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*[http://www.encyclopedie.bseditions.fr/article.php?pArticleId=62&pChapitreId=7773 B & S Encyclopedie Quelques médecins participant à l’action T4]
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*[http://quepnet.fh-bielefeld.de/data/doc/id_104/Q_Sachanalyse_Euthanasie1.pdf Sachanalyse Euthanasie auf quepnet.fh-bielefeld.de ]
*[http://quepnet.fh-bielefeld.de/data/doc/id_104/Q_Sachanalyse_Euthanasie1.pdf Sachanalyse Euthanasie auf quepnet.fh-bielefeld.de ]

*[http://www.kinderpsychiater.org/index.php5?x=/for201_geschichte.php5& Manfred Müller-Küppers:''Die Geschichte der Kinder- und Jugendpsychiatrie unter besonderer Berücksichtigung der Zeit des Nationalsozialismus'' in BKJPP und BAG Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Heft 2 2001]
<!--*[http://www.holocaustresearchproject.org/euthan/index.html Holocaust Education & Archive Research Team HEART:''Introduction To Nazi Euthanasia'' 2007/2009]-->


== Anmerkungen und Einzelnachweise ==
== Anmerkungen und Einzelnachweise ==

Version vom 23. Oktober 2009, 09:20 Uhr

Valentin Faltlhauser (* 28. November 1876 in Wiesenfelden; † 8. Januar 1961 in München) war ein deutscher Psychiater, der als Vollstrecker der Nazi-Euthanasie zuletzt in der Rolle als Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren in die Geschichte einging.

Faltlhauser war einer der prominentesten der 100 oder mehr Ärzte, die ihre wissenschaftlichen Kenntnisse unter Vernachlässigung menschlicher und ärztlicher Grundwerte der NS-Rassen- und Gesundheitspolitik und vermeintlicher Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen unterordneten und damit zu Verbrechern wurden. Er wurde nach dem Krieg zwar angeklagt, bekam aber eine sehr milde Strafe, musste sie nie antreten und wurde später begnadigt.

Leben

Aus Klee, Personenlexikon

Als Reformpsychiater

Nach Beendigung des Medizinstudiums begann er seine psychiatrische Tätigkeit in der Kreis-Irrenanstalt Erlangen. Hier wurde er nach Ende des 1. Weltkrieges engster Mitarbeiter von Gustav Kolb, der mit seiner „Offenen Fürsorge“ eine weltweit beachtete Psychiatriereform initiierte: Eine heute modern anmutende Betonung der ambulanten Betreuung mit dem Aufbau eines Netzes sozialer Unterstützung für chronisch psychisch Kranke [1]. Inzwischen zum Oberarzt der Anstalt aufgestiegen, übernahm Valentin Faltlhauser die Funktion des Fürsorgearztes, 1920 zuerst nebenamtlich, ab Mai 1922 hauptamtlich. [2].

Faltlhauser wurde einer der führenden Reformpsychiater und übernahm 1929 die Leitung der Anstalt Kaufbeuren. In einem Lehrbuch der Psychiatrischen Krankenpflege setzte er sich noch 1932 für die Behandlung chronisch Kranker ein und verurteilte engagiert Euthanasie-Befürworter. [1]

Allerdings wird deutlich, daß auch die von ihm vertretene offene Psychiatrie von Anfang an einen „hygienischen“ Aspekt aufwies, der die Aussonderung der von Falthauser so bezeichneten „Psychopathen “ vorsah [3]:

[…] Mit eine der schwierigsten Fragen, welche die offene Fürsorge in der Psychopathenbehandlung zu lösen hat, ist die Frage der Psychopathenehen. Es ist kaum zu hoch gegriffen, wenn ich behaupte, dass 80 vH der Psychopathen wieder eine Psychopathin heiraten. Es wird Pflicht einer Fürsorge sein, solche beabsichtigte Ehen, wenn sie zu ihrer Kenntnis kommen, nach Möglichkeit zu verhindern.[…][Da selbst] unermüdliche Aufklärung [hier nichts nütze,] kann vielleicht auch die Anregung der Entmündigung von Erfolg sein.

Valentin Faltlhauser: Lehrbuch der Psychiatrischen Krankenpflege.

[4]

Als Gefolgsmann der NS-Ideologie

Nach der Machtergreifung Hitlers änderte sich der Charakter der „Offenen Fürsorge“. Kontrolle bekam Vorrang vor Behandlung, die Förderung der „Volksgesundheit“ verdrängte den Blick auf die individuellen Bedürfnisse. Faltlhauser machte sich die rassen- und gesundheitspolitischen Ziele der neuen Machthaber zu eigen: [1]

Der Führer hat mit klarem, intuitivem Blick des Genies das Problem in seinem Buche ,Mein Kampf‘ bis in seine letzten Tiefen durchschaut.

Valentin Faltlhauser: geschrieben. 1939.

Als Gutachter der NS-Euthanasie

Aufgrund seiner Erfolge wurde Falthauser in den Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten Leiden berufen, einer Einrichtung, die die Kinder-Euthanasie vorbereitete. [5]

Er war außerdem Beisitzer beim sogenannten Erbgesundheitsgericht in Kempten und entschied über die Zwangssterilisationen von Menschen die „zu nichts nütze“ waren. [6]

Aber es wurde nicht nur in die Gaskammern verfrachtet, sondern Falthauser bevorzugte später den direkten Weg, indem er seine Patienten zu Tode hungerte, mit Medikamenten zu Tod spritzte oder zu Tode experimentierte.

Erfinder der Hungerkost

Nach heutigem Kenntnisstand[7] ist der von Walter Schultze unterzeichnete „Hungererlass“ vom 30. November 1942 gleichzeitig „eine Art nachträglicher Rechtfertigung für Handlungsweisen […], die schon längst praktiziert wurden“ und die „Anordnung von neuen und brutaleren Maßnahmen, die aber in dem Erlaß selbst nicht angesprochen sind, im Grunde also [...] ein Dokument der Tarnung und Verschleierung.“[8]

Valentin Falthauser ordnete in seiner Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren bereits 1941 die Einschränkung der Kost der nichtarbeitsfähigen Patienten an. Ab August 1942 ließ er arbeitsunfähigen Patienten eine völlig fettlose „Sonderkost“ verabreichen, die Kranken starben innerhalb von drei Monaten an Hungerödemen. Falthauser referierte über seine Erfahrungen bei einer Konferenz der Anstaltsdirektoren mit Schultze am 17. November 1942, auf die im „Hungererlass“ Bezug genommen wird. Spätere Aussagen der Sitzungsteilnehmer sind widersprüchlich; ein Anwesender sah den Versuch, „eine andere Art der Krankenbeseitigung zu finden“,[9] nachdem die Aktion T4 in ihrer bisherigen Form im August 1941 eingestellt worden war. Nach heutigem Wissenstand wurde in sieben bayerischen Anstalten auf besonderen Stationen „Sonderkost“ verabreicht, die Justizbehörden gingen von zwei Anstalten aus. Zudem wurde bei den Ermittlungen nicht erkannt, dass die Einführung einer „Sonderkost“ nicht durch den „Hungererlass“ gedeckt war. [10]

Die Morde der wilden Euthanasie erfolgten durch Überdosierungen von Barbituraten, intravenösen Injektionen von Luft und Morphium- Skopolamin. Für die durch Unterernährung geschwächten Menschen reichten schon geringe Dosen aus. Teilweise tagelang zog sich der Tod, begleitet von Lähmungs- und Erstickungserscheinungen, hin. Die Einführung der „Entzugskost“, für die besonders die Namen Hermann Pfannmüller (Leiter der Anstalt Egelfing-Haar) und Valentin Falthauser (Leiter der Anstalt Kaufbeuren- Irsee) standen, machte einerseits die Sparmaßnahmen, aber auch den Willen zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ deutlich (Stadler 1991,S. 62).[11]

Gerichtsverfahren nach Kriegsende

Dr. Valentin Faltlhauser wurde zunächst von der amerikanischen Besatzungsjustiz des Mordes angeklagt, schließlich 1949 durch die mittlerweile deutsche Justiz wegen Anstiftung zur Beihilfe zum Totschlag zu einer Gefängnisstrafe von 3 Jahren verurteilt. Nach wiederholtem Aufschieben der Vollstreckung der Gefängnisstrafe wegen Haftunfähigkeit erfolgte im Dezember 1954 die Begnadigung durch den bayerischen Justizminister.

„Die Euthanasie Geisteskranker wurde durchgeführt auf dem Grunde eines Erlasses des Führers. Dieser Erlass war nicht nur besondere bindende Voraussetzung, sondern auch Verpflichtung. Der Erlass hatte Gesetzeskraft. Er wurde noch gestützt durch die Ausarbeitung eines besonderen Gesetzes, das zwar nicht veröffentlicht, aber für bindend erklärt wurde.“

Valentin Faltlhauser: Erklärung vor den amerikanischen Behörden zur Rechtfertigung seines Handelns. 1945.

[1]

„Ich bin Staatsbeamter mit 43-jähriger Dienstzeit gewesen. Ich bin als Staatsbeamter dazu erzogen gewesen, den jeweiligen Anordnungen und Gesetzen unbedingt Folge zu leisten, also auch dem als Gesetz zu betrachtenden Erlass betr. Euthanasie. Es bestand in jedem einzelnen Fall ein Auftrag und zwar auf dem Grund gewissenhafter Prüfung des einzelnen Falles durch fachärztliche Beurteilung. Hier möchte ich aufklärend einschalten, dass ich, wie übrigens fast alle deutschen Anstaltsdirektoren, mit der ersten Durchführung des Erlasses nichts zu tun hatte. Ich handelte stets im guten Glauben nach den Geboten der Menschlichkeit und in der absoluten Überzeugung, pflichtgemäß in der Durchführung rechtlicher und gesetzlicher Voraussetzungen zu handeln.“

Valentin Faltlhauser: Erklärung vor den amerikanischen Behörden zur Rechtfertigung seines Handelns. 1945.

[1]

Erklärungsversuch

Die heute kaum glaubliche Rolle der Ärzte innerhalb der NS-Psychiatrie war kein Zufall. Sie waren in ihrem Denken und Handeln auf den Nationalsozialismus vorbereitet, sie handelten nicht nur befehlsgehorsam im System, sondern sie unterstützten und stabilisierten die nationalsozialistische Wirklichkeit.[12]

Den ersten Denkschritt besorgten einige durchaus angesehene Wissenschaftler wie Alfred Hoche und Binding lange vor der Machtergreifung Hitlers, indem sie Wirtschaftlichkeitsüberlegungen über die grundsätzlichen hypokratischen Verpflichtungen zur Hilfe und Unterstützung ohne Ansehen des Patienten stellten. Aus dem Vergleich mit notleidenden Soldaten und der Zivilbevölkerung im ersten Weltkrieg leitete man das Recht ab, zumindest in das Leben von anscheinend unheilbar Kranken staatlicherseits eingreifen zu dürfen. Das Leben selbst sollte zwar unangetastet bleiben, Eheverbot und auch Sterilisation hielt man jedoch für vertretbar. Hoche ging dann 1922 noch weiter und zog die Euthanasie in Erwägung, allerdings noch unter den Bedingungen einer freiwilligen eigenen Entscheidung des Kranken oder eines nahen Anverwandten.

Falthauser Biografische Daten vor Kaufbeuren/Irsee

Faltlhauser, der später fleißig für die nationalsozialistische Tötungsmaschinerie, die Organisation T 4, gutachtete, schrieb in diesem Buch offen:

Die Vernichtung psychisch Kranker, vor allem arbeitsunfähiger Chroniker, sollte die Heilungsmöglichkeiten für die Resozialisierbaren deutlich verbessern. Insofern sollte es nicht wundern, dass sich unter den T 4 Ärzten, die durch ihre "Gutachtertätigkeit" für den Tod so vieler Patienten verantwortlich waren, durchaus Reformpsychiater befanden. Das prominenteste Beispiel dürfte Valentin Faltlhauser sein. Er gehörte nicht nur zu den T 4 Gutachtern, sondern führte nach dem Ende der Vergasungsaktion ein "privates" Mordprogramm in der Anstalt Kaufbeuren, deren Leiter er war, durch, indem er die Patienten nach einem bestimmten Schema von Hungerkost, genannt E-Kost, sterben ließ. 56 Faltlhauser wurde nach dem Krieg verhaftet. Sein stellvertretender Arzt erhängte sich. Faltlhauser wurde der Prozess gemacht, er bekam aber nur drei Jahre Gefängnis. (Ernst Klee: Was sie taten, was sie wurden, Frankfurt 1986,S. 198 f.)

Beispiel Dr. Faltlhauser Brief aus Kempten, Sylvester 1940: „Heute wurde mir das an meine Nichte, Irma ..., gesandte Weihnachtspaket zurückgeschickt ohne nähere Angabe warum. Ich ersuche um Auskunft, ob sie in einer anderen Anstalt untergebracht wurde oder ob ihr etwas zugestoßen ist. Heil Hitler! Frau Erna ...“

Dr. Valentin Faltlhauser wurde am 28. November 1876 geboren. Nach Beendigung des Medizinstudiums begann er seine psychiatrische Tätigkeit in der Kreis-Irrenanstalt Erlangen. Hier wurde er nach Ende des 1. Weltkrieges engster Mitarbeiter von Gustav Kolb, der mit seiner „Offenen Fürsorge“ eine weltweit beachtete Psychiatriereform initiierte: Eine heute modern anmutende Betonung der ambulanten Betreuung mit dem Aufbau eines Netzes sozialer Unterstützung für chronisch psychisch Kranke.

Faltlhauser wurde einer der führenden Reformpsychiater und übernahm 1929 die Leitung der Anstalt Kaufbeuren. In einem Lehrbuch der Psychiatrischen Krankenpflege setzte er sich noch 1932 für die Behandlung chronisch Kranker ein und verurteilte engagiert Euthanasie-Befürworter.

Doch allmählich änderte sich der Charakter der „Offenen Fürsorge“. Kontrolle bekam Vorrang vor Behandlung, die Förderung der „Volksgesundheit“ verdrängte den Blick auf die individuellen Bedürfnisse. 1939 schrieb er: „Der Führer hat mit klarem, intuitivem Blick des Genies das Problem in seinem Buche ,Mein Kampf‘ bis in seine letzten Tiefen durchschaut.“

Mit Beginn des Euthanasie-Programms wurde er T 4-Gutachter, er entwickelte und initiierte die Hungerkost in Bayern, er richtete eine Kinderfachabteilung ein, er tötete selbst gemeinsam mit Mitarbeitern ca. 500 Menschen. Seine Klinik wurde zur „Ostarbeiter-Sammelstelle“.


mif

Walter August Ludwig Schultze (* 1. Januar 1894 in Hersbruck, Mittelfranken; † 16. August 1979 in Krailling)

Leben

1925 wurde Schultze Facharzt für Chirurgie. Von 1926 bis 1931 war er als Amtsarzt der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Pfalz in Speyer tätig. Dort fungierte er auch als Stadtrat. Vermutlich hatte seine Parteimitgliedschaft in der NSDAP von 1923, nach dem Hitler-Ludendorff-Putsch, bis 1929 geruht, nach Weiss und Grüttner trat er 1929 wieder in die Partei (Mitglieds-Nr. 99.822)[13] ein. In Speyer avancierte er daraufhin schnell zum Ortsgruppenleiter. 1929 war Schultze Gründungsmitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes. 1931 wechselte er als Amtsarzt der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Oberbayern zurück nach München. 1932/33 wurde er als NSDAP-Abgeordneter Mitglied des bayerischen Landtages.

Nach der sogenannten Machtergreifung

Nach der „Machtergreifung“ wurde Schultze 1933 zunächst Abteilungsleiter im bayerischen Justizministerium, im November desselben Jahres als Staatskommissar für das Gesundheitswesen Leiter der Abteilung „Volksgesundheit“ im bayerischen Innenministerium. 1934 wurde er zum Honorarprofessor für „Volksgesundheitslehre“ an der Universität München ernannt.

1936 vollzog Schultze seinen Kirchenaustritt. Er bezeichnete sich fortan als „gottgläubig“, ohne Kirchenbindung. Wohl erst danach trat er von der SA zur SS (Mitglieds-Nr. 276.831) über.[13] In der SS hatte Schultze am 13. September 1936 den Rang eines SS-Oberführers inne, am 12. September 1937 wurde er zum SS-Brigadeführer und am 30. Januar 1943 zum SS-Gruppenführer befördert. 1938 bis 1945 war Walter Schultze Mitglied des in der Zeit des Nationalsozialismus bedeutungslosen Reichstages.

Schultze leitete 1936/37 das Reichsdozentenwerk, war Fachschaftsleiter im NS-Lehrerbund und Landesgruppenführer VII im Deutschen Roten Kreuz. Von 1935 bis 1944 war Schultze als „Reichsdozentenführer“ Leiter des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes, einer nach dem Führerprinzip organisierten Parteigliederung, deren Aufgabe die politische Kontrolle und ideologische Beeinflussung der Hochschullehrer und damit die Kontrolle der institutionalisierten Wissenschaft war. Wegen Amtsmissbrauch zu Ungunsten eines Parteigenossen wurde Walter Schultze im Juni 1944 durch das oberste Parteigericht der NSDAP von seinem NSDDB-Amt enthoben.

In seiner Eigenschaft als Reichsdozentenführer hielt Schultze am 23. November 1941 die Eröffnungsrede für die „NS-Kampfuniversität“ Straßburg. Als Zielsetzung der Institution benannte er das „Ausmerzen“ alles „Undeutschen“ aus der „Gedankenwelt unseres Volkes“.[14]

Mitorganisator der nationalsozialistischen „Euthanasie“

Als Staatskommissar im bayerischen Innenministerium war Schultze an der Organisation der Aktion T4, der Ermordung von etwa 70.000 psychisch Kranken und Behinderten, beteiligt. Nach Schultzes eigenen Angaben [15] wurden er und der Gauleiter von Oberbayern, Adolf Wagner, Ende 1939 oder Anfang 1940 von Philipp Bouhler über die Aktion T4 informiert. Schultze war zudem mit Viktor Brack, Bouhlers Stellvertreter und einer der Hauptorganisatoren der Aktion T4, eng befreundet.[16] Abteilungen wie die von Schultze im Münchner Innenministerium geleitete hatten die Rolle einer „regionalen Zentralstelle für die „T4“-Aktion“; die regional Verantwortlichen engagierten sich dabei unterschiedlich stark für die Krankenmorde; Schultze wird dem Kreis der „uneingeschränkten Befürworter der Mordaktion“ zugerechnet.[17] Schultze ordnete die Verlegung von Kranken aus den Heil- und Pflegeanstalten in Erlangen und Kutzenberg in die Tötungsanstalt Hartheim an. Zudem war er an der Erweiterung des „Kinderfachabteilung“ in der Anstalt Eglfing-Haar beteiligt, in der behinderte Kinder überwiegend durch die Überdosierung von Medikamenten ermordet wurden.[18] Schultze beteiligte sich an den Bemühungen von Funktionären der Aktion T4, eine gesetzliche Grundlage für die NS-Euthanasie zu schaffen.[19] Hitler lehnte es jedoch aus außenpolitischen Gründen ab, vor Kriegsende ein solches Gesetz zu erlassen. Am 30. November 1942 unterzeichnete Schultze den so genannten „Hungererlass“, mit dem offiziell eine bessere Ernährung der arbeitsfähigen Patienten auf Kosten der nicht arbeitsfähigen Patienten festgeschrieben wurde.[20] Die systematische Unterernährung von Patienten wurde zu einer der Tötungsmethoden in der zweiten Phase der nationalsozialistischen Euthanasie, der Aktion Brandt.

Gerichtsverfahren nach Kriegsende

Walter Schulze wurde 1945 von der US-amerikanischen Besatzungsmacht verhaftet und bei Moosburg interniert.[16] Am 16. November 1948 wurde Schultze vom Landgericht München I wegen „Beihilfe zum Totschlag“ zu drei Jahren Haft verurteilt. Als „Beihilfe zum Totschlag“ wurde die Anweisung zur Verlegung Kranker in die Tötungsanstalt Hartheim gewertet. Als strafmindernd wurde von den Richtern dabei angeführt, er habe „nicht aus niedrigen Beweggründen gehandelt“, sondern sei „als gläubiger Nationalsozialist den verderblichen Lehren Adolf Hitlers verfallen“. Freigesprochen wurde er hingegen von dem Vorwurf, mit der von ihm 1942 erteilten Anweisung, die Kranken auf Hungerkost zu setzen, sei deren Tod zielgerichtet herbeigeführt worden. Schließlich könne nicht mehr nachgewiesen werden, dass die Todesfälle tatsächlich auf Grund der Befolgung dieser Anweisung eingetreten seien. Ebenfalls freigesprochen wurde Schultze vom Vorwurf der Beteiligung an Kindermorden, obwohl er einräumte, in vollem Bewusstsein von Funktion und Tragweite der Institution, im Auftrag des Reichsinnenministeriums eine „Kinderfachabteilung“ errichtet zu haben, deren Zweck das „Einschläfern“ von Kindern war. Das Münchner Landgericht, das dem Nationalsozialisten der ersten Stunde „eine bisherige einwandfreie Vergangenheit“ bescheinigte, begründete diesen Freispruch damit, Schultze habe schließlich weder mit der Auswahl der in die Tötungsanstalt zu verlegenden Kinder direkt zu tun gehabt, noch sei er an der Durchführung direkt beteiligt gewesen. Das Urteil von 1948 wurde schließlich nicht rechtskräftig, weil Ankläger und Angeklagter Revision einlegten.

Nach zwölf Jahre währender Prozessverschleppung, offiziell begründet mit „Verhandlungsunfähigkeit“, kam es erst 1960 zu einer erneuten Verurteilung durch ein Münchner Schwurgericht, diesmal zu vier Jahren Haft, wegen der Beteiligung an der „Euthanasie“ von über 380 Erwachsenen und Kindern. Das Urteil wurde von Schultze, der keinerlei Reue und Unrechtsbewusstsein zeigte, erneut angefochten, wobei er mit Verbotsirrtum argumentierte. Dem Revisionsbegehren wurde am 6. Dezember 1960 vom Bundesgerichtshof stattgegeben, das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das Münchner Schwurgericht zurück delegiert. Das Argument des Verbotsirrtums wurde allerdings zurückgewiesen. Wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten wurde das Verfahren eingestellt, so dass es nicht zu einer rechtskräftigen Verurteilung kam.

Nach heutigem Kenntnisstand[21] ist der von Schultze unterzeichnete „Hungererlass“ vom 30. November 1942 gleichzeitig „eine Art nachträglicher Rechtfertigung für Handlungsweisen […], die schon längst praktiziert wurden“ und die „Anordnung von neuen und brutaleren Maßnahmen, die aber in dem Erlaß selbst nicht angesprochen sind, im Grunde also [...] ein Dokument der Tarnung und Verschleierung.“[22] Der Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren, Valentin Falthauser, hatte bereits 1941 die Einschränkung der Kost der nichtarbeitsfähigen Patienten angeordnet. Seit August 1942 ließ Falthauser arbeitsunfähigen Patienten eine völlig fettlose „Sonderkost“ verabreichen, die Kranken starben innerhalb von drei Monaten an Hungerödemen. Falthauser referierte über seiner Erfahrungen bei einer Konferenz der Anstaltsdirektoren mit Schultze am 17. November 1942, auf die im „Hungererlass“ Bezug genommen wird. Spätere Aussagen der Sitzungsteilnehmer sind widersprüchlich; ein Anwesender sah den Versuch, „eine andere Art der Krankenbeseitigung zu finden“,[23] nachdem die Aktion T4 in ihrer bisherigen Form im August 1941 eingestellt worden war. Nach heutigem Wissenstand wurde in sieben bayerischen Anstalten auf besonderen Stationen „Sonderkost“ verabreicht, die Justizbehörden gingen von zwei Anstalten aus. Zudem wurde bei den Ermittlungen nicht erkannt, dass die Einführung einer „Sonderkost“ nicht durch den „Hungererlass“ gedeckt war.

Aus Welt Online

Vier Jahre nach dem Krieg kam es in Augsburg zu einem Prozess, der mit heute unfassbar milden Strafen endete. „Wenn ich ihn nicht euthanasiert hätte“, sagte der Kaufbeurer Anstaltsdirektor Valentin Faltlhauser, zum Fall Ernst Lossa befragt, damals aus, „dann wäre er halt in eine andere Anstalt gekommen.“ Falthauser wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Tatsächlich musste Ernst Lossa wohl auch deshalb sterben, weil er die Zustände in Kaufbeuren/Irsee wie kein anderer Insasse kannte und gegen sie rebellierte.

Nachdem die sogenannte „Aktion T4“, in deren Rahmen die als „lebensunwert“ erachteten Patienten in Gaskammern ermordet wurden, 1941 abgebrochen worden war, hatte in Irsee und anderen Anstalten die sogenannte „wilde Euthanasie“ begonnen. Unter anderem hatte man eine „Entzugskost“ eingeführt und viele Patienten systematisch verhungern lassen.

aus itv Interessenvereinigung Transsexualität

Begeben wir uns also so in die Jahre um 1940, in die Gegend Kaufbeuren Irsee. Genauer in die damalige „Heil- und Pflegeanstalt dort. Von hier wurden wohl einige hundert „lebensunwerte Menschen zum „vergasen nach Grafeneck und Hardtheim verfrachtet und einige tausend Menschen direkt „euthanasiert. Aber nicht nur das, um der Wissenschaft und dem Reich zumindest noch einen kleinen Nutzen aus ihrer nutzlosen Existenz zu bringen, wurde auch noch zuvor an ihnen experimentiert,...... mit Viren. Das wurde realisiert unter dem Decknamen „T4 um dem „Führer der damaligen Kultur eine saubere, gesunde und reine Rasse von Ariern ohne jeden Makel zu schaffen. Dazu wurde die Medizin, die Psychologie und ihre Diagnostiken in den Dienst für die „Euthanasie, also die Feststellung und anschließende Auslöschung von „lebensunwertem Leben gestellt.

Sicherlich wird sich Ihr Rechtsempfinden und Ihre Ethik spätestens an dieser Stelle aufbäumen. Jedoch lassen Sie uns ein wenig Menschen ansehen die diese Welt der Euthanasie erst realisierten indem sie festlegten, welches menschliche Leben „lebensunwert ist, und wie es zu beseitigen ist.

Der bekannteste, von dem wohl jeder schon mal hörte, war Mengele. Aber es gab Dutzende, nein eigentlich hunderte, kleinerer Mengele´s.

Einer davon war ein Dr. Falthauser der sogar, wohl aufgrund seiner Erfolge, in den Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten Leiden", auf „ gut Deutsch die Kinder- Euthanasie, berufen wurde.

Der Psychiater, Dr. Falthauser war zudem Beisitzer beim sogenannten "Erbgesundheitsgericht" in Kempten und entschied über die Zwangssterilisationen von Menschen die „..zu nichts nütze waren. Aber es wurde nicht nur in die Gaskammern verfrachtet, sondern Falthauser bevorzugte später den direkten Weg, indem er seine Patienten zu Tode hungerte, mit Medikamenten zu Tod spritzte oder zu Tode experimentierte.

Zum Schluss, am Ende dieser widerwärtigen Zeitreise in die bodenlosen Tiefen menschlichen Kulturverständnisses, noch einige Zitate Falthauser´s Leben:

„Hier leben Wesen, die eines Gesetzes harren, dass die Menschen von ihnen befreit. Sie leben ja schon nicht mehr, nur das Fleisch und Blut bewegt sich - wertlos für sie selbst und die Menschheit.“

Valentin Faltlhauser: über die Insassen seiner Anstalt. 19xx.

„....daß der Angeklagte aus, wenn auch in die Irre gehenden, Erwägungen ethischer Natur handelte und dass das Mitleid, einer der edelsten Beweggründe menschlichen Handelns, für ihn maßgebend war".“

Augsburger Gericht: Aussage über Valentin Faltlhauser bei der Verurteilung zu 3 Jahren Haft, die er nie antreten musste. 1949.

„Ich habe versucht barmherzig gegen die unglücklichen Geschöpfe zu handeln, in der Absicht, sie von einem Leiden zu befreien, für das es mit den heute bekannten Mitteln keine Rettung gibt, also als wahrhaft und gewissenhafter Arzt zu handeln.“

Valentin Faltlhauser: über sich selbst vor dem Augsburger Gericht. 1949.

Zeitschrift für Genozidforschung

Klaus Krone in Zeitschrift für Genozidforschung [1] Die Forschungsgruppe aus Medizinern, Psychologen und Soziologen hat unter Leitung von Michael von Cranach (Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren) und Hans-Ludwig Siemen (Psychologe, Klinikum Erlangen) anhand von 13 Einzelstudien und ergänzenden thematischen Analysen eine systematische Bestandsaufnahme der bayerischen Heil- und Pflegeanstalten zur Zeit des Nationalsozialismus unternommen.

Es wurden empirische Daten zu den Belegungen, der Unterbringung der Patienten, den Therapien, Transporten und Menschenversuchen, aber auch der Personalpolitik sowie der Entwicklung der Einrichtung selbst aufbereitet. In die Untersuchungen wurden Entwicklungen vor 1933 und die ersten Jahre nach 1945 einbezogen, was einen fundierten Einblick ebenso in die medizinisch-psychologischen Aspekte wie die sozialpolitische Gestalt der Einrichtungen ermöglicht. Dabei gelingt es den Beiträgen des Bandes, die Aufgabe der empirischen Dokumentation und sozialgeschichtlichen Einordnung mit dem Bestreben zu verbinden, auch das Schicksal des Einzelnen zu berücksichtigen – so schließt der Band mit der dokumentierten Krankengeschichte von Ernst Lossa, der 1944 als Vierzehnjähriger in der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren ermordet wurde.

Institutionengeschichte, Herrschaftsgeschichte des Nationalsozialismus und Psychiatriegeschichte werden systematisch ergänzt. Die Erweiterung des Blicks auf die institutionellen und sozialgeschichtlichen Aspekte macht es erst möglich, die NS-Psychiatrie nicht als zufällige Konstellation einzuschätzen. Die Ärzte waren in ihrem Denken und Handeln auf den Nationalsozialismus vorbereitet, sie handelten nicht nur im System, sondern unterstützten und stabilisierten die nationalsozialistische Wirklichkeit.

So arbeitet der Beitrag von Ulrich Plötzl ergänzend zu den Detailstudien der einzelnen Einrichtungen mit der Lebensgeschichte des Psychiaters Valentin Faltlhauser eine exemplarische Karriere eines Euthanasie-Täters aus, der als Vertreter der Reformpsychiatrie, wie sie an der Universitätsstadt Erlangen praktiziert wurde, zu einem Mörder seiner Patienten wird. Dabei wird deutlich, daß auch die von ihm vertretene offene Psychiatrie von Anfang an einen »hygienischen« Aspekt aufwies, der die Aussonderung der von Falthauser so bezeichneten »Psychopathen« vorsah.

Im Laufe weniger Jahre war es zu einer beschleunigten Adaptation, einer auf der angenommenen Vererbung der Krankheiten beruhenden Psychiatrie und der aus dieser Annahme abgeleiteten Praxis der Zwangssterilisierung der Patienten gekommen. Dieser Prozeß hatte sich offensichtlich ohne Ausnahme in allen Anstalten abgespielt. Mit der Sterilisierung hatte die Kette der körperlichen Verletzungen und Übergriffe, die bei den planmäßigen Tötungen und den Menschenexperimenten endete, erst einen Anfang genommen.

Internen Widerstand gegen die Praktiken, das belegen die vorgestellten Daten, hatte es nur vereinzelt gegeben. Ärzte, die gegen die Euthanasie eingestellt waren, hatten allenfalls eine vorzeitige Pensionierung zu erwarten. Daher dürfte die Position, die der Mediziner Georg Schaltenbrand (Universität Würzburg) hinsichtlich seiner Menschenversuche mit regelmäßig tödlichem Ausgang formuliert hatte, in diesem Kontext paradigmatischen Charakter haben: »Trotzdem kann man natürlich nicht einem gesunden Menschen oder auch einem kranken einen derartigen Verdacht zumuten. Ich glaube aber doch, die Verantwortung tragen zu können, derartige Versuche an Menschen zu machen, die an einer unheilbaren vollkommenen Verblödung leiden« (S. 43).

„Trotzdem kann man natürlich nicht einem gesunden Menschen oder auch einem kranken einen derartigen Verdacht zumuten. Ich glaube aber doch, die Verantwortung tragen zu können, derartige Versuche an Menschen zu machen, die an einer unheilbaren vollkommenen Verblödung leiden.“

Georg Schaltenbrand: hinsichtlich seiner Menschenversuche mit regelmäßig tödlichem Ausgang.

Dieser diskursiven Ausgrenzung von Menschen entsprach eine vom NS-Staat her definierte bürokratische Rationalität, die die Tötungspraxis in den Kliniken stützte. Spezielle Erlasse, Verfügungen und besondere Entscheidungsgremien verhinderten, daß die Taten als mörderischer Übergriff erschienen; statt dessen verliehen sie ihnen die Ästhetik eines vernünftigen, besonnenen und gerechten Handelns.

Nicht nur in medizinisch-psychiatrischer Hinsicht, sondern auch im Rahmen moralischer Maßstäbe wird von den Tätern ein ethisches Handeln in Anspruch genommen:

„Mein Handeln geschah jedenfalls nicht in der Absicht eines Verbrechens, sondern im Gegenteil von dem Bewußtsein durchdrungen, barmherzig gegen die unglücklichen Geschöpfe zu handeln, in der Absicht, sie von einem Leiden zu befreien, für das es mit den heute uns bekannten Mitteln keine Rettung, keine Linderung gibt, also in dem Bewußtsein, als wahrhafter und gewissenhafter Arzt zu handeln. […] Ich gab meine Zustimmung nur in den Fällen, bei denen jeder Behandlungsversuch auch mit den modernsten Mitteln gescheitert war.“

Valentin Faltlhauser: (S. 399).

Dieser Sichtweise in der Ärzteschaft entsprachen allerdings die Einstellungen in der Bevölkerung nicht. Im Gegensatz zur Stimmung gegenüber der Judenverfolgung, die die Bevölkerung unberührt ließ, führte eine allgemeine Beunruhigung über die Euthanasiepraxis zum Abbruch der Mordaktionen. Wenn das systematische Tötungshandeln auch wenig später durch ein nicht so spektakuläres Verfahren – den systematisch herbeigeführten Hungertod – ersetzt wurde.

Das Schicksal der Patienten hatte sich vor dem Hintergrund zweier Legitimationen der Tötungsabsicht verwirklicht: zur Ermordung aus medizinischen Gründen trat noch ein rassistisches Vernichtungsprinzip. Aus den bayerischen Kliniken waren, dies belegen die Beiträge des Bandes in dichten Engführungen, gegen diese Politik keine nennenswerten Widerstände festzustellen. Doch begingen in den ersten Wochen nach der Übernahme der Kliniken durch die Alliierten einige der verantwortlichen Mediziner Selbstmord. Andere wurden in den folgenden Jahren zu Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren verurteilt.

Daß dem vorliegenden Band eine so systematische und schonungslose Aufarbeitung gelingt, liegt vielleicht nicht zuletzt auch daran, daß er nicht das Ergebnis der Arbeit von Historikern ist, sondern von den Ärzten der untersuchten Kliniken verfaßt wurde. Dies wird zudem der Grund dafür sein, daß die Einblicke, die der Band ermöglicht, weit über die Nachzeichnung der Biographien der Täter hinausgehen und zum ersten Mal einen systematischen Überblick über die Psychiatrie im Nationalsozialismus bietet.

Die Problematik, eine Schwelle zwischen medizinischem Auftrag und dem Auftrag der Euthanasie, zwischen zeithistorischen üblichen Praktiken und Praktiken einer Euthanasie-Politik definieren zu müssen, wie sie in den thematischen Beiträgen aufgeworfen wird, spielt in der Dichte des Materials, die die Studien zu den einzelnen Einrichtungen vorstellen, keine Rolle. Dabei geht man davon aus, daß zwischen 1939 und 1945 mehr als 200.000 Menschen ermordet wurden, weil sie psychisch krank oder geistig behindert waren (S. 33, Beitrag von Hans-Ludwig Siemen). Dies läßt sich auch in den Statistiken der einzelnen Einrichtungen nachweisen, so beispielsweise für die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen, in der 1925 die Sterblichkeitsrate bei 10,2 Prozent, 1940 bei 17,5 Prozent, 1942 bei 23,6, 1944 bei 35,3, 1945 bei 50 Prozent lag (S. 172).

Die Autoren des Bandes schließen an die fast vergessenen Arbeiten von zwei Kollegen an, die sich bereits 1946 mit der Thematik auseinandergesetzt hatten. Der eine, Gerhard Schmidt, war noch im gleichen Jahr aufgrund seiner kritischen Haltung entlassen worden; der andere, Werner Leibbrandt, Gutachter im Nürnberger Ärzteprozeß, schrieb damals: »So glauben wir echte Zukunftsarbeit, Zukunftsmahnung an die junge Generation nicht unter Ausschluß von Geschichte schaffen zu können « (S. 464). 53 Jahre nach diesen Worten hat sich noch einmal ein Autorenkollektiv von diesen Worten verpflichtet.

Siehe auch


verwendete Literatur

  • Pötzl, Ulrich: Reformpsychiatrie, Erbbiologie und Lebensvernichtung. Valentin Faltlhauser, Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften, 75, Husum 1995.
  • Pötzl, Ulrich: Dr. Valentin Faltlhauser – Reformpsychiatrie, Erbbiologie und Lebensvernichtung, in: Cranach, Michael von; Siemen, Hans Ludwig, 1999, S. 385-403.
  • Robert Domes : Nebel im August; Die Lebensgeschichte des Ernst Lossa, 1. Aufl., cbt-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-370-30475-4 Vorwort Dr. Michael von Cranach
  • Klee, Ernst: Dokumente zur „Euthanasie“, S. Fischer, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-596-24327 (Fischer Taschenbuch 1880)
  • Mader, Ernst T. : Das erzwungene Sterben von patienten der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee zwischen 1940 und 1945 nach Dokumenten und Berichten von Augenzeugen, in Heimatkunde, Verlag an der Säge, ISBN 3-923710-02-X

Literatur

  • Wolfgang Benz, Hermann Graml und Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, 3. Aufl., DTV, München 1988, ISBN 3-608-91805-1
  • Heinz Bergschicker: Deutsche Chronik 1933-1945. Ein Zeitbild der faschistischen Diktatur /Wiss. Beratung: Olaf Groehler. Verlag der Nation, Berlin 1981, 2. dgs. Aufl. 1982 (Abb. S. 162)
  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik. Synchron, Wiss.-Verl. der Autoren, Heidelberg 2004 (Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte ; Bd. 6), ISBN 3-935025-68-8
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich : wer war was vor und nach 1945?, S. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0 (Aktualisierte Ausg.,Fischer-Taschenbuch-Verl., 2005 (Fischer Tb.; 16048), ISBN 978-3-596-16048-8 bzw. 3-596-16048-0)
  • Ernst Klee: Was sie taten - Was sie wurden. Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord. Fischer Tb.vlg., Frankfurt a. M. 1986 (Fischer Tb.; 4364), ISBN 3-596-24364-5
  • Lilla, Joachim (Bearb.): Statisten in Uniform : die Mitglieder des Reichstags 1933 - 1945 ; ein biographisches Handbuch ; unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924 / bearb. unter Mitarb. von Martin Döring und Andreas Schulz. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4
  • Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. S. Fischer, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-10-091052-4 (überarb. Neuausg., Fischer-Taschenbuch-Verl., 2002, ISBN 3-596-13086-7)
  • Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich. Ein biographisches Lexikon. / Überarb. u. erw. von Hermann Weiß. Fischer Tb.vlg, Frankfurt a. M. 1987, 23.-24.Tsd. 1992 (Fischer Tb.; 4373), ISBN 3-596-24373-4

Weblinks

Namenshinweis: Auffällig oft wird in der Literatur - mehr noch bei weblinks - der Name fälschlicherweise mit Falthauser und nicht Falt L hauser angegeben.

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. a b c d e siehe Biographie in Antifaschistische Nachrichten 12/2003
  2. aus einer Dissertation der FU Berlin
  3. Ploetzl in Zeitschrift für Genozidforschung
  4. aus einer Dissertation der FU Berlin
  5. Interessenvereinigung Transsexualität
  6. Interessenvereinigung Transsexualität
  7. Faulstich, Hungersterben, Seite 317-325.
  8. Faulstich, Hungersterben, Seite 323.
  9. zitiert nach: Faulstich, Hungersterben, Seite 320. Die widersprüchlichen Aussagen sind vor dem Hintergrund der drohenden Strafverfolgung zu sehen.
  10. siehe Wipediaartikel über Walter August Ludwig Schultze
  11. siehe Weblink Sachanalyse Euthanasie 3.3.3 Die „wilde Euthanasie“ 1941- Juni 1943 auf quepnet.fh-bielefeld.de
  12. xxxx in Zeitschrift für Genozidforschung
  13. a b Mitgliedsnummern und Beförderungsdaten in der SS bei Axis Biographical Research
  14. Zitat bei Klee, Personenlexikon, Seite 567f.
  15. Affidavit von Walter Schultze vom 11. April 1947 für die Verteidigung von Viktor Brack im Nürnberger Ärzteprozess (englische Übersetzung). Siehe auch: Peter Sandner: Verwaltung des Krankenmordes. Der Bezirksverband Nassau im Nationalsozialismus. (= Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Hochschulschriften Band 2.) Psychosozial-Verlag, Gießen, 2003. ISBN 3-89806-320-8. Seite 385.
  16. a b Affidavit von Walter Schultze vom 28. April 1947 für die Verteidigung von Viktor Brack im Nürnberger Ärzteprozess (englische Übersetzung)
  17. Sandner, Verwaltung, Seite 385.
  18. Zusammenfassung des Gerichtsverfahrens gegen Schultze bei Justiz und NS-Verbrechen
  19. Aussage von Hans Hefelmann vom 6. bis 15. September 1960, zitiert in: Thomas Vormbaum (Hrsg): „Euthanasie“ vor Gericht. Die Anklageschrift des Generalstaatsanwalts beim OLG Frankfurt/M. gegen Dr. Werner Heyde u. a. vom 22. Mai 1962. (Heyde-Anklage) Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin, 2005. ISBN 3-8305-1047-0. Seite 250. Siehe auch: Sandner, Verwaltung, Seite 385.
  20. Der „Hungererlass“ (Nr. 5236) abgedruckt bei: Hans Faulstich: Hungersterben in der Psychiatrie 1914-1949. Mit einer Topographie der NS-Psychiatrie. Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau, 1998. ISBN 3-7841-0987-X. Seite 321.
  21. Faulstich, Hungersterben, Seite 317-325.
  22. Faulstich, Hungersterben, Seite 323.
  23. zitiert nach: Faulstich, Hungersterben, Seite 320. Die widersprüchlichen Aussagen sind vor dem Hintergrund der drohenden Strafverfolgung zu sehen.

Sachanalyse Euthanasie auf quepnet.fh-bielefeld.de

3.3.3 Die „wilde Euthanasie“ 1941- Juni 1943 Die Morde der wilden Euthanasie erfolgten durch Überdosierungen von Barbituraten, intravenösen Injektionen von Luft und Morphium- Skopolamin. Für die durch Unterernährung geschwächten Menschen reichten schon geringe Dosen aus. Teilweise tagelang zog sich der Tod, begleitet von Lähmungs- und Erstickungserscheinungen, hin. Die Einführung der „Entzugskost“, für die besonders die Namen Pfannmüller (Leiter der Anstalt Egelfing- Haar) und Valentin Falthauser (Leiter der Anstalt Kaufbeuren- Irsee) standen, machte einerseits die Sparmaßnahmen, aber auch den Willen zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ deutlich (Stadler 1991,S. 62).

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Fußnoten (Anmerkungen, Einzelnachweise)