Der Hauptmann von Köpenick (1931)

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Film
Titel Der Hauptmann von Köpenick
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1931
Länge 85 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Richard Oswald
Drehbuch Carl Zuckmayer
Albrecht Joseph
Produktion Richard Oswald
Gabriel Pascal
Kamera Ewald Daub
Schnitt Max Brenner
Besetzung

Der Hauptmann von Köpenick ist ein deutscher Kinospielfilm nach dem gleichnamigen Theaterstück von Carl Zuckmayer. Regie führte Richard Oswald, die Titelrolle übernahm Max Adalbert. Die Uraufführung fand am 22. Dezember 1931 statt.

Handlung

Nach 23 Jahren Zuchthaushaft wird der Schuhmacher Wilhelm Voigt entlassen. In der neuen Freiheit versucht er Arbeit zu finden und will eine bürgerliche Existenz gründen. Doch ohne einen Pass gibt es keine Arbeit und ohne Arbeit keinen Pass. Schon recht bald findet sich Voigt im Hamsterrad der Bürokratie wieder. Niemand in der Beamtenschaft fühlt sich für ihn zuständig, und so nimmt Wilhelm Voigt sein Schicksal auf die ihm vertraute Weise in die eigene Hand: Er bricht in ein Polizeirevier ein, um sich dort die dringend benötigten Papiere zu verschaffen. Dabei wird er auf frischer Tat ertappt und zu weiteren zehn Jahren Haft verurteilt.

In der gefängniseigenen Bibliothek liest er vor allem Literatur zu militärischen Themen: preußisches Exerzierreglement und Felddienstordnung. Der Gefängnisdirektor unterstützt seinen Häftling bei seinem Treiben, ist er doch vom Interesse an allem Militärischen seines Häftlings hocherfreut. Wieder in Freiheit entlassen, will Voigt erneut mit ehrlicher Arbeit sein Leben aufbauen, doch den benötigten Pass bekommt er immer noch nicht. Jetzt kommen ihm seine zuletzt erworbenen Kenntnisse über Uniformen und Dienstgrade zugute. Er kauft bei einem Trödler eine ausgediente Hauptmanns-Uniform, legt sie sich auf dem Schlesischen Bahnhof an und bringt kurzerhand ein Dutzend vorbeimarschierende Wachsoldaten und einen Gefreiten unter sein Kommando. Mit diesem kleinen Trupp fährt Voigt in den Berliner Vorort Köpenick. Dort nimmt er, quasi im Handstreich, das Rathaus ein, lässt den perplexen aber angesichts der Hauptmanns-Uniform nicht weiter beunruhigten Bürgermeister und den Stadtkämmerer verhaften und beschlagnahmt die Gemeindekasse.

Der falsche Hauptmann lässt schließlich die Gefangenen zur Neuen Wache bringen und verschwindet sofort. Jedoch hat er noch immer keinen Pass, da es im Rathaus zu Köpenick keine Passabteilung gibt. In den kommenden Tagen ist die Presse voll von Meldungen über diesen amüsanten Streich, selbst der Kaiser amüsiert sich königlich. Nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt wird Schuster Voigt, der sich selbst gestellt hat, schließlich vom Monarchen begnadigt. Und einen Pass bekommt er endlich auch.

Produktionsnotizen

Der Film ist nicht die erste Produktion, die sich mit den Ereignissen um den Hauptmann von Köpenick des Jahres 1906 beschäftigte, jedoch die erste Adaption des gleichnamigen Theaterstücks von Carl Zuckmayer.

Gedreht wurde in der Berliner Innenstadt sowie im Rathaus von Berlin-Köpenick.

Max Adalbert wiederholte hier die Rolle seines Lebens, mit der er kurz zuvor Theatergeschichte geschrieben hatte.

Die Filmbauten, die einen glaubhaften Einblick in die Dienststuben und Wohnwelten der Kaiserzeit ermöglichen, stammen von Franz Schroedter.

Der Film erhielt das Prädikat „Künstlerisch“.

Bis Januar 1933 lief der Film auch in Dänemark, Frankreich und den USA an.

Kritiken

Die zeitgenössische Kritik war für den Film voll des Lobes. Hans Feld schrieb 1931:

Darsteller im Ensemble und doch in der vorbehaltlosen Einfachheit überragend, so spielt Max Adalbert den Voigt. Von rührender Einfältigkeit ist dieser Schuster. Einer, den das Leben kaputt gemacht hat; und der doch den leisen Humor, die Güte in den Augenwinkeln nicht verloren hat. […] Wir lachten, lachten; alle. Und waren hinterher doppelt froh, daß man, während die Heiterkeit entfesselt war, des Lachens Anlaß nicht zu vergessen brauchte. Ein Stück fürs Volk, ein Stück aus dem Volk ist dies: Zuckmayers ‚Hauptmann von Köpenick‘. Und Adalbert leiht ihm Gestalt und Leben.

Film-Kurier: 23. Dezember 1931

Zu Max Adalberts Interpretation des Schuster Voigt heißt es in Das große Personenlexikon des Films:

Seine größte und ergreifendste schauspielerische Leistung gelang ihm 1931 auf der Bühne mit der Charakterstudie des ‘Hauptmann von Köpenick’, den er im gleichen Jahr auch im Film spielen sollte und als ein verzweifeltes Opfer im Räderwerk preußischer Bürokratenwillkür darstellte.

Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films Band 1, S. 27 f., Berlin 2001

Bezüglich Richard Oswalds Regieleistung ist in 'Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …' zu lesen:

Seine Adaption von Carl Zuckmayers Drama ‚Der Hauptmann von Köpenick‘ mit einem ausgezeichnet aufspielenden Max Adalbert in seiner besten (tragischen) Rolle wurde Oswalds letzter bedeutender Film.

Kay Weniger: 'Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben…'.Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. Seite 381. Hamburg 2011

Im Lexikon des Internationalen Films wird diese Kinofilmfassung wie folgt gewürdigt:

Die beißend satirische Verfilmung des Stückes von Carl Zuckmayer zeigt den traurigen Helden als bedauernswertes Produkt der bornierten Bürokratie und des Militarismus der wilhelminischen Gesellschaft. Ein Film von anrührender Menschlichkeit und mit starker Atmosphäre

Klaus Brüne (Red.): Lexikon des Internationalen Films: Band 3, S. 1511. Reinbek bei Hamburg 1987

Der Vergleich zwischen der Rühmann- und der Adalbert-Version 25 Jahre zuvor fiel zugunsten von Richard Oswalds Inszenierung aus:

Carl Zuckmayers Geschichte vom vorbestraften Schuster Wilhelm Voigt, der sich in der Uniform eines Hauptmanns über die bürokratischen Hemmnisse beim Erlangen eines Passes hinwegzusetzen versucht, in einer ganz auf den Hauptdarsteller zugeschnittenen, menschlich-komödiantischen Film-Version. Aber die Verfilmung von Richard Oswald, 1931, war doch besser.

Heyne Filmlexikon 1996

Neuverfilmung

Im amerikanischen Exil verfilmte Oswald den Stoff des Hauptmanns von Köpenick 1941 noch einmal in englischer Sprache mit Albert Bassermann in der Titelrolle. Die künstlerisch hochwertige, aber weitgehend unbeachtet gebliebene Neuverfilmung unter dem Titel I Was a Criminal wurde erst 1945 uraufgeführt.

1956 verfilmte Helmut Käutner den Stoff ein weiteres Mal mit Heinz Rühmann in der Rolle des Schusters Wilhelm Voigt.

Literatur

  • Carl Zuckmayer: Der Hauptmann von Köpenick. Theaterstücke 1929–1937. In: Gesammelte Werke in Einzelbänden. Kassette 2. Fischer, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-10-096539-6.
  • Fred Gehler Der Hauptmann von Köpenick. In Günther Dahlke, Günther Karl (Hrsg.): Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933. Ein Filmführer. Henschel Verlag, 2. Auflage, Berlin 1993, S. 288 f. ISBN 3-89487-009-5

Weblinks