Epigallocatechingallat

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Strukturformel
Strukturformel von Epigallocatechingallat
Allgemeines
Name Epigallocatechingallat
Andere Namen
  • EGCG
  • Tee Catechin
  • (2R,3R)-2-(3,4,5-Trihydroxyphenyl)-3,4-dihydro-1(2H)-benzopyran-3,5,7-triol-3-(3,4,5-trihydroxybenzoat)
Summenformel C22H18O11
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 989-51-5
PubChem 65064
Wikidata Q393339
Eigenschaften
Molare Masse 458,36 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

217 °C[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten

2170 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Epigallocatechingallat, engl. Epigallocatechin gallate, (EGCG), ist ein Carbonsäureester der Gallussäure mit dem Alkohol und Catechin Epigallocatechin. Das Antioxidans macht etwa ein Drittel der Trockenmasse des grünen Tees aus. Im schwarzen Tee ist der Anteil an Catechinen deutlich geringer, da aufgrund der Fermentation die Catechine zu oligomeren Theaflavinen reagieren. Der Verbindung wird eine positive Wirkung auf die Gesundheit zugesprochen.

Medizinische Aspekte

Angiogenese

Verschiedene Experimente zeigen, dass EGCG eine antiangiogenetische Wirkung (Wachstumshemmung von Blutgefäßen) besitzt. Nach Xenotransplantation von krankhaftem menschlichem endometrialem Gewebe in Mäuse konnte diese Wirkung gezeigt werden. Der humane Ursprung des Gewebes lässt eine Wirkung bei der menschlichen Endometriose vermuten.[5] Weiterhin wurden ähnliche Wirkungen durch In-vitro- und In-vivo-Experimente mit Hamstern nachgewiesen.[6]

Eine antiangiogenetische Wirkung von EGCG könnte auch genutzt werden, um das Wachstum von Tumorgewebe abzuschwächen. Tumore benötigen ebenfalls Blutgefäße, um ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt zu werden. EGCG hemmt die Aktivität von Wachstumsfaktoren, die beim Mechanismus der Angiogenese erforderlich sind, wie z. B. das pro-angiogenetische Interleukin-8.[7][5] Die Bindung des Peptidhormons VEGF an seinen Rezeptor wird durch EGCG inhibiert.[8] In einem Mausmodell des Magenkarzinoms wurde eine Hemmung der VEGF-abhängigen Angiogenese durch EGCG gezeigt.[9]

Auch über eine positive Beeinflussung der Elastizität der Blutgefäße (Endothelfunktion), die eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Arteriosklerose (Atherogenese) spielt, wurde berichtet.[10][11]

Zellzyklus

Ebenfalls unterstützt EGCG das Tumorsuppressorprotein P27, das den Zellzyklus kontrolliert und eine außer Kontrolle geratene Zellteilung verhindert. Es hemmt dabei Wachstumsfaktoren, indem es an sie bindet.[12]

Neurodegenerative Erkrankungen

Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson werden durch die Bildung von Amyloidfibrillen verursacht. EGCG verhindert deren Bildung durch Bindung an die nativen, noch ungefalteten Polypeptidketten. Dadurch werden statt der toxischen, faserförmigen Amyloidfibrillen harmlose, sphärische Oligomere gebildet.[13] Studien weisen darauf hin, dass EGCG Plaques auflösen kann.[13] Im Modellorganismus Farbmaus konnte gezeigt werden, dass nach sechsmonatiger EGCG-Behandlung die Plaque-Belastung im Kortex, Hippocampus und im entorhinalen Kortex um jeweils 54, 43 und 58 % reduziert wurde.[14]

Immunologie

Eine japanische Forschungsgruppe zeigte in Labortests, dass EGCG die Invasion von HI-Viren in T-Lymphozyten verhindern kann, da es wie die HI-Viren eine Affinität zu den CD4-Molekülen an der Zelloberfläche der T-Lymphozyten aufweist. Durch die Bindung an die CD4-Rezeptoren durch das EGCG kann das HIV nicht mehr an die T-Lymphozyten andocken und diese somit nicht mehr infizieren.[15]

Auch gegen das Influenza-A-Virus zeigte sich EGCG effektiv. Sowohl bei Experimenten mit Zellkulturen als auch im Tierversuch vermochte es die Vermehrung des Virus signifikant abzusenken und bei infizierten Mäusen die mittlere Überlebenszeit deutlich zu erhöhen.[16]

Außerdem weisen Studien in der Multiple-Sklerose-Forschung darauf hin, dass EGCG sowohl Nervenzellen im Zentralnervensystem vor Schädigungen schützen, als auch fehlgeleitete T-Lymphozyten, welche für die Krankheit verantwortlich gemacht werden, regulieren kann. So war der Verlauf der experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis – dem Tiermodell der Multiplen Sklerose – bei Gabe von EGCG signifikant milder als bei Tieren, die kein EGCG erhielten.[17][18]

EGCG neutralisiert ebenfalls TNF-α und vermindert so die Produktion von Interleukin-6 und -8, was die teils immunsuppressive Wirkung erklärt.[7]

Stoffwechsel

Catechine gelten allgemein als Radikalfänger von reaktiven Sauerstoff- (ROS) und Stickstoffspezies (RNS). Diese beiden Typen von Verbindungen sind für oxidative Schäden an der DNA verantwortlich.[19]

Bindung am Cannabinoid-Rezeptor 1

EGCG bindet sich an den Cannabinoid-Rezeptor 1 mit einer Bindungsaffinität von Ki = 33,6 μM.[20]

Potente Hemmung der 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 1

Eine Studie von 2014 fand, dass Epigallocatechingallat des grünen Tees die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 1 potent hemmt, dadurch weniger Cortisol verfügbar ist und dadurch ggf. Teile der gesundheitsfördernden Eigenschaften des grünen Tees erklärt werden könnten, da Cortisol eine entscheidende Rolle u. a. in der psychophysiologischen Stressreaktion spielt.[21]

Hitzestabilität und Epimerisierung

In einer Umgebung mit hohen Temperaturen ist eine Epimerisierung von (−)-Gallocatechingallat zu (−)-EGCG, sowie die Zersetzung möglich. Die Exposition in kochendem Wasser für 30 Minuten führt zu einer 12,4%igen Reduktion an der EGCG-Gesamtmenge. Bei der kurzen Aufbrühzeit von Tee ist eine Reduktion des EGCG daher unerheblich.[22]

Interaktion mit Milchproteinen

Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass die in Milch enthaltenen Proteine (Molkenproteine, Kaseine) mit EGCG und anderen Catechinen reagieren. Eine Senkung des (−)-EGCG Gehalts in grünem Tee bei Zugabe von Milch konnte beobachtet werden.[23][24][25][26]

Weblinks

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Datenblatt Epigallocatechingallat (PDF) bei Carl Roth
  2. Eintrag zu Epigallocatechin-3-gallat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  3. Datenblatt (−)-Epigallocatechin gallate bei Sigma-Aldrich (PDF). Angabe des Markenparameters in Vorlage:Sigma-Aldrich fehlerhaft bzw. nicht definiertVorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  4. Datenblatt (–)-Epigallocatechin Gallate (PDF) bei Calbiochem
  5. a b H. Xu, C. M. Becker u. a.: Green tea epigallocatechin-3-gallate inhibits angiogenesis and suppresses vascular endothelial growth factor C/vascular endothelial growth factor receptor 2 expression and signaling in experimental endometriosis in vivo. In: Fertility and Sterility. Band 96, Nummer 4, Oktober 2011, S. 1021–1028.e1, ISSN 1556-5653. doi:10.1016/j.fertnstert.2011.07.008. PMID 21821246.
  6. M. W. Laschke, C. Schwender u. a.: Epigallocatechin-3-gallate inhibits estrogen-induced activation of endometrial cells in vitro and causes regression of endometriotic lesions in vivo. In: Human Reproduction (Oxford, England). Band 23, Nummer 10, Oktober 2008, S. 2308–2318, ISSN 1460-2350. doi:10.1093/humrep/den245. PMID 18603648.
  7. a b H. Y. Shin, S. H. Kim, H. J. Jeong, S. Y. Kim, T. Y. Shin, J. Y. Um, S. H. Hong, H. M. Kim: Epigallocatechin-3-gallate inhibits secretion of TNF-alpha, IL-6 and IL-8 through the attenuation of ERK and NF-kappaB in HMC-1 cells. In: International Archives of Allergy and Immunology. November 2006, PMID 17135765.
  8. Takako Kondo, Toshiro Ohta, Koichi Igura, Yukihiko Hara, Kazuhiko Kaji: Tea catechins inhibit angiogenesis in vitro, measured by human endothelial cell growth, migration and tube formation, through inhibition of VEGF receptor binding. In: Cancer Letters. Band 180, Nr. 2, 2002, ISSN 0304-3835, S. 139–144, doi:10.1016/S0304-3835(02)00007-1.
  9. B. H. Zhu, W. H. Zhan, Z. R. Li, Z. Wang, Y. L. He, J. S. Peng, S. R. Cai, J. P. Ma, C. H. Zhang: (–)-Epigallocatechin-3-gallate inhibits growth of gastric cancer by reducing VEGF production and angiogenesis. In: World journal of gastroenterology : WJG. Band 13, Nummer 8, Februar 2007, S. 1162–1169. PMID 17451194.
  10. M. E. Widlansky, N. M. Hamburg u. a.: Acute EGCG supplementation reverses endothelial dysfunction in patients with coronary artery disease. In: Journal of the American College of Nutrition. Band 26, Nummer 2, April 2007, S. 95–102. PMID 17536120.
  11. M. Lorenz, S. Wessler, E. Follmann, W. Michaelis, T. Düsterhöft, G. Baumann, K. Stangl, V. Stangl: A constituent of green tea, epigallocatechin-3-gallate, activates endothelial nitric oxide synthase by a phosphatidylinositol-3-OH-kinase-, cAMP-dependent protein kinase-, and Akt-dependent pathway and leads to endothelial-dependent vasorelaxation. In: Journal of Biological Chemistry. Februar 2004, PMID 14645258.
  12. M. Nihal, C. T. Roelke, G. S. Wood: Anti-melanoma effects of vorinostat in combination with polyphenolic antioxidant (−)-epigallocatechin-3-gallate (EGCG). In: Pharmaceutical Research. Juni 2010, PMID 20232120.
  13. a b D. E. Ehrnhoefer, J. Bieschke, A. Boeddrich, M. Herbst, L. Masino, R. Lurz, S. Engemann, A. Pastore, E. E. Wanker: EGCG redirects amyloidogenic polypeptides into unstructured, off-pathway oligomers. In: Nature Structural & Molecular Biology. Juni 2008, PMID 18511942.
  14. K. Rezai-Zadeh, G. W. Arendash u. a.: Green tea epigallocatechin-3-gallate (EGCG) reduces beta-amyloid mediated cognitive impairment and modulates tau pathology in Alzheimer transgenic mice. In: Brain Research. Band 12, Nr. 1214, Juni 2008, S. 177–186, PMID 18457818.
  15. F. Jiang, W. Chen, K. Yi, Z. Wu, Y. Si, W. Han, Y. Zhao: The evaluation of catechins that contain a galloyl moiety as potential HIV-1 integrase inhibitors. In: Clin Immunol. Dezember 2010, PMID 20832370.
  16. X. Xiao, Z. Q. Yang, L. Q. Shi, J. Liu, W. Chen: [Antiviral effect of epigallocatechin gallate (EGCG) on influenza A virus]. In: Zhongguo Zhong yao za zhi = Zhongguo zhongyao zazhi = China journal of Chinese materia medica. Band 33, Nummer 22, November 2008, ISSN 1001-5302, S. 2678–2682. PMID 19216171.
  17. O. Aktas, T. Prozorovski, A. Smorodchenko, N. E. Savaskan, R. Lauster, P. M. Kloetzel, C. Infante-Duarte, S. Brocke, F. Zipp: Green tea epigallocatechin-3-gallate mediates T cellular NF-kappa B inhibition and exerts neuroprotection in autoimmune encephalomyelitis. In: Journal of Immunology. November 2004, PMID 15494532.
  18. Bremst grüner Tee Entzündungsprozesse im Zentralen Nervensystem? von dmsg.de - abgerufen am 5. April 2011.
  19. K. W. Lee, H. J. Lee: The roles of polyphenols in cancer chemoprevention. In: BioFactors. Band 26, Nummer 2, 2006, S. 105–121, ISSN 0951-6433. PMID 16823097. (Review).
  20. G. Korte, A. Dreiseitel, P. Schreier, A. Oehme, S. Locher, S. Geiger, J. Heilmann, P. G. Sand: Tea catechins' affinity for human cannabinoid receptors. In: Phytomedicine. Band 17, Nummer 1, Januar 2010, S. 19–22, ISSN 1618-095X. doi:10.1016/j.phymed.2009.10.001. PMID 19897346.
  21. Jan Hintzpeter, Claudia Stapelfeld, Christine Loerz, Hans-Joerg Martin, Edmund Maser: Green Tea and One of Its Constituents, Epigallocatechine-3-gallate, Are Potent Inhibitors of Human 11β-hydroxysteroid Dehydrogenase Type 1. In: PLOS ONE. 9, 2014, S. e84468, doi:10.1371/journal.pone.0084468.
  22. R. Wang, W. Zhou, X. Jiang: Reaction kinetics of degradation and epimerization of epigallocatechin gallate (EGCG) in aqueous system over a wide temperature range. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 56, Nummer 8, April 2008, S. 2694–2701, ISSN 0021-8561. doi:10.1021/jf0730338. PMID 18361498.
  23. Imed Hasni, Philippe Bourassa, Saber Hamdani, Guy Samson u. a.: Interaction of milk α- and β-caseins with tea polyphenols. In: Food Chemistry. Band 126, Nr. 2, Mai 2011, S. 630–639, doi:10.1016/j.foodchem.2010.11.087.
  24. C. D. Kanakis, Imed Hasni u. a.: Milk β-lactoglobulin complexes with tea polyphenols. In: Food Chemistry. Band 127, Nr. 3, August 2011, S. 1046–1055, doi:10.1016/j.foodchem.2011.01.079.
  25. Elisabeth Jöbstl, Jonathan R. Howse u. a.: Noncovalent Cross-Linking of Casein by Epigallocatechin Gallate Characterized by Single Molecule Force Microscopy. In: J. Agric. Food Chem. 54 (12), 2006, S. 4077–4081 doi:10.1021/jf053259f
  26. F. Catterall, A. I. Kassimi, M. N. Clifford, C. Ioannides: Influence of milk on the antimutagenic potential of green and black teas. In: Anticancer Research. 23(5A), Sep-Oct 2003, S. 3863–3867. PMID 14666689