Alexander Graham Bell

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Juli 2020 um 15:21 Uhr durch Randolph33 (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von 77.59.152.62 (Diskussion) auf die letzte Version von 2A02:8108:8AC0:1F18:C571:A77C:7462:74A6 zurückgesetzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Alexander Graham Bell
(Foto von ca. 1914–1919)

Alexander Graham Bell (* 3. März 1847 in Edinburgh, Schottland; † 2. August 1922 in Baddeck, Kanada[1]) war ein britischer, später US-amerikanischer Audiologe, Erfinder und Großunternehmer. Er gilt als der erste Mensch, der aus der Erfindung des Telefons Kapital geschlagen hat, indem er Ideen seiner Vorgänger zur Marktreife weiterentwickelte. Zu seinen Ehren wurde die dimensionslose Maßeinheit (Pseudomaß) für logarithmische Verhältniswerte, mit dem auch Schallpegel gemessen werden, mit Bel benannt, die vor allem als Dezibel bekannt ist.

Leben

Bell, der wie seine beiden Brüder zunächst von der gehörlosen Mutter unterrichtet wurde, besuchte ab dem 10. Lebensjahr eine Privatschule in Edinburgh und ab dem 14. Lebensjahr eine Schule in London. Er studierte in Edinburgh Latein und Griechisch. Bereits der Großvater Alexander und der Vater Alexander Melville Bell beschäftigten sich mit Sprechtechnik, wobei Letzterer als Professor der Rede- und Vortragskunst[2] das erste universale phonetische Schriftsystem bzw. eine Lautschrift oder phonetisches Alphabet entwickelte, das er Visible Speech nannte, weil damit die Laute abgebildet würden.

Sohn Alexander, der in Bewunderung für einen Freund der Familie noch als Kind den Zunamen Graham annahm, wurde mit 17 Jahren Lehrer an der Weston House Academy für Sprechtechnik und Musik in Elgin, Schottland.[2] Während dieser Zeit begannen seine ersten selbstständigen Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Akustik. Dabei lernte er auch den deutschen Physiker und Physiologen Hermann von Helmholtz kennen, der mit seinem 1863 erschienenen Werk „Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik“ den jungen Bell wesentlich beeinflusste.[2]

Schließlich folgte er seinem Vater nach London, wo dieser am University College als Lehrer für Sprechtechnik tätig war und seinen Sohn als Assistenten einstellte. Bell studierte bis 1870 Anatomie und Physiologie der menschlichen Stimme.

Die Melville Farm in Brantford, erster Wohnsitz Bells auf dem amerikanischen Kontinent

Nachdem Alexanders Brüder Edward (1868) und Melville (1870) beide an Tuberkulose gestorben waren, siedelten Alexander und seine Eltern 1870 nach Kanada über, wo der Vater ein besseres Klima erhoffte und eine Lehrtätigkeit aufnahm.[3]

Die historisch nachhaltigste Wirkung hatte Bell 1876 mit der Entwicklung und Einführung des Telefons zu einem gebrauchsfähigen System. In der Folge entstand die Bell Telephone Company, die sich später zum weltweit größten Telekommunikationskonzern AT&T entwickelte.

1876 heiratete er die gehörlose Tochter Mabel seines Geschäftspartners Hubbard, die er als Gehörlosenlehrer (damals „Taubstummenlehrer“) an der Clarke-Schule kennenlernte. Mit ihr hatte er zwei Töchter, Elsie May und Marian (Daisy) Bell, sowie die Söhne Edward und Robert, die beide im Kindesalter starben.

1882 erhielt Bell die Staatsbürgerschaft der USA. Bis zu seinem Tode 1922 beschäftigte sich Bell vor allem mit weiteren Entwicklungen und Erfindungen auf zahlreichen technischen Gebieten sowie auch mit Untersuchungen zur Eugenik der Taubheit.

1890 half er bei der Gründung der American Association to Promote the Teaching of Speech to the Deaf (AAPTSD) (heute Alexander Graham Bell Association for the Deaf and Hard of Hearing), deren erster Präsident er wurde.

1897 wurde Bell nach dem Tod von Gardiner Greene Hubbard zum zweiten Präsidenten der National Geographic Society gewählt.

Bell als Sprachtherapeut und Gehörlosenlehrer

Bells Mutter Eliza Symonds Bell war stark schwerhörig, Bell konnte sich jedoch mit ihr mit besonders tiefer Stimme unterhalten. Außerdem konnte sie die Schwingungen seiner Klaviermusik spüren. Das sowie die familiär vorgeprägte berufliche Laufbahn veranlassten Bell offensichtlich, einer der engagiertesten Befürworter des lautsprachlich orientierten Erziehungsprinzips für Gehörlose im Gegensatz zu gebärdensprachlich orientierten Methoden zu werden.

1868 gab Bell an Susanna Hulls Schule in London Sprechunterricht für gehörlose Kinder. 1871 ging Bell als Gehörlosenlehrer an die in Northampton eingerichtete spätere „Clarke School“ in Northampton (Massachusetts). Ein Luftballon, den sich jedes dieser Kinder ans Ohr hielt, konnte die Schwingungen in der Stimme aufnehmen. Bell bleibt danach für den Rest seines Lebens Mitglied des Aufsichtsrats der Schule und wird in den letzten fünf Lebensjahren auch dessen Vorsitzender. An dieser Schule lernt er auch Mabel, seine spätere Frau kennen. In der gleichen Zeit unterrichtete er auch neben Edward Miner Gallaudet am American Asylum for the Deaf in Hartford (Connecticut).

Von 1873 bis 1877 war er Professor für Sprechtechnik und Physiologie der Stimme an der Universität Boston.[3]

Bell soll sich in erster Linie als Gehörlosenlehrer und weniger als Erfinder gesehen haben. Eine Ironie der Geschichte ist, dass Bell, der stets beabsichtigte, taube Menschen zu fördern, mit dem Telefon ein System verbreitete, das zum Standard-Instrument in Beruf, Geschäftsleben und Alltag wurde, aber für Gehörlose fast ein Jahrhundert lang noch nicht benutzbar war.

Alexander G. Bell und das Telefon des Antonio Meucci

Bereits in den 1830 machte der Italienische Wissenschaftler (Studium der Chemie und Mechanik), Erfinder und Gründer Antonio Meucci die Entdeckung, dass Schall durch elektrische Schwingungen in Kupferdraht übertragen werden kann. Nachdem dieser 1850 in die USA umsiedelte, entwickelte er ein Telefon, mit dem er das Krankenzimmer seiner Ehefrau mit seiner Werkstatt verband. In den nächsten 10 Jahren vervollkommnete er seine Anordnung, präsentierte sie ab 1860 öffentlich und berichtete in der italienischsprachigen Presse.[4] Jedoch fand er in angelsächsischen Medien keine Erwähnung. 1871 stellte Meucci für sein „Telettrofono“ schließlich einen Patentantrag, der über zwei Jahre lang nicht erteilt wurde und deshalb erlosch. Später wurde verbreitet, er hätte nicht die nötigen Mittel für die Erteilung gehabt. Diese Darstellung wird allerdings von Kritikern angezweifelt, da er in derselben Zeit (1872–1876) vier andere Patente erteilt bekam.

Meucci reichte seine Unterlagen und Geräte bei Edward B. Grant ein, dem Vizepräsidenten der American District Telegraph Co., um seine Erfindung an deren Telegraphenkabel testen zu lassen, wurde aber über zwei Jahre lang hingehalten. Inzwischen nutzte Bell, der jetzt in den ehemaligen Werkstätten von Meucci bei der American District Telegraph Co. arbeitete, Meuccis Materialien und Unterlagen für die Patentierung „seines“ Telefons. Als Meucci 1874 diese Gerätschaften und Unterlagen von Grant zurückforderte, wurde ihm mitgeteilt, man habe diese verloren. Meucci war des Englischen nicht mächtig und beauftragte einen Anwalt, gegen Bells Vorgehen zu protestieren, was allerdings nie geschah. Trotz jahrzehntelanger Streitigkeiten gelang es Antonio Meucci nicht, das Patent oder wenigstens finanzielle Entschädigungen von Bell zu erhalten. Er starb als verarmter Mann. Am 11. Juni 2002 würdigte das Repräsentantenhaus des amerikanischen Kongresses der Vereinigten Staaten in einer Resolution Antonio Meuccis Erfindung und seine Arbeit bei der Einführung des Telefons.[5]

Von 1858 bis 1863[6] hatte Johann Philipp Reis auch ein funktionierendes Gerät[7] zur Übertragung von Tönen über elektrische Leitungen entwickelt und seiner Erfindung den Namen „Telephon“ gegeben. Am 26. Oktober 1861[8] führte er den Fernsprecher zahlreichen[9] Mitgliedern des Physikalischen Vereins in Frankfurt vor.[8] Reis nahm den Morse-Telegraphen als Vorbild, der mit Unterbrechung des Stromkreislaufs arbeitet. Damit konnte er Musiknoten an einen Empfänger schicken, für Sprache war das Gerät (noch) nicht geeignet. Danach verbesserte Reis den Apparat bis 1863 wesentlich[10] und verkaufte ihn in größeren Mengen als wissenschaftliches Demonstrationsobjekt.[11] So kamen auch Exemplare ins Ausland.

Bell lernte ein frühes Modell des Reis’schen Telefonapparates bereits 1862 in Edinburgh kennen. Sein Vater versprach ihm und seinen Brüdern einen Preis, wenn sie diese Sprechmaschine weiterentwickeln würden.[12] 1865 konnte der britisch-amerikanische Erfinder David Edward Hughes in England gute Resultate mit dem deutschen „Telephon“ erzielen.[13] Ab 1868 wurde in den USA mit der deutschen Erfindung gearbeitet.[12] Als Bell im März 1875[12] an der amerikanischen Forschungs- und Bildungseinrichtung Smithsonian Institution mit dem Reis’schen Telefonapparat experimentierte,[6] war die Erfindung in Fachkreisen bereits gut bekannt und Reis seit über einem Jahr verstorben. Bell konnte aber von der für ihn wichtigen Grundlagenforschung des Deutschen profitieren.[14]

Um 1873 versuchte Bell, einen „harmonischen Telegraphen“ zu entwickeln, der durch Benutzung mehrerer isolierter musikalischer Tonlagen mehrere Nachrichten gleichzeitig senden können sollte, betrieb das jedoch mit wenig Engagement. 1874 führt Bell akustische Experimente zur Aufzeichnung von Schallwellen durch. Er konstruierte damit den „Phonautographen“, ein Gerät, das die Vibrationen des Schalls auf einem berußten Zylinder aufzeichnete.

Der prominente Bostoner Rechtsanwalt und gleichzeitige Direktor der „Clarke School for the Deaf“ Gardiner Greene Hubbard und der wohlhabende Geschäftsmann Thomas Sanders aus Salem erfuhren von Bells Experimenten und bewogen ihn, die Entwicklung am Harmonischen Telegraphen voranzutreiben. Die drei unterzeichneten eine Vereinbarung, nach der Bell finanzielle Unterstützung erhielt im Gegenzug für spätere Beteiligung von Hubbard und Sanders an den Erträgen. Hubbards gehörlose Tochter Mabel wurde als Druckmittel eingesetzt. Bell durfte sie erst 1877 heiraten, nachdem er seine Erfindung fertiggestellt hatte.

Bell (dargestellt von einem Schauspieler) spricht in ein Telefon

Obwohl Bell bei seinen Versuchen zufällig entdeckt haben soll, dass statt der erwarteten Telegraphenimpulse auch Tonfolgen übertragen werden konnten, gelang es ihm nicht, diese Entdeckung zu wiederholen. Gleichwohl meinte er, das Prinzip für die Übertragung von Tönen für einen Patentantrag beschreiben zu können. Zugute kam ihm dabei, dass das Patentamt einige Jahre zuvor die Anforderung hatte fallen lassen, mit dem Patentantrag ein funktionierendes Modell einzureichen. Am 14. Februar 1876 reichte Bells Anwalt, Gardiner Greene Hubbard, den Patentantrag ein, nur zwei Stunden bevor der Lehrer, Erfinder und Unternehmer, Elisha Gray Gleiches tun konnte. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Fernsprechern war, dass Bells Erfindung im Gegensatz zu der von Gray nicht funktionierte. Während Bell bei seinem Antrag auch nur sehr vage blieb, beschrieb Gray sein Telefon in einer ins einzelne gehenden Schrift.[15] Bells Eile war nicht unbegründet, wusste er doch von mehreren Erfindern, die auch an Telefonen arbeiteten.[16]

Der von Hubbard eingereichte Antrag löste den größten Patentstreit der Geschichte aus. Bell verwendete bei der späteren praktischen Ausführung seines Telefons u. a. einen regelbaren Widerstand. Dieser war als Draht ausgeführt, der in einer Schwefellösung getaucht war. Bell soll diesen Widerstand nie zuvor ausprobiert haben. Zudem war dieser Widerstand in seiner Patentschrift nicht aufgeführt. Elisha Grays Antrag hingegen enthielt einen solchen Widerstand. Besonders nachdem Bells Patent am 7. März 1876 erteilt worden war, wurden die Stimmen lauter, die eine illegale Verbindung zwischen Bell und dem Patentamt sahen[3]. Ein Beamter beschuldigte sich selbst der Bestechung, doch wurde seine wankelmütige Aussage in der internationalen Fachpresse bezweifelt.[17]

Das von Bells sachkundigem Mechaniker Thomas A. Watson gebaute erste funktionierende Telefon sah den Berichten zufolge merkwürdig aus. Die im Patentstreit umstrittene säuregefüllte Metalldose war mit einer Scheibe bedeckt, die einen Draht hielt, der in die Säure getaucht war. Außen an der Metalldose befand sich ein anderer Draht, der zum Empfängertelefon führt. Das Hineinbrüllen in einen senkrecht darüber angeordneten Trichter brachte Scheibe und Draht zum Schwingen. Durch diese Schwingungen veränderten sich der Abstand und damit auch der Stromfluss durch Draht und Säure zum Empfängertelefon. Dort wurden die Schwankungen des Stromes wieder in gleichartige Membranvibrationen umgesetzt, die dann Töne produzierten. Am 10. März 1876 soll der erste deutlich übertragene Satz übertragen worden sein: „Watson, come here. I need you.“ (Watson komm’ her, ich brauche dich). Bell soll sich aus Versehen Säure über die Kleidung geschüttet und nach Watson gerufen haben.

Dieses Telefon war nicht sonderlich gebrauchstauglich, doch Bell verbesserte es, da er im Gegensatz zu der Reis’schen Schallübertragungsmethode, die auf der Schwingung einer Membran beruhte, nun die elektromagnetische Induktion benutzte, welche der englische Physiker und Chemiker Michael Faraday (1791–1867) entdeckt hatte.[18] Bell verwendete jetzt sowohl für den Lautsprecher als auch das Mikrofon elektromagnetische Spulen, Dauermagnete und den bereits erwähnten Widerstand. 1877 wurde dann ein neuartiger Schallwandler verbaut, der den druckabhängigen Übergangswiderstand zwischen Membran und einem Stück Kohle zur Signalgewinnung nutzte. Als Erfinder dieses Kohlemikrofons, das auf dem von Philipp Reis erfundenen Kontaktmikrofon aufbaut, gelten sowohl der britisch-amerikanische Konstrukteur und Erfinder David Edward Hughes, der 1865 mit einem importierten Telefon des Deutschen experimentiert hatte[13], als auch der deutsch-amerikanische Erfinder Emil Berliner 1877 während seiner Tätigkeit bei den Bell Labs. Dennoch dauerte es noch bis 1881, bis das Bell-Telefon praktisch einsatzfähig war.

Bell als Großunternehmer

Bell führt 1892 das erste Ferngespräch von New York nach Chicago

Im Juli 1877 gründete Bell zusammen mit Thomas Sanders und Gardiner Greene Hubbard unter Einschluss seines Assistenten Thomas Watson die Bell Telephone Company. Zwei Tage später heiratete er die taube Tochter Mabel seines Geschäftspartners Hubbard, die er zuvor schon im Lippenlesen und Sprechen geschult hatte.

Nicht ganz überraschend war der Bedarf an Telefonapparaten zunächst gering und Bell und seine Partner hatten anfangs Absatzschwierigkeiten. Es kam dabei so weit, dass sie ihre Patente der mächtigen Western Union Telegrafengesellschaft – Elisha Grays Arbeitgebern – für 100.000 $ zum Kauf anboten. Die Western Union lehnte ab, was sich bald als große Fehlentscheidung herausstellen sollte.

Dennoch sahen Amerikas Telegraphengesellschaften voraus, dass Bells Telefon eine Bedrohung für ihr Geschäft darstellte, und versuchten, dem gegenzusteuern. Die Western Union Company ließ Thomas Alva Edison ein eigenes Telefon mit anderer Technik entwickeln. Bell verklagte daraufhin Western Union wegen der Verletzung seiner Patentrechte. Diese versuchte zu argumentieren, dass eigentlich Elisha Gray das Telefon erfunden habe, verlor jedoch diesen und zahlreiche weitere Prozesse. Auch Emil Berliner hatte Ärger mit dem Patentamt und Thomas Edison, für dessen Phonographen er ganz neue Vorstellungen eingereicht hatte. Berliner hatte auch ein Mikrofon entwickelt, das er 1877 für 50.000 Dollar an die „Bell Telephone Company“ verkaufte.[19] Er zog nach Boston und arbeitete für Bell Telephone bis 1883.

Im März 1879 fusionierte die Bell Telephone Company mit der New England Telephone Company zur National Bell Telephone Company, deren Präsident William H. Forbes, Schwiegersohn von Ralph Waldo Emerson, wurde. Im April 1880 erfolgte eine weitere Fusion mit der American Speaking Telephone Company zur American Bell Telephone Company.

1885 wurde die American Telephone and Telegraph Company (AT&T) in New York als Tochterunternehmen von Graham Bell gegründet, um die Fernverbindungslinien quer durch die USA für das Bell’sche System zu erobern. Theodore Vail wurde der erste Präsident der Gesellschaft.

1889 wurden sämtliche Geschäftsaktivitäten der American Bell Telephone Company zur American Telephone and Telegraph Company transferiert, da Gesetze in Massachusetts das aggressive Wachstum verhindert hätten. Diese markiert den Anfang der heutigen Gesellschaft AT&T.

1925 wurden die Bell Telephone Laboratories aufgebaut, um die Forschungslaboratorien der AT&T und der Western Electric Company zusammenzufassen.

Weitere Erfindungen

Ton-Aufnahme von Alexander Graham Bell im Volta Laboratory, 15. April 1885.

Für seine Erfindung verlieh Frankreich Bell 1880 den Volta-Preis im Wert von 50.000 Franc. Mit diesem Geld gründete er das Volta Laboratory in Washington D.C.,[20] wo er im gleichen Jahr mit seinem Assistenten, Charles Sumner Tainter und seinem Cousin ersten Grades Chichester Alexander Bell das Photophon entwickelte, welches Licht als Mittel der Projektion der Informationen verwendete, während das Telefon auf Strom angewiesen war. Im Jahr 1881 konnten sie erfolgreich eine Nachricht über das Photophon 200 Meter von einem Gebäude zum anderen versenden. Bell sah das Photophon als „die größte Erfindung, die ich je gemacht habe“.

Im Jahr 1886 erfanden Bell und seine Mitarbeiter im Volta Labor die erste Phonographenwalze, die Schallwellen auf Wachs aufzeichnen konnte. Diese Neuerung ging einher mit der Weiterentwicklung des von Thomas Alva Edison erfundenen Phonographen, hin zum Graphophon. Im gleichen Zeitraum experimentierten die drei Mitglieder der Volta Laboratory Association mit einer flachen Wachsscheibe in senkrechter Position und nahmen somit die Idee einer Schallplatte vorweg. Die dabei verwendete Funktionsweise ähnelte der später vom Emil Berliner bei seinem Grammophon zum Tragen kommende horizontale Anordnung der verwendeten Tonträger. Nach Gründung der Volta Graphophone Company, deren Aufgabe darin bestand die Patente der Mitglieder der Volta Laboratory Association zu vermarkten, erfolgte die Veräußerung dieser an die American Gramophone Company mittels Verschmelzung beider Unternehmen.

Neben der Kommunikation ging Bell einer großen Vielfalt von wissenschaftlichen Experimenten nach, bei denen Drachen, Flugzeuge, tetraedrische Strukturen,[21] Mehrlingsgeburten in der Schafzucht, künstliche Beatmung, sowie Entsalzung und Destillation von Meerwasser eine Rolle spielten. Das Attentat auf Präsident Garfield 1881 brachte Bell auf Idee zur Induktionswaage (Lokalisierung von Metallgegenständen im menschlichen Körper). 1881 starb Bells neugeborener Sohn, Edward, an Erkrankung der Atemwege. Bell reagierte auf diese Tragödie durch die Erfindung einer Metall-Vakuum-Jacke, die das Atmen erleichtern sollte. Dieser Apparat war ein Vorläufer der eisernen Lunge, die in den 1950er Jahren Anwendung fand. Immer wieder beschäftigte er sich mit der Taubheit und entwickelte das Audiometer zum Messen der Gehörleistung

1907 – vier Jahre nach dem ersten Flug der Brüder Wright in Kitty Hawk – gründete Bell mit Glenn Curtiss, William „Casey“ Baldwin, Thomas Selfridge, und J.A.D. McCurdy die Aerial Experiment Association. Diese jungen Ingenieure hatten das Ziel, ebenfalls eine Flugmaschine zu bauen. Bis 1909 hatten sie vier Tragflügel-Flugzeuge gebaut, von denen dem besten, „Silver Dart“ der erste erfolgreiche Flug am 23. Februar in Kanada gelang. Er wurde von einem zugefrorenen See in Baddeck, Nova Scotia, gestartet, wo Bell ein Haus besaß.[22]

Eugenik

A. G. Bell erforschte zwischen 1882 und 1892 die Häufung von Gehörlosigkeit auf der Insel Martha’s Vineyard nahe Boston, vermutete dahinter richtigerweise erbbedingte Anlagen. Die Zusammenhänge konnte er jedoch nicht beweisen, da ihn irritierte, dass nicht jedes Kind von anscheinend erblich veranlagten Eltern taub wurde. Ihm fehlten dazu die Kenntnisse, die Gregor Mendel zwar schon 1865 formulierte, die aber bis zum Jahr 1900 der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt blieben. Dennoch empfahl er in der Monographie Memoir upon the Formation of a Deaf Variety of the Human Race[23] ein Eheverbot unter Taubstummen, warnte vor Internaten an den „Taubstummen“-Schulen als möglichen Brutstätten einer tauben Menschenrasse und empfahl die eugenische Kontrolle von USA-Immigranten. Spätere Arbeiten von Rassehygienikern stützten sich bis weit in das 20. Jahrhundert ungeprüft auf Bells Angaben. Als Folge wurden zahlreiche Taube ohne ihr Wissen und ohne ihr Einverständnis sterilisiert. Dabei soll Bell durchaus die methodischen Schwächen seiner Untersuchungen gekannt haben.

1921 war Bell Honorarpräsident des zweiten internationalen Eugenikkongresses unter der Schirmherrschaft des American Museum of Natural History in New York. Er arbeitete mit den Organisationen zusammen mit dem Ziel, Gesetze zur Verhinderung der Ausweitung von „defekten Rassen“ einzuführen.

George Veditz, Präsident der National Association of the Deaf, nannte Bell 1907 „den Feind, den die tauben Amerikaner am meisten zu fürchten haben“. Alexander Graham Bell haftet damit der Ruf an, die Entwicklung der Gemeinschaft der gehörlosen Menschen und der Gebärdensprache massiv gestört zu haben mit Auswirkungen, die noch heute in vielen Ländern spürbar sind.

Verschiedenes

Preise und Auszeichnungen

Schriften

  • Memoir upon the formation of a deaf variety of the human race. New Haven, CT: National Academy of Sciences. 1883 (Anmerkungen zur Formierung einer tauben Variation der menschlichen Rasse)
  • Utility of signs, 1894 (Nützlichkeit von Gebärden)
  • The question of sign language, 1898 (Die Frage der Gebärdensprache)
  • Marriage of the deaf, 1917 (Heiraten unter Tauben)
  • Veröffentlichungen von Alexander Graham Bell

Literatur

  • Catherine Mackenzie: Alexander Graham Bell. Überwinder der Distanz (Originaltitel: Alexander Graham Bell). Deutsch von J. N. Lorenz. Rohrer, Wiesbaden 1951
  • Jon Balchin: Quantensprünge , 100 große Wissenschaftler und ihre Ideen. Deutsch von Hans w. Kothe, Gondrom 2005, Seite 132
  • Karl K. Darrow: Bell: Das Telefon, Leprince- Ringuet, Louis (Hrsg.), Die berühmten Erfinder. Physiker und Ingenieure, [Les inventeurs celebres], Genf: Mazenod, 1951, S. 208–210.
  • Wilhelm Berdrow: Buch der Erfindungen, Düsseldorf: VDI-Verlag GmbH, ²1985.
  • C. H. Hylander: Amerikanische Erfinder, München: Carl Hanser Verlag, 1947.
  • John Brooks (Hrsg.): Telephone. The First Hundred Years. New York: Harper and Row, 1976, S. 43–56
  • K. Jäger, F. Heilbronner (Hrsg.): Lexikon der Elektrotechniker, VDE Verlag, 2. Auflage von 2010, Berlin/Offenbach, ISBN 978-3-8007-2903-6, S. 45–46
  • Bernard S. Finn: Bell, Alexander Graham. In: Charles Coulston Gillispie (Hrsg.): Dictionary of Scientific Biography. Band 1: Pierre Abailard – L. S. Berg. Charles Scribner’s Sons, New York 1970, S. 582–583.

Filme

  • Thomas Ammann: Meilensteine der frühen Kommunikation. DVD. Drehbuch: Susanne Päch. Kamera: Johannes Kirchlechner. Reihe: P. M. Wissensedition. Meilensteine, 3. o. J. (2007), 60 Min[28]

Weblinks

Commons: Alexander Graham Bell – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Biographie bei biography.com (englisch)
  2. a b c Alexander Graham Bell und die Erfindung des Telefons. brockhaus.de, archiviert vom Original am 10. August 2007; abgerufen am 16. September 2010.
  3. a b c Alexander Graham Bell Laboratory Notebook, 1875–1876. In: World Digital Library. 1876, abgerufen am 22. Juli 2013.
  4. Thomas Görne: Tontechnik, Hanser Verlag, 2008, ISBN 3-446-41591-2, S. 201
  5. Resolution des amerikanischen Kongresses vom 11. Juni 2002. Hnn.us, 11. Juni 2002, abgerufen am 21. Januar 2013.
  6. a b Silvanus P. Thompson: „Philipp Reis: Inventor of the telephone“, E. & F.N. Spon, London 1883
  7. Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive, Westdeutscher Verlag, Opladen, 1993, ISBN 3-531-12421-8, S. 249
  8. a b Horst Kant: „Ein mächtig anregender Kreis“ – die Anfänge der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin, Preprint 2002, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin 2002
  9. Ferdinand Rosenberger: Die Geschichte der Physik, Verlag Georg Olms, Frankfurt am Main 1882, S. 792
  10. Hermann Julius Meyer: Meyers Konversationslexikon, Bibliographisches Institut, Leipzig, 1894, S. 314
  11. Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive, Westdeutscher Verlag, Opladen, 1993, ISBN 3-531-12421-8, S. 234
  12. a b c Joachim Beckh: Blitz und Anker, Band 1: Informationstechnik – Geschichte und Hintergründe, Books on Demand, 2005, ISBN 3-8334-2996-8, S. 223
  13. a b E.C.S.: Calendar of Scientific Pioneers, Nature 106, 13. Januar 1921, S. 650f.
  14. Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche biographische Enzyklopädie, 2. überarbeitete Auflage, K. G. Saur Verlag, München u. Leipzig 2007, ISBN 978-3-598-25030-9, S. 303
  15. Jörg Becker: Fern-Sprechen: Internationale Fernmeldegeschichte, -soziologie und -politik, Verlag Vistas, 1994, ISBN 3-89158-094-0, S. 52
  16. Bernd Fleßner: Geniale Denker und clevere Tüftler 20 bahnbrechende Erfindungen der Menschheit, Verlag Beltz & Gelberg, 2007, ISBN 3-407-75329-2, S. 74
  17. Elektrotechnischer Verein (Hrsg.): Elektrotechnische Zeitschrift, 9. Jahrgang, Verlag Julius Springer, 1888, S. 231
  18. Christoph Meinel, Harald Sack: WWW, Springer Verlag, 2003, ISBN 3-540-44276-6, S. 70
  19. Website Emil Berliner Studios in Berlin- Eine Chronik von Peter K. Burkowitz
  20. Volta Laboratory and Bureau building
  21. Das Tetraeder-Prinzip in Drachenstrukturen (Aufsatz im National Geographic Magazine Vol. XIV, No.6, Juni 1903)
  22. Flight of the Silver Dart
  23. Bell, Alexander Graham. „Memoir upon the formation of a deaf variety of the human race.“ (PDF; 40 MB) Alexander Graham Bell Association for the Deaf, 1883.
  24. P. J. Capelotti: E. B. Baldwin and the American–Norwegian discovery and exploration of Graham Bell Island, 1899. In: Polar Research. Band 25, Nr. 2, 2006, S. 155–171. doi:10.3402/polar.v25i2.6245
  25. Gazetteer of Planetary Nomenclature
  26. Member History: Alexander G. Bell. American Philosophical Society, abgerufen am 27. April 2018.
  27. Mitgliedseintrag von Alexander Graham Bell bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 17. April 2017.
  28. Stellt vier Pioniere der Kommunikations- und Speichertechnologien vor. Neben Bell und dem Telefon sind das Guglielmo Marconi und die Funktechnik, Louis Daguerre und die Fotografie, sowie Thomas A. Edison und die Schallaufzeichnung