Tang Wei

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Tang Wei 2011 in Seoul

Tang Wei (chinesisch 湯唯 / 汤唯, Pinyin Tāng Wéi, * 7. Oktober 1979 in Hangzhou, Zhejiang) ist eine chinesische Schauspielerin. Einem breiten Publikum wurde sie durch die Hauptrolle in Ang Lees preisgekröntem Film Gefahr und Begierde (2007) bekannt, der ihr in ihrem Heimatland einen Medienboykott einbrachte.

Leben

Ausbildung und Erfolg mit „Gefahr und Begierde“

Tang, 1979 in Hangzhou in der Nähe von Schanghai geboren,[1] ist die Tochter einer Schauspielerin und eines Malers.[2] Sie besuchte die Pekinger Central Academy of Drama, wo so bekannte Mimen wie Gong Li oder Zhang Ziyi studiert hatten. Ihre Ausbildung schloss sie im Fach Filmregie ab. Bereits 2001, noch während ihres Studiums, gewann sie die Aufmerksamkeit des taiwanischen Drehbuchautors und Gastdozenten Stan Lai, der sie mit seiner ehemaligen Schauspielschülerin Jacqueline Ng (Eat Drink Man Woman) verglich.[2][3] In ihrer Heimat wirkte Tang zunächst in Theaterstücken, Fernsehserien und Fernsehspielen mit.[4] Für ihre Leistung in dem Fernsehfilm Polizistin Yanzi wurde sie als beste Darstellerin mit dem Preis des größten chinesischen Fernsehsenders CCTV bedacht.[3]

Tang Wei im Jahr 2008

Weltweit wurde Tang Wei im Sommer 2006 bekannt, als Ang Lee sie ihrer Vielseitigkeit wegen[5] für die weibliche Hauptrolle in seinem Thriller Gefahr und Begierde (Lust, Caution), der zur Zeit der japanischen Besatzung Chinas im Jahr 1942 in Schanghai spielt, verpflichtete. Tang setzte sich dabei gegen mehr als 10.000 asiatische Aktricen, darunter ihre Landsfrau Zhou Xun und die Taiwanerin Shu Qi, durch.[2][6] In der Verfilmung einer Kurzgeschichte von Eileen Chang schlüpfte sie für ihr Kinodebüt in die Rolle der jungen, idealistischen Studentin Wang Chia-Chih, die Zugang zu einer Zelle radikaler und gegen die japanische Besatzung kämpfender Kommilitonen findet. Sie soll ihre weiblichen Reize einsetzen, um den mächtigen Geheimdienstchef und Kollaborateur Yee (gespielt von Tony Leung Chiu Wai) zu liquidieren.

Gefahr und Begierde feierte auf den 64. Filmfestspielen von Venedig Premiere. Kritiker hoben dort vor allem die Leistungen der beiden Hauptdarsteller, die elegante und kühle Inszenierung Lees sowie die pornografisch anmutenden Liebesszenen hervor.[7][8][9] Tang wurde gemeinsam mit der australischen Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett (I’m Not There), der Britin Kierston Wareing (It's a Free World…) und der Französin Hafsia Herzi (Couscous mit Fisch) als Mitfavoritin auf die Coppa Volpi, den Preis für die beste Schauspielerin des Festivals, gehandelt.[10][11] Zwar ging der Darstellerpreis an Blanchett, doch Lees Film wurde mit dem Goldenen Löwen, dem Hauptpreis des Festivals, prämiert.[12] Wenige Monate später wurde sie unter anderem als beste Hauptdarstellerin für die US-amerikanischen Independent Spirit Awards 2008 nominiert und sie gewann den nationalen Filmpreis Taiwans, den Golden Horse Award, als beste Nachwuchsdarstellerin.

Medienboykott

Obwohl Ang Lee den Film vor dem Kinostart in China um sieben Minuten gekürzt hatte, wurde Anfang März 2008 durch Medienberichte bekannt, dass die Karriere der Schauspielerin dort der staatlichen Zensur zum Opfer fallen würde. So sendete die staatliche chinesische Kommission für Fernsehen, Film und Radio (SARFT) ein Memo an Fernsehstationen und Printmedien mit der Anweisung, nicht mehr über die Schauspielerin zu berichten und die Veröffentlichung ihrer über eine halbe Million Euro teuren Werbekampagne mit der Kosmetikfirma Pond einzustellen. Ferner wurde Tang von allen Preisverleihungen in China ausgeschlossen. Berichte über den Film und sie selbst wurden in Online-Foren entfernt, auch war ihr Name über eine Internet-Recherche via Google nicht mehr abrufbar. Der inoffizielle Medienboykott soll den freizügigen Aktszenen in Gefahr und Begierde geschuldet gewesen sein, der wahre Grund wurde jedoch in dem Charakter ihrer Rolle in Lees unpatriotischem Film vermutet.[13][14][15]

Neben ihrer Karriere als Schauspielerin arbeitete Tang in der Vergangenheit als Model, sie gelangte 2004 bis ins Finale der chinesischen Vorausscheidung für den Miss-Universe-Wettbewerb in Peking. Auch verfasste sie Kurzgeschichten, Theaterstücke und betätigte sich als Theaterregisseurin.[2] Nach dem chinesischen Medienboykott zog Tang nach Hongkong, wo sie 2008 ins Quality Migrant Admission Scheme aufgenommen wurde, ein Programm, das unter anderem schon so bekannte Künstler wie Zhang Ziyi, Lang Lang und Li Yundi förderte.[16] Erst 2009 bekleidete Tang wieder eine Filmrolle in der chinesischsprachigen Liebeskomödie Yut mun Hinneisi (2010) von Ho Ivy. In der Hongkonger Produktion spielten sie und der Sänger Jacky Cheung zwei Ladenbesitzer, die sich bei einem Blind Date kennenlernen. „Meine Figur ist voller komischer Persönlichkeit und ich möchte dem Publikum ein neues Gefühl von mir überbringen“, so Tang im Frühjahr 2009 kurz vor Beginn der Dreharbeiten.[16] Ihre Leistung wurde mit einer Nominierung bei den Hong Kong Film Awards honoriert.

Erfolgreicher Ausflug ins koreanische Kino und weitere Repressalien

2010 war Tang in dem von Kim Tae-yong in Seattle gedrehten englischsprachigen Melodram Late Autumn als Gefängnisinsassin zu sehen, die nach dem Tod ihrer Mutter kurzzeitigen Hafturlaub erhält und sich in einen koreanischen Callboy (gespielt von Hyun Bin) verliebt. Die koreanische Produktion, ein Remake des 1960er-Jahre-Films Manchu, brachte ihr 2011 als erster ausländischen Schauspielerin gleich drei wichtige koreanische Filmpreise ein.[17]

Im Sommer 2011 wurde bekannt, dass Tangs Rolle in der propagandistischen Filmbiografie The Founding of a Party (2011) über Mao Zedong komplett dem Schnitt zum Opfer gefallen sei. In dem Prestige-Projekt der Kommunistischen Partei zu deren 90-jährigem Bestehen hätte sie den Part der Tao Yi spielen sollen, einer jungen Revolutionärin und ersten Geliebten Maos (dargestellt von Liu Ye) in den 1910er Jahren. Die Bekanntgabe des Filmangebots war zunächst als mögliche politische Rehabilitation Tangs verstanden worden.[18] Im selben Jahr war die Schauspielerin dann in Peter Chans Hongkonger Martial-Arts-Detektivfilm Wu Xia in der kleinen Rolle der Ehefrau von Hauptdarsteller Donnie Yen zu sehen. Tang, die sich vor Dreharbeiten nach eigener Aussage intensiv auf eine Rolle vorbereitet („Ich denke über die Lebensbedingungen, den sozialen und kulturellen Kontext nach, in denen sich die Figur bewegt […] Ich male mir aus, wie ihre Familienmitglieder aussehen – ich habe sogar detaillierte Bilder von Menschen [im Kopf], die eigentlich gar nicht in der Handlung vorkommen. Ich denke darüber nach, wo sie [die Figur] geboren wurde, was sie lesen würde, während sie aufwächst, wie sie sich kleidet und ihre Zähne putzt – alle ihre Gewohnheiten“.)[19], musste vor den Dreharbeiten von Regisseur Peter Chan Ho-sun dazu angehalten werden, ihre Rolle nicht „überzuintellektualisieren“.[19]

Am 12. Juli 2014 heiratete sie den südkoreanischen Filmregisseur Kim Tae-yong, mit dem sie Late Autumn drehte.[20] Im August 2016 brachte sie in Hongkong eine Tochter zur Welt.[21]

Filmografie (Auswahl)

  • 2006: Silent Tears (女人不哭, Nüren bu ku, Fernsehserie)
  • 2007: Gefahr und Begierde (色,戒; Sè, Jiè)
  • 2010: Yut mun Hinneisi
  • 2010: Late Autumn (만추 Manchu)
  • 2011: Wǔ xiá
  • 2011: Ji su tian shi
  • 2011: Jiàn Dǎng Wěi Yè
  • 2013: Běijīng yù shàng xiyǎtú
  • 2014: The Golden Era (黄金时代)
  • 2015: Blackhat

Auszeichnungen

Weblinks

Commons: Tang Wei – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Kurzporträt bei worldfilm.about.com (englisch)
  2. a b c d Ong Sor Fern: New China Dolls. In: The Straits Times (Singapore), 16. September 2007
  3. a b Xinhua-Pressemeldung Ann Lee casts Tang Wei for „Lust, Caution“, 12. Juli 2006
  4. Wei, Tan Dawn: Caution: Lee Ang at work. In: The Straits Times (Singapore), 7. Februar 2007, LIFE!, LIFE MOVIES
  5. Goldstein, Gregg: Leung, Tang heeding Lee's 'Lust, Caution' bei hollywoodreporter.com
  6. Video-Interview mit Ang Lee bei movieweb.com (englisch)
  7. Höbel, Wolfgang: Grober Sex und geschliffene Dialoge bei Spiegel Online, 30. August 2007
  8. Vahabzadeh, Susan: Es geht zur Sache bei sueddeutsche.de, 1. September 2007
  9. Westphal, Anke: Männer im Krieg, Berliner Zeitung, 1. September 2007
  10. Koppold, Rupert: Gruppenbild mit Mörder. In: Stuttgarter Zeitung, 8. September 2007, Kultur, S. 33
  11. Suspense avant la remise du 64e Lion d'or à Venise, Kechiche grand favori (PAPIER GENERAL), Agence France-Presse, 8. September 2007
  12. Tseng, Douglas: Shorter version of Lust to be shown here. In: The Straits Times (Singapore), 26. September 2007, LIFE! – LIFE BUZZ
  13. Wei’s Chinese Media Ban bei contactmusic.com, 10. März 2008 (aufgerufen am 22. Juni 2008)
  14. Macartney, Jane: Tang Wei blacklisted for 'glorifying traitors' bei timesonline.co.uk, 11. März 2008 (aufgerufen am 22. Juni 2008)
  15. Nivelle, Pascale: Tang Wei, l'héroïne du thriller érotique "Lust, Caution", victime des censeurs chinois. In: Libération, 12. März 2008, S. 10
  16. a b Mak, Clara: Tang returns … cautiously. In: South China Morning Post, 7. Februar 2009, S. 6
  17. Lee Hyo-won: Busan critics name Tang Wei best actress. In: Korea Times, 1. Dezember 2011 (abgerufen am 31. Mai 2014)
  18. Foster, Peter: Actress cut from Mao blockbuster after being deemed too raunchy. In: The Daily Telegraph, 14. Mai 2011, S. 18
  19. a b Tsui, Clarence: Going with the flow. In: South China Morning Post, 31. Juli 2011, S. 3
  20. Ahn Sung-mi: Tang Wei to tie knot with Korean filmmaker this fall. In: Korea Herald. 2. Juli 2014, abgerufen am 3. Juli 2014.
  21. Hong Dam-young: Chinese actress Tang Wei now a mother. In: The Korea Times. 28. August 2016, abgerufen am 28. August 2016 (englisch).