Englischsprachige Lyrik

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Die englischsprachige Lyrik umfasst jedwede Dichtung in englischer Sprache aus England, Schottland, Wales, Irland, den Vereinigten Staaten, Australien und Kanada.

Altenglische Lyrik

Bereits im altenglischen Epos Beowulf singt ein Skop von der Weltschöpfung. Auf dem Ruthwell Cross ist im frühnordhumbrischen Dialekt das Gedicht „Der Traumgesicht vom Kreuz“ eingemeißelt.[1] Als erster Dichter gilt Cædmon. Auf das 11. Jahrhundert lässt sich das Gedicht The Battle of Maldon datieren. Nach der Christianisierung Englands entstanden zahlreiche religiöse Gedichte, wobei sich an manchen Elegien wie im The Wanderer noch die Umbrüche der Zeit bemerkbar machen. Das Naturgedicht The Seafarer beinhaltet dagegen heidnische wie christliche Motive. Ein weiterer namhaften Lyriker ist Cynewulf, der unter anderem die religiösen Gedichte The Ascension und The Fates of the Apostles verfasste.

Mittelalter und Neuzeit

Portrait Chaucers als Pilger im Ellesmere-Manuskript (um 1410) der Canterbury Tales

Nach der Eroberung Englands durch normannische Truppen im Jahre 1066 minorisierte das Latein und normannische Französisch der neuen Eliten die altenglische Sprache als allgemeine Literatursprache. Deswegen verfügt die mittelenglische Lyrik weder über „große, bedeutende Sammelhandschriften“[2], noch besticht sie durch eine Breite an lyrischen Gattungen.[3] Das in mittelenglischer Sprache verfasste Werk Brut des Dichters Layamon gehört zu den wichtigsten Dichtungen des 13. Jahrhunderts. Es ist nicht nur mit angelsächsischem Vokabular durchsetzt, sondern steht am Anfang der literarischen Artus-Rezeption in England, zu der auch die bekannte Versdichtung Sir Gawain and the Green Knight zählt. Im 14. Jahrhundert entstehen Allegorien und Gedichte wie Piers Plowman, Patience und Pearl. Als Formerneuerer ersetzte Geoffrey Chaucer schließlich im 15. Jahrhundert den germanischen Stabreim durch den Endreim und passte den ursprünglich französischen Balladenvers der englischen Sprache an. Dieser Rhyme royal besteht aus sieben Versen, jambischen Fünfhebern (heroic verse) mit dem Reimschema [ababbcc]. Die starke Wirkung Chaucers verdeutlichte sich besonders in der hohen Zahl seiner Nachahmer, wie John Gower, John Lydgate und John Hoccleve. Selbst der schottische König James I. verfasste Gedichte im Stile Chaucers.

Parlement of Foules

The lyf so short, the craft so long to lerne,
Th'assay so hard, so sharp the conquerynge,
The dredful joye alwey that slit so yerne:
Al this mene I by Love, that my felynge
Astonyeth with his wonderful werkynge
So sore, iwis, that whan I on hym thynke
Nat wot I wel wher that I flete or wynke. Geoffrey Chaucer Verse 1-7

Renaissance

Edmund Spenser

Im 16. Jahrhundert schrieb Sir Thomas Wyatt die ersten Sonette in englischer Sprache. Sir Phillip Sidney Sonettzyklus Astrophel and Stelle setzte das schon in Wyatts Dichtung angelegte englische Sonett endlich durch. Daneben verfasste der Jesuit Robert Southwell religiöse Gedichte und Thomas Campion Lieder. Die englische Sonettdichtung sollte unter William Shakespeare ihren Höhepunkt finden. Weitere Sonettdichter sind Walter Raleigh, Michael Drayton und Samuel Daniel. Edmund Spenser dichtete die Versepen The Shepheardes Calender und The Faerie Queene.

Sonnet 130
My mistress' eyes are nothing like the sun
Coral is far more red than her lips' red;
If snow be white, why then her breasts are dun;
If hairs be wires, black wires grow on her head.
I have seen roses damask'd, red and white,
But no such roses see I in her cheeks;
And in some perfumes is there more delight
Than in the breath that from my mistress reeks.
I love to hear her speak, yet well I know
That music hath a far more pleasing sound;
I grant I never saw a goddess go;
My mistress, when she walks, treads on the ground:
And yet, by heaven, I think my love as rare
As any she belied with false compare. William Shakespeare

Barock

Ben Jonson. Gemälde von Abraham Blyenberch, um 1617.

John Donnes metaphysische Dichtung grenzte sich im 17. Jahrhundert von der starren Sonettdichtung der englischen Renaissance ab. Dagegen nahmen sich die Cavalier poets Ben Jonson, Richard Lovelace und Edmund Waller weltliche Themen an. Im späten 18. Jahrhundert überwanden Thomas Gray und Robert Burns die Auswirkungen der Restauration, welche vorwiegend aus der Übersetzung lateinischer Klassiker bestand und besonders der spätere Nationaldichter Schottlands Burns ebnete den Weg zur Romantik.

Death Be Not Proud
Death be not proud, though some have called thee
Mighty and dreadful, for, thou art not so,
For, those, whom thou think'st, thou dost overthrow,
Die not, poore death, nor yet canst thou kill me.
From rest and sleepe, which but thy pictures bee,
Much pleasure, then from thee, much more must flow,
And soonest our best men with thee doe goe,
Rest of their bones, and souls deliverie.
Thou art slave to Fate, Chance, kings, and desperate men,
And dost with poyson, warre, and sicknesse dwell,
And poppie, or charmes can make us sleepe as well,
And better then thy stroake; why swell'st thou then;
One short sleepe past, wee wake eternally,
And death shall be no more; Death, thou shalt die. John Donne

Klassizismus

Alexander Pope um 1727

Der bedeutendste Dichter des Augustan Age war Alexander Pope.

Windsor Forest
Thy forests, Windsor! and thy green retreats,
At once the Monarch's and the Muse's seats,
Invite my lays. Be present, sylvan maids!
Unlock your springs, and open all your shades.
Granville commands; your aid O Muses bring!
What Muse for Granville can refuse to sing?
The groves of Eden, vanish'd now so long,
Live in description, and look green in song:
These, were my breast inspir'd with equal flame,
Like them in beauty, should be like in fame.
As any she belied with false compare. Alexander Pope Vers 1-10

Romantik

William Wordsworth, Porträt von Benjamin Robert Haydon, 1842

Mit der Veröffentlichung der Lyrical Ballads von William Wordsworth und Samuel Taylor Coleridge im Jahre 1798 begann die englische Romantik.[4] Im Vordergrund der romantischen Lyrik stand die Konfrontation von Natur und Kultur und während in den vorangegangenen Jahrhunderten das Ich sich auf eine ordnende Instanz bezog, entdeckten die Romantiker ihre natürliche Umgebung. Diese Haltung spiegelte sich auch in der Sprache, wo poetische Umschreibungen, welche im Klassizismus noch von Bedeutung waren und längst zu Phrasen verkommen sind, zu Gunsten einer natürlichen wie nüchternen Sprache aufgegeben wurden.[5] Ein Jahr nach Erscheinen der Lyrical Ballads arbeitete Wordsworth an seinem Opus Magnum The Prelude, ein autobiografisches Gedicht in Blankversen. Der Solitär William Blake verfasste die Songs of Innocence and of Experience. Als Maler illustrierte er seine Gedichte selbst, konnte jedoch allein aufgrund der geringen Stückzahl keinen Erfolg erzielen. Zur zweiten Generation gehören neben dem Iren Thomas Moore vor allem John Keats, Lord Byron und Percy Bysshe Shelley.

Ode to a Nightingale
My heart aches, and a drowsy numbness pains
My sense, as though of hemlock I had drunk,
Or emptied some dull opiate to the drains,
One minute past, and lethe wards had sunk,
’Tis not through envy of thy happy lot,
But being too happy in thine happiness,—
That thou, light-winged Dryad of the trees,
In some melodious plot
Of beechen green, and shadows numberless,
Singest of summer in full-throated ease
As any she belied with false compare. John Keats Vers 1-10

Viktorianische Epoche

Alfred Tennyson, 1. Baron Tennyson

Die viktorianische Lyrik stand in der Tradition der Romantik.[6] Mystifizierungen wurden einer Auseinandersetzung mit der Gegenwart vorgezogen, tradierte Gedichtformen wie das Sonett gewannen an Popularität. Trotz, vielleicht gerade wegen des fehlenden Realitätssinns, erreichte die Lyrik der viktorianischen Epoche breite Leserschaften.[7] Das einst eigenständige Gedicht wurde nun verstärkt in Gedichtzyklen integriert, gleichzeitig wurden die Gattungsgrenzen durch die Dramatisierung der Gedichte ausgedehnt, was schließlich zur Gattung des dramatischen Monologs führen sollte, dessen wichtigste Vertreter Alfred Tennyson und Robert Browning sind. Brownings spätere Ehefrau Elizabeth Barrett Browning, welche bereits vor der Heirat eine anerkannte Dichterin war, schrieb Liebeslyrik, worunter die Sonnets from the Portuguese eine besondere Hervorhebung beanspruchen können. Dante Gabriel Rossetti betätigte sich als Maler wie Dichter, ausgehend von John Keats verfasste er eine sinnliche Liebeslyrik, während seine jüngere Schwester Christina Rossetti heute vorrangig wegen ihrer Kinderlyrik bekannt sein dürfte. Als Hauptvertreter der Nonsense-Literatur gelten Edward Lear, dessen Hauptwerk A book of nonsense 1846 erschien und Lewis Carroll. Das Gedicht Jabberwocky zählt zu den bekanntesten Gedichten der Nonsens-Literatur.

Parting and Morning
Round the cape of a sudden came the sea,
And the sun looked over the mountain's rim:
And straight was a path of gold for him
And the need of a world of men for me Robert Browning

Literatur

Sekundärliteratur

  • Arno Löffler: English poetry. Eine Anthologie für das Studium. Quelle & Meyer, Heidelberg 1994, ISBN 3-8252-0494-4.
  • Friedhelm Kemp (Hrsg.): Englische und amerikanische Dichtung. Beck, München 2000, ISBN 3-406-46464-5.
  • Karl Heinz Göller: Die englische Lyrik von der Renaissance bis zur Gegenwart. Bagel, Düsseldorf 1968.
  • Wolfgang Weiß: Die elisabethanische Lyrik. Erträge der Forschung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Bd. 55., Darmstadt 1976, ISBN 3-534-06861-0.

Anthologien

  • Raimund Borgmeier: Englische Lyrik. 50 Gedichte. Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-018843-9.
  • Michael Hanke: Englische Gedichte des 20. Jahrhunderts. Reclam, Stuttgart 1997, ISBN 3-15-017503-8.
  • Oscar Williams: Immortal Poems of the English Language. Pocket Books, New York 1983, ISBN 0-671-49610-7.
  • Harold Bloom: The Best Poems of the English Language. From Chaucer Through Robert Frost. Harper Perennial, New York 1997.

Anmerkungen

  1. Vgl. Joerg O. Fichte u. Fritz Kemmler: Alt- und Mittelenglische Literatur. 3. Aufl. Narr Francke Attempto, Tübingen 2005, ISBN 3823361279, S. 156.
  2. Joerg O. Fichte und Fritz Kemmler: Alt- und mittelenglische Literatur. eine Einführung. 3. Aufl. Narr Francke Attempto, Tübingen 2005, ISBN 3823361279, S. 215.
  3. Vgl. Joerg O. Fichte und Fritz Kemmler: Alt- und mittelenglische Literatur. eine Einführung. 3. Aufl. Narr Francke Attempto, Tübingen 2005, ISBN 3823361279, S. 215.
  4. Vgl. Rolf Breuer: Englische Romantik. Literatur und Kultur 1760 – 1830. Fink, München 2012, S. 10.
  5. Vgl. Rolf Breuer: Englische Romantik. Literatur und Kultur 1760 – 1830. Fink, München 2012, S. 30.
  6. Vgl. Walter F. Schirmer: Geschichte der Englischen und Amerikanischen Literatur. Bd. II Vom Klassizismus bis zum 20. Jahrhundert. Gruyter, Tübingen 1983, S.750.
  7. Vgl. Walter F. Schirmer: Geschichte der Englischen und Amerikanischen Literatur. Bd. II Vom Klassizismus bis zum 20. Jahrhundert. Gruyter, Tübingen 1983, S. 752.