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Gen

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Schematische Darstellung eines Gens als ein Abschnitt auf der Doppelhelix einer DNA.
Gezeigt ist ein eukaryotisches Gen, das Introns und Exons enthält, und im Hintergrund der zum Chromosom kondensierte DNA-Doppelstrang (tatsächlich haben Exons und Introns mehr Basenpaare).

Als Gen wird meist ein Abschnitt auf der DNA bezeichnet, der die Grundinformationen zur Herstellung einer biologisch aktiven RNA enthält. Bei diesem Prozess der Transkription wird eine komplementäre Kopie des codogenen Strangabschnitts in Form einer RNA hergestellt.

Es gibt verschiedene Arten der RNA. Bei der Translation, einem Teilvorgang der Proteinbiosynthese, wird die Aminosäuresequenz der Proteine von der mRNA abgelesen. Die Proteine übernehmen im Körper jeweils spezifische Funktionen, mit denen sich Merkmale ausprägen können. Der Aktivitätszustand eines Gens bzw. dessen Ausprägung, seine Expression, kann in einzelnen Zellen verschieden reguliert werden.

Allgemein werden Gene auch als Erbanlage oder Erbfaktor bezeichnet, da sie die Träger von Erbinformation sind, die durch Reproduktion an Nachkommen weitergegeben wird. Die Erforschung des Aufbaus, der Funktion und Vererbung von Genen ist Gegenstand der Genetik. Die gesamte Erbinformation einer Zelle wird Genom genannt.

Forschungsgeschichte

1854 begann Johann Gregor Mendel, die Vererbung von Merkmalen bei Erbsen zu untersuchen. Er schlug als erster die Existenz von Faktoren vor, die von Eltern auf die Nachkommen übertragen werden. Bei seinen Kreuzungsversuchen beschrieb er, dass Merkmale voneinander unabhängig vererbt werden können, sowie dominante und rezessive Merkmale. Er entwickelte die Hypothese, dass es homo- und heterozygote Zustände geben kann, und legte damit die Grundlage für die Unterscheidung zwischen Genotyp und Phänotyp.

1900 gilt als das Jahr der „Wiederentdeckung“ der mendelschen Regeln, da die Botaniker Hugo de Vries, Erich Tschermak und Carl Correns aufgriffen, dass es quantifizierbare Regeln gibt, nach denen die Faktoren, die für die Ausprägung von Merkmalen verantwortlich waren, an die Nachkommen weitergegeben werden. Correns prägte dabei den Begriff Anlage bzw. Erbanlage. William Bateson erinnerte 1902 in Mendel’s Principles of Heredity daran, dass es zwei Varianten der Erbfaktoren in jeder Zelle gibt. Er nannte das zweite Element Allelomorph nach dem griechischen Wort für „Andere“ und prägte damit den Begriff des Allels. Archibald Garrod, ein britischer Arzt, hatte sich mit Stoffwechselerkrankungen beschäftigt und stellte fest, dass diese in Familien vererbt wurden. Garrod erkannte, dass die Gesetze also auch bei Menschen gültig waren, und vermutete, die Erbanlagen seien die Basis für die Chemische Individualität von Menschen.

August Weismann stellte in seinen Vorträgen zur Deszendenztheorie 1904 die Entdeckung vor, dass es einen Unterschied zwischen Körperzellen und Keimzellen gibt, und dass nur letztere in der Lage sind, neue Organismen hervorzubringen. Keimzellen sollten eine „Vererbungssubstanz“ enthalten, die sich aus einzelnen Elementen zusammensetzten, die er Determinanten nannte. Diese Determinanten sollten für die sichtbare Ausprägung beispielsweise der Gliedmaßen verantwortlich sein.

Die Bezeichnung „Gen“ wurde erst 1909 von dem Dänen Wilhelm Johannsen geprägt.[1] Er benannte die Objekte, mit denen sich die Vererbungslehre beschäftigt, nach dem griechischen Wort genos (Geschlecht). Für ihn waren sie jedoch nur eine Rechnungseinheit. Bereits drei Jahre zuvor hatte William Bateson die Wissenschaft von der Vererbung als Genetik bezeichnet, nach dem griechischen Wort genetikos (Hervorbringung). Zu diesem Zeitpunkt war die chemische Natur der Gene immer noch vollkommen unklar. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts nahmen sich die Genetiker nach verschiedenen Pflanzen auch Insekten und später Vögel vor, um die Vererbungsgesetze zu testen. In Kombination mit den 1842 entdeckten und 1888 benannten Chromosomen entstand so die Chromosomentheorie der Vererbung. Es war durch verbesserte Färbetechniken beobachtet worden, dass sich Chromosomen erst verdoppeln und sich dann mit den Zellen teilen. Daher waren sie als Träger der Erbanlagen in Frage gekommen. Während dieser Zeit herrschte eine Kontroverse zwischen den Vertretern der Hypothese von Johannsen und Mendel, dass Gene etwas Materielles sind, und deren Kritikern, die eine Verbindung von Genen und Chromosomen als „Physikalismus“ und „Mendelismus“ abtaten und Gene weiterhin als abstrakte Einheiten betrachteten.

Thomas Hunt Morgan war ebenfalls überzeugt, dass es nicht physikalische Einheiten sein konnten, die für die verschiedenen Merkmale verantwortlich waren, und versuchte, den Mendelismus zu widerlegen. Er begann 1910 mit Kreuzungsversuchen an Schwarzbäuchigen Taufliegen. Seine Arbeiten erbrachten jedoch das Gegenteil: Den endgültigen Beweis, dass Gene auf Chromosomen liegen und damit materiellen Ursprungs sind. Zusammen mit seinen Mitarbeitern, darunter Calvin Bridges, Alfred Sturtevant und Hermann Muller, fand er viele natürliche Mutationen und untersuchte in unzähligen Kreuzungen die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Merkmale gemeinsam vererbt werden. Sie konnten so zeigen, dass Gene an bestimmten Stellen auf den Chromosomen liegen und hintereinander aufgereiht sind. Gemeinsam erstellte die Gruppe in jahrelanger Arbeit die erste Genkarte. Da unter dem Mikroskop auch das Crossing over beobachtet werden konnte, war bekannt, dass Chromosomen Abschnitte austauschen können. Je näher zwei Gene auf dem Chromosom beieinander liegen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie gemeinsam vererbt und nicht durch ein Crossing-over-Ereignis getrennt werden. Dadurch konnten Angaben über die Entfernung zweier Gene gemacht werden, die nach Morgan in centiMorgan angegeben werden.

Hermann Muller begann einige Zeit später, mit Röntgenstrahlen zu experimentieren, und konnte zeigen, dass die Bestrahlung von Fliegen deren Mutationsrate stark erhöht. Diese Erkenntnis aus dem Jahr 1927 war eine Sensation, da dadurch zum ersten Mal tatsächlich gezeigt wurde, dass Gene physikalische Objekte sind, die sich von außerhalb beeinflussen lassen.

1928 wies Frederick Griffith in dem als „Griffiths Experiment“ bekannt gewordenen Versuch zum ersten Mal nach, dass Gene von Organismen auf andere übertragen werden können. Der von ihm nachgewiesene Vorgang war die Transformation. 1941 zeigten George Wells Beadle und Edward Lawrie Tatum, dass Mutationen in Genen für Defekte in Stoffwechselwegen verantwortlich sind, was zeigte, dass spezifische Gene spezifische Proteine codieren. Diese Erkenntnisse führten zur „Ein-Gen-ein-Enzym-Hypothese“, die später zur „Ein-Gen-ein-Polypeptid-Hypothese“ präzisiert wurde. Oswald Avery, Colin MacLeod und Maclyn McCarty zeigten 1944, dass die DNA die genetische Information enthält. 1953 wurde die Struktur der DNA von James D. Watson and Francis Crick, basierend auf den Arbeiten von Rosalind Franklin und Erwin Chargaff, entschlüsselt und das Modell der DNA-Doppelhelix entworfen. 1969 gelang Jonathan Beckwith als erstem die Isolierung eines einzelnen Gens.

Die Definition, was ein Gen genau ist, hat sich ständig verändert und wurde an neue Erkenntnisse angepasst. Für den Versuch einer aktuellen Definition benötigten 25 Wissenschaftler des Sequence Ontology Consortiums der Universität Berkeley Anfang 2006 zwei Tage, bis sie eine Version erreichten, mit der alle leben konnten. Ein Gen ist demnach a locatable region of genomic sequence, corresponding to a unit of inheritance, which is associated with regulatory regions, transcribed Regions and/or other functional sequence regions (eine lokalisierbare Region genomischer DNA-Sequenz, die einer Erbeinheit entspricht und mit regulatorischen, transkribierten und/oder funktionellen Sequenzregionen assoziiert ist).[2]

Und auch diese Definition ist nicht endgültig. Durch das ENCODE (ENCyclopedia Of DNA Elements)-Projekt, bei dem die Transkriptionsaktivität des Genoms gemappt wurde, wurden neue, komplexe Regulationsmuster gefunden und festgestellt, dass die Transkription von nichtcodierender RNA viel verbreiteter ist als bisher bekannt. Ein Gen ist demnach eine Einheit aus genomischer DNA-Sequenz, die einen zusammenhängenden Satz von potenziell überlappenden funktionellen Produkten codiert (A gene is a union of genomic sequences encoding a coherent set of potentially overlapping functional products).[3]

Aufbau

Auf molekularer Ebene besteht ein Gen aus zwei unterschiedlichen Bereichen:

  1. einem DNA-Abschnitt, von dem durch Transkription eine einzelsträngige RNA-Kopie hergestellt wird
  2. allen zusätzlichen DNA-Abschnitten, die an der Regulation dieses Kopiervorgangs beteiligt sind.

Es gibt verschiedene Besonderheiten im Aufbau von Genen verschiedener Lebewesen. In der Zeichnung wird der Aufbau eines typischen eukaryotischen Gens dargestellt, das ein Protein codiert.

Schematischer Aufbau eines eukaryotischen Gens

Vor der Transkriptionseinheit oder auch innerhalb der Exons (hellblau und dunkelblau) und Introns(rosa und rot) liegen regulatorische Elemente, wie zum Beispiel Enhancer oder Promotor. An diese binden, abhängig von der Sequenz, verschiedene Proteine, wie beispielsweise die Transkriptionsfaktoren und die RNA-Polymerase. Die prä-mRNA (unreife mRNA), die im Zellkern bei der Transkription zunächst entsteht, wird in dem Reifungsprozess zur reifen mRNA modifiziert. Die mRNA enthält neben dem direkt proteincodierenden Offenen Leserahmen noch untranslatierte, also nichtcodierende Bereiche, den 5' untranslatierten Bereich (5' UTR) und den 3' untranslatierten Bereich (3' UTR). Diese Bereiche dienen zur Regulation der Translationsinitiation und zur Regulation der Aktivität der RNAsen, die die RNA wieder abbauen.

Die Gene der Prokaryoten unterscheiden sich im Aufbau von eukaryotischen Genen dadurch, dass sie keine Introns besitzen. Zudem können mehrere unterschiedliche RNA-bildende Genabschnitte sehr nah hintereinander geschaltet sein (man spricht dann von polycistronischen Genen) und in ihrer Aktivität von einem gemeinsamen regulatorischen Element geregelt werden. Diese Gencluster werden gemeinsam transkribiert, aber in verschiedene Proteine translatiert. Diese Einheit aus Regulationselement und polycistronischen Genen nennt man Operon. Operons sind typisch für Prokaryoten.

Gene codieren nicht nur die mRNA, aus der dann die Proteine translatiert werden, sondern auch die rRNA und die tRNA sowie weitere Ribonukleinsäuren, die andere Aufgaben in der Zelle haben, beispielsweise bei der Proteinbiosynthese oder der Genregulation. Ein Gen, das ein Protein codiert, enthält eine Beschreibung der Aminosäure-Sequenz dieses Proteins. Diese Beschreibung liegt in einer chemischen Sprache vor, nämlich im genetischen Code in Form der Nukleotid-Sequenz der DNA. Die einzelnen „Kettenglieder“ (Nukleotide) der DNA stellen – in Dreiergruppen (Tripletts, Codon) zusammengefasst – die „Buchstaben“ des genetischen Codes dar. Der codierende Bereich, also alle Nukleotide, die direkt an der Beschreibung der Aminosäuresequenz beteiligt sind, wird als offener Leserahmen bezeichnet. Ein Nukleotid besteht aus einem Teil Phosphat, einem Teil Desoxyribose (Zucker) und einer Base. Eine Base ist entweder Adenin, Thymin, Guanin oder Cytosin.

Gene können mutieren, sich also spontan oder durch Einwirkung von außen (beispielsweise durch Radioaktivität) verändern. Diese Veränderungen können an verschiedenen Stellen im Gen erfolgen. Demzufolge kann ein Gen nach einer Reihe von Mutationen in verschiedenen Zustandsformen vorliegen, die man Allele nennt. Eine DNA-Sequenz kann auch mehrere überlappende Gene enthalten. Durch Genduplikation verdoppelte Gene können sequenzidentisch sein, dennoch aber unterschiedlich reguliert werden und damit zu unterschiedlichen Aminosäuresequenzen führen, ohne dass sie Allele sind.

Verhältnis Introns zu Exons

Generell schwankt das Verhältnis zwischen Introns und Exons von Gen zu Gen sehr stark. So gibt es einige Gene ohne Introns, während andere zu über 95 % aus Introns bestehen.[4] Beim Dystrophin-Gen – mit 2,5 Millionen Basenpaaren das größte menschliche Gen[5] – besteht das daraus codierte Protein aus 3685 Aminosäuren.[6] Der Anteil der codierenden Basenpaare beträgt somit 0,44 %.

In der nachfolgenden Tabelle sind einige typische Gene und die daraus codierten Proteine aufgeführt.

Gen Anzahl
Basenpaare
Anzahl der Aminosäuren
im codierten Protein
Anzahl der Codierenden
Basenpaare
Anteil der codierenden
Basenpaare im Gen
Referenz
FOXP2 603.000 715 2145 0,36 % [7]
Dystrophin 2.500.000 3685 11.055 0,44 % [5][6]
NF1 280.000 2818 8415 3,0 % [8]
BRCA1 100.000 1863 5589 5,6 % [9]
BRCA2 80.000 3418 10.254 12,8 % [9]
Survivin 14.700 142 426 2,9 % [10][11]

Genaktivität und Regulation

Gene sind dann „aktiv“, wenn ihre Information in RNA umgeschrieben wird, das heißt, die Transkription stattfindet. Je nach Funktion des Gens entsteht also mRNA, tRNA oder rRNA. In der Folge kann also, muss aber nicht zwingend, bei mRNA aus dieser Aktivität auch ein Protein translatiert werden. Eine Übersicht über die Vorgänge bieten die Artikel Genexpression und Proteinbiosynthese.

Die Aktivität einzelner Gene wird über eine Vielzahl von Mechanismen gesteuert und kontrolliert. Ein Weg ist die Steuerung über die Rate ihrer Transkription in hnRNA. Ein anderer Weg ist der Abbau der mRNA, bevor sie beispielsweise über siRNA translatiert wird. Kurzfristig erfolgt die Genregulation durch Bindung und Ablösung von Proteinen, sogenannten Transkriptionsfaktoren, an spezifische Bereiche der DNA, die sogenannten „regulatorischen Elemente“. Langfristig wird dies über Methylierung oder das „Verpacken“ von DNA-Abschnitten in Histon­komplexe erreicht. Auch die regulatorischen Elemente der DNA unterliegen der Variation. Der Einfluss von Änderungen in der Genregulation einschließlich der Steuerung des alternativen Splicings dürfte vergleichbar mit dem Einfluss von Mutationen proteincodierender Sequenzen sein. Mit klassischen genetischen Methoden – durch Analyse von Erbgängen und Phänotypen – sind diese Effekte in der Vererbung normalerweise nicht voneinander zu trennen. Lediglich die Molekularbiologie kann hier Hinweise geben. Eine Übersicht über die Regulationsvorgänge von Genen wird im Artikel Genregulation dargestellt.

Organisation von Genen

Bei allen Lebewesen codiert nur ein Teil der DNA für definierte RNAs. Die übrigen Teile der DNA werden als nichtcodierende DNA bezeichnet. Sie hat Funktionen in der Genregulation, beispielsweise für die Regulation des alternativen Splicings, und hat Einfluss auf die Architektur der Chromosomen.

Der Ort auf einem Chromosom, an dem sich das Gen befindet, wird als Genort bezeichnet. Gene sind darüber hinaus nicht gleichmäßig auf den Chromosomen verteilt, sondern kommen zum Teil in sogenannten Clustern vor. Gencluster können dabei aus zufällig in räumlicher Nähe zueinander liegenden Genen bestehen, oder es handelt sich um Gruppen von Genen, die für Proteine codieren, die in einem funktionellen Zusammenhang stehen. Gene, deren Proteine ähnliche Funktion haben, können aber auch auf verschiedenen Chromosomen liegen.

Es gibt Abschnitte auf der DNA, die für mehrere verschiedene Proteine codieren. Der Grund dafür sind überlappende offene Leserahmen.

Genetische Variation und genetische Variabilität

Als genetische Variation wird das Auftreten von genetischen Varianten (Allele, Gene oder Genotypen) bei individuellen Lebewesen bezeichnet. Sie entsteht durch Mutationen, aber auch durch Vorgänge bei der Meiose („Crossing over“), durch die Erbanlagen der Großeltern unterschiedlich auf die Geschlechtszellen verteilt werden. Für die Entstehung neuer Gene können ebenfalls Mutationen oder De-novo-Entstehung ursächlich sein.[12]

Genetische Variabilität ist dagegen die Fähigkeit einer gesamten Population, Individuen mit unterschiedlichem Erbgut hervorzubringen. Hierbei spielen nicht nur genetische Vorgänge, sondern auch Mechanismen der Partnerwahl eine Rolle. Die genetische Variabilität spielt eine entscheidende Rolle für die Fähigkeit einer Population, unter veränderten Umweltbedingungen zu überleben, und stellt einen wichtigen Faktor der Evolution dar.

Besondere Gene

RNA-Gene in Viren

Obwohl bei allen zellbasierten Lebensformen Gene als DNA-Abschnitte vorliegen, gibt es einige Viren, deren genetische Information in Form von RNA vorliegt. RNA-Viren befallen eine Zelle, die dann sofort mit der Produktion von Proteinen direkt nach Anleitung der RNA beginnt; eine Transkription von DNA nach RNA entfällt. Retroviren hingegen übersetzen ihre RNA bei der Infektion in DNA, und zwar unter Mitwirkung des Enzyms Reverse Transkriptase.

Pseudogene

Als Gen im engeren Sinne bezeichnet man in der Regel eine Nukleotidsequenz, die die Information für ein Protein enthält, das unmittelbar funktionsfähig ist. Pseudogene stellen dagegen Genkopien dar, die kein funktionelles Protein in voller Länge codieren. Oftmals sind diese durch Genduplikationen entstanden und/oder durch Mutationen, die sich in der Folge ohne Selektion auch im Pseudogen akkumulieren (anhäufen), und ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Einige scheinen dennoch eine Rolle bei der Regulierung der Genaktivität zu spielen. Das menschliche Genom enthält etwa 20.000 Pseudogene. Das Humangenomprojekt wurde mit dem Ziel gegründet, das Genom des Menschen vollständig zu entschlüsseln.

Springende Gene

Sie werden auch als Transposons bezeichnet und sind mobile Erbgutabschnitte, die sich innerhalb der DNA einer Zelle frei bewegen können. Aus ihrem angestammten Ort im Erbgut schneiden sie sich selbst aus und fügen sich an einer beliebig anderen Stelle wieder ein. Biologen um Fred Gage vom Salk Institute for Biological Studies in La Jolla (USA) haben nachgewiesen, dass diese springenden Gene nicht nur wie bislang angenommen in den Zellen der Keimbahn vorkommen, sondern auch in Nerven-Vorläuferzellen aktiv sind. Forschungsergebnisse von Eric Lander et al. (2007) zeigen, dass Transposons eine wichtige Funktion haben, indem sie als kreativer Faktor im Genom wichtige genetische Innovationen rasch im Erbgut verbreiten können.[13]

Typische Genomgrößen und Genanzahl

   Organismus / Biologisches System       Anzahl der Gene       Basenpaare insgesamt   
Gemeiner Wasserfloh[14] 30.907 2·108
Pflanze >25.000 108–1011
Mensch[15] ~22.500 3·109
Fliege 12.000 1,6·108
Pilz 6.000 1,3·107
Bakterium 180–7.000 105−107
Escherichia coli ~5.000 4,65·106
Carsonella ruddii 182 160.000
DNA-Virus 10–300 5.000–200.000
RNA-Virus 1–25 1.000–23.000
Viroid 0 150–400

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Gen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Ludwig Johannsen: Elemente der exakten Erblichkeitslehre mit Grundzügen der biologischen Variationsstatistik. 1913. Onlinefassung
  2. Helen Pearson: What is a gene? Nature 441, 398 – 401 (25 May 2006), PMID 16724031.
  3. Gerstein et al.: What is a gene, post-ENCODE? History and updated definition Genome Res. 2007 Jun;17(6):669-81, PMID 17567988.
  4. E. H. McConekey: How the Human Genome works., Jones & Bartlett, 2004, ISBN 0-7637-2384-3 S. 5.
  5. a b N. Shiga u. a.: Disruption of the Splicing Enhancer Sequence within Exon 27 of the Dystrophin Gene by a Nonsense Mutation Induces Partial Skipping of the Exon and Is Responsible for Becker Muscular Dystrophy. In: J. Clin. Invest., 100/1997, S.2204–10, PMID 9410897.
  6. a b M. Matsuo: Duchenne muscular dystrophy. In: Southeast Asian J Trop Med Public Health, 26/1995, S.166–71, PMID 8629099.
  7. A. F. Wright, N. Hastie: Genes and Common Diseases: Genetics in Modern Medicine.,Cambridge University Press, 2007, ISBN 0-521-83339-6.
  8. I. Bottillo u. a.: Functional analysis of splicing mutations in exon 7 of NF1 gene. In: BMC Medical Genetics, 8/2007, PMID 17295913.
  9. a b B. Górski u. a.: Usefulness of polymorphic markers in exclusion of BRCA1/BRCA2 mutations in families with aggregation of breast/ovarian cancers. (PDF-Datei; 43 kB) In: J. Appl. Genet., 44/2003, S. 419–23, PMID 12923317.
  10. UniProt O15392
  11. M. Kappler: Molekulare Charakterisierung des IAP Survivin in Weichteilsarkomen: Bedeutung für Prognose und Etablierung neuer Therapiestrategien. (PDF-Datei; 1,32 MB), Dissertation, Universität Halle-Wittenberg, 2005.
  12. A. R. Carvunis, T. Rolland u. a.: Proto-genes and de novo gene birth. In: Nature. Band 487, Nummer 7407, Juli 2012, S. 370–374. doi:10.1038/nature11184, PMID 22722833, PMC 3401362 (freier Volltext).
  13. Eric Lander et al: Genome of the marsupial Monodelphis domestica reveals innovation in non-coding sequences, Nature 447, 167-177 (10. Mai 2007).
  14. John K. Colbourne et al.: The Ecoresponsive Genome of Daphnia pulex. In: Science. Vol. 331, Nr. 6017, 4. Februar 2011, S. 555–561, doi:10.1126/science.1197761.
  15. Mihaela Pertea and Steven L Salzberg (2010): Between a chicken and a grape: estimating the number of human genes. Genome Biology 11:206