Josef Hegenbarth

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Hegenbarth-Ausstellung 1970

Josef Hegenbarth (* 15. Juni 1884 in Böhmisch Kamnitz, Österreich-Ungarn; † 27. Juli 1962 in Dresden) war ein deutscher Grafiker, Maler und Illustrator.

Leben

Das Künstlerhaus Dresden-Loschwitz, von Martin Pietzsch errichtet, diente als Wohnung und Atelier u. a. auch Hegenbarth.
Grab von Josef Hegenbarth auf dem Loschwitzer Friedhof

Kindheit und Jugend

Josef Hegenbarth wurde als Sohn von Franz Josef Hegenbarth und der Mutter Marie geborene Palme, die aus dem benachbarten Steinschönau stammte, in Böhmisch Kamnitz geboren. Der Vater übernahm von seinen Vettern die Glasraffinerie „Hegenbarth & Söhne“. Als Erstgeborener wuchs er mit zwei Schwestern auf. Schon früh zeigte sich sein Zeichentalent. Nach dem Besuch der Volksschule in Böhmisch Kamnitz, wechselte Hegenbarth zur Realschule der k.k. Bezirksstadt Böhmisch Leipa. Als sein Vetter Emanuel Hegenbarth 1903 an die Dresdner Akademie zum Leiter der neubegründeten Klasse Tiermalerei berufen wurde, folgte er ihm im Jahr 1905 nach Dresden.[1]

Dresdner Lehrjahre

In den ersten drei Jahren arbeitete er für sich allein und legte in regelmäßigen Abständen seine Arbeiten dem Vetter Emanuel vor. Von ihm erfuhr er die erforderlichen Hinweise für sein weiteres Studium. Er begann im Zeichensaal bei Richard Müller. Die Zeichenklasse übersprang er jedoch und trat gleich in den Malsaal. Hegenbarth war dann ab 1908 Schüler der Kunstakademie Dresden bei Carl Bantzer und Oskar Zwintscher. Mit Carl Bantzer kam es dabei zu heftigen Auseinandersetzungen und schlussendlich gab Bantzer Hegenbarth frei. Als neuen Lehrer wählte er Oskar Zwintscher. Nach absolvierter Malklasse wurde er bis 1915 Meisterschüler von Gotthardt Kuehl. Bei ihm lernte er die Auseinandersetzung mit der äußeren Realität, die ihn stärkte aus der eigenen Schöpferkraft zu gestalten.[2]

Prager Intermezzo

Im Jahr 1917 musste er sich der Musterung zum Militärdienst stellen, wurde aber nicht für tauglich befunden. Die allgemeinen Verhältnisse in Dresden verschlechterten sich zunehmend und seine Sehnsucht nach der böhmischen Landschaft nahm zu. So hielt er sich von 1917 bis 1919 in Prag auf und fand bald freundschaftlichen Anschluss an den Kreis um August Brömse, der an der Akademie der Bildenden Künste als Professor wirkte. Hegenbarth wurde Mitglied der von jungen Künstlern aus Brömses Umkreis gegründeten Künstlergruppe „Die Pilger“, die aus dessen Schülern bestand und aus der nach Brömses Tod 1925 die Prager Secession hervorging. Seine Tätigkeit in Prag konzentrierte sich auf Radierung und Zeichnung, wobei sich seine illustrative Befähigung herauskristallisierte.[3]

Rückkehr nach Dresden

Hegenbarth kehrte 1919 aus dem bewegten Prag nach Dresden zurück, wo er 1922 ein Wohnhaus in Dresden-Loschwitz erwarb, in dem er bis zu seinem Tod 1962 lebte und in seinem Wohnungsatelier arbeitete. Hier hatte sich noch kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine junge Künstlergruppe zu dem Verband Künstlervereinigung Dresden zusammengeschlossen, an deren Ausstellungen er bis 1939 teilnahm. In ihr fanden zunächst die Impressionisten eine repräsentative Vertretung und es folgte die mit Expressionismus nur unvollkommen bezeichnete Generation. Die Künstlervereinigung verstand es, bis zur Auflösung durch die Nationalsozialisten, ein Sammelbecken ausgezeichneter Künstler ohne Ansehen der Richtung zu sein. Hegenbarth war nicht nur Mitglied sondern später auch Juror im Vorstand und führte einen Kampf gegen die sich aufdrängende Mittelmäßigkeit.

Er heiratete 1936 seine Frau Hanna, geborene Aster, eine gebürtige Löschwitzerin. Seit 1924 war er freier Mitarbeiter der Zeitschrift „Die Jugend“ und seit 1925 des „Simplicissimus“. Im Jahr 1926 wurde er Mitglied der Wiener Secession und drei Jahre später Mitglied der Prager Secession.[4]

1936 wurde Hegenbarth in der Wochenschrift der SS Das Schwarze Korps diffamiert. Sie nannte ihn neben Otto Dix und George Grosz als Beispiel für die „Hochblüte der Entartung und Dekadenz“. Der Zeitschrift Die Jugend wurde fortan verboten, Illustrationen von Hegenbarth zu veröffentlichen. In den Folgejahren beschränkte er sich „auf unverfängliche Bildthemen […], wie Tierdarstellungen und Literaturillustrationen (v. a. deutsche Märchen und Sagen)“.[5] Vor den Risiken des Luftkriegs flüchtete er mit seinen Bildern in seine alte Heimat.

Er verließ nach dem Ende des Nationalsozialismus Böhmisch Kamnitz ohne seine Werke und ging wieder nach Dresden zurück. Erst nach geraumer Zeit konnte er sich wieder in den Besitz seiner Wohnung bringen. Später wurde ihm durch die Regierung der ČSSR ein Teil der dort zurückgelassenen Bilder zurückgegeben.[6]

Nachkriegszeit und Tod

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Josef Hegenbarth Mitarbeiter der Zeitschriften „Ulenspiegel“ und „Der Simpl“. Ab 1946 arbeitete er als Professor und Leiter einer Illustrationsklasse an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Die Arbeit mit der Jugend hatte positiven Einfluss auf ihn und seine Werke. Jedoch beendete er diese Lehrtätigkeit mit Erreichung der Altersgrenze 1949 und widmete sich erneut dem Schaffen als freier Künstler. Einige Bindungen zu seinen Schülern blieben bis an sein Lebensende erhalten.

Das Hegenbarth-Archiv in Dresden-Loschwitz

Als Mitglied des Deutschen Künstlerbundes war Josef Hegenbarth ab 1952 auch auf allen großen westdeutschen Jahresausstellungen (bis 1964) vertreten.[7] Im Herbst 1961 machte sich eine schwere Erkrankung bemerkbar, die seine Arbeitsintensität beeinträchtigte. Am 25. Juli 1962 entstand ein letztes Blatt – „Nächtliche Überfahrt“ – als eine freie Zeichnung in mehreren Fassungen zur „Legende von Sankt Julian dem Gastfreien“, die ihn durch vier Jahrzehnte begleitete. Noch am gleichen Tag begab er sich zu einer Bluttransfusion ins Krankenhaus und niemand dachte an eine ernste Gefahr. Am darauffolgenden Tag bat er seine Frau ihm Zeichenutensilien zu bringen, doch er verstarb unerwartet am 27. Juli 1962.

Sein Wohnhaus, das seine Witwe dem Dresdner Kupferstichkabinett vermachte, ist heute mit seiner Atelier-Wohnung Museum und mit den übrigen Räumen Ausstellungsraum des Josef-Hegenbarth-Archivs. Hegenbarths Grab, das als künstlerisch besonders wertvoll gilt, befindet sich auf dem Loschwitzer Friedhof. Das Grabrelief wurde von Hegenbarth selbst entworfen. Hegenbarth war Ehrenmitglied im Verband Bildender Künstler der DDR.[8]

Mit Josef Hegenbarth sind der als Hannes Hegen bekannte Comiczeichner Johannes Hegenbarth und die Schauspielerin Wolke Hegenbarth verwandt.

Werk

Der besondere Interessensschwerpunkt lag bei Hegenbarth auf Mensch und Tier, beispielsweise als Bildnisse, Kaffeehausszenen, exotische Tiere im Zoo, Akrobaten im Zirkus. Er interpretierte mit Vorliebe literarische Vorlagen (Märchen, Weltliteratur), illustrierte viele Bücher und gab Mappenwerke heraus. Seine Darstellungen waren vorwiegend gegenständlich. Neben den Radierungen der Frühzeit schuf er Öl- und vor allem Leimfarbenbilder, Bilder in Tempera, Gouache, Aquarelle und zahllose Zeichnungen mit Pinsel und Feder. Ein Werkverzeichnis der rund 17.000 Handzeichnungen, bearbeitet von Ulrich Zesch, befindet sich derzeit im Aufbau.

Kunsthistorisch ist Josef Hegenbarth der Verschollenen Generation und dem Expressiven Realismus zuzurechnen.[9]

Radierungen und Aquarelle

  • Strindberg-Phantasien (Radierungen, 1920).
  • Salambo (Radierungen, 1921).
  • Zwei Damen im Café (Aquarell, 1925).
  • Im Zoo (1947).

Buchillustrationen

  • Giambattista Basile: Das Pentameron. Mit 316 Federzeichnungen von Josef Hegenbarth, Verlag Rütten & Loenig, Berlin 1958.
  • Giambattista Basile: Das Pentameron. Mit fünfzig farbigen Pinselzeichnungen (entstanden 1959–1961) von Josef Hegenbarth, VEB Verlag der Kunst Dresden, 1974.
  • Ernst Günther Jordan: Die Berufung des Amenophis Mit einer Radierung von J. H. Privatdruck, Hamburg 1920. 100 Exemplare.
  • Die Tepler deutsche Bibel des 14. Jahrhunderts. Mit 5 Lithographien. Reichenberg 1929. 600 Exemplare.
  • Josef Hegenbarth, Zeichnungen zu Reineke Fuchs Johann Wolfgang von Goethes (1923); erschienen 1964 und 1999 in Frankfurt am Main.
  • Josef Hegenbarth: Zeichnungen zu fünf Shakespeare-Dramen. Rütten & Loening, Berlin 1957. Mit 135 Illustrationen.
  • Gottfried August Bürger: Wunderbare Reisen, Feldzüge und lustige Abentheuer des Freyherrn von Münchhausen. Mit Zeichnungen von Josef Hegenbarth. Aufbau-Verlag, Berlin 1951.
  • Josef Hegenbarth: Freyherr von Münchhausen: Die Land-Abenteuer mit 13 Zeichnungen. Jahresgabe 1968 der Maximilian-Gesellschaft, Otto Rohse, Hamburg, 38 S., 1969, Auflage 1600 Exemplare.
  • Charles Dickens: Dombey & Sohn. Mit 265 Federzeichnungen von Josef Hegenbarth. Rütten & Löning, Berlin 1955.
  • E. T. A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi. Mit 30 Illustrationen von Josef Hegenbarth. N. J. Hoffmann, Köln und Berlin 1958.
  • John Gay: Die Bettleroper. Mit Zeichnungen von Josef Hegenbarth (1961).
  • Maxim Gorki: Erzählungen aus dem alten Russland. Mit 90 Federzeichnungen von Josef Hegenbarth (1967).
  • E. T. A. Hoffmann: Lebensansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des Kappelmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern. Mit 103 Zeichnungen von Josef Hegenbarth (1968).
  • Honoré de Balzac: Das Chagrinleder. Mit 142 Illustrationen von Josef Hegenbarth (1969).
  • William Shakespeare: Macbeth. Mit Illustrationen von Josef Hegenbarth. Philipp Reclam jun., Leipzig 1971.
  • Karl May: Der Schatz im Silbersee. Mit Illustrationen von Josef Hegenbarth und einer Einführung von Werner Klemke. Verlag Neues Leben, Berlin 1984.
  • Christian Reuter: Schelmuffskys wahrhaftige kuriöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und Lande. Mit 59 Federzeichnungen von Josef Hegenbarth. Verlag Rütten & Löning, Berlin 1957.

Ehrungen

1954 wurde Hegenbarth der Nationalpreis der DDR II. Klasse für seine Illustrationen zu Gogols Tote Seelen und zu Reineke Fuchs verliehen. Seit 1955 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Künste, 1956 der Akademie der Künste Berlin und 1960 der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Im Jahr 1964 wurden posthum Arbeiten von ihm auf der documenta III in Kassel in der berühmten Abteilung Handzeichnungen gezeigt.

Schüler

Schüler Josef Hegenbarths waren unter anderen Alexander Alfs, Wolfgang Beier, Robert Diedrichs, Heinz Drache, Heinz Hausdorf, Margarete Jahny und Ernst Lewinger.

Einzelnachweise

  1. Fritz Löffler: Josef Hegenbarth, VEB Verlag der Kunst, Dresden 1980, S.6f.
  2. Fritz Löffler: Josef Hegenbarth, VEB Verlag der Kunst, Dresden 1980, S.8f.
  3. Fritz Löffler: Josef Hegenbarth, VEB Verlag der Kunst, Dresden 1980, S.9f.
  4. Fritz Löffler: Josef Hegenbarth, VEB Verlag der Kunst, Dresden 1980, S.11f.
  5. Rolf Jessewitsch/Gerhard Schneider (Hrsg.): Verfemt – Vergessen – Wiederentdeckt. Kunst expressiver Gegenständlichkeit aus der Sammlung Gerhard Schneider, Köln 1999, S. 442.
  6. Fritz Löffler: Josef Hegenbarth, VEB Verlag der Kunst, Dresden 1980, S.12 und S.15.
  7. kuenstlerbund.de: Archiv seit 1950 / Ausstellungen (abgerufen am 17. August 2015)
  8. Fritz Löffler: Josef Hegenbarth, VEB Verlag der Kunst, Dresden 1980, S.15 und S.86.
  9. Rainer Zimmermann: Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation, Hirmer, München 1994, S.384

Literatur

Weblinks