Aktionsart

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Die Aktionsart (auch Handlungsstufe, Phasenbedeutung) ist ein Begriff aus der Sprachwissenschaft und bezeichnet eine Klassifikation von Verben, die sich aus der unterschiedlichen Verlaufsweise und Begrenzung des bezeichneten Geschehens ergibt. In erster Linie handelt es sich um Bedeutungsklassen, ihnen können u.U. aber auch Formklassen entsprechen.

Die Aktionsart bezieht sich, in den Worten der Duden-Grammatik,[1] „auf Zusammenhänge zwischen dem vom Verb bezeichneten Geschehen oder Sachverhalt und dem Verlauf der Zeit,“ muss hierbei aber vom Aspekt unterschieden werden. Während der Aspekt eine morphologisch-grammatische Erscheinung ist, gehört die Aktionsart in den Bereich der Wortbedeutung einzelner Verben.[2][3] Die Aktionsart eines Verbs kann dennoch durch morphologische Mittel am Verb signalisiert werden (es handelt sich dann aber um Wortbildung, nicht um Flexion), oder sie kann unmarkiert sein und allein aus der Verbbedeutung hervorgehen.

Beispielsweise verfügt das Deutsche durch seine Verbalpräfixe über ein lexikalisches Mittel, um zu einem Verbstamm Varianten mit verschiedener Aktionsart zu bilden: So bezeichnet „verblühen“ das Ende der Situation „blühen“ (also eine egressive Aktionsart), oder „loslaufen“ das Einsetzen der Handlung die als „laufen“ bezeichnet wird (ingressive Aktionsart); „blühen“ und „laufen“ an sich sind hingegen durative Verben.[4] So werden Aktionsarten in der Verbbedeutung ausgedrückt; Aspekte dagegen sind grammatikalisiert und werden durch Kontraste zwischen Verbformen (also im Verbalparadigma) ausgedrückt. Das Deutsche hat im angegebenen Sinne Aktionsarten, wie auch die Beispiele zeigen, aber keinen Aspekt.

Analog hierzu bilden sich die Formklassen im Bereich der Substantive, etwa als Stoffnamen, zählbare Substantive, umgrenztes versus nicht-umgrenztes Konkretum, usw. ab. So kann ein Substantiv etwa für ein homogenes Aggregat, z. B. „Apfelmus“ mit einen inhomogen, etwa „Kies“ in ähnlicher Weise verglichen werden, wie die eines durativen Verbs[5] in einer homogenen (zeitlich-verlaufenden) Handlung, z. B. „sinken“ mit einem iterativen Verb[6], das auf eine sequentielle Handlung verweist, wie etwa „hämmern“.[7]

Übersicht

Voraussetzung für diese Betrachtungen ist, dass sich Verben hinsichtlich ihrer lexikalischen Bedeutung in unterschiedliche semantische Klassen eingruppieren lassen. So lassen sich zunächst Zustandsverben von Handlungsverben (Vorgangsverb, Tätigkeitsverb) unterscheiden. Während Zustandsverben Situationen ohne Bewegung oder Aktivität wiedergeben, etwa „besitzen“ oder „liegen“, beziehen sich Vorgangsverben auf Ereignisse, die dynamische Abläufe enthalten. Aktionsarten bringen dergestalt zum Ausdruck, wie das vom Verb ausgedrückte Geschehen abläuft. Dabei erfasst die Aktionsart die Tatsache, dass jede Handlung; Ereignis und jeder Zustand einen Anfang, ein Ende, und eine Zwischenphase haben kann. Sie zeigen so etwa den (internen) Verlauf, die Ausgedehntheit und das Ergebnis eines Vorgangs auf.

Zénó Vendler (1957/1967)[8][9] bietet in seinem Begriffsinventar für verbale Prädikate vier grundlegende Aspektklassen, Aktionsarten oder Situationsaspekte[10][11] an. Vendler unterscheidet Zustände von prozessen sowie durative und punktuelle Ereignisse, so benennt er diese wie folgt:

  • States, Zustände: Zustandsprädikate sie denotieren Eventualitäten, die statisch, durativ und atelisch sind. Beispiele: „wissen“, „lieben“, „gesund sein“, ein Haus besitzen
  • Activities, Aktivitäten: Prozessprädikate sie denotieren Eventualitäten, die dynamisch, durativ und atelisch sind. Beispiele: „gehen“, „trinken“, „lernen“, „ein Fahrrad fahren“
  • Achievements, punktuelle Zustandswechsel oder Prädikate eines unmittelbaren Zustandswechsels denotieren Eventualitäten, die dynamisch, punktuell und telisch sind. Beispiele: „erkennen“, „etwas finden“, „im Lotto gewinnen“
  • Accomplishments, allmähliche Zustandswechsel oder Prädikate eines ausgedehnten Zustandswechsels, sie denotieren Eventualitäten, die dynamisch, durativ und telisch sind. Beispiele: „erkranken“, „gesunden“.

Howard B. Garey (1957)[12] führte zwei wichtige gegensätzliche Aktionsarten in die Diskussion ein, den Begriff „atelisch“ und „telisch“ , im Deutschen auch mit „nicht-grenzbezogen“ versus „grenzbezogen“ wiedergegeben. Atelische Verben bezeichnen Vorgänge und Sachverhalte, die nicht-grenzbezogen sind. Folglich würden hierzu auch die Zustandsverben zählen oder Verben die einer gewissen Dauer („durativ“) Ausdruck verliehen. Telische Verben hingegen versprachlichen Vorgänge, die eine Zustandsveränderung implizieren und grenzbezogen sind. Damit impliziert wäre das Erreichen eines Zielpunktes, eines Endes in Erfahrungs-, Erkenntnis-, Erlebens- oder Handlungsprozessen. Beispiele:

  • Atelische Verben:
    • Zustände (states, siehe durativ), sie sind statisch, haben kein Ergebnis: „sitzen“, „haben“, „heißen“
    • Aktivitäten (activities, siehe durativ), sie sind dynamisch, haben kein Ergebnis: „schreien“, „lachen“, „husten“
  • Telische Verben:
    • punktueller Zustandswechsel (achievement), sie geschehen in einem bestimmten Moment, haben ein Ergebnis : „ankommen“, „einschalten“
    • allmählicher Zustandswechsel (accomplishment siehe durativ), sie geschehen sukzessive, haben ein Ergebnis: „fließen“, „bemalen“[13]

Die verschiedenen Aktionsarten werden nach ihrer Bedeutung, also nach semantischen Kriterien unterschieden. Bei der Ableitung von Verben aus anderen Verben kann die Aktionsart durch bestimmte Morpheme ausgedrückt werden, dann ist Aktionsart eine Kategorie für die Wortbildung, die Derivationsmorphologie einer Sprache. Der Begriff Aktionsart wird in diesem Sinne vor allem im englischsprachigen Raum auch als „lexikalischer Aspekt“ (lexical aspect) bezeichnet. Dies ist zu unterscheiden von Aspekt, englisch: „grammatikalischer Aspekt“ (grammatical aspect).

Zur Begriffsgeschichte

Die Begriffe „Aspekt“ und „Aktionsart“ (auch Art der Handlung, Zeitart) wurden im 19. Jahrhundert für ähnliche Phänomene, teilweise sogar synonym gebraucht. Ursprünglich war der Begriff „Aktionsart“ von Karl Brugmann (1885)[14] geprägt worden.[15] Er ersetzte den von Georg Curtius geprägten Begriff der „Zeitart“.[16]

Im Jahr 1908 formulierte der Slawist Sigurd Agrell (1881–1937) erstmals eine Differenzierung der beiden Begriffe:

„Unter Aktionsart verstehe ich […] nicht die beiden Hauptkategorien des slawischen Zeitwortes, die unvollendete und die vollendete Handlungsform (das Imperfektivum und das Perfektivum) — diese nenne ich Aspekte. Mit dem Ausdrucke Aktionsart bezeichne ich bisher fast gar nicht beachtete — geschweige denn klassifizierte — Bedeutungsfunktionen der Verbalkomposita […], die genauer ausdrücken wie die Handlung vollbracht wird, die Art und Weise ihrer Ausführung markieren.[17]

Diese Definition fand weite Verbreitung in der Slawistik; als Ersatz für die Verwendung von Aktionsart für die semantische Grundbedeutung eines Verbs schlug der Slawist Alexander Issatschenko 1962 den Begriff Verbalcharakter vor.[18] In der übrigen Linguistik wurde der Begriff Aktionsart jedoch weiterhin zur Kennzeichnung sowohl für die „semantische“ Aktionsart, die einem Verb innewohnt, als auch (besonders in der Altphilologie) für die Klassifikation der semantischen Unterschiede verschiedener Konjugationsformen verwendet.[19] Wendt[20] beispielsweise unterscheidet die durch subjektive Anschauung festgelegten Aspekte von den objektiv verlaufenden Aktionsarten und verweist zum Beispiel auf die gelegentliche Realisierung auch des Aspekts in zwei verschiedenen Wörtern in den slawischen Sprachen.

In der neueren Linguistik verbreitete sich schließlich die Unterscheidung Aspekt als grammatikalischer Begriff der Flexionsmorphologie und Syntax vs. Aktionsart als lexikalischer Begriff der Derivationsmorphologie und zur semantischen Klassifizierung von Verben.[21] Gelegentlich wurde sogar vorgeschlagen, den Begriff Aktionsart ganz fallen zu lassen und nur zwischen der „grammatikalischen Kategorie Aspekt“, „aspektualer Klassifikation von Verben“ und „aspektualen Verben“ zu differenzieren.[22] Die Diskussion um die Verwendung des Begriffs Aktionsart ist heute noch nicht abgeschlossen.

In Abgrenzung zum Begriff Aspekt verwendet die englische Sprache neben aktionsart gelegentlich auch manner of action, der französische Begriff caractère de l’action hat sich nicht durchsetzen können.

Übersicht über die Aktionsarten

Die Fachbegriffe für die Aktionsart sind nicht immer genau voneinander abgegrenzt und variieren je nach sprachwissenschaftlicher Fachrichtung. Auch die Kriterien für die Abgrenzung der Aktionsarten voneinander sind umstritten. Die folgende Übersicht orientiert sich an Metzler.[23]

  • Durativ (lateinisch: durare, „dauern“, andere Bezeichnungen Aterminativ, Kontinuativ, Kursiv) bezeichnet einen Vorgang, der andauert, also einen Zustand. Beispiel: lateinisch eram „ich war (durativ)“ vs. fui „ich war (ingressiv)“: „ich wurde“. Gleichzeitig dient es auch als Überbegriff für Aktionsarten, die insgesamt einen Zustand beschreiben, auch wenn der Vorgang selbst mehrfach punktuell abläuft.
    • Delimitativ (lateinisch: delimitatus, „abgeschwächt“) beschreibt einen Vorgang, der eine gewisse Zeit andauert, ohne zeitliche Eingrenzung, Beispiel russisch: читать (tschitat') „lesen“, почитать (potschitat') „ein bisschen lesen“.
    • Progressiv (lateinisch: progredi, „voranschreiten“, auch Kontinuativ; englisch: auch continuous) drückt einen gerade verlaufenden Vorgang aus, oft in Relation zu einem punktuellen Ereignis, Beispiel englisch: I was eating, „ich aß gerade“, „ich war am Essen“. In manchen Sprachen ist der Progressiv eine Aspekt-Kategorie, siehe Verlaufsform. In romanischen Sprachen und im Deutschen ist derzeit eine fakultative aspektuelle Periphrase dabei, sich dazu zu entwickeln.
    • Perdurativ (lateinisch: perdurare, „andauern“) beschreibt einen dauernden Vorgang oder Zustand mit Abschluss, Beispiel russisch: спать (spat') „schlafen“, проспать всю ночь (prospat' wsju notsch') „die ganze Nacht über schlafen“, „durchschlafen“.
    • Iterativ (lateinisch: iterare, „wiederholen“, auch Frequentativ, Repetitiv, Multiplikativ, gelegentlich auch Habituativ oder Habituell) bezeichnet einen wiederholt auftretenden, gewohnheitsmäßigen Vorgang (Wiederholung), Beispiel lat. vocare „nennen“, vocitare „zu nennen pflegen“.
    • Inkrementiv (lateinisch: incrementum, „Wachstum“) bezeichnet einen zunehmenden Prozess, Beispiel span. fue comprendiendo „war zunehmend verstehend“.
  • Punktuell fasst Aktionsarten zusammen, die einen abgeschlossenen, plötzlichen Vorgang oder den Anfangs- oder Endpunkt eines Vorgangs bezeichnen
    • Momentan bezeichnet einen einmaligen, momentan ablaufenden Vorgang.
    • Semelfaktiv (lateinisch: semel, einmal; facere, machen) bezeichnet einen singulären, einmaligen Vorgang, zum Beispiel anklopfen zu klopfen
    • Ingressiv (lateinisch: ingressum, „begonnen“, auch Initiv) bezeichnet den Beginn einer Handlung, man wendet die Aufmerksamkeit auf den Ausgangspunkt der Handlung, welche als ganzheitliches, in sich geschlossenes Geschehen aufgefasst wird (Beginn), Beispiel italienisch avevo „ich hatte (durativ)“: „ich besaß“ vs. ebbi „ich hatte (ingressiv)“: „ich bekam“.
    • Imminentiell (lateinisch: imminentia, das Bedrohende): drückt unmittelbar bevorstehende Handlungen aus (Vorbereitung).
    • Inchoativ (lateinisch: incoativum, „anfangend“, englisch: inceptive) bezeichnet den allmählichen Beginn einer Handlung, Beispiel altgriechisch: ἐράω (eraō) „ich liebe“, ἠράσθην (erasthēn) „ich verliebte mich“.
    • Evolutiv (lateinisch: evolutum, „entwickelt“) bezeichnet die Anfangsphase eines Vorgangs bzw. die Entwicklung zu dem Vorgang, dt. aufkeimen zu keimen
    • Mutativ (lateinisch: mutare, (ver)ändern, auch Transformativ) kennzeichnet eine Zustandsveränderung, Beispiel erkranken ~ krank werden
    • Egressiv (lateinisch: egressum, hinausgegangen, auch Effektiv) bezeichnet das Ende eines Vorgangs (Vollendung), Beispiel deutsch: verblühen zu blühen
    • Resultativ oder Konklusiv (lateinisch: resultatum, „Ergebnis“) bezeichnet das den Vorgang beschließende Ende oder Ergebnis eines Vorgangs (Vollendung), Beispiel altgr. θνῄσκειν (thnēskein, durativ) „(im) sterben (liegen)“, τεθνηκέναι (tethnēketai, resultativ) „(gestorben und nun) tot sein“
    • Finitiv (lateinisch: finire, „enden“) bezeichnet das (auch plötzliche) Ende eines Vorgangs, Beispiel dt. verschwinden zu schwinden.
    • Kompletiv (lat. completus, vervollständigt) bezeichnet das Zuendeführen eines Vorgangs, Beispiel russ. писать (pisat') „schreiben“, дописывать (dopisyvat') „fertigschreiben“
    • Distributiv (lat. distribuere „verteilen“) beschreibt das Ergebnis einer sich mehrfach vollzogenen Handlung, Beispiel russ. болеть (bolet') „leiden“, „krank sein“, переболеть (perebolet') „nacheinander krank sein“
    • Gnomisch (griech. γνώμη (gnōmē), „Meinung“, „Erkenntnis“) bezeichnet eine abgeschlossene, mehrfach vollzogene Handlung in Hinblick auf ihre allgemeingültige, sprichwörtliche Bedeutung, Beispiel: „Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen“.
  • Aktionsarten, die den Grad der Intensität oder andere qualitative Funktionen ausdrücken
    • Attenuativ (lateinisch: attenuatum, „abgeschwächt“), bezeichnet eine schwächere oder harmlosere Qualität als das Grundverb: italienisch: cantare „singen“, canterellare „trällern“, „vor sich hin singen“
    • Kausativ (lateinisch: causa, „Ursache“) bezeichnet die Veranlassung zu einer Handlung, deutsch fällen zu ‚fallen‘. Er wird im Sanskrit, in den semitischen und türkischen Sprachen als Konjugationsform ausgedrückt.
    • Faktitiv (lateinisch: factio „Tun“, „Handeln“) beschreibt eine Handlung, die eine weitere Handlung bewirkt, Beispiele dt. trocknen, leeren
    • Intensiv-iterativ beschreibt einen Vorgang als mühsam oder schwierig, Beispiel russ. писать (pisat') „schreiben“, выписать (vypisat') „herausschreiben“, выписывать (vypisyvat') „mühsam Buchstaben malen“
    • Intensiv-semelfaktiv beschreibt einen gegenüber der Bedeutung des Grundverbs einmaligen, heftigen Vorgang, Beispiel russ. толкать (tolkat') „stoßen“, толкнуть (tolknut') „einen Stoß versetzen“, толкануть (tolkanut') „anrempeln“
    • Diminutiv-iterativ (lat. diminuere, „abnehmen“, in der Germanistik auch Desidertivum) bezeichnet einen Vorgang, der sich regelmäßig und mehrfach, jedoch mit geringerer Intensität wiederholt, Beispiel dt. raten – rätseln
    • Kumulativ (lateinisch: cumulus , „Anhäufung“) bezeichnet, dass sich die Handlung auf eine Menge von Objekten bezieht, Beispiel russ. нарвать (narwat') „pflücken“, нарывать (цветов)(naryvat' tswetow) „eine Menge (Blumen) pflücken“
    • Total (lateinisch: totus, „ganz“) bezeichnet eine Aktionsart, die das ganze oder alle Objekte umfasst, Beispiel russ. писать (pisat') „schreiben“, исписывать (ispisyvat') „vollschreiben“
    • Desiderativ (lateinisch: desiderare, „ersehnen“) bezeichnet den Wunsch, dass ein Vorgang sich einstelle, zum Beispiel lateinisch: edere „essen“, esurire „essen wollen; hungrig sein“. Der Desiderativ des Sanskrit wird gemeinhin nicht als Aktionsart bezeichnet.
    • Konativ (lateinisch: conari, „versuchen“) hat eine ähnliche semantische Funktion wie der Desiderativ; er bezeichnet den Versuch, das Bemühen, dass etwas geschehe, zum Beispiel lateinisch: abibat „er versuchte wegzugehen“, „er wollte weggehen“

Erscheinungsformen der Aktionsart

Aktionsarten in der Wortbildung

Wenn die Aktionsart nicht durch eine spezielle Markierung sichtbar gemacht wird, geht man davon aus, dass sie Bestandteil der lexikalischen Bedeutung des Verbstamms ist. Verben, die keine spezifische Aktionsart ausdrücken, nennt man aktionsartneutral, so zum Beispiel die verba simplicia, die Grundverben der slawischen Sprachen. Ob im Deutschen jedes Verb eine Aktionsart ausdrückt oder nur bestimmte oder nur abgeleitete, ist umstritten.[23]

Das Verb ruhen zum Beispiel beschreibt einen Zustand (durativ), während das Verb finden ein einmaliges Ereignis (punktuell) beschreibt. Das Verb aufgehen beschreibt die Veränderung eines Zustandes (mutativ), während öffnen das Verursachen eines Vorgangs (kausativ) beschreibt. Im Deutschen gibt es Verbpaare, die unterschiedliche Aktionsarten eines Vorgangs wiedergeben:

  • sterbentöten (kausativ) „veranlassen, dass jemand stirbt“
  • rufenschreien (intensiv) „sehr laut rufen“

Die Sprache hat verschiedene Formbildungs- (morphologische) Mittel entwickelt, Verben verschiedener Aktionsarten zu bilden. Zu diesen Mitteln gehören Veränderungen des Wortstamms (stehenstellen, „machen, dass etwas steht“), das Verändern des Stammvokals (Umlaut, fallenfällen, „bewirken, dass etwas fällt“, oder Ablaut – oft mit Umlaut -, „trinken“ – „tränken“, „jemanden trinken lassen“) das Anhängen (Suffigieren) bestimmter Laute oder Silben an den Wortstamm (hustenhüsteln, „immer wieder ein bisschen husten“) oder das Anfügen von Silben oder anderen Wörtern, wobei letzteres als Komposition bezeichnet wird (laufenloslaufen, „zu laufen beginnen“ – weiterlaufen, „das Laufen fortsetzen“). Die slawischen Sprachen haben ein komplexes System entwickelt, Aktionsarten durch morphologische Ableitungen (Derivationen) auszudrücken, so sind die slawischen Klassifikationen der Aktionsarten äußerst differenziert.

Im Hebräischen werden durch Ableitung sieben Verbstämme (binjanim) von einem meist dreikonsonantigen Grundstamm abgeleitet, mit ihnen wird unter anderem das Genus Verbi, aber auch Aktionsarten wie Intensiv oder Kausativ ausgedrückt (Radikale קפצ k-p-tz; qal inf. abs. קפוץ kāpōtz „springen“; Kausativ inf. abs. הקפיץ hakpētz „springen lassen“, „zum Springen bringen“).

Aktionsarten in Konjugation und Syntax

Aktionsarten lassen sich jedoch auch ausdrücken, indem ein Verb verschiedene Formen ausbildet (Flexion) oder durch weitere Wörter näher bestimmt wird. So kann die Perfektform dixi („ich habe gesprochen“) von lateinisch dicere („sprechen“) bedeuten, dass der Sprecher alles Nötige gesagt hat und nichts mehr hinzufügen will, es drückt sich also in der Tempusform Perfekt eine resultative Aktionsart aus. Auch das alt- und neugriechische Verbalsystem drückt in den Tempora unterschiedliche Aktionsarten aus.

Aktionsarten als eigene Kategorien für die Konjugation finden sich in vielen Sprachen, so zum Beispiel im Sanskrit oder im Türkischen. Beispiele:

  • Türkisch beklemek warten – bekletmek warten lassen (kausativ)
  • Sanskrit rauti „er schreit“ – rorūyate „er schreit wiederholt“ (frequentativ) oder „er schreit sehr heftig“ (intensiv)

Wird die Aktionsart nicht durch Formen eines einzigen Wortes ausgedrückt, spricht man von periphrastischer (griech. περίφρασις periphrasis Umschreibung) oder analytischer Bildung. So umschreibt beispielsweise der deutsche Ausdruck ich war am Lesen die progressive Aktionsart oder die Periphrase commencer à + Infinitiv im Französischen die inchoative Aktionsart. Von besonderer Bedeutung ist diese Bildungsart bei Sprachen des analytischen und isolierenden Typs, die über keine eigentliche Flexion verfügen. Das Chinesische beispielsweise verwendet eigene Wörter, die ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben und nun die Aktionsart hinter dem Verb-Begriff markieren.

Schließlich kann die Aktionsart auch durch nähere, adverbiale Bestimmung des Verbs ausgedrückt werden, wie in dem Ausdruck ‚Plötzlich‘ sah ich ihn (siehe auch Tabelle zu den Aktionsarten im Deutschen). Die Aktionsarten bestimmen die interpretatorischen Schlussfolgerungen, die ein Rezipient (Hörer, Leser) aus einem Satz herausziehen kann, da die Wahrheit einer Proposition von dem Zeitabschnitt bzw. Geschehensbegrenzung (vor allem) des Verbs abhängt, auf den sie referiert.[24]

Aktionsarten in verschiedenen Sprachen

Indogermanische Sprachen

Griechisch

Das Altgriechische gehört zu den Sprachen, in denen Aktionsarten auch in grammatikalisch realisierten Aspekt-Kategorien ausgedrückt werden (wie vermutlich auch das Ur-Indogermanische). Zwei dieser Aspekte kommen in einer Gegenwarts- und einer Vergangenheitsform vor, der aoristische Aspekt existiert im Indikativ nur als Vergangenheitsform. Das Futur des Altgriechischen ist eine reine Zeitstufe und drückt keine spezifische Aktionsart und keinen Aspekt aus.

Die folgende Tabelle gibt eine grobe Zuordnung von grammatischem Aspekt zu Aktionsarten wieder:

Aspekt imperfektiv / paratatisch perfektiv / aoristisch perfektisch / resultativ grammatisch nicht-deiktisch vollendet, abgeschlossen / unvollendet; „situation-internal time (grammatical aspect)“ (Comire (1976))[25] syntaktisch oder flektierend
Aktionsarten durativ
frequentativ / iterativ
habituativ
konativ
punktuell
egressiv / effektiv
inchoativ / ingressiv
gnomisch
resultativ lexikalisch nicht-deiktisch Art und Weise des Handelns lexikalisch
Tempora Präsens, Imperfekt Aorist Perfekt, Plusquamperfekt grammatisch deiktisch „situation-external time (tense)“ (Comire (1976)[26] syntaktisch oder flektierend

Die Neugriechische Sprache hat das Aspektsystem des Altgriechischen systematisiert und auf alle Zeitstufen (bis auf die Gegenwart) ausgeweitet. Die morphologisch-flektive Aspektdifferenzierung ist weiterhin ein sprachlich produktives Mittel zur Unterscheidung und Ausdruck von Aktionsarten. So drückt beispielsweise die Verbform „κοιμήθηκε“ (kimíthike) mit dem Aorist eine inchoative oder ingressive Aktionsart aus und muss ins Deutsche mit „er schlief ein“ übersetzt werden. Das durative „er schlief“ wird im Neugriechischen mit „κοιμόταν“ (kimótan) im imperfektiven Aspekt (siehe auch Paratatikos) ausgedrückt. Das Verb schlafen selbst steht semantisch in beiden Sprachen für eine dauerhafte Handlung. Um eine andere als die ihm innewohnende Aktionsart auszudrücken, wird das Verb im Deutschen also derivationsmorphologisch verändert, im Griechischen dagegen in einen anderen grammatischen Aspekt gesetzt.

Slawische Sprachen

Bereits im Altkirchenslawischen, der ältesten schriftlich dokumentierten slawischen Sprachform, wurden aktionsartspezifizierte Derivate gebildet. So unterscheidet man bei den Verben der Bewegung morphologisch eine terminative und eine aterminative Aktionsart (iti, chod-iti „gehen“, nesti, nos-i-ti „tragen“) Das Aterminativum hatte iterative oder kausative Bedeutung. Man spricht bei letzterer Form auch von indeterminiert, bei der terminativen auch von determiniert.[27] Auf der morphologischen Basis dieser altslawischen Aktionsarten bildete sich das auch binäre Aspektsystem der modernen slawischen Sprachen aus.[28]

In den modernen slawischen Sprachen werden Aktionsarten durch eine Fülle von Affixen ausgedrückt, die in vielfacher Weise dem Begriff des Ausgangsverbs eine zusätzliche Bedeutung verleihen können, wobei die ursprüngliche Bedeutung des Ausgangsverbs jedoch erhalten bleibt.[29]

Sie werden morphologisch durch Präfixe, Infixe und Suffixe, Laut- und Akzentwechsel realisiert, wobei durch dasselbe Bildungsschema auch unterschiedliche Aktionsarten ausgedrückt werden können (Beispiele aus dem Russischen):

  • Präfix + Lautwechsel: идти idti „gehen“ – по-йти pojti „losgehen“
  • Infix + Lautwechsel: прыгать prygat’ „springen“ – прыг-ну-ть prygnut „einmal springen“
  • Präfix + Infix: пить pit’ „trinken“ – по-пи-ва-ть popiwat „von Zeit zu Zeit ein Schlückchen trinken“
  • Präfix + Suffix: болтать boltat’ „schwatzen“ – раз-болтать-ся rasboltatsja „ins Schwatzen kommen“

Meist wechselt zwischen Grundverb und Derivat auch der grammatikalische Aspekt, das heißt aus dem imperfektiven Verb „gehen“ wird das perfektive „losgehen“.

Beispiel für Aktionsarten, die sich im polnischen Präfix po- ausdrücken:

  • inchoativ: kochać „lieben“ – pokochać „liebgewinnen“, „sich verlieben“
  • ingressiv: jechać „fahren“ – pojechać „losfahren“
  • distributiv: wiązać „binden“ – powiązać „(viele, alle) zusammenbinden“
  • delimitativ: czytać „lesen“ – poczytać „ein bisschen lesen“
  • resultativ: grzebać „graben“ – pogrzebać „begraben“

Das Präfix po- kennzeichnet bei einigen Verben jedoch auch schlicht den perfektiven Aspekt, zum Beispiel błogosławić „segnen“ (imp.) – pobłogosławić „segnen“ (perf.), es wird hier also „rein aspektuell“ eingesetzt. In diesem Fall spricht die Slawistik nicht von Aktionsart. Auch in der Slawistik gibt es Tendenzen, auf den Begriff Aktionsart zu verzichten und beispielsweise von „Funktion des Derivats“ zu sprechen.[30]

Ein ukrainisches Doppelрräfix рopo- wird für den Ausdruck des wiederkehrenden Intensivs verwendet.

Romanische Sprachen

Mit der Entwicklung der romanischen Sprachen nahm die Tendenz zu, Aktionsarten syntaktisch auszudrücken. Dennoch finden sich neben den Weiterentwicklungen lateinischer Derivate auch nachlateinische morphologische Ableitungen von Grundverben, so beispielsweise im Französischen (-et, frequentativ-diminutiv: craquer „krachen“, „knacken“ – craqu-et-er „knistern“; -el, kausativ craqu-el-er „rissig machen“, „beschädigen“, -ot, frequentativ-iterativ: siffler „pfeifen“ siffl-ot-er „vor sich hin pfeifen“) oder im Italienischen (-icchi, -acchi, meist mit attenuativer (abschwächender) Bedeutung: dormire „schlafen“ – dormicchiare „schlummern“, bruciare „brennen“ – bruciacchiare „anbrennen“).

Deutsch

Eine in der Germanistik verbreitete Einteilung sieht wie folgt aus. Die Kategorien sind dabei teils morphologisch-derivationell, teils rein semantisch und teils auch syntaktisch begründet.

  • Die aktionalen Hauptkategorien. Hier tauchen oft die Begriffe durativ/nicht-durativ auf, d. h. eine Kategorie ist negativ bestimmt. Anstatt ‚durativ‘ erscheinen auch die Ausdrücke aterminativ, kontinuativ, kursiv, immutativ, unvollendet, atelisch, am häufigsten imperfektiv. Für ‚nicht-durativ‘ hat die Germanistik auch die Ausdrücke terminativ, mutativ, vollendet, telisch, am häufigsten perfektiv parat.

Die Abgrenzungskriterien sind oft die Folgenden:

  • Durative Verben bez. etwas Unvollendetes, Unabgeschlossen, Dauerhaftes, nicht-durative Verben dagegen sind der Bedeutung her durch zeitliche Begrenztheit und Zielgerichtetheit gekennzeichnet
  • Durative Verben vertragen sich mit Daueradverbialien wie ‚eine Stunde lang‘, nicht-durative dagegen nicht, sondern eher mit Temporaladverbialien wie in einer Stunde: „Sie suchte den Schlüssel eine Stunde lang“, aber: *„Sie fand den Schlüssel eine Stunde lang“; eher „sie fand den Schlüssel in einer Stunde
  • Nicht-durative Verben bilden beide Passivformen („Der Schlüssel wird/ist gefunden“), durative dagegen nur ein werden-Passiv („Der Schlüssel wird gesucht“; aber *„Der Schlüssel ist gesucht“)
  • Nicht-durative Verben neigen eher zum sog. futurischen Präsens als durative
  • Durative Verben bilden ihre Perfektformen niemals mit sein (außer sein und bleiben)
Gruppierungen

Zu der folgenden Klassifikation vgl. insbesondere.[31]

Subkategorien der durativen Aktionsarten

Die Unterkategorien der durativen Aktionsarten sind:

  • Die iterative Aktionsart, die bez., dass etwas wiederholt, mehrmals (regelmäßig, gewöhnlich) geschieht, zum Beispiel sticheln ~ ‚öfter stechen‘
  • Die intensive Aktionsart. Sie bez. ein Geschehen, das durch hohe (erhöhte) Intensität gekennzeichnet ist, zum Beispiel schnitzen ~ ‚stark schneiden‘
  • Die deminutive (auch genannt: attenuative) Aktionsart. Sie markiert Geschehen geringerer (verringerter) Intensität, zum Beispiel tänzeln ~ ‚ein bisschen tanzen‘
  • Die intransformative[32] Aktionsart. Verben dieses Typs bez., dass sich am gegebenen Zustand ausdrücklich nichts ändert, zum Beispiel behalten
Subkategorien der nicht-durativen Verben

Die Unterkategorien der nicht-durativen Aktionsarten sind:

  • Die inchoative (Synonyme: ingressive, inzeptive, initive) Aktionsart. Sie deutet auf einem Anfang, einen (allmählichen) Beginn, den Austritt aus einem alten Zustand und den Eintritt in einen neuen Zustand. Gelegentlich werden die Termini ‚inchoativ/inzeptiv‘ und ‚ingressiv/initiv‘ differenziert, indem man erstere als Aktionsart des allmählichen Beginns und letztere als Aktionsart des plötzlichen Beginns festlegt (einschlafen vs. aufspritzen).
  • Die resultative (andere Fachausdrücke: konklusiv (etwas veraltet), effektiv, egressiv sowie terminativ, perfektiv, telisch, finitiv, delimitativ) Aktionart. Resultative Verben bez. den Austritt aus einem Zustand (aber nicht den Eintritt in einen neuen) zuzüglich Verlauf und sollen daran zu erkennen sein, dass ihre „imperfektive Variante nicht die perfektive impliziert“ (Lexikon der Sprachwissenschaft, Eintrag ‚resultativ‘), zum Beispiel „Das Haus ist am Verbrennen“ impliziert nicht, dass das Haus am Ende vollkommen verbrannt sein wird. Seltener findet sich hierbei eine Unterscheidung nach ‚allmählich‘ und ‚plötzlich‘ (verbrennen vs. finden = ‚nicht mehr im Zustand des Suchens sein‘), wobei man ersteres als konklusiv (resultativ), letzteres als egressiv benennt.

‚Resultativ‘ und ‚inchoativ‘ werden ab und an zu transformativ oder mutativ zusammengefasst, es kommt aber auch vor, dass ‚transformativ‘ als eigene Aktionsart für Verben wie rosten angesetzt wird und dann parallel zu ‚perfektiv, mutativ‘ und/oder ‚resultativ‘ verwendet wird.

  • Auch üblich in deutschen Grammatiken ist es, Aktionsarten des plötzlichen Zustandswechsels als punktuell oder momentan zusammenzufassen. Entsprechende Verben bilden mit Daueradverbialien nur ungrammatische Sätze: *„sie stöhnt eine Stunde lang auf“ /*„er findet die Lösung eine Stunde lang“? Das liegt daran, dass solche Verben einen schnellen Situationswechsel bezeichnen.

Das sind die meistgenannten Kategorien. Aktionsarten wie die komitative, die konative, die distributive und viele andere werden in deutschen Grammatiken nicht erwähnt, woraus zu schließen ist, dass slawistische Aktionsarteneinteilungen wesentlich präziser und differenzierter sind.

Nun zu den Mitteln, wie sich die einzelnen Aktionsarten im Deutschen ausdrücken lassen. Ausgegangen wird von derivationsmorphologischen, analytischen und syntaktischen Mitteln. Unter der ersten Einordnung fallen Affixbildungen/Komposita, unter der zweiten Verbalkomplexe mit Hilfsverb + einer der drei Infinitivtypen (reiner, zu-Infinitiv, substantivierter Infinitiv) und unter der dritten Adverbien-Zusätze u. a.

DERIVATIONSMORPHOLOGISCH ANALYTISCH SYNTAKTISCH
DURATIVE AKTIONSART fraglich: an- in andauern sein + am/in/beim + Infinitiv, dabei sein + zu-Infinitiv Wahl eines Präpositionalobjekts statt Akkusativobjekt ( an einem /einen Roman schreiben) Adverbien wie ununterbrochen, pausenlos u. a.
Iterative Aktionsart Suffix -ln und evtl. Vokalwechsel (tropfentröpfeln) Fügungen mit Verb+Verb (z. B. „er rannte und rannte“), Adverbien wie mehrmals, oft u. a.
Intensive Aktionsart expressive Konsonantenschärfung (hörenhorchen) Adverbien wie stark, heftig, sehr
Deminutive Aktionsart Suffix -ln, evtl. Vokalwechsel - Fügungen wie ein wenig, ein bisschen
Intransformative Aktionsart Verbpartikel weiter- bleiben + am + Infinitiv, bleiben + Infinitiv (auch als Absentivkonstruktion bez.) Fügungen wie immer noch, weiterhin u. a.
Semelfaktive Aktionsart Nur am Satze selber erkennbar („er sieht eine Katze“ vs. „er sieht seine Katze gerne“)
NICHT-DURATIVE AKTIONSART
Inchoative Aktionsart Präfixe wie ent-, er- (entflammen) Verbpartikeln wie los-(loslaufen) anfangen/beginnen + zu-Infinitiv (auch Phasenverbkonstruktion genannt) Fügungen wie allmählich, nach und nach u. a.
Resultative Aktionsart Präfixe wie ver- (verblühen) aufhören + zu-Infinitiv (auch Phasenverbkonstruktion genannt) Fügungen wie nicht mehr u. a.

Der Ausdruck der anderen unter ‚nicht-durativ‘ aufgeführten Aktionsarten ist auf Adverbien angewiesen.

Nichtindogermanische Sprachen

Chinesisch

Die allgemein als isolierend eingestuften chinesischen Sprachen verändern Verben zwar nicht im Sinne der Flexion, aber es gibt „Wörter“ (oder Silben), die für sich keine Begriffe ausdrücken, also nicht als eigenständige Lexeme gewertet werden können, aber als Morpheme einem Wort, das die Grundbedeutung trägt, folgen und so unterschiedliche grammatische Kategorien ausdrücken.
Die chinesischen Sprachen haben keine Morpheme zum Ausdruck von Zeitstufen, aber zahlreiche zum Ausdruck der Aktionsarten, wobei im Chinesischen auch Substantive und Adjektive als Verben eingesetzt werden und dann ebenfalls mit diesen Morphemen versehen werden können.

Beispiele aus dem Hochchinesischen:

Morphem Aktionsart Beispielsatz Transkription Übersetzung
le perfektiv-resultativ 我當了兵. wǒ dāng le bīng „ich bin Soldat geworden (und bin es noch)“
guo „Erfahrungs“-perfektiv 我當过兵. wǒ dāng guo bīng „ich war (schon) einmal Soldat“
zhèngzài/zài dynamisch-imperfektiv
(progressiv)
我正在掛畫. wǒ zhèng zài guà huà „ich hänge gerade Bilder auf“
zhe statisch-imperfektiv
(durativ)
牆上掛著一幅畫. qiáng shàng guà zhe yī fú huà „ein Bild hing an der Wand“

Der delimitative Aspekt wird durch Reduplikation des Verbs ausgedrückt: 走 zǒu „gehen“, 走走 zǒu zǒu „ein bisschen spazierengehen“.

Japanisch

Das Verbsystem der japanischen Sprache trennt sehr deutlich zwischen transitiven und intransitiven Verben, die in Paaren auftreten und morphologisch (synthetisch) voneinander abgeleitet sind. Semantisch drücken diese Paare vorwiegend eine kausative/antikausative Bedeutung aus. Die Verlaufsform drückt bei intransitiven Verben eine durative, bei transitiven eine progressive Aktionsart aus.

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Aktionsart – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Duden – Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch. 8. Auflage. ( = Duden, Band 4). Bibliographisches Institut, Mannheim, 2009, ISBN 978-3-411-04048-3, S. 408.
  2. Bernd Kortmann: The Triad "Tense-Aspect-Aktionsart". Problems and possible solutions. In: Carl Vetters (Hrsg.): Perspectives on aspect and Aktionsart. Belgian journal of linguistics, 6., Ed. de l'Univ. de Bruxelles, Bruxelles 1991, S. 9–27.
  3. Carola S. Smith: The Parameter of Aspect. Volume 43 of Studies in Linguistics and Philosophy. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht 1991: Sie differenziert zwischen „Situationsaspekt“, situation aspect und Perspektivenaspekt, viewpoint aspect. Der „Situationsaspekt“ steht für die Aktionsart, den lexikalischen Aspekt oder der Zeitkonstitution. Der „Perspektivenaspekt“ für den Aspekt im eigentlichen Sinne oder den grammatischen Aspekt.
  4. Thea Schippan: Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. Niemeyer, Tübingen 1992, ISBN 3-484-73002-1, S. 46.
  5. durative Verben charakterisieren Geschehen ohne zeitliche Begrenzung, z. B. „arbeiten“, „schlafen“, „sehen“, „laufen“, „essen“, „wandern“
  6. iterative (frequentative) Verben charakterisieren sich wiederholendes Geschehen, z. B. „hämmern“, „streicheln“, „schaukeln“, „klopfen“, „plätschern“, „sticheln“
  7. Steven Pinker: Der Stoff, aus dem das Denken ist. S. Fischer, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-10-061605-0, S. 248–254
  8. Zeno Vendler: Verbs and Times. The Philosophical Review 66:2, (1957) S. 143–160.
  9. Zeno Vendler: Linguistics in Philosophy. Cornell University Press, Ithaca, NY 1967, ISBN 0-8014-0436-3.
  10. Carola S. Smith: The Parameter of Aspect. Volume 43 of Studies in Linguistics and Philosophy. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht 1991.
  11. Éva Kardos: Aspectual classes: past and present. In: Argumentum. 9 (2013), S. 200-210 Debreceni Egyetemi Kiadó
  12. Howard B. Garey: Verbal aspect in French. In: Language. 33, (1957), S. 91–110.
  13. Benjamin Weitz: Aspektklassen von Verben und ihre dekompositionelle Analyse. Proseminar Lexikalische Semantik, WS 09/10, Universität Saarland
  14. Karl Brugmann: Griechische Grammatik. 4. verm. Auflage. Beck, München 1913. (1. Aufl. 1885)
  15. Aspekt und Aktionsart (Zeitart,Verbalcharakter). Krifka/Hock: Aspekt und Zeitkonstitution WS 2002/2003
  16. Roland Harweg: Studien zum Verbum und seinem Umfeld. Band 7: Sprache – Kommunikation – Wirklichkeit. LIT Verlag, Münster 2014, ISBN 978-3-643-12597-2, S. 224.
  17. Sigurd Agrell: Aspektänderung und Aktionartbildung beim polnischen Zeitworte. Lund 1908, zitiert nach Krifka/Hock: Aspekt und Zeitkonstitution (PDF; 135 kB)
  18. Alexander Isatschenko: Die russische Sprache der Gegenwart. Halle (Saale) 1962.
  19. Bayer-Lindauer: Lateinische Grammatik. 1974, ISBN 3-87488-635-2.
  20. Heinz F. Wendt: Das Fischer Lexikon – Sprachen. Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24561-3.
  21. Bernd Kortmann: The triad „tense – aspect – Aktionsart“. Brüssel 1991.
  22. Hans-Jürgen Sasse: Aspect and Aktionsart. Brüssel 1991.
  23. a b Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. Stuttgart 1993, ISBN 3-476-00937-8.
  24. Steven Pinker: Der Stoff, aus dem das Denken ist. S. Fischer, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-10-061605-0, S. 251
  25. Bernard Comrie: Aspect. An Introduction To The Study Of Verbal Aspect And Related Problems. Cambridge University Press, Cambridge 1976, ISBN 0-521-21109-3.
  26. „Tense is a deictic category, i.e. locates situations in time (...). Aspect is not concerned with relating the time of the situation to any other time-point, but rather with the internal temporal constituency of the one situation; one could state the difference as one between situation-internal time (aspect) and situation-external time (tense).“ (Comrie 1976, S. 5)
  27. Henrik Birnbaum, Jos Schaeken: Das altkirchenslavische Wort: Bildung – Bedeutung – Herleitung. München 1997, ISBN 3-87690-668-7. ((online) (Memento vom 31. August 2003 im Internet Archive))
  28. Martin Joachim Kümmel: Grundlagen und Geschichte der europäischen Verbalsysteme. Vorlesungsmanuskript, Freiburg 2006. ((online) (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive))
  29. Herbert Mulisch: Handbuch der russischen Gegenwartssprache. Leipzig 1993, ISBN 3-324-00325-3.
  30. Tanja Anstatt: Das Verbalpräfix po- im Polnischen. In: Zeitschrift für Slavische Philologie. 62/2, S. 359–385. (online; PDF; 203 kB)
  31. Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1990, ISBN 3-520-45202-2.
  32. Duden: Die Grammatik. 7. Auflage. Mannheim 2005, ISBN 3-411-04047-5.