Wilhelm Warsch

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Wilhelm Warsch (* 6. Dezember 1895 in Viersen; † 27. Dezember 1969 in Köln) war ein deutscher Kommunalbeamter, Bürgermeister und Politiker (CDU). Wilhelm Warsch verkörperte einen in den 1920er Jahren auftretenden neuen Typus von Beamten, die neben dem Instrumentarium der Verwaltung auch das der Politik souverän beherrschten. In seiner (im „Dritten Reich“ unterbrochenen) Laufbahn gelangte er schon früh auf Führungspositionen zunächst im kommunalen, nach 1945 auch im staatlichen Bereich. Er war ein erfolgreicher und durchsetzungsfähiger politischer Beamter, als Parteipolitiker indes stieß er bald an seine (von Konrad Adenauer abgesteckten) Grenzen.

Jugend und Beruf

Wilhelm Warsch wurde am 6. Dezember 1895 in Viersen als ältester Sohn der katholischen Familie des kaufmännischen Bezirksrevisors und vormaligen Drechslers Heinrich Warsch (1866- vor 1957) und seiner Frau Maria geborene Sahl (1869–1957) geboren.

Warsch besuchte die Volksschule und wurde zunächst Justizangestellter beim Landgericht in Mönchengladbach. Im Ersten Weltkrieg leistete er Militärdienst. Anschließend studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn. 1920 wurde er mit einer Arbeit über die Bedeutung der niederländischen Häfen und dem Schelde-Rhein-Kanal für die deutsche Wirtschaft zum Dr. rer. pol. promoviert. Seit 1920 arbeitete er zunächst in seiner Geburtsstadt Viersen und danach in Mönchengladbach in den dortigen Stadtverwaltungen. Im Jahr 1921 wurde Warsch Direktor des Wohnungsamtes in Mönchengladbach. Bereits ein Jahr später war er Stadtdirektor und Hilfsdezernent.

Politik bis 1933

Spätestens während seiner beruflichen Tätigkeit in Mönchengladbach dürfte Warsch Mitglied der Zentrumspartei geworden sein. Vor diesem beruflichen und politischen Hintergrund bewarb sich Warsch erfolgreich um die Stelle des Bürgermeisters der Stadt Uerdingen, deren Stadtverordnetenversammlung, in der das Zentrum die Mehrheit (zwölf von 22 Mandaten) hatte, ihn am 30. Juli 1925 für eine Amtszeit von zwölf Jahren wählte; am 17. September 1925 wurde er in sein neues Amt eingeführt.

Bereits zwei Jahre später, im Herbst 1927, konnte Warsch ein seit Jahrzehnten angestrebtes Ziel der Uerdinger Kommunalpolitik verwirklichen: die Eingemeindung von Hohenbudberg und eines Teils von Kaldenhausen. Kurz danach sah er sich aber mit einer existentiellen Bedrohung der Selbständigkeit der Stadt Uerdingen konfrontiert durch die im Zuge der überfälligen, durch die Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit verzögerten Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets, die auch die Eingemeindung Uerdingens nach Krefeld vorsah. Bei den äußerst langwierigen und zähen Verhandlungen über die Eingemeindung – Uerdingen sträubte sich gegen den drohenden Verlust seiner kommunalen Eigenständigkeit – stellte Warsch seine politische Begabung eindrucksvoll unter Beweis. Er erwies sich als relativ neuer Typus eines auch politisch befähigten Beamten, der das Instrumentarium nicht nur des Dienstweges, sondern auch der Nutzung politischer Beziehungen souverän beherrschte.

So gelang es, dass – nachdem die Eingemeindung Uerdingens nach Krefeld absehbar war – Warsch hierfür den höchstmöglichen Preis verlangte und erhielt. Dieser Preis bestand in einer im deutschen Kommunalverfassungsrecht bis heute einzigartigen Konstruktion, einer sogenannten „Dachgemeinschaft“, die – und das war sein Verdienst und das seiner Parteifreunde – im Neugliederungsgesetz dergestalt geregelt wurde, dass bei der späteren Umsetzung nichts mehr schief gehen konnte. Nach Inkrafttreten des Neugliederungsgesetzes am 1. August 1929 wurde Warsch zunächst zum – gleichberechtigten – Stellvertreter des kommissarischen Bürgermeisters (dies wurde der bisherige Krefelder Oberbürgermeister Johannes Johansen) der neu gebildeten Stadt Krefeld-Uerdingen a. Rh. ernannt. Im Frühjahr 1930, im Zuge der Umsetzung der neuen Kommunalverfassung der neuen Stadt, wurde Warsch als Bürgermeister des nunmehrigen Stadtteils Uerdingen bestätigt und zugleich Erster Beigeordneter der Gesamtstadt Krefeld-Uerdingen a. Rh.

Nationalsozialismus

Den aufkommenden Nationalsozialismus sah Warsch frühzeitig als große Gefahr. Seine ablehnende Haltung blieb nicht unbekannt, und so sah sich Bürgermeister Warsch im Vorfeld der Kommunalwahlen am 12. März 1933 heftigen Angriffen seitens der NSDAP-Ortsgruppe Uerdingen ausgesetzt. Die Nationalsozialisten attestierten ihm unter anderem eine marxistisch-zentrümliche Einstellung, während er umgekehrt nichts unversucht ließ, um den Nationalsozialisten Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Unmittelbar nach den Kommunalwahlen, bei denen die NSDAP im Stadtteil Uerdingen elf, die Kampffront Schwarz-Weiß-Rot drei von insgesamt 26 Sitzen erzielte, womit beide Parteien zusammen über die absolute Mehrheit verfügten, trat Warsch einen bereits im Februar genehmigten Erholungsurlaub an. Zeitgleich verständigten sich NSDAP und Kampffront darüber, beim Regierungspräsidenten seine weitere Beurlaubung mit dem Ziel der Amtsenthebung zu beantragen. Warsch verwahrte sich in aller Form dagegen und stellte seine nationale Gesinnung heraus: er sei stets loyal und korrekt gegenüber der NSDAP gewesen und habe sich auch gegenüber der neuen Regierung nichts zu Schulden kommen lassen, vielmehr loyal und bereitwilligst Order pariert. Die weitere Beurlaubung ist dann spätestens – offensichtlich im Rahmen einer persönlichen Vorsprache Warschs beim Regierungspräsidenten von Düsseldorf Karl Bergemann – am 25. März 1933 erfolgt, denn am 26. März teilte die Pressestelle des Regierungspräsidenten mit, "Warsch bleibt mit meinem Einverständnis vorläufig weiter beurlaubt".

In sein Uerdinger Amt kehrte er nicht mehr zurück. Nach einem langwierigen Verfahren wurde ihm am 3. März 1934 der Erlass vom 25. Januar 1934 über seine Entlassung nach § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, also Entlassung wegen „nationaler Unzuverlässigkeit“, (der Zentrumspartei) zugestellt. Ein ebenfalls eingeleitetes Dienststrafverfahren gegen ihn blieb ergebnislos. Mitte 1934 beantragte er eine Umwandlung der erfolgten Entlassung gemäß § 4 in eine Zurruhesetzung gemäß § 6 des Gesetzes (wegen Verwaltungsvereinfachung), die der Minister des Innern im Juli 1935 auch aussprach, sogar rückwirkend.

Warsch war bereits am 10. Juli 1933 nach Köln umgezogen. Bald fand er durch Fürsprache und Vermittlung des Kölner Erzbischofs Karl Joseph Kardinal Schulte einen neuen beruflichen Wirkungskreis: Er übernahm als Direktor und Syndikus der Krankenanstalten und caritativen Institute der Schwesterngenossenschaft des Ordens der Augustinerinnen (Zentralverwaltung Köln) deren wirtschaftliche Betreuung.

Politik ab 1945

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war Warsch zusammen mit Leo Schwering einer der ersten Initiatoren für eine überkonfessionelle christliche Partei als Gegengewicht gegen eine von Konservativen befürchtete Volksfront aus KPD und SPD. Bei einem ersten Treffen am 2. April 1945 entstand der Vorschlag zur Namensgebung als „christlich-demokratisch“. Im Juni 1945 war Warsch Mitglied des Kölner Kreises, der auf breiterer Grundlage die Parteigründung diskutierte. Im August 1945 wurde Warsch Mitglied der rheinisch-westfälischen Programmkommission der CDP. Er gehörte zu den Mitgründern der Christlich-Demokratischen Partei (später umbenannt in CDU) in Köln und war seit August 1945 Vorstandsmitglied der Partei im Rheinland. Außerdem gehörte er der Programmkommission an. Am 5. Februar 1946 trat Warsch bei der Wahl zum Vorsitzenden der CDU im Rheinland, in Krefeld-Uerdingen, gegen Konrad Adenauer an und unterlag.

In der Zwischenzeit war Warsch in den Krefelder Kommunaldienst zurückgekehrt: Mit Wirkung vom 1. Juli 1945 wurde er als Beamter auf Widerruf bei der Stadt Krefeld als Vertreter des Oberbürgermeisters wieder in den Dienst gestellt und führte für die Dauer seiner Wiederverwendung die Amtsbezeichnung Bürgermeister, ohne den Zusatz ‚a. D‘. Sein Eintritt bereicherte einerseits die Krefelder Verwaltungsspitze um einen erfahrenen Verwaltungsfachmann, bedeutete anderseits aber auch ein erneutes Wiederaufrollen der „Uerdinger Frage“. Diese Gefahr sah Oberbürgermeister Stepkes (1884–1966) hellsichtig in seinem Tagebuch voraus: Warsch wird nach Uerdingen zurückkehren, mit ihm der Kampf um die Geltung Uerdingens.

Oberbürgermeister wurde er wenig später dann doch noch: Im Zuge der Einführung der kommunalen Doppelspitze durch die revidierte Deutsche Gemeindeordnung ernannten ihn die Briten am 28. Februar 1946 zum (ehrenamtlichen) Oberbürgermeister der Stadt Krefeld. Der bisherige hauptamtliche Krefelder Oberbürgermeister Johannes Stepkes (1884–1956) hatte auf den Posten des Oberstadtdirektors zu wechseln. Die Umsetzung der für deutsche Verhältnisse auf den ersten Blick ungewohnten neuen Kommunalverfassung scheint sich in Krefeld in der Praxis erkennbar problemlos abgespielt zu haben. Als Oberbürgermeister war Warsch eigentlich ein untypischer Vertreter für das neue Amt. Er war zwar ein homo politicus, auch parteipolitisch tätig, auf der anderen Seite aber ein ausgewiesener Verwaltungsfachmann mit langjähriger Erfahrung in der kommunalen Verwaltung. Er verstand sich als politischer Beamter, was der Oberbürgermeister neuen Stils nicht war und nicht sein sollte. Schwerpunkte seiner Amtszeit in Krefeld – neben dem allgemeinen Wiederaufbau – waren die Sicherung der kommunalen Finanzen, neue Industrie- und Gewerbeansiedlungen, aber auch Flüchtlingsfragen, die Versorgung der Kriegsopfer, und die Behandlung der Kriegsgefangenen. Hinsichtlich der Entnazifizierung riet Warsch, obwohl selbst ein Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft, zu einem maßvollen Vorgehen, um nicht unnötig Gräben aufzureißen. Nach Ernennung zum Regierungspräsidenten in Köln legte Warsch am 20. Februar 1947 sein Amt als Krefelder Oberbürgermeister nieder und wurde in der für denselben Tag einberufenen Stadtvertretung feierlich verabschiedet.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung stimmte am 6. Januar 1947 dem Vorschlag von Innenminister Walter Menzel (1901–1963) zu, Warsch – vorbehaltlich der Zustimmung der Militärregierung – zum Regierungspräsidenten in Köln zu ernennen. Warsch übernahm die Amtsgeschäfte bereits am 23. Februar 1947 und wurde am 17. März von Innenminister Walter Menzel offiziell in sein Amt eingeführt. Besonders beklagte er die Teilung der Rheinprovinz in zwei Teile, diese sei auf Dauer völlig untragbar, auch weil sie den Bezirk Köln von den Nachbarbezirken Koblenz und Trier abschneide. Eine der ersten vom neuen Regierungspräsidenten Warsch eingeleiteten Notmaßnahmen war die Wiederherstellung der Straßen und Brücken im Oberbergischen Kreis, die trotz erheblicher Materialprobleme und verschiedener Obstruktionen schließlich zu einem guten Erfolg geführt werden konnte. Von sich reden machte der Regierungspräsident vor allem durch seinen vehementen Einsatz für die Rekultivierung des rheinischen Braunkohlengebietes. Das hierzu erlassene, im Entwurf von ihm selbst formulierte Gesetz über die Gesamtplanung im Rheinischen Braunkohlengebiet vom 25. April 1950 trägt den Spitznamen „Lex Warsch“ und bleibt somit mit seinem Namen verbunden. In der Folgezeit setzte er sich besonders für Rekultivierung und Aufforstung ein.

Aus gesundheitlichen Gründen (er hatte Anfang 1956 einen Schlaganfall erlitten) bat Warsch im Mai 1957 um vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, die durch die Landesregierung zum 1. Juli 1957 ausgesprochen wurde.

Ehrungen

Warsch wurde vielfach geehrt. So erhielt er 1957 das Große Bundesverdienstkreuz, Ehrenbürger der Friedrich-Wilhelm Universität Bonn sowie Ehrenbürger von Porz und Kaster. Nach Warsch ist unter anderem in Köln eine Straße benannt.

1952 wurde er von Kardinal-Großmeister Nicola Kardinal Canali zum Ritter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ernannt und am 8. Dezember 1952 in Kölner Dom durch Lorenz Jaeger, Großprior der deutschen Statthalterei, investiert; zuletzt im Rang eines Komturs.

Literatur

Weblinks