3,3-Dimethylbutyraldehyd

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Strukturformel
Strukturformel von 3,3-Dimethylbutyraldehyd
Allgemeines
Name 3,3-Dimethylbutyraldehyd
Andere Namen
  • 3,3-Dimethylbutanal (IUPAC)
  • 3-Methylisovaleraldehyd
  • tert.-Butylacetaldehyd
  • Neohexanal
Summenformel C6H12O
Kurzbeschreibung

klare Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 2987-16-8
EG-Nummer 221-054-3
ECHA-InfoCard 100.019.141
PubChem 76335
ChemSpider 68812
Wikidata Q18130802
Eigenschaften
Molare Masse 100,16 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,798 g·cm−3 bei 25 °C[1]

Schmelzpunkt

− 24 °C[2]

Siedepunkt

104 – 106 °C[1]

Dampfdruck

33 mbar bei 20 °C[2]

Löslichkeit

wenig löslich in Wasser (7,6 g/l)[2]

Brechungsindex

1,4062 (25 °C, 589 nm)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 225​‐​315​‐​319​‐​335
P: 210​‐​302+352​‐​305+351+338[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

3,3-Dimethylbutyraldehyd ist ein verzweigter gesättigter aliphatischer Aldehyd mit unangenehmem Geruch, der im Wesentlichen als Molekülbaustein in Duftstoffsynthesen und für den Süßstoff Neotam[4] dient.

Vorkommen und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

3,3-Dimethylbutanal wird als Vorstufe des in Öl- und Gasvorkommen relativ selten vorkommenden Kohlenwasserstoffs Neopentan[5] postuliert und könnte durch mikrobiellen Abbau verzweigter Alkane entstanden sein.

Für die chemische Herstellung von 3,3-Dimethylbutyraldehyd wurden, insbesondere im Rahmen der Ausarbeitung von alternativen Neotamsynthesen, eine Vielzahl von Verfahren vorgeschlagen, von denen sich die meisten nicht für einen industriellen Prozess eignen.[6]

Bei der Alkylierung von Isobuten mit Ethylen in Gegenwart von konzentrierter Schwefelsäure entstehen Schwefelsäureester des 3,3-Dimethyl-1-butanols, die sich leicht zum auch als Neohexanol bezeichneten Alkohol hydrolysieren lassen (Ausbeute 70–75 %).[7]

Synthese von 3,3-Dimethylbutanal aus Isobuten
Synthese von 3,3-Dimethylbutanal aus Isobuten

Neohexanol wird in der Gasphase an einem Kupfer-Kontakt katalytisch mit hoher Produktivität und Selektivität zu Neohexanal dehydriert.

Unter milderen Bedingungen erfolgt die Alkylierung von 1,1-Dichlorethen mit tert-Butylchlorid oder tert-Butanol in Gegenwart von konz. Schwefelsäure und anschließender Hydrolyse zur 3,3-Dimethylbuttersäure (tert-Butylessigsäure) mit 70 %iger Ausbeute.[8]

Synthese von 3,3-Dimethylbutanal über 3,3-Dimethylbuttersäure
Synthese von 3,3-Dimethylbutanal über 3,3-Dimethylbuttersäure

Um den hohen Chloridgehalt in der 3,3-Dimethylbuttersäure zu reduzieren, muss relativ umständlich ein hochsiedender Ester, z. B. mit 2-Ethylhexanol gebildet und fraktioniert, der Ester an einem Kupferchromitkontakt zum 3,3-Dimethylbutanol hydriert und anschließend mit einer Gesamtausbeute von ca. 80 % zum 3,3-Dimethylbutanal dehydriert werden.

In einer neueren Synthesevariante wird unter Katalyse mit Aluminiumtrichlorid AlCl3 Vinylacetat mit tert-Butylchlorid in hoher Ausbeute (92 %) zu 1-Chlor-3,3-dimethylbutylacetat alkyliert, das anschließend fast quantitativ zu 3,3-Dimethylbutyraldehyd hydrolysiert werden kann.[9]

Synthese von 3,3-Dimethylbutanal aus Vinylacetat
Synthese von 3,3-Dimethylbutanal aus Vinylacetat

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

3,3-Dimethylbutyraldehyd eine klare, farblose Flüssigkeit, die „stinkt“[1] und sich in Methanol und Tetrahydrofuran,[10] aber wenig in Wasser löst. Die Substanz ist als Flüssigkeit und Dampf feuergefährlich und stark augenreizend.

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

3,3-Dimethylbutanal ist ein wichtiges Zwischenprodukt bei der Synthese von Hexahydrobenzofuranen oder -chromenen der allgemeinen Struktur (X = -CH2- oder –(CH2)2-),

Benzofuranderivat Duftstoff
Benzofuranderivat Duftstoff

die begehrte Duftnoten wie z. B. eine Kombination von „ambra“ und „holzig“ aufweisen.[11]

Die wichtigste Anwendung von Neohexanal ist als Baustein für den synthetischen Süßstoff Neotam, der durch reduktive Aminierung von Aspartam durch 3,3-Dimethylbutanal mit Wasserstoff an einem Palladium-Kontakt in ca. 65 % Ausbeute erhalten wird.[10]

Synthese des Süßstoffs Neotam
Synthese des Süßstoffs Neotam

Die schwierige korrekte Dosierung und gleichmäßige Verteilung extrem süßer Zuckeraustauschstoffe, z. B. in Backwaren, und der unerwünschte langanhaltende Süßgeschmack – zusammen mit dem Aufkommen der natürlichen Steviolglycoside wie Steviosid und Rebaudiosid A – haben einen signifikanten kommerziellen Erfolg des synthetischen Süßungsmittels Neotam verhindert.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klaus Roth, Erich Lück: The Saccharin Saga – Part 11. Chemie in unserer Zeit/Wiley-VCH, 4. September 2016, abgerufen am 20. Dezember 2020.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Claude Nofre, Jean-Marie Tinti: Neotame: discovery, properties, utility. In: Food Chem. 69(3), S. 245–257 (2000), doi:10.1016/S0308-8146(99)00254-X

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Datenblatt 3,3-Dimethylbutyraldehyd bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 18. Dezember 2020 (PDF).
  2. a b c Datenblatt 3,3-Dimethylbutyraldehyde bei Alfa Aesar, abgerufen am 18. Dezember 2020 (Seite nicht mehr abrufbar).
  3. Carl L. Yaws: Thermophysical Properties of Chemicals and Hydrocarbons, 2nd Edition. Elsevier Inc., Oxford, UK 2015, ISBN 978-0-323-28659-6, S. 120.
  4. K. Satyavathi, P.B. Raju, K.V. Bupesh, T.N.R. Kiran: Mini Review: Neotame: High Intensity Low Caloric Sweetener. In: Asian J. Chem. Band 22, Nr. 7, 2010, S. 5792–5796 (asianjournalofchemistry.co.in).
  5. O.P. Strausz, K.N. Jha, D.S. Montgomery: Chemical composition of gases in Athabasca bitumen and in low-temperature thermolysis of oil sand, asphaltene and maltene. In: Fuel. Band 56, Nr. 2, 1977, S. 114–120, doi:10.1016/0016-2361(77)90128-4.
  6. Patent EP2093208B1: Process for the preparation of 3,3-dimethylbutanal. Angemeldet am 26. August 2009, veröffentlicht am 16. Oktober 2013, Anmelder: The NutraSweet Co., Erfinder: J.R. Ebner, Z. Guo, A. Herschman, L.M. Klein, W.D. McGhee, M.D. Paster, I. Prakash.
  7. S.K. Tanielyan, R.L. Augustine: Synthesis of 3,3-dimethylbutanol and 3,3-dimethylbutanal, important intermediates in the synthesis of Neotame. In: Top. Catal. Band 55, 2012, S. 625–630, doi:10.1007/s11244-012-9841-2.
  8. Patent US3637821: Process for the production of substituted acetic acids. Angemeldet am 11. August 1966, veröffentlicht am 25. Januar 1972, Anmelder: Chemische Werke Hüls AG, Erfinder: K. Bott.
  9. Patent EP2738153B1: Preparation method for 3,3-dimethyl butyraldehyde. Angemeldet am 4. Mai 2012, veröffentlicht am 25. November 2015, Anmelder: Jinan Chenghui Shuangda Chemical Industry Co., Ltd., Erfinder: J. Hu, D. Yu, Q. Jiang, Y. Yang.
  10. a b Patent WO9832767A1: Method for preparing and purifying an n-alkylated aspartame derivative. Angemeldet am 29. Januar 1998, veröffentlicht am 30. Juli 1998, Anmelder: The Nutrasweet Co., Erfinder: I. Prakash.
  11. Patent WO2016083372A1: Hexahydrobenzofurane und Hexahydrochromene – Verfahren zur Herstellung und ihre Verwendung als Duftstoffe. Angemeldet am 24. November 2015, veröffentlicht am 2. Juni 2016, Anmelder: Symrise AG, Erfinder: B. Hölscher, J. Panten, H. Surburg.