Skimpflation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Skimpflation wird in der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaft eine Art der Inflation bezeichnet, bei der gestiegene Produktionskosten durch eine Verringerung der Produkt- oder Dienstleistungsqualität ausgeglichen werden.[1] Dazu zählen auch Einschränkungen bei Dienstleistungen.[2]

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Skimpflation ist ein Kofferwort aus „knausern“ oder „einsparen“ (englisch to skimp) und dem Wort Inflation.[3]

Der Begriff wurde 2021 vom US-amerikanischen Radiosender National Public Radio (NPR) geprägt.[4][5]

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den USA wurden während des Zweiten Weltkrieges Fleischerzeugnisse rationiert und Preiserhöhungen wurden verboten. Die Hersteller fügten vielen Produkten kostengünstige und geschmacksneutrale Füllstoffe wie Kartoffeln oder Sojabohnen hinzu. Fleisch mit erhöhtem Fettgehalt und Fleisch von anderen Tieren (beispielsweise Pferden oder Bisamratten) wurde untergemengt.[6][7]

2017 reduzierte Ferrero ohne plausiblen Grund bei seiner Nuss-Nougat-Creme Nutella den Anteil an teurem Kakao und erhöhte den Anteil an günstigem Milchpulver. Da es zu dieser Zeit keinen Engpass an Rohstoffen gab, kam die Verbraucherzentrale Hamburg zu dem Schluss, dass die Änderung lediglich der Gewinnmaximierung diene.[8]

Nach dem Beginn des Russisch-Ukrainischen Krieges im Februar 2022 wurde Sonnenblumenöl knapp und teuer, weil russische Seestreitkräfte den Export der Sonnenblumenkerne über das Schwarze Meer blockierten. Mehrere Hersteller von Pommes frites und von Speisefetten und Speiseölen ersetzten Sonnenblumenöl durch Palmöl. Die meisten von ihnen kehrten nach dem Ende des Engpasses nicht mehr zur ursprünglichen Rezeptur zurück.[2][9]

Hotelzimmer werden – bei gleichbleibenden oder gestiegenen Zimmerpreisen – nicht mehr täglich gereinigt, sondern nur noch zwischen Abreise des Gastes und Neubelegung des Zimmers. Diese Sparmaßnahme wird teils als Umweltschutzmaßnahme beworben. Bei der Bewirtung von Gästen wird vermehrt auf Selbstbedienung und vorgefertigte bzw. abgepackte Produkte gesetzt.[10]

Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kunden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einer Kundenbefragung des Marktforschungsunternehmens Gartner aus dem Jahr 2022 gaben 62 % der befragten Kunden an, Produkte nicht mehr zu kaufen, wenn diese zur Kostensenkung die Produktgröße (Shrinkflation) oder die Produktqualität (Skimpflation) senken.[11]

Die Verbraucherzentrale Hamburg registrierte 2023 einen Anstieg an Beschwerden wegen verschlechterten Rezepturen bei Lebensmitteln.[3]

Hersteller[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In vielen Fällen beziehen sich Lebensmittelhersteller darauf, nur den aktuellen Wünschen ihrer Kunden nachzukommen. Beispielsweise senkt ein erhöhter Wasseranteil in Brotaufstrichen den physiologischen Brennwert und macht das Produkt gleichzeitig streichfähiger. Bei Schokoladenerzeugnissen sorgt ein geringerer Kakaogehalt für einen milderen Geschmack.[3][12] Die positiven Nebeneffekte werden dabei in der Werbung oft durch Aussagen wie beispielsweise „verbesserte Rezeptur“ oder „extra cremig“ hervorgehoben und suggerieren den Kunden eine gesteigerte Produktqualität, obwohl das Gegenteil der Fall ist.[3][9]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit März 2023 befasst sich der Ausschuss für Konsumentenschutz des österreichischen Parlaments mit dem Phänomen Skimpflation. Es soll zukünftig Herstellern gesetzlich verboten sein, Produkte unter gleichem Namen zu verkaufen, falls bei deren Herstellung im Laufe der Zeit auf billigere Grundstoffe umgestellt wird.[13]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Shrinkflation (Verkleinern der Portionierungsgrößen von Verbrauchsgütern)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Marnik G. Dekimpe, Harald J. van Heerde: Retailing in times of soaring inflation: What we know, what we don’t know, and a research agenda. In: Journal of Retailing. Band 99, Nr. 3, September 2023, ISSN 0022-4359, S. 322–336, doi:10.1016/j.jretai.2023.07.002 (englisch).
  2. a b Antje Erhard: Phänomen „Skimpflation“: Weniger Qualität bei höheren Preisen. In: tagesschau.de. Tagesschau, 9. September 2023, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  3. a b c d Skimpflation: Lebensmittel von schlechterer Qualität. In: vzhh.de. Verbraucherzentrale Hamburg, 15. September 2023, abgerufen am 11. Oktober 2023.
  4. Greg Rosalsky: Meet skimpflation: A reason inflation is worse than the government says it is. In: npr.org. National Public Radio, 26. Oktober 2021, abgerufen am 15. Oktober 2023 (englisch).
  5. Billiges Fett, luftgefüllte Verpackungen: Wie der Handel Verbraucher mit versteckten Preiserhöhungen narrt. In: focus.de. Focus Online, 13. Januar 2023, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  6. Greg Rosalsky: Price Controls, Black Markets, And Skimpflation: The WWII Battle Against Inflation. In: npr.org. National Public Radio, 8. Februar 2022, abgerufen am 14. Oktober 2023 (englisch).
  7. Richard Lingeman: Don’t You Know There’s a War On? The American Home Front 1941–1945. 1. Auflage. Putnam, New York 1970, ISBN 0-399-50359-5 (englisch).
  8. Andreas Dörnfelder: Rohstoffpreise. Nutella ist jetzt heller. Das neue Rezept schmeckt vor allem dem Hersteller. In: handelsblatt.de. 31. Dezember 2017, abgerufen am 19. Oktober 2023.
  9. a b Ruth Fend: Skimpflation: Darf’s noch etwas schlechter sein? In: zeit.de. Die Zeit, 12. September 2023, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  10. Jeannette N. Bennett: Beyond Inflation Numbers: Shrinkflation and Skimpflation. (PDF; 180 kB) In: stlouisfed.org. Federal Reserve Bank of St. Louis, Dezember 2022, abgerufen am 15. Oktober 2023 (englisch).
  11. Katie Costello, Matt LoDolce: Gartner Marketing Survey Finds 62 % of Consumers Will Stop Buying From Brands That Compromise Products to Cut Costs. In: gartner.com. Gartner Inc., 25. Juli 2022, abgerufen am 14. Oktober 2023 (englisch).
  12. Armin Valet: »Downgrading-Liste«: Lebensmittelindustrie spart an den wertvollen Zutaten. (PDF; 1,2 MB) In: vzhh.de. Verbraucherzentrale Hamburg, 23. Februar 2018, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  13. Korinna Schumann et al.: 369/A(E)-BR/2023: Entschließungsantrag. (PDF; 619 kB) In: parlament.gv.at. Österreichisches Parlament, 16. März 2023, abgerufen am 20. Oktober 2023.