Zitzschen

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Zitzschen
Stadt Zwenkau
Koordinaten: 51° 13′ N, 12° 16′ OKoordinaten: 51° 13′ 13″ N, 12° 16′ 1″ O
Höhe: 126 m
Einwohner: 446 (31. Dez. 2014)
Eingemeindung: 1. Oktober 1993
Eingemeindet nach: Zwenkau
Postleitzahl: 04442
Vorwahl: 034203
Zitzschen aus der Vogelperspektive von Norden
Zitzschen aus der Vogelperspektive von Norden

Zitzschen ist ein Ortsteil der Stadt Zwenkau im Landkreis Leipzig in Sachsen. Bevor es 1993 von Zwenkau eingemeindet wurde, gehörte es seit dem 1. Oktober 1993 zur Gemeinde Großdalzig.

Lage

Zitzschen liegt ca. vier Kilometer westlich des Zwenkauer Stadtzentrums. Östlich des Ortes verlaufen die Bundesstraße 186 Zwenkau–Schkeuditz und die Weiße Elster, begleitet vom Elster-Radweg. Etwa 500 Meter nordöstlich des Ortsrandes von Zitzschen liegt das Westufer des Zwenkauer Sees.

Die umliegenden Orte sind im Osten beginnend im Uhrzeigersinn Zwenkau, Kleindalzig, Großdalzig, Scheidens, Löben, Kitzen, Kleinschkorlopp und Knautnaundorf.

Der nächste Haltepunkt der Bahnverbindung Leipzig-Gera befindet sich ca. zwei Kilometer südlich von Zitzschen in Großdalzig. Die Auffahrt Leipzig-Südwest der Autobahn A 38 ist über die B 186 nach etwa sechs Kilometern zu erreichen.

Geschichte

Gemäß archäologischer Funde ist die Gegend um Zitzschen sehr altes Siedlungsgebiet. Der Beginn einer kontinuierlichen Besiedlung konnte für die Zeit vor etwa 7000 Jahren belegt werden.[1]

Kirche und Dorfplatz um 1840
Grenzstein zwischen den ehemaligen Königreichen Preußen und Sachsen

Der Ortskern Zitzschens ist slawischen Ursprungs. Die Slawen siedelten sich in Form eines Rundlings an, der seinen einzigen Eingang von Osten hatte. Vom Dorfplatz in Zitzschen gehen einige Sackgassen ab, die zu weiter außen liegenden Gehöften führen und den Platz vergrößern.

Eine erste Erweiterung erfuhr Zitzschen im Zuge der deutschen Ostexpansion in Form eines Straßendorfteiles, der heutigen Thomas-Müntzer-Straße. Die erste urkundliche Nennung des Ortsnamens Zitzschen erfolgte 1213 in einer Schenkungsurkunde des Burggrafen Gerhard von Leisnig, in der als Zeuge Albertus de Zizzcin genannt wird.[2] Im Mittelalter wurde Zitzschen durch das Bistum Merseburg geprägt, sowohl in kirchlicher als auch weltlicher Abhängigkeit. Es gab zahlreiche Belehnungen auf Zitzschener Flur durch die Bischöfe von Merseburg.[3] Im 15. Jahrhundert waren die Herren von Fichtenberg mit dem Zitzschener Herrensitz belehnt.[4]

Nach der Reformation gehörte Zitzschen 1560 zum Inspektion Pegau und war damit kirchlich dem Konsistorium Leipzig unterstellt, während die staatliche Verwaltung bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts beim Amt Lützen lag.[5] Im Ergebnis des Wiener Kongresses 1815 kam Zitzschen im Jahr 1816 mit dem Westteil des Amts Lützen zum Kreis Merseburg[6] im Regierungsbezirk Merseburg und damit zur preußischen Provinz Sachsen. Grenzsteine aus dieser Zeit zwischen dem Königreich Preußen und dem Königreich Sachsen sind noch erhalten.

Am 18. April 1945 rückten amerikanische Panzerverbände von Kitzen kommend in Zitzschen ein und wurden im Juli von der Roten Armee abgelöst. Das benachbarte Rittergut Mausitz wurde infolge der Bodenreform aufgelöst, und in an Zitzschen grenzenden Feldfluren für Zitzschen Gärten und Neubauernstellen eingerichtet. Für letztere wurden an der Kitzner Straße Neubauernhäuser errichtet.

Ab 1950 gehörte Zitzschen zum Landkreis Weißenfels im 1947 gegründeten Land Sachsen-Anhalt. Mit der Bildung der Bezirke in der DDR 1952 wurde Zitzschen mit einigen Nachbarorten zum Bezirk Leipzig und gehört deshalb nach der Bildung des Freistaates Sachsen nun zu diesem.

1952 erreichte die Kollektivierung der Landwirtschaft auch Kitzen; drei Höfe schlossen sich zur LPG Typ I zusammen. 1960 entstand eine LPG Typ III, in der später die LPG Typ I aufging. 1972 erfolgte die Eingemeindung Zitzschens nach Großdalzig und 1993 mit diesem nach Zwenkau.

2002–2005 erfolgten umfassende Dorfsanierungsmaßnahmen, nachdem Zitzschen 1996 sächsisches Modelldorf und 2001 sächsisches Förderdorf geworden war.[7]

2014 nahm Zitzschen am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ teil, belegte den 1. Platz im Kreisausscheid und qualifizierte sich so zum Landesausscheid 2015, wo der 3. Platz errungen werden konnte. (Artikel des Land Sachsen über den Wettbewerb) Bei diesem Wettbewerb werden die Dörfer in verschiedenen Aspekten betrachtet, wie zum Beispiel Einbettung in die Umgebung, Begrünung, traditionelle Bebauung, soziales, wirtschaftliches oder Barrierefreiheiten.

Die Kirche

Der früheste Beleg einer Zitzschener Kirche stammt aus dem Jahr 1428. Diese stand aber noch nicht an der heutigen Stelle, sondern dezentraler auf dem alten Friedhof am Schkorlopper Weg. Über ihr Aussehen ist wenig bekannt. Kirchenrechnungen belegen das Vorhandensein einer Uhr, einer Orgel und dreier Glocken. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wies die Kirche große bauliche Schäden auf, sodass im Zusammenhang mit der ebenfalls notwendigen Vergrößerung wegen des Anwachsens der Gemeinde ein Neubau ins Auge gefasst werden musste.

Die Kirche 2008

Am 16. April 1792 begann der Abriss der alten Kirche und am 14. Mai 1792 wurde der Grundstein für die neue auf dem jetzigen zentralen Platz gelegt. Die Pläne stammten von dem Dresdner Architekten Christian Friedrich Schuricht. Die Bauhandwerker kamen aus der näheren Umgebung. Altar und Säulen führte ein Bildhauer Völler aus Böhmen aus. Die Orgel mit 25 Registern auf zwei Manualen und dem Pedal wurde durch die Werkstatt der Gebrüder Trampeli aus Adorf/Vogtl. erbaut. Die drei neuen Glocken kamen aus der Gießerei Ulrich in Laucha an der Unstrut. Die etwa 30 Meter lange und 12 Meter breite Kirche mit zwei Emporen wurde am 1. November 1796 eingeweiht.

1832 musste der Turm witterungsbedingt restauriert werden, und die barocke Haube erhielt die für Zitzschen typische geschlossene Schieferdeckung. Anlässlich der 100-Jahr-Feier wurde die Kirche 1894 umfangreich renoviert, erhielt neues eichenes Gestühl, eine Kirchenheizung und wurde vom Maler Zander-Holle prächtig ausgemalt, unter anderem mit dem triumphierenden Christus als Deckengemälde.[8]

Dieser Zustand wurde bei den Renovierungen von 2007 und 2011 wiederhergestellt, nachdem die Orgel bereits von 1990 bis 1994 durch den Orgelbauer Georg Wünning aus Großolbersdorf restauriert worden war. Sie ist eine der größten und weitgehend original erhaltenen Werke der Gebrüder Trampeli. Orgel und Kirche stehen auf der Denkmalliste Sachsens.[9]

Die Trampeli-Orgel
Die Orgel-Disposition[10]
I Hauptwerk C–d3
1. Bordun 16′
2. Principal 8′
3. Viola da Gamba 8′
4. Stark Gedackt 8′
5. Octave 4′
6. Rohrflöte 4′
7. Quinta 3′
8. Octava 2′
9. Flageolet 1′
10. Cornett III
11. Mixtur IV
II Oberwerk C–d3
12. Principal 8′
13. Quintatön 8′
14. Lieblich Gedackt 8′
15. Principal 4′
16. Flauto amabile 4′
17. Nasat 3′
18. Octava 3′
19. Sifflöt 1′
20. Mixtur III
21. Vox humana 8′
Pedal C–c1
22. Subbass 16′
23. Violonbass 16′
24. Octavenbass 8′
25. Posaunenbass 16′
  • Koppeln: Manualschiebekoppel, Pedalkoppel
  • Nebenregister: Tremulant zum Hauptwerk, Schwebung zum Oberwerk

Zitzschen und die Weiße Elster

Bis 1977 war Zitzschen drei Kilometer von der Weißen Elster entfernt. Wegen des in den 1970er Jahren nördlich von Zwenkau nach Westen schwenkenden Braunkohlentagebaus Zwenkau mussten die Eisenbahntrasse und die Weiße Elster nach Westen verlegt und die B186 neu gebaut werden. Von 1972 bis 1977 entstand zwischen Kleindalzig und Hartmannsdorf das neue Flussbett, das nun unmittelbar an Zitzschen vorbeiführt. Wegen der Art des Ausbaus des Flussbetts wird dieses Stück der Weißen Elster auch „Betonelster“ genannt. Von der B 186 führt eine Brücke nach Zitzschen, die von 2012 bis 2014 bereits erneuert wurde.[11]

Nach der Stilllegung des Tagebaus Zwenkau 1999 wurde mit der Flutung des Restlochs zum Zwenkauer See begonnen, wobei neben dem örtlichen Grundwasser auch Sümpfungswasser aus noch aktiven Tagebauen eingesetzt wurde. 2010 wurde an der Weißen Elster in der Nähe von Zitzschen mit der Errichtung eines Einlaufbauwerks begonnen, durch welches Wasser aus dem Fluss zum See geleitet werden kann. Es dient damit zur Flutung des Sees, aber auch bei Hochwasser zu dessen Ableitung in den See. Nach seiner Fertigstellung im Mai 2013 erlebte es seine Hochwasserbewährung bei dem Hochwasser Anfang Juni 2013, als 130 m³ Wasser pro Sekunde in den See flossen und Leipzig vor einer drohenden Überflutung bewahrt wurde.[12]

Gegenüber der Zitzschener Brücke befindet sich ein beliebter Aussichtspunkt auf den Zwenkauer See mit Informationen zum ehemaligen Tagebau Zwenkau und ein Zugang zum Rundweg um den See.

Literatur

  • Daniel Kalis (Hrsg.): Zitzschen – Geschichte & Erinnerungen. Festschrift zur 800-jährigen Ersterwähnung, Zitzschen 2013, ISBN 978-3-9811228-3-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Armin Rudolph in Zitzschen – Geschichte & Erinnerungen, S. 13
  2. Markus Cottin in Zitzschen – Geschichte & Erinnerungen, S. 22
  3. Zitzschen – Geschichte & Erinnerungen, S. 8
  4. Markus Cottin in Zitzschen – Geschichte & Erinnerungen, S. 34
  5. Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas, Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0;S. 84 f.
  6. Der Landkreis Merseburg im Gemeindeverzeichnis 1900
  7. Zitzschen – Geschichte & Erinnerungen, S. 11/12
  8. Markus Cottin, Daniel Kalis in Zitzschen – Geschichte & Erinnerungen, S. 60–71
  9. Orgelbau Wünning
  10. Die Trampeli-Orgel bei Leipziger Neuseenland
  11. LVZ online, abgerufen am 10 Februar 2015
  12. leipzigseen.de, abgerufen am 11. Februar 2015