Hanns Günther von Obernitz

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Hanns Günther von Obernitz

Hanns Günther von Obernitz, auch fälschlich Heinz Günther von Obernitz, (* 5. Mai 1899 in Düsseldorf; † 14. Januar 1944 bei Exin) war ein deutscher Offizier, SA-Obergruppenführer und Politiker (NSDAP). Während des Nationalsozialismus amtierte er von Anfang September 1933 bis Anfang Juli 1934 als Polizeipräsident von Nürnberg-Fürth. Er war in Nürnberg maßgeblich an antijüdischen Ausschreitungen beteiligt und organisierte dort 1938 die Novemberpogrome.

Leben und Wirken

Er war der Sohn eines preußischen Offiziers aus dem Adelsgeschlecht von Obernitz.[1] Nach dem Abitur, das er im Januar 1916 ablegte, trat Obernitz während des Ersten Weltkrieges als Fahnenjunker in das Garde-Füsilier-Regiment der Preußischen Armee ein. Von Januar 1917 bis November 1918 nahm er als Zug- und Kompanieführer aktiv an Kampfhandlungen teil und wurde mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Ferner übernahm er Aufgaben als Ordonnanz- und MG-Offizier. Am 17. Mai 1917 wurde er zum Leutnant befördert.

Nach Kriegsende wurde Obernitz 1919 aus dem Militärdienst verabschiedet.[2] Danach beteiligte er sich an den Spartakistenkämpfen in Berlin.[1] In den ersten Nachkriegsjahren absolvierte Obernitz ein Studium der Landwirtschaft an der Universität Bonn, der TH Darmstadt und der TH München, um seinen Lebensunterhalt anschließend als Gutspächter und -inspektor zu bestreiten. Von September 1922 bis Mai 1924 war er MG-Kompanieführer bei der Marine-Brigade Ehrhardt.[2] Von 1924 bis 1926 war er Reichsgeschäftsführer des Bund Wiking.[3] Obernitz ehelichte in Dessau 1923 Waldtraut von Beulwitz; das Paar bekam mehrere Kinder.[1] Diese Ehe wurde 1934 in Nürnberg geschieden.

Anfang Januar 1930 stieß er zur NSDAP (Mitgliedsnr. 211.000). Obernitz wurde am 5. August 1929 Mitglied der SA und war anschließend SA-Führer in München.[2] Obernitz wurde 1931 Adjutant des SA-Führers August Schneidhuber.[4] Anschließend leitete er die SA-Untergruppe Mittelschlesien-Süd und hatte seinen Dienstsitz in Reichenbach.[1]

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten war er ab März 1933 war er SA-Führer in Franken. Zudem war er ab März 1933 Sonderkommissar für Mittelfranken und ab Januar 1934 zusätzlich für Ober- und Unterfranken. Innerhalb der SA stieg Obernitz 1937 bis zum Obergruppenführer auf. Von Anfang September 1933 bis Anfang Juli 1934 war er als Nachfolger von Johann-Erasmus von Malsen-Ponickau zudem kommissarischer Polizeipräsident in Nürnberg-Fürth.[2] Obernitz wurde am 30. Juni 1934 im Zuge des sogenannten Röhm-Putsches festgenommen, jedoch nach Fürsprache von Julius Streicher bei Adolf Hitler am 2. Juli 1934 wieder freigelassen.[4] Drei Tage später wurde ihm aber auf Weisung des Reichsministers des Innern die Leitung des Nürnberger Polizeipräsidiums entzogen.

Der SA-Führer Obernitz war in Nürnberg in antijüdische Ausschreitungen maßgeblich verwickelt. Im Zuge der von der Bayerischen Politischen Polizei für den 20. Juli 1933 angesetzten „antijüdischen Maßnahmen“ beaufsichtigte er auf Weisung des Gauleiters Julius Streicher in Nürnberg das brutale Vorgehen von SA-Männern gegen 300 Juden, die erniedrigt und misshandelt wurden.[5] Während der Reichspogromnacht im November 1938 kam es unter der Leitung von Obernitz in Nürnberg zu Pogromen gegen die ortsansässigen Juden durch SA-Männer. Die orthodoxe Synagoge wurde durch SA-Männer angezündet, in Geschäften und Wohnungen von Juden vandaliert, jüdische Männer misshandelt und verhaftet sowie neun Juden ermordet. In diesem Zusammenhang begingen zehn Juden Suizid.[6]

Bei der Reichstagswahl am 29. März 1936 kandidierte er erfolglos und erhielt kein Mandat. Am 7. Februar 1939 zog Obernitz im Nachrückverfahren für den verstorbenen Abgeordneten Hanns König in den nationalsozialistischen Reichstag ein, in dem er bis zu seinem Tod im Januar 1944 den Wahlkreis 26 (Franken) vertrat.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs trat Obernitz in die Luftwaffe der Wehrmacht ein. Er war Gruppenkommandeur der Ergänzungs-Fernaufklärergruppe Weimar-Nohra und wurde am 13. August 1943 Kommandeur des Luftwaffenjägerregiments 24, das mit der 12. Luftwaffen-Felddivision am Wolchow eingesetzt wurde. Im Range eines Obersten stehend, kam er bei einem Flugzeugabsturz bei Bromberg ums Leben.[7]

Literatur

  • Joachim Lilla u. a. (Bearbeiter): Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Droste Verlag, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4, S. 445.
  • Ernst Kienast (Hrsg.): Der Großdeutsche Reichstag 1938. IV. Wahlperiode. Ausgabe Juni 1943. R. v. Decker´s Verlag, G. Schenck, Berlin.
  • Utho Grieser: Himmlers Mann in Nürnberg. Der Fall Benno Martin. Eine Studie zur Struktur des 3. Reiches in der „Stadt der Reichsparteitage“. (= Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte. Band 13). Stadtarchiv Nürnberg, Nürnberg 1974, ISBN 3-87432-025-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Hanns-Günther von Obernitz im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. a b c d Utho Grieser: Himmlers Mann in Nürnberg. Der Fall Benno Martin. Nürnberg 1974, S. 310.
  3. Bruce Campbell: The SA generals and the rise of Nazism. Univ. Press of Kentucky, Lexington 2004, ISBN 0-8131-9098-3, S. 202.
  4. a b Andreas Dornheim: Röhms Mann fürs Ausland. Politik und Ermordung des SA-Agenten Georg Bell. Zürich 1998, S. 97 f.
  5. Franco Ruault: Neuschöpfer des deutschen Volkes. Julius Streicher im Kampf gegen Rassenschande. Peter Lang, Frankfurt 2006, ISBN 3-631-54499-5, S. 346 f.
  6. Martin Schieber: Geschichte Nürnbergs. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-56465-9, S. 161 f.
  7. Reinhard Stumpf: Die Luftwaffe als drittes Heer. Die Luftwafen-Erdkampfverbände und das Problem der Sonderheere 1933 bis 1945. In: Ulrich Engelhardt (Hrsg.): Soziale Bewegung und politische Verfassung. Beiträge zur Geschichte der modernen Welt ; [Werner Conze zum 31. Dezember 1975]. (= Industrielle Welt. Sonderband). Klett, Stuttgart 1978, ISBN 3-12-901850-6, S. 881.