Heinz Trützschler von Falkenstein

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Heinz Julius Hugo von Trützschler, Freiherr zum Falkenstein, kurz Heinz Trützschler von Falkenstein genannt (* 26. November 1902 in Nordhausen; † 6. Juni 1971 in München) war ein deutscher Botschafter.

Leben

Der Offizierssohn stammt aus der Linie Trützschler von Falkenstein des Adelsgeschlechts Trützschler. Er studierte nach dem Abitur Geschichtswissenschaft, Volkswirtschaft und Philosophie. Im Juli 1924 promovierte er an der Friedrichs-Universität Halle zum Dr. phil.[1] Titel seiner 1924 in Berlin publizierten Dissertation war „Bismarck und die Kriegsgefahr des Jahres 1887“. Von 1921 bis 1926 war er Hilfsarbeiter beim Auswärtigen Amt bei der Aktenpublikation Die große Politik der europäischen Kabinette. Es folgten bis 1928 Auslandsaufenthalte in England und den Vereinigten Staaten, finanziert durch ein Stipendium der Rockefeller-Stiftung. Von 1929 bis 1930 war er am Institut für Auswärtige Politik der Universität Hamburg bei Albrecht Mendelssohn Bartholdy beschäftigt. Von 1931 bis 1933 war er bei der Informationsabteilung des Völkerbundsekretariats in Genf tätig.

NS-Zeit

Nach dem Wahlsieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei bei der Reichstagswahl März 1933 war er von Anfang bis Mitte 1934 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kulturabteilung vom Auswärtigen Amt. In den Auswärtigen Dienst einberufen, war er ab Juli 1934 Attaché und von 1936 bis 1939 Vizekonsul am Deutschen Konsulat in Genf. Nach der Zerschlagung der Rest-Tschechei war er von Mitte März bis Mitte Mai 1939 Legationssekretär bei der Deutschen Gesandtschaft Prag und danach bis Anfang September 1939 bei der Deutschen Botschaft in Warschau.

Von September 1939 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war Trützschler von Falkenstein als Legationsrat im Auswärtigen Amt tätig und leitete dort ab 1941 die Unterabteilung Allgemeine Außenpolitik.[2] Seine Beförderung zum Legationsrat II. Klasse erfolgte 1941, die zum Legationsrat I. Klasse 1944. Er war Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 8.183.952). Während des Krieges beteiligte er sich redaktionell an der Herausgabe der Weißbücher, die die nationalsozialistische Außen- und Kriegspolitik rechtfertigen sollten, und „verfasste ‚Sprachregelungen‘ des Auswärtigen Amtes für die Auslandsmissionen“.[1] 1943/44 war er persönlicher Referent von Friedrich Landfried in dessen zeitweiligen Zweitposition als Chef der Militärverwaltung Italien.[3]

Nachkriegszeit

Nachdem sich die Mitarbeiter des Auswärtigen Amts im Zuge der Schlacht um Berlin aus der Reichshauptstadt abgesetzt hatten, geriet Trützschler von Falkenstein bei Kriegsende in Bad Gastein mit weiteren Kollegen in Automatischen Arrest der Alliierten.[4] Er wurde am 25. August 1947 von Robert W. Kempner im Zuge der Nürnberger Prozesse vernommen.[5] Trützschler von Falkenstein wurde 1948 nach einem Spruchkammerverfahren in Wiesbaden als Entlasteter entnazifiziert, u.a. weil er nicht in die Dienststelle Ribbentrop eingetreten war und „bei Beförderungen übergangen worden sei“.[1]

Ende 1949 gehörte er der Verbindungsstelle zur Alliierten Hohen Kommission im Bundeskanzleramt.[2] Ab 1951 war er wieder im Auswärtigen Dienst tätig, zunächst von 1951 bis 1955 als stellvertretender Leiter der Politischen Abteilung. In dieser Funktion war er 1951 Unterhändler des Auswärtigen Amts im Unterausschuss Kriegsgefangene. Danach war er als stellvertretender Delegationsleiter im Zuge der deutsch-israelischen Wiedergutmachungsverhandlungen tätig. Während dieser Zeit präsentierte ein Untersuchungsausschuss des Bundestages seine Ergebnisse über Trützschlers NS-Belastung, jedoch ohne Konsequenzen für Trützschlers Diplomatenkarriere.

„Eine Verwendung des Mannes, der während des ganzen Krieges in der Politischen Abteilung „sprachregelnd“ an der Gestaltung der Kriegspropaganda beteiligt gewesen ist, im Ausland würde das Ansehen der Bundesrepublik schädigen. Insbesondere hält es der Untersuchungsausschuß für untragbar, daß Dr. v. Trützschler als Referatsleiter des AA die Europa-Politik der Bundesrepublik repräsentiert.“

Bundestagsuntersuchungsausschuß im Juni 1952[6]

Von 1955 bis 1959 fungierte er als Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt. Von 1959 bis 1963 war er Botschafter in Pakistan und von 1963 bis 1967 in Irland.[2] Auch als er sich im Ruhestand befand, wurden ihm noch Sonderaufgaben übertragen.[7] Trützschler wird im Braunbuch der DDR erwähnt.[8] Er wurde am 6. Dezember 1960 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet.[7]

Literatur

  • Johannes Hürter (Red.):Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871 - 1945. 5. T - Z, Nachträge. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 5: Bernd Isphording, Gerhard Keiper, Martin Kröger: Schöningh, Paderborn u. a. 2014, ISBN 978-3-506-71844-0.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. (Kurzbiografie)
  • Vernehmungen des Heinz Julius Hugo Trützschler von Falkenstein am 25. August 1947, durch Robert Kempner. [sowie Vernehmung vom 12. Juni 1947 und 11. Dezember 1947]. In: Archiv des Institut für Zeitgeschichte, München, Signatur ZS--784-1 1948/56 (online (PDF; 2,3 MB); Protokolle der Vernehmungen Trützschler von Falkensteins im Rahmen der Nürnberger Prozesse).

Einzelnachweise

  1. a b c Heinz Trützschler von Falkenstein im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. a b c Trützschler von Falkenstein, Heinz auf http://www.bundesarchiv.de
  3. Bernhard Löffler: Soziale Marktwirtschaft und administrative Praxis. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Ludwig Erhard. Stuttgart 2002, S. 178
  4. Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes, Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, München 2010, ISBN 978-3-89667-430-2, S. 336.
  5. Vernehmungen des Heinz Julius Hugo Trützschler von Falkenstein am 25. August 1947, durch Robert Kempner. [sowie Vernehmung vom 12. Juni 1947 und 11. Dezember 1947]. In: Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, München, Signatur ZS--784-1 1948/56
  6. Zitiert bei: Norbert Frei: Vergangenheitspolitik: die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit. Beck, München 1997, 2. Auflage, ISBN 3-406-41310-2, S. 240
  7. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 631.
  8. Braunbuch, Nachdruck der 3. Aufl. von 1968, ISBN 3-360-01033-7), S. 275.
VorgängerAmtNachfolger
Hans Carl PodeynBotschafter der deutschen Bundesregierung in Karatschi/Islamabad
1959 bis 1963
Günther Scholl
1960–1963: Adolph ReifferscheidtBotschafter der deutschen Bundesregierung in Dublin
1963 bis 1967
Karl Overbeck