erfolg könne nicht strafbegründend in Ansatz gebracht werden, wenn das subjektive Rechtfertigungselement fehlt. Zwar bleibe die „in die Tat umgesetzte“ rechtsfeindliche Betätigung; hier erscheine es jedoch systematisch vorzugswürdig, einen untauglichen Versuch anzunehmen (der tatbestandliche Erfolg kann aufgrund objektiver Rechtfertigungslage nicht rechtswidrig erfüllt sein).

Beispiel: Der oben genannte Täter, der den flüchtigen Dieb niederschlägt, ohne von dessen Diebeseigenschaft Kenntnis zu haben, begeht eine Körperverletzung, die er nicht mit dem Argument der Notwehr rechtfertigen kann. Jedoch erwartet den Täter nur eine Bestrafung für die versuchte Körperverletzung, denn der rechtliche Erfolg (also die rechtswidrige Körperverletzung des Flüchtigen) tritt nicht ein, weil sie durch die objektiv vorliegende Notwehr gerechtfertigt ist. Obwohl also der Täter dem Dieb eine Verletzung zugefügt hat, war diese nicht rechtswidrig und folglich kann er nicht aus dem vollendeten Delikt, sondern nur für dessen Versuch bestraft werden.

Notwehrexzess (Schuld)

Intensiver Notwehrexzess

Überschreitet der Verteidiger das Ausmaß der Notwehrhandlung innerhalb einer Notwehrlage über die gebotene Erforderlichkeit seiner Abwehrhandlung hinaus, liegt ein intensiver Notwehrexzess vor. Der Verteidiger handelt in diesem Fall rechtswidrig, kann aber dennoch straflos bleiben, wenn er aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken (sogenannte asthenische Affekte) handelte. Entgegen dem Gesetzeswortlaut (vgl. § 33 StGB) handelt es sich nach rechtswissenschaftlich wohl herrschender Meinung[45][46] um einen Entschuldigungsgrund und nicht bloß um einen persönlichen/subjektiven Strafausschließungsgrund. Nach beiden Ansichten ist jedoch eine strafbare Teilnahme an der Exzesshandlung möglich (vgl. § 29 StGB).

Wird der Täter hingegen von sthenischen (kraftvollen) Affekten wie Wut, Zorn, Kampfeseifer, Eifer- oder Eigengeltungssucht zu einem intensiven Notwehrexzess hingerissen, haftet er grundsätzlich voll. Ihr Hinzutreten schadet jedoch der Feststellung von asthenischen Affekten und der Anwendung von § 33 StGB nicht, wenn es sich um ein Motivbündel handelt.

Auf der Ebene einer Strafzumessungsregel können vereinzelt Fälle sthenischer Affekte berücksichtigt werden wie etwa Zorn bei Totschlag (vgl. § 213 StGB).

Dogmatisch ebenfalls bei den Entschuldigungsgründen angesiedelt, aber gegen den Notwehrexzess abzugrenzen sind der „entschuldigende Notstand“ und der „übergesetzlich entschuldigende Notstand“.

Extensiver Notwehrexzess

Als extensiven Notwehrexzess bezeichnet man eine Notwehrüberschreitung im Maß.[47] Nach herrschender Meinung findet hier das Privileg des § 33 StGB keine Anwendung.[48] Fehlt es an der Gegenwärtigkeit eines Angriffs und setzt sich der zu seiner Verteidigung Entschlossene darüber hinweg, so wendet also die h. M. § 33 StGB nicht an, da – so wird aus dem Wortlaut des § 33 StGB argumentiert – außerhalb einer Notwehrlage eine Überschreitung der Grenze (der Erforderlichkeit oder Gebotenheit der Notwehrhandlung) nicht möglich ist. Allerdings sieht eine vermittelnde Meinung eine Differenzierung:[49]

  • Wenn der Angriff noch nicht begonnen hat (vorzeitiger extensiver Notwehrexzess, „Präventiv-Notwehr“) greift § 33 StGB nicht ein, weil die Privilegierung des Täters nur aufgrund asthenischer Affekte gewährt wird. Wer vorher zur Gegenwehr ansetzt, kann nicht die Grenzen der Notwehr überschreiten.[50] Allerdings ist dann das Vorliegen einer Notstandslage zu prüfen und damit die Anwendung von insbesondere § 34 StGB.
  • Wenn aus einer anfangs gerechtfertigten Gegenwehr eine rechtswidrige wird, weil der Angriff zwischenzeitlich abgeschlossen ist, so handelt es sich um einen sogenannten nachzeitigen extensiven Notwehrexzess. Hier entspricht die psychische Situation der des intensiven Notwehrexzesses, sodass, entgegen der herrschenden Meinung, eine Anwendung des § 33 StGB möglich sei.[51]
  • Ein entschuldigtes Überschreiten der Notwehr im Sinne von § 33 StGB kommt nicht in Betracht, wenn der Täter sich planmäßig in eine tätliche Auseinandersetzung mit seinem Gegner eingelassen hat, um unter Ausschaltung der erreichbaren Polizei einen ihm angekündigten Angriff mit eigenen Mitteln abzuwehren und die Oberhand über seinen Gegner zu gewinnen.
  • Die Nötigung zur Unterlassung eines noch nicht gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs auf den Täter kann verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB sein, wenn sie mit verbotenen Mitteln (hier: unter Verstoß gegen das WaffG) und unter bewusster Ausschaltung staatlicher Zwangsmittel begangen wird.[52]

Nothilfe

Bei der Abwendung von Angriffen auf Rechtsgüter eines Anderen spricht man von Nothilfe (auch Notwehrhilfe). Dabei ist zu beachten, dass eine Staatsnothilfe, also eine Nothilfe zu Gunsten der Interessen der Allgemeinheit, mangels notwehrfähigen Rechtsguts grundsätzlich unzulässig ist. Auch muss staatliche Nothilfe zu Gunsten eines Beteiligten (etwa Niederschlagen des Angreifers, damit er vom Opfer ablässt) zusätzlich den öffentlich-rechtlichen Anforderungen für ein polizeiliches oder ein ähnliches Eingreifen genügen (vgl. Eingriffsermächtigung).

Die Nothilfe hat dieselben Rechtsfolgen wie die Notwehr; zudem darf durch Nothilfe nicht in die Rechte des Angegriffenen eingegriffen werden.[53] Siehe auch Zivilcourage.

Putativnotwehr

Bei der Putativnotwehr handelt es sich um eine vermeintliche Notwehrlage (von latein putare = glauben), der Abwehrhandelnde wähnt sich irrtümlich einer Notwehrsituation ausgesetzt.

Putativnotwehrexzess

Ein Putativnotwehrexzess liegt vor, wenn sich jemand irrtümlich einen Angriff vorstellt und mit seiner Verteidigungshandlung dabei die Grenzen der Verteidigung, die ihm bei bestehender Notwehrlage erlaubt gewesen wäre, aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschreitet.[54]

Literatur

  • Christian F. Majer, Guido Ernst: Tödliche Gewalt zur Abwehr von Eigentums- und Besitzverletzung als Notwehr? In: Jura Studium & Examen. Ausgabe 2/2016. Tübingen 2016, S. 58–62 ((PDF)).
  • Claus Roxin: Strafrecht. Allgemeiner Teil. 3. Auflage. Band 1. C.H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42507-0, S. 547–605.

Einzelnachweise

  1. Digesten 43, 15, 1
  2. Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3642053610 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  3. Christian Jäger: Das dualistische Notwehrverständnis und seine Folgen für das Recht auf Verteidigung – zugleich eine Untersuchung zum Verhältnis der Garantenlehre zu den sozialethischen Einschränkungen des Notwehrrechts. In: Goldtdammer's Archiv für Strafrecht 2016, S. 258.
  4. Volker Erb: § 32, Rn. 34. In: Bernd von Heintschel-Heinegg (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch. 3. Auflage. Band 1: §§ 1–37 StGB. C. H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-68551-4.
  5. Volker Erb: § 32, Rn. 55. In: Bernd von Heintschel-Heinegg (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch. 3. Auflage. Band 1: §§ 1–37 StGB. C. H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-68551-4.
  6. Kristian Kühl: Angriff und Verteidigung bei der Notwehr. In: Jura 1993, S. 57 (59).
  7. Walter Perron: § 32, Rn. 6. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3406652264 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  8. Thomas Fischer: Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen. 65. Auflage. C.H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-70874-9, § 32, Rn. 11.
  9. Walter Perron: § 32, Rn. 8. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3406652264 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  10. Kristian Kühl: Angriff und Verteidigung bei der Notwehr. In: Jura 1993, S. 118 (125).
  11. Volker Erb: § 32, Rn. 104. In: Bernd von Heintschel-Heinegg (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch. 3. Auflage. Band 1: §§ 1–37 StGB. C. H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-68551-4.
  12. Walter Perron: § 32, Rn. 14. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3406652264 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  13. BGHSt 39, 133.
  14. BGHSt 48, 207 (209).
  15. BGHSt 39, 133 (136).
  16. Walter Perron: § 32, Rn. 17. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3406652264 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  17. Thomas Fischer: Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen. 65. Auflage. C.H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-70874-9, § 32, Rn. 21.
  18. Günter Spendel: § 32, Rn. 57. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/9783899492323 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  19. Walter Perron: § 32, Rn. 19-20. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3406652264 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  20. Walter Gropp: Strafrecht Allgemeiner Teil. 4. Auflage. Springer, Berlin 2015, ISBN 978-3-642-38125-6, § 6, Rn. 71.
  21. Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3848706051 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  22. Vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1953, Az. 1 StR 670/52, Volltext = BGHSt 4, 161, 164; BGH, Urteil vom 10. November 1967, Az. 4 StR 512/66, Volltext = BGHSt 21, 334 f.; BGH, Urteil vom 17. März 1971, Az. 3 StR 189/70, Volltext = BGHSt 24, 125, 132; (Zitiert nach: Volker Erb, in: Münchener Kommentar zum StGB. 2. Auflage. 2011, § 32, Rn. 175).
  23. Lenz, Diensthandlung. S. 20 ff.; Seebode, Rechtmäßigkeit. S. 195 ff.; Vitt ZStW 106 (1994), 581 (592 ff.); Maurach/Zipf AT/I § 26 Rn 19; Fischer § 113 Rn 11 ff.; LK/Rosenau § 113 Rn 35, 40 ff.; LK/Hirsch, 11. Aufl., Vor § 32 Rn 147 ff. (Zitiert nach: Volker Erb, in: Münchener Kommentar zum StGB. 2. Auflage. 2011, § 32, Rn. 175).
  24. Volker Erb: Münchener Kommentar zum StGB. 2. Auflage. 2011, § 32, Rn. 175.
  25. a b BGHSt 3, 217.
  26. Claus Roxin: Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe in Abgrenzung von sonstigen Strafausschließungsgründen. In: Juristische Schulung 1988, S. 425 (428).
  27. Harro Otto: Grundkurs Strafrecht: Allgemeine Strafrechtslehre. 7. Auflage. De Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-11-091568-6, § 8, Rn. 20.
  28. BGHSt 5, 245.
  29. BGHSt 24, 356 (358).
  30. a b Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3800644940 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  31. a b Christian F. Majer, Guido Ernst: Tödliche Gewalt zur Abwehr von Eigentums- und Besitzverletzung als Notwehr? In: Jura Studium & Examen. Ausgabe 2/2016. Tübingen 2016, S. 58–62 ((PDF)).
  32. Manfred Heinrich: Die Verwendung von Selbstschutzanlagen im Lichte des Strafrechts. In: Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik 2010, S. 183 (195).
  33. BGHSt 24, 356.
  34. Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/9783406530715 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  35. Rudolf Rengier: Strafrecht – Allgemeiner Teil. 9. Auflage. C. H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71134-3, § 18, Rn. 59.
  36. Helmut Satzger: Der Einfluss der EMRK auf das deutsche Straf- und Strafprozessrecht – Grundlagen und wichtige Einzelprobleme. In: Jura 2009, S. 759 (762).
  37. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004, 2 StR 82/04 = Neue Zeitschrift für Strafrecht 2005, S. 31.
  38. Guy Beaucamp: §§ 32, 34 StGB als Ermächtigungsgrundlage für polizeiliches Eingreifen. In: Juristische Arbeitsblätter 2003, S. 402.
  39. Ali Norouzi: Folter in Nothilfe – geboten?! In: Juristische Arbeitsblätter 2005, S. 306 (308-310).
  40. Christian Fahl: Neue sozialethische Einschränkung der Notwehr: Folter. In: Jura 2007, S. 743 (744).
  41. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2004 = Neue Juristische Wochenschrift 2005, S. 692 (693).
  42. Helmut Satzger: Der Schutz des ungeborenen Lebens durch Rettungshandlungen Dritter. In: Juristische Schulung 1997, S. 800.
  43. BGH, Urteil vom 22. November 2000, Az. 3 StR 331/00, Volltext, so genannter Totschlägerfall
  44. BGHSt 5, 245.
  45. vgl. Leipziger Kommentar zum StGB/Spendel, § 33 Rz. 35ff; Nomos Kommentar/Herzog § 33 Rz. 4; Systematischer Kommentar/Günther § 33 Rz. 1; Timpe JuS 1985, 118
  46. in der Rechtsprechung selten: BGHSt 3, 198, hingegen offengelassen von BayObLG Rpfleger 1961, 295
  47. Michael Heuchemer: Beck’scher Online-Kommentar StGB. 27. Auflage. 2. Juni 2015, § 33, Rn. 8.
  48. Michael Heuchemer: Beck’scher Online-Kommentar StGB. 27. Auflage. 2. Juni 2015, § 33, Rn. 9.
  49. RG, Urteil vom 24. Oktober 1919, Az. V 301/19, RGSt 54, 36; RG, Urteil vom 28. Februar 1927, Az. II 119/27, RGSt 61, 216.
  50. Kühl: Strafrecht Allgemeiner Teil. § 12, Rn. 141.
  51. Jura 88, 643.
  52. BGH, Urteil vom 3. Februar 1993, Az. 3 StR 356/92, Volltext.
  53. Vgl. Sascha Lanzrath/Folke große Deters: Nothilfe durch Eingriff in Rechtsgüter des Angegriffenen?, HRRS 2011, S. 161 ff.
  54. BGH, Urteil vom 8. Juni 1983, Az. 3 StR 178/83, Volltext = NStZ 1983, 453 (Zitiert nach: Heuchemer, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB. 27. Edition, Stand 2. Juni 2015, § 33, Rn. 11)

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