Dreiteilung des Winkels

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Unter der Dreiteilung des Winkels (auch: Trisektion des Winkels) versteht man in der Geometrie das Problem, ob man einen beliebigen Winkel nur mit Hilfe von Zirkel und Lineal (den euklidischen Werkzeugen) konstruktiv und präzise in drei gleich große Winkel unterteilen kann. Die Dreiteilung des Winkels gehört zu den drei klassischen Problemen der antiken Mathematik und ist nur für bestimmte Winkel durchführbar.

Dies steht in auffälligem Gegensatz zum Problem, einen beliebigen Winkel mit Zirkel und Lineal zu halbieren, was sehr einfach lösbar ist (Winkelhalbierende).

Geschichtliches aus der Antike

Die Griechen waren es, die im 5. Jahrhundert v. Chr. das Problem, einen beliebigen Winkel in drei gleich große Winkel zu unterteilen, erkannten. Sie strebten nach einer Lösung die allein mit Zirkel und einem unmarkierten Lineal (auch Platonische Beschränkung genannt)[1] zu bewältigen sei, aber sie fanden keine die dieser Vorgabe gerecht wurde.[2]

Hippias von Elis (um 460 bis um 400 v. Chr.) fand als Erster um 422 v. Chr. eine Lösung mithilfe eines sogenannten zusätzlichen Hilfsmittels. Es war eine Hilfskurve, sie wurde bekannt als die Trisektrix des Hippias oder Quadratrix des Hippias.[3]

Archimedes von Syrakus (287 bis 212 v. Chr.) fand eine pragmatische Lösung. Heute wird sie als Neusis-Konstruktion bezeichnet, denn sie bedarf eines markierten Lineals. Später schuf er eine spezielle Kurve, nannte sie Spirale (archimedische Spirale) und untersuchte damit die Winkelteilung und die Quadratur des Kreises. In einem Brief an Dositheos schrieb er:[2]

Freie Übersetzung:

„Wenn sich eine in einer Ebene gezeichnete Gerade beliebig oft gleichmäßig um ein festes Ende dreht bis sie in ihre ursprüngliche Position zurückkehrt und wenn, zur gleichen Zeit, in der sich die Linie dreht, ein Punkt sich gleichmäßig, beginnend am festen Ende, entlang der geraden Linie bewegt, dann beschreibt der Punkt eine Spirale in der Ebene.“

Der griechische Mathematiker Nikomedes (ca. 280 bis ca. 210 v. Chr.) wurde bekannt als der Erfinder einer speziellen Form der Konchoide (Muschelkurve).[2] Sie diente ihm als zusätzliches Hilfsmittel für die Dreiteilung des Winkels.[4]

Pappos von Alexandria (im 4. Jh. n. Chr.) einer der letzten herausragenden Mathematiker der Antike, zeigte u. a. zwei unterschiedliche Lösungen. Eine pragmatische mit einem markierten Lineal als zusätzliches Hilfsmittel,[5] sprich eine Neusis-Konstruktion (siehe hierzu den Abschnitt Die Methode des Pappos) und eine zweite, in der er die Hyperbel als Trisektrix nutzte.[6]

Die erste Person, die den Nachweis der Unlösbarkeit des Problems – allein mit Zirkel und Lineal – erbrachte, war Pierre-Laurent Wantzel; siehe hierzu den Abschnitt Beweis der Unmöglichkeit.

Klassisches Problem

Drittelung von 180° (∢ AMC) in 60° (∢ BMC) und 120° (∢ AMB)

Hier muss ein beliebiger gegebener Winkel nur mit Hilfe eines Zirkels und eines nichtskalierten Lineals in drei gleich große Teile aufgeteilt werden.

Bei speziellen Winkeln ist die Dreiteilung des Winkels möglich, etwa bei jedem ganzzahligen Vielfachen von 90°. Schon die alten Griechen versuchten vergeblich, eine allgemeine Lösung für beliebige Winkel zu finden. Um das Jahr 1830 schuf der französische Mathematiker Évariste Galois die Grundlagen, mit denen später bewiesen wurde, dass dies nicht allgemein möglich ist. Beispielsweise ist es nicht möglich, den konstruierbaren Winkel 60° zu dritteln, da 20° nicht konstruierbar ist.

Warum dies unmöglich ist, wird im Abschnitt Beweis der Unmöglichkeit verdeutlicht.

Eine Dreiteilung ist nur möglich, wenn man andere Hilfsmittel verwendet als Zirkel und Lineal – etwa eine Trisektrix – oder wenn man auf dem Lineal Markierungen anbringt. Andererseits kann man mit Zirkel und Lineal beliebig gute Näherungslösungen angeben.

Obwohl die Unmöglichkeit der Dreiteilung des Winkels mit Zirkel und Lineal also schon lange bekannt ist, werden bis in die Gegenwart mathematische Zeitschriften und Fakultäten mit Beweisversuchen von Amateuren überhäuft. Underwood Dudley, der das Phänomen analysierte,[7] beschreibt den typischen Trisektor als älteren Mann, der in seiner Jugend von dem Problem hörte (es ist von den drei klassischen Problemen wahrscheinlich das für Laien zugänglichste) und im Ruhestand daran tüftelte. Dudley, der hunderte ihrer Beweisversuche sammelte, fand nur zwei Frauen unter den Winkeldreiteilern. Ein weiteres Kennzeichen ist, so Dudley, dass sie als Laien nicht verstehen, was „unmöglich“ in der Mathematik bedeutet und das eher als Herausforderung sehen. Typischerweise haben sie nur geringe Mathematikkenntnisse (was aber nicht unbedingt heißen muss, dass die Fehler in ihren Konstruktionen einfach zu finden sind, denn typischerweise sind ihre Diagramme sehr komplex, können aber mit geometrischen Kenntnissen häufig drastisch vereinfacht werden) und sind von der Wichtigkeit für technische Anwendungen überzeugt (was für viele Patent- und Geheimhaltungsfragen nicht unwichtig ist). Nachdem Dudley viele Methoden im Umgang mit hartnäckigen Winkeldreiteilern ausprobiert hatte, empfahl er deren Arbeit als Beitrag zu einer besseren Näherungslösung an das Problem zu loben (oder wahlweise die Einfachheit oder Eleganz der Methode) – ihnen außerdem einen Computerausdruck zukommen zu lassen, der den Fehler des Versuchs für verschiedene Winkel darstellt, und auch Beispielen anderer Winkeldreiteiler mit ihren „Näherungslösungen“.

Beweis der Unmöglichkeit

Pierre Wantzel veröffentlichte 1837 einen Beweis, dass es unmöglich ist, einen beliebigen Winkel mit Zirkel und Lineal in drei gleiche Teile zu zerlegen.[8] Wantzels Beweis benützt, wenn man es in moderner Terminologie ausdrückt, Körpererweiterungen, wie sie in der Abstrakten Algebra und insbesondere in der Galoistheorie behandelt werden. Wantzel veröffentlichte diese Ergebnisse früher als Galois (dessen Werk 1846 herauskam), und benötigte dabei nicht den Zusammenhang zwischen Körpererweiterungen und Gruppen, mit dem sich die Galoistheorie befasst.[9]

Das Problem der Konstruktion eines Winkels von gegebener Größe ist äquivalent zur Konstruktion zweier Strecken, deren Längen im Verhältnis stehen. Die Lösung von einem dieser beiden Probleme mit Zirkel und Lineal ergibt die Lösung des anderen. Mithilfe der Formel zum Kosinus des dreifachen Winkels

[10]

lässt sich eine Gleichung für den Kosinus des gedrittelten Winkels aufstellen.

Daraus folgt, dass das Problem der Winkeldreiteilung äquivalent dazu ist, eine Strecke zu konstruieren, bei der das Verhältnis zwischen Streckenlänge und Längeneinheit gleich einer Lösung einer bestimmten kubischen Gleichung ist. Damit ist das ursprünglich geometrische Problem auf ein rein algebraisches Problem zurückgeführt.

Jede rationale Zahl ist konstruierbar. Jede irrationale Zahl, die sich in einem weiteren Einzelschritt konstruieren lässt, ist eine Wurzel eines Polynoms 2. Grades mit Koeffizienten aus dem Körper der rationalen Zahlen. Folglich ist jede irrationale Zahl, die man durch eine Folge von erlaubten Konstruktionsschritten erhalten kann, Wurzel eines Minimalpolynoms, dessen Grad eine Potenz von 2 ist. Um nun zu zeigen, dass die Konstruktion eines beliebigen Winkels unmöglich ist, wird im Folgenden bewiesen, dass die Dreiteilung des (konstruierbaren) 60°-Winkels, also die Konstruktion eines 20°-Winkels, nicht möglich ist.

Der Körper der rationalen Zahlen sei mit bezeichnet. Könnte der 60°-Winkel mit Zirkel und Lineal dreigeteilt werden, wäre der Grad eines Minimalpolynoms von eine Zweierpotenz. Nun sei . Wendet man die oben aufgestellte Formel an, so erhält man

.[10]

Zusammen mit ergibt das

Das hier auftretende Polynom sei mit bezeichnet. Da eine Wurzel (Nullstelle) dieses Polynoms ist, muss das Minimalpolynom von als Faktor in enthalten sein. Weil den Grad 3 hat, müsste es, wenn es über reduzibel wäre, eine rationale Wurzel besitzen. Nach dem Satz über rationale Nullstellen kommen dafür nur die Teiler des Leitkoeffizienten 8, also die Werte , , und in Frage. Alle diese Werte können durch Einsetzen widerlegt werden. Somit muss irreduzibel über sein, und das Minimalpolynom von hat den Grad 3. Dies steht im Widerspruch zu der obigen Aussage, dass der Grad des Minimalpolynoms eine Zweierpotenz sein muss.

Insgesamt ist damit gezeigt, dass der 60°-Winkel allein mit Zirkel und Lineal nicht (exakt) dreigeteilt werden kann.

Verallgemeinerung

Eine Verallgemeinerung des Problems ist es, genau zu charakterisieren, welche Winkel konstruierbar sind und welche nicht. Äquivalente Fragestellungen sind, für welche natürlichen Zahlen man einen Kreis in gleich große Stücke mittels Zirkel und Lineal unterteilen kann bzw. welche regulären Polygone konstruierbar sind. Die exakte Charakterisierung der konstruierbaren -Ecke wurde 1837 von Pierre Wantzel (nach wesentlichen Vorarbeiten von Carl Friedrich Gauß und Évariste Galois) erzielt und besagt, dass dies genau dann der Fall ist, wenn ein Produkt aus einer Zweierpotenz und untereinander verschiedenen fermatschen Primzahlen ist. Der erste entscheidende Schritt über die Mathematik des Altertums hinaus war dem jungen Gauß mit seiner Entdeckung zu verdanken, dass das reguläre Siebzehneck konstruierbar ist. Die bekannten Fermatschen Primzahlen sind 3, 5, 17, 257 und 65537. Allgemein sind Fermat-Zahlen die Zahlen , wobei selbst eine Zweierpotenz ist. Man vermutet, dass die Fermat-Zahlen mit keine Primzahlen sind, und weiß es für viele .

Für das Problem der Winkeldreiteilung braucht man die fortgeschrittenen Theorien von Gauß und Galois nicht. Hier genügt die Erkenntnis, dass eine Streckenlänge, die einer irreduziblen Gleichung dritten Grades genügt, nicht konstruierbar ist; denn jede konstruierbare Streckenlänge lässt sich algebraisch durch die aufeinanderfolgende Lösung quadratischer Gleichungen gewinnen, ist also algebraisch von einem Zweierpotenzgrad.

Nicht-klassische Verfahren

Beschränkt man sich nicht auf die klassischen Konstruktionvorschriften für Zirkel und Lineal, sondern lässt darüber hinaus die Verwendung anderer Konstruktionswerkzeuge und mathematischer Hilfsobjekte zu oder begnügt sich auch mit Näherungslösungen, so ergibt sich eine Vielzahl von möglichen Verfahren, einen beliebigen Winkel zu dreiteilen. In den folgenden Abschnitten werden einige von ihnen beispielhaft vorgestellt.

Die Methode des Archimedes

Erforderlicher Anlegevorgang der Konstruktion

Archimedes war ein Pragmatiker, er gab eine Lösung in seinem Liber Assumptorum an. Sei der dreizuteilende Winkel wie in nebenstehender Zeichnung. Gehe dann wie folgt vor:

  1. Schlage einen Kreis um mit beliebigem Radius .
  2. Am Lineal bringe zwei Markierungen im Abstand an.
  3. Lege das Lineal so an , dass eine der beiden Markierungen auf der Geraden im Punkt und die andere auf der Kreislinie im Punkt liegt, und zeichne die Strecke .
  4. Der Winkel bei ist der gesuchte Drittelwinkel.
Anlegen des Lineals für Winkelweiten ist parallel zu
Anlegen des Lineals für
ist parallel zu
Beweisführung für die Winkeldreiteilung nach Archimedes:

Zur Begründung beachte man, dass wegen der speziellen Positionierung des Lineals die Länge der Strecke gleich dem Abstand der Markierungen ist, also gleich dem Radius des Kreises, der sich auch als und wiederfindet. Insbesondere ist das Dreieck gleichschenklig, weshalb der Winkel auch bei auftritt. Der Winkel des Dreiecks bei ist einerseits gleich (Winkelsumme im Dreieck), andererseits der Nebenwinkel von , also ist . Da das Dreieck ebenfalls gleichschenklig ist, taucht der Winkel auch bei auf, und der Winkel dieses Dreiecks bei ist gleich . Beachtet man nun, dass sich die Winkel bei zu addieren, ergibt sich .

Dass mit dieser Methode jeder Winkel wie bewiesen dreigeteilt werden kann, steht nicht im Widerspruch zur Unlösbarkeit des klassischen Problems, denn die obige Konstruktion wurde nicht nach den klassisch erlaubten Regeln durchgeführt. Eine Markierung am Lineal und ein geschicktes Anlegen des Lineals sind nicht erlaubte Konstruktionsmethoden. Es wurde also ein abweichender Instrumentensatz verwendet und die möglichen Konstruktionen sind vom Instrumentensatz abhängig.

Die Methode des Pappos

Methode des Pappos, Neusis-Konstruktion

Aus dem späten Altertum stammt die im Folgenden beschriebene Neusis-Konstruktion des Pappos zur Dreiteilung spitzer Winkel.[5]

Zu teilen sei der Winkel

Zuerst wird die beliebige Länge als Strecke auf bestimmt. Eine Parallele zu ab sowie das Lot ab , mit Fußpunkt auf , schließt sich an. Nun wird das Lineal, auf dem die Länge gleich markiert ist, auf folgende Art und Weise auf die Zeichnung platziert. Die betreffende Ecke des Lineals liegt auf der Parallelen durch mit Berührungspunkt und die Kante des Lineals verläuft durch den Scheitelpunkt . Eine Linie entlang der Linealkante von bis gezogen ergibt den Schnittpunkt auf sowie am Scheitel den gesuchten Winkel

Die Sehne des Thaleskreises über hat den Mittelpunktswinkel und den Umfangswinkel [5]

Die gestrichelten Linien und der Mittelpunkt sind für die Konstruktion nicht erforderlich, sie dienen lediglich der Beweisführung.

Teilung mit Tomahawk

Dreiteilung eines Winkels mit einem Tomahawk. Der Griff und die Gerade durch den Kreis-Mittelpunkt markieren Drittel-Winkel. Die Dreiecke gleicher Größe sind in Rot/Gelb/Grün hervor gehoben.
Schablone (schematische Darstellung) zur Dreiteilung von Winkeln von 90° (rot) bis 180° (blau)

Der Tomahawk ist eine Figur, die aus mathematischer Sicht aus zwei aufeinander senkrecht stehenden Strecken und einem an einer der Geraden anliegenden Halbkreis besteht; das hintere Ende ist dabei so lang wie der Radius des Halbkreises (siehe Zeichnung). Die Bezeichnung Tomahawk rührt daher, dass die Figur vage an einen Tomahawk (indianische Streitaxt) erinnert. Um einen Winkel mit Hilfe des Tomahawks zu dreiteilen, muss man ihn so positionieren, dass sein „Stiel“ an der Winkelspitze liegt, während der Halbkreis und das Ende der anderen Strecke jeweils die Schenkel des Winkels berühren. In dieser Position bildet der Stiel mit einem der Schenkel einen Winkel, der genau ein Drittel des Ausgangswinkels beträgt. Die Verbindung des Mittelpunktes des Halbkreises mit der Winkelspitze teilt das zweite und dritte Drittel des Ausgangswinkels. Da der Tomahawk eine Figur ist, die angelegt werden muss, ist diese Methode nicht mit den klassischen Konstruktionsregeln (Lineal und Zirkel) konform.[11][12]

gleichschenkliges Dreieck mit Höhe

Ist eine direkte Dreiteilung eines Winkels mithilfe eines Tomahawks nicht möglich, weil der gegebene Winkel zu klein ist, um den Tomahawk positionieren zu können, so lässt sich die Dreiteilung des kleinen Winkels aus der Dreiteilung des zugehörigen großen Nebenwinkels konstruieren. Betrachtet man einen Winkel mit seinem Nebenwinkel an einem Halbkreis mit Radius , so erhält man wegen einen konstanten Winkel der nicht von der Größe des Winkels abhängt (siehe Zeichnung). Dieser -Winkel ist Bestandteil eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Höhe beträgt. Damit ergibt sich dann die im nächsten Absatz beschriebene Konstruktion.

Position des Tomahawks (hellblau) für kleine Winkel

Es beginnt mit dem Einzeichnen des Durchmessers , dessen Halbierung in und dem Ziehen des Halbkreises über . Es folgt das Eintragen des gegebenen Winkels mit seinen beiden Winkelschenkeln. Nun wird der Tomahawk folgendermaßen positioniert: der „Haken“ berührt die Strecke der Halbkreis berührt den oberen Winkelschenkel und der „Stiel“ verläuft durch den Mittelpunkt Mit dem Einzeichnen der beiden Strecken und erhält man die Dreiteilung des Supplementwinkels . Um eine Dreiteilung des Winkels zu erzielen, wird nun der Punkt auf den Kreisbogen gespiegelt. Hierzu wird der Radius in halbiert und ein Halbkreis um ab gezogen, daraus ergibt sich der Schnittpunkt . Abschließend bedarf es noch eines Halbkreises um mit Radius , des Schnittpunktes und der geraden Linie ab durch bis zum Kreisbogen . Der so erzeugte Schnittpunkt ist eine Spiegelung des Punktes an der virtuellen Strecke . Somit ist der konstruierte Winkel exakt ein Drittel des gegebenen Winkels .

Teilung mit einem rechtwinkligen dreieckigen Lineal

Dreiteilung des Winkels mittels des Rechtwinkelhakens nach Ludwig Bieberbach, mit Weiterführung der Konstruktion

Im Jahr 1932 veröffentlichte Ludwig Bieberbach im Journal für die reine und angewandte Mathematik seine Arbeit Zur Lehre von den kubischen Konstruktionen.[13] Er führt darin aus:

„Bekanntlich kann … jede kubische Konstruktion auf die Dreiteilung des Winkels und auf die Vervielfachung des Würfels, d. h. die Ausziehung der dritten Wurzel zurückgeführt werden. Ich brauche also nur zu zeigen, wie diese beiden klassischen Aufgaben mittels des Rechtwinkelhakens gelöst werden können.“

Die folgende Beschreibung der nebenstehenden Konstruktion enthält deren Weiterführung bis zur vollständigen Dreiteilung des Winkels.

Es beginnt mit dem ersten Einheitskreis um seinem Mittelpunkt , dem ersten Winkelschenkel und dem daran anschließenden zweiten Einheitskreis um . Nun wird der Durchmesser ab bis zur Kreislinie des zweiten Einheitskreises verlängert, dabei ergibt sich der Schnittpunkt . Es folgen der Kreisbogen um mit dem Radius und das Einzeichnen des zweiten Winkelschenkels vom Winkel , dabei ergibt sich der Punkt . Jetzt kommt das so genannte zusätzliche Konstruktionsmittel zum Einsatz, im dargestellten Beispiel ist es das Geodreieck. Dieses Geometrie-Dreieck, wie es auch genannt wird, legt man jetzt auf folgende Art und Weise auf die Zeichnung: Der Scheitel vom Winkel bestimmt auf dem Winkelschenkel den Punkt , eine Kathete des Dreiecks verläuft durch den Punkt und die andere tangiert den Einheitskreis um . Nach dem Verbinden des Punktes mit und dem Einzeichnen der Tangente ab auf den Einheitskreis um zeigt sich der oben genannte Rechtwinkelhaken. Der von den Strecken und eingeschlossene Winkel ist somit exakt . Es geht weiter mit der Parallelen zu ab , dabei ergibt sich der Wechselwinkel oder Z-Winkel und der Punkt auf dem Kreisbogen um . Eine weitere Parallele zu ab bestimmt den Berührungspunkt von der Tangente mit dem Einheitskreis um . Abschließend noch eine gerade Linie von durch ziehen, bis sie den Kreisbogen um in schneidet. Somit ist der Winkel exakt gedrittelt.

Dreiteilung des Winkels mit Origami

Drittelung mit Origami. Umfaltung mit Wellen markiert. Implizite Dreiecke gleicher Metrik in rot/gelb/grün.

Während die Dreiteilung des Winkels mit den klassischen Instrumenten der Geometrie nicht möglich ist, kann die Aufgabe mit der Papierfalttechnik Origami gelöst werden.[14] Als Grundlage dienen eine Linie (durch Falten realisiert) von einer Blattecke aus, die den Ausgangswinkel zu einer Kante abträgt, und zwei gleich hohe Streifen an einer Papierkante. Daraufhin wird eine Faltung so ausgeführt, dass die Ecke auf der mittleren Streifenkante liegt und das obere linke Ende des Streifens auf der Linie des Winkels. Die vormalige Außenkante wird dabei wie ein markiertes Lineal auf die Elemente der restlichen Fläche angelegt. Diese Lösung ist, ähnlich der archimedischen Methode, mit Markierungen am Lineal auch geometrisch nachzustellen. Dass dies beim Origami augenscheinlich nicht nötig ist, ist auf eine automatische Begrenzung des „Lineals“ rückführbar – das Faltpapier ist in jedem Fall endlich.

Näherung durch mehrfache Winkel-Halbierung, Hilfsgerade und Strecken-Dreiteilung

Hoch-genaue Näherung durch Winkel-Halbierungen, mit Hilfsgeraden und Strecken-Drittelung

Zu den besten endlichen Näherungsmethoden gehört die in Wikibooks beschriebene Methode. Hierbei werden zu einem gegebenen Winkel mehrere Halbierungen ausgeführt. Beispielsweise würde ein Ausgangswinkel von 60°, ohne Verwendung des Supplementwinkels, zu folgenden Unterteilungen führen:

  • w1 = 30°
  • w2 = 15°
  • w3 = 7,5°
  • w4 = 3,75°

Während w1 und w4 lediglich als Konstruktionshilfen dienen und in ihrem nominellen Wert nicht weiter genutzt werden, wird w2 direkt genutzt und aus w3 unter Verwendung einer speziell definierten Hilfs-Geraden ein Versatz auf der Geraden erzeugt, so dass in sehr guter Näherung für kleine Winkel w3/3 = 2,5° bzw. w3*2/3 = 5° in der Grafik entsteht. Durch Aufsummierung ergibt sich ungefähr w2+w3*2/3 = 20° – was mit dem gesuchten Wert harmoniert. Für allgemeine Winkel ist, bei Verwendung des Supplementwinkels, der maximale Winkelfehler von beta ca. , wenn der Winkel alpha nahezu 0° bzw. 180° ist. Das wäre bei einem Radius r von zum Beispiel 100 km ein maximaler Fehler an der Sehne von 2,2 mm.

Näherung für Winkelweiten größer 0° bis 90°

Im Jahr 2011 sandte Chris Alberts eine außerordentlich gute Näherung einer Winkeldreiteilung an Rouben Rostamian (University of Maryland, Baltimore County).

Rostamian hat die Konstruktion von Alberts umformuliert und neu geordnet, aber die Unterschiede zum Original sind, so sagt er, nur kosmetisch.[15] Zu Beginn der Konstruktionsbeschreibung verweist er auf eine Erläuterung („Explanation here“) in der er auch die Gründe aufzeigt, weshalb von dieser Konstruktion keine Bilder zu sehen sind. Nichtsdestotrotz ist die im Folgenden dargestellte Konstruktion allein mithilfe Rostamians Beschreibung machbar.

Konstruktion

(Übersetzung)

Näherungskonstruktion für Winkel größer 0° bis 90°
Animation mit Schrittgrößen ca. 3°, aus Gründen der Übersichtlichkeit sind die Punkte ohne Beschriftung

Betrachte den Kreisbogen auf dem Kreis , der in zentriert ist (siehe Bild). Angenommen, der Winkel liegt zwischen und Grad, dann gehe folgendermaßen vor, um zu teilen:[15]

  1. Zeichne den Kreis um mit einem Radius die Schnittpunkte mit den Strecken bzw. sind bzw.
  2. Ziehe den Kreis (grün dargestellt) um durch den Punkt
  3. Es sei der Mittelpunkt der Strecke Zeichne eine Linie ab parallel zu durch die Kreislinie von bis zum Kreis die Schnittpunkte sind bzw.
  4. Es sei der Mittelpunkt der Strecke Ziehe eine Linie ab durch bis sie den Kreis in schneidet.
  5. Zeichne eine Linie ab parallel zu und wähle den Punkt darauf so, dass ist.
  6. Verlängere die Strecke bis sie den Kreis in schneidet.
  7. Ziehe die Linie und verlängere sie, bis sie den Kreis in schneidet.
Hinweis: Sieht man sich die Zeichnung genau an, ist zu erkennen, dass sich die Strecken und nicht überdecken, d. h. nicht kollinear sind.
  1. Es sei diagonal gegenüber dem Punkt im Kreis Ziehe eine Linie ab parallel zu und wähle den Punkt darauf so, dass der Abstand ist.
Hinweis: Die Strecke ist keine Verlängerung der Strecke
  1. Verlängere die Strecke bis sie den Kreis in schneidet.
  2. Spiegle an der Strecke um den Punkt zu erhalten.

Der Winkel ist nahezu gleich einem Drittel des Winkels

Fehleranalyse

Rostamian führte eine Fehleranalyse durch u. a. mit folgenden Ergebnissen: Die obigen Konstruktionsschritte (1. – 10.) beinhalten drei Stufen der Näherungsgrade, d. h. drei unterschiedliche Fehlergrößen im Bereich zwischen und :

  • Stufe 1: Nach dem 5. Schritt ist die Differenz des Winkels zu einem exakt gedrittelten Winkel max.
  • Stufe 2: Nach dem 7. Schritt ist die Differenz des Winkels zu einem exakt gedrittelten Winkel nur noch max.
  • Stufe 3: Nach dem 10. Schritt hat der Winkel zu einem exakt gedrittelten Winkel den hervorragenden kleinen Differenzwert von max. [15]

Die dargestellte Konstruktion wurde mit der Dynamische-Geometrie-Software (DGS) GeoGebra angefertigt; darin werden in diesem Fall die Winkelgrade mit signifikanten dreizehn Nachkommastellen angezeigt. Die sehr kleinen Fehler des Winkels sprich, die Differenzwerte aus werden deshalb von GeoGebra stets mit angezeigt.

Verdeutlichung des absoluten Fehlers

Der Differenzwert von max. entspricht einem absoluten Fehler der – nicht eingezeichneten – Sehne der sich wie folgt ergibt:

Hätten die Winkelschenkel die Länge gleich 1 Billion km (das Licht bräuchte für diese Strecke fast 39 Tage), wäre der absolute Fehler der Sehne ca. 2,32 mm.

Kurven

Als Trisektrix bezeichnet man eine Kurve, die das exakte Dritteln eines Winkels mit Zirkel und Lineal ermöglicht. Die Existenz beziehungsweise Konstruierbarkeit der Kurve mit anderen Mitteln als Zirkel und Lineal ist hierbei gegeben und unter Zuhilfenahme dieser Kurve als einziges zusätzliches Hilfsmittel ist es dann möglich einen Winkel zu dritteln. Im Gegensatz zur reinen Konstruktion mit Zirkel und Lineal können Punkte so nicht nur durch den Schnitt von Geraden und Kreisen konstruiert werden, sondern auch durch den Schnitt von Geraden und Kreisen mit der gegebenen Kurve. Die Gesamtheit der Kurvenpunkte selbst ist dabei aber nicht mit Zirkel und Lineal konstruierbar, weshalb die Verwendung einer solchen Kurve eine Verletzung der klassischen Regeln zur Winkeldreiteilung darstellt.

Dreiteilung des Winkels mithilfe einer einzigen Hyperbel; die Kreissehne (grün) ist konstant.

“Eine von der [...] allgemeinen Methode etwas abweichende, hübsche und einfache geometrische Lösung unseres Problems der Dreiteilung des Winkels ist die folgende, bei welcher die Konstruktion einer einzigen Hyperbel in Verbindung mit einem Kreis nötig wird.”

K. Matter: ZOBODAT[17]

Literatur

  • Stefan Permesser: „Du Winkeldreiteiler!“ Diplomarbeit, Universität Wien 2017
  • Nikolai Antonowitsch Dolleschal: Трисекция угла (Dreiteilung des Winkels). In: Zeitschrift «Наука и Жизнь» (Wissenschaft und Leben), 3/1998 (nkj.ru).
  • Underwood Dudley: The Trisectors, Mathematical Association of America, 1996.
  • Underwood Dudley: A budget of trisections. Springer Verlag, 1987.

Weblinks

Wikibooks: Dreiteilung des Winkels – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. Stephan Hartmann: 1Historisches. (PDF) In: Euklidische Konstruktionen. TU München, 27. April 2004, abgerufen am 27. November 2020.
  2. a b c A. Jackter: History of Mathematics. In: The Problem of Angle Trisection in Antiquity. Rutgers University Press, 2000, abgerufen am 27. November 2020.
  3. Rieke Deimer: 1.2 Historisches. (PDF) In: DieQuadratrix. Universität Mainz, 6. Januar 2017, abgerufen am 27. November 2020.
  4. Norbert Helderman: Die Dreiteilung des Winkels mit Hilfe der Konchoide. (PDF) Heldermann-Verlag, 4. November 2007, abgerufen am 27. November 2020.
  5. a b c Dietmar Herrmann: Die antike Mathematik; Eine Geschichte der griechischen Mathematik, ihrer Probleme und Lösungen, Springer-Verlag, 2013, S. 155, Pkt. 3. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), abgerufen am 21. August 2020
  6. a b Regina Bruischütz: Winkeldreiteilung - Konstruktion mit zusätzlichen Hilfsmitteln. 5. Winkeldreiteilung mit Hyperbeln (nach Pappus ca. 300 n. Chr.). Universität Bayreuth, 1997, abgerufen am 29. Juli 2020.
  7. Underwood Dudley: What to do when the trisector comes. Missouri University of Science and Technology, 1983, abgerufen am 21. November 2020 (englisch). siehe auch Mathematical Intelligencer, Band 5, 1983, Nr. 1, und in seinem Buch dazu
  8. Wantzel: Recherches sur les moyens de reconnaître si un problème de Géométrie peut se résoudre avec la règle et le compas. In: Journal de Mathématiques Pures et Appliquées (= 1. Band 2). 1837, S. 366–372 (mathdoc.fr [PDF; abgerufen am 14. November 2020]).
  9. Craig Smorynski: History of Mathematics: A Supplement. Springer, 2007, ISBN 978-0-387-75480-2, S. 130 (google.com).Zur historischen Einordnung von Wantzels Beweis in die frühere Arbeit von Ruffini und Abel und zum zeitlichen Vergleich mit Galois.
  10. a b Hans Humenberger: Elementarmathematische Betrachtungen zum Delischen Problem und zur Winkeldreiteilung. In: Internat. Math. Nachrichten Nr. 219, 25-43. 2012, S. 38–40 (univie.ac.at [PDF; abgerufen am 14. November 2020]).
  11. C. Stanley Olgivy: Excursions in Geometry. Dover 1990, ISBN 0-486-26530-7, S. 139-140.
  12. Underwood Dudley: The Trisectors. 2. Auflage. MAA Spectrum, 1994, ISBN 0-88385-514-3, S. 14–16 (Anmerkung: Dudley schreibt fälschlicherweise Bricard statt Brocard und Glatin statt Glotin)
  13. Ludwig Bieberbach: Zur Lehre von den kubischen Konstruktionen, Journal für die reine und angewandte Mathematik. H. Hasse und L. Schlesinger, Band 167, Walter de Gruyter, Berlin 1932, S. 142–146, DigiZeitschriften, Bild auf S. 144 abgerufen am 6. Juni 2018.
  14. Matthias Sebastian Konzett: 3.5.1.Lösung mittels Origamics. Unmöglich möglich? Universität Wien, 3. September 2012, S. 46 ff, abgerufen am 23. November 2020.
  15. a b c Rouben Rostamian: An angle trisection. University of Maryland, Baltimore County, 23. März 2011, abgerufen am 3. Februar 2020.
  16. Justin Seago: The Maclaurin Trisectrix. CR College of the Redwoods, 8. Dezember 2008, abgerufen am 1. September 2020.
  17. K. Matter: Zur Trisektion des Winkels. Fig.a. Dreiteilung eines Winkels mit Hilfe einer Hyperbel. In: Mitteilungen der Thurgauischen Naturforschenden Gesellschaft. Band 25, 1902, S. 21 ff. (zobodat.at [PDF] [abgerufen am 29. Juli 2020]).