Bisses

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. März 2023 um 01:22 Uhr durch InternetArchiveBot (Diskussion | Beiträge) (InternetArchiveBot hat 1 Archivlink(s) ergänzt und 0 Link(s) als defekt/tot markiert.) #IABot (v2.0.9.3). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Bisses
Gemeinde Echzell
Koordinaten: 50° 24′ N, 8° 54′ OKoordinaten: 50° 23′ 48″ N, 8° 54′ 10″ O
Höhe: 130 (124–138) m ü. NHN
Fläche: 2,31 km²[1]
Einwohner: 669 (Mai 2011)[2]
Bevölkerungsdichte: 290 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Oktober 1971
Postleitzahl: 61209
Vorwahl: 06008

Bisses ist ein Ortsteil der Gemeinde Echzell im hessischen Wetteraukreis. Der Ort liegt nordöstlich von Echzell in der Wetterau. Westlich des Ortes fließt die Horloff.

Geschichte

Limes

Der Limes verlief am westlichen Ortsrand vorbei. Etwa 800 m entfernt von dem südlichen Siedlungsrand des damaligen Dorfes wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts Reste eines römischen Kastells auf der "Haselheck" entdeckt.[3]

Ortsname und Ersterwähnung

Der Ort wurde wahrscheinlich um 800 bis 900 n. Chr. besiedelt. Der Ortsname Bisses wird hergeleitet von „Biso.“[4] Demnach bedeutet Bisses „Heim des Biso.“[5] Allerdings hat Karl Weigand den Namen Bisses von mittelhochdeutsch „biscz“ abgeleitet und als „unfruchtbaren unergiebigen Boden“ und „Misswachs“ gedeutet.[6]

Das Dorf soll im 12. Jahrhundert gegründet worden sein.[7]

Die älteste erhaltene Erwähnung von Bisses stammt vom 24. Juli 1361: Der Edelknecht „Wernher von Byeses“ und seine Frau Else verkauften dem Propst Rudolf Rule zu Wetzlar an diesem Tag Güter in Rendel.[8]

Aus dieser Zeit stammte wahrscheinlich die Wasserburg Bisses am östlichen Rand des Dorfes. Diese Burg spätestens nach dem Dreißigjährigen Krieg zerstört war.

Am 23. Mai 1384 bekannte der Edelknecht Friedrich von Echzell eine Stiftung für sich und seine verstorbene Frau Gude von einem Hof zu Bisses. Der wurde „Bunenhof“ genannt und lag neben dem Hof von Rupiln Zymmermann.[9]

Burglehen

Das fuldische Burglehen befand sich vom Ende des 14. bis Mitte des 15. Jahrhunderts im Besitz der Herren von Lüder, kam dann in den Besitz der Herren von Doernberg, bevor es die Familie von Buchenau am Anfang des 17. Jahrhunderts übernahm. Danach kam es durch Einheirat an die Herren von Nagel. Am Anfang des 18. Jahrhunderts wurde ein Teil des Burggutes von den Freiherren von Sell ererbt.[10] Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde im Dorf ein großes Haus von den Besitzern des Burggutes erbaut, das seine Sonderstellung schon dadurch erhält, dass es traufseitig zur Straße steht, während die übrigen Häuser giebelseitig gebaut wurden. Bis 1781 hatten die Freiherren von Nagel die Patrimonialgerichtsbarkeit über Bisses.[11] Das Burggut wurde am 12. Mai 1783 von der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt für 23.600 Gulden gekauft.[12]

1830 lebten im Dorf 323 Einwohner, von denen 41 jüdischen Glaubens waren, alle anderen evangelisch. 29 waren Bauern, 19 andere „Professionisten.“ Der Ort bestand aus 54 Häusern.[13]

Hexenverfolgung

Die Hexenverfolgung im Amt Bingenheim geschah während der Regentschaft von Landgraf Wilhelm Christoph (Hessen-Homburg). Darüber berichtet eine zeitgenössische Chronik: „Erster Brandt der Schweinhirt von Bisses, welchem der bös feeindt den Halß zerbrochen im gefängniß.“ Dies geschah am 9. November 1652.[14] Im gleichen Jahr wurde „der Jud Löw von Bisses lebendig verbrannt.“[15] Eine Frau starb im Sommer 1653 während der Folter.

Schule

Eine Schule bestand in Bisses vermutlich seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts. Seit 1651 sind Lehrer in Bisses nachweisbar.[16] Nach dem Weggang der Familie von Nagel wurde die große Stube in ihrem Haus zur Schulzwecken bis 1881 genutzt. In diesem Jahr wurde die neue Schule eingeweiht.[17] Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchten bis zur Eingemeindung nach Echzell auch die Kinder aus Grund-Schwalheim die Schule in Bisses.

Territorialgeschichte

Im Mittelalter gehörte Bisses zur Fuldischen Mark und lag im Gebiet des Echzeller Forsts[18] Die nordöstliche Grenze der Fuldischen Mark bildete die Landwehr an der Grenze zu Utphe, „einen bedeutenden Graben, welcher sich zwischen der Grund-Schwalheimer, Echzeller und Bisher Gemarkungsgrenzen, in einer gleich bleibenden Breite von etwa 8 Klaftern hinzieht.“ Um 1830 soll der Graben noch mit „Gebüsch und uralten Bäumen bewachsen gewesen sein.“[19] Das Gebiet war später das Amt Bingenheim.

Im Dreißigjährigen Krieg litt das Dorf wie auch die übrige Fuldische Mark besonders 1622 unter den Truppen des Peter Ernst II. von Mansfeld. Das Mansfeldsche Kriegsschadensregister nennt allein 36 betroffene Personen in Bisses.

Die Ämter-Struktur wurde im Großherzogtum Hessen 1821 aufgelöst.

Die bisher von den Ämtern wahrgenommenen Aufgaben wurden Landräten (zuständig für die Verwaltung) und Landgerichten (zuständig für die Rechtsprechung) übertragen.[20] Bisses kam so zum Landratsbezirk Nidda und zum Landgericht Nidda. Die gerichtliche Zuständigkeit wechselte 1879 zum Amtsgericht Nidda.

Bisses gehörte seit 1832 zum Kreis Nidda und kam 1874 nach einer Verwaltungsreform zum Landkreis Büdingen. 1972 fusionierte der Landkreis Büdingen mit dem Landkreis Friedberg (Hessen) zum Wetteraukreis.

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Bisses zum 1. Oktober 1971 auf freiwilliger Basis als Ortsteil nach Echzell eingemeindet.[21] Ein Ortsbezirk nach der Hessischen Gemeindeordnung wurden nicht errichtet.

Das moderne Bisses

Im Ort gibt es eine Seniorenresidenz. Noch immer hat Bisses seinen Charakter als Straßendorf erhalten, obwohl es seit den 1970er Jahren erhebliche Änderungen im Dorfbild gab.[22]

Statistik

Fläche

  • 1854: 1255 Morgen, davon 990 Äcker, 265 Wiesen[23]
  • 1961: 231 ha, davon 78 Wald (= 33,77 %)[1]

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

Bisses: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011
Jahr  Einwohner
1834
  
315
1840
  
340
1846
  
348
1852
  
350
1858
  
318
1864
  
303
1871
  
316
1875
  
284
1885
  
270
1895
  
307
1905
  
296
1910
  
283
1925
  
279
1939
  
253
1946
  
355
1950
  
383
1956
  
336
1961
  
328
1967
  
357
1970
  
366
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
669
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[2]

Religionszugehörigkeit

Religion

Evangelische Kirche in Bisses. Im Dachreiter (Glockenturm) befindet sich eine silberne Glocke, die sich auch im Ortswappen wiederfindet.

Kirchengeschichte

Im Spätmittelalter waren Bisses, Grund-Schwalheim, Gettenau, Reichelsheim mit Bingenheim Teil des Kirchensprengels Echzell.[24] "Echzel cum Bisses" (Echzell mit Bisses) gehörte zum Archidiakonat St. Maria ad Gradus (Mainz).[25]

Die Evangelische Kirche Bisses wurde 1503 in der Spätgotik erbaut.[26]

Von 1552 bis 1857 war Bisses eine Filiale der Kirche Echzell. Die Diakone aus Echzell betreuten die Gemeinde in Bisses. Dann wurde Bisses eigenständige Kirchengemeinde. Aber bereits ab dem Jahre 1900 wurde die Gemeinde nur noch im Spezialvikariat verwaltet. 1983 wurden Bisses und Gettenau pfarramtlich verbunden. Seit 2007 werden die evangelischen Kirchengemeinden in Echzell und Bisses wieder von einem gemeinsamen Pfarrer betreut. Bis zu seinem Ruhestand 2014 war dies Pfarrer Heinz Weber.

Jüdische Gemeinde

Erstmals wird ein Jude in Bisses 1575 erwähnt. Auch 1624 lebten Juden hier. Von den jüdischen Einrichtungen im Dorf blieb der Friedhof, der 1886 erweitert wurde, erhalten. Hier war auch im 19. Jahrhundert die Begräbnisstätte für Juden aus Berstadt.[27] Der jüdische Friedhof befindet sich am Ostrand des Dorfes.[28] Außerdem gab es in Bisses eine jüdische Schule und eine Synagoge. Diese wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Echzell verlegt. Im Ersten Weltkrieg dienten neun jüdische Mitbürger als Soldaten, zwei fielen. 21 jüdische Mitbürger aus Bisses wurden in Konzentrationslagern ermordet.[29] Nur eine jüdische Familie konnte rechtzeitig emigrieren.

Sehenswürdigkeiten

  • evangelische Kirche Bisses
  • Jüdischer Friedhof
  • Straßendorf mit giebelständigen Häuserreihen
  • Die ehemaligen Gebäude der Familie von Nagel.[30]
  • Dorfteich

Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Bisses

Vereine

  • Freiwillige Feuerwehr Bisses
  • Apfelweinverein „Äppelwoifreunde Bisses“
  • Rollerclub Bisses

Literatur

  • Hugo Koch, Der Ortsteil Bisses. In: 1200 Jahre Echzell. 782–1982. Ursprung, Epochen und Strukturen einer Dörfergemeinschaft. Echzell 1982. ISBN 3-921142-45-8, S. 345–350.
  • Petra Stöppler, Walter Stoll, Familienbuch der evangelischen Kirchengemeinden Gettenau und Echzell. Gettenau und Bisses 2001. = Deutsche Ortssippenbücher hrsg. von der Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte. Bd. 639. ISBN 978-3-86424-011-9.
  • Heinrich Wagner, Kunstdenkmäler im Großherzogthum Hessen. Provinz Oberhessen. Kreis Büdingen. Darmstadt 1890. Zu Bisses: S. 23 f.
  • Literatur über Bisses nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Commons: Bisses – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Bisses, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/statistik.hessen.de
  3. Heinrich Wagner, Kunstdenkmäler im Großherzogthum Hessen. Provinz Oberhessen. Kreis Büdingen. Darmstadt 1890, S. 24.
  4. Wilhelm Christoph Friedrich Arnold, Ansiedlungen und Wanderungen Deutscher Stämme zumeist nach hessischen Ortsnamen. 1. Theil Marburg 1875, S. 428.
  5. Hugo Koch, Der Ortsteil Bisses, S. 345.
  6. Karl Ludwig Weigand, Oberhessische Ortsnamen. In: Archiv für hessische Geschichte VII, 1853, S. 247–332, S. 326.
  7. Karl Christian August Hoffmann, Ueber Echzell und die Fuldische Mark aus dem Nachlaß des verstorbenen Kirchenraths und ersten Pfarrers zu Echzell Dr. theol. Christian August Hoffmann zu Darmstadt. In: Archiv für Hessische Geschichte VII, 1856, S. 379–425, die Fuldische Mark, S. 394.
  8. Ludwig Baur, Arnsburger Urkundenbuch, Nr. 892, S. 546 f.
  9. Ludwig Baur, Hessische Urkunden. Bd. 1–5. Darmstadt 1860–1873, Bd. I, S. 790, Nr. 1184.
  10. Hugo Koch, Bisses, ‚S. 346.
  11. Georg Wilhelm Justin Wagner, Statisch=topographisch=historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen. Bd. 3 Oberhessen. Darmstadt 1830, S. 30 f.
  12. Hugo Koch, Bisses, S. 346.
  13. Georg W. Wagner, Beschreibung, S. 30 f.
  14. Georg Schäfer, Die Hexe von Bingenheim. Oberhessischer Volksroman aus den Zeiten der Hexenprozesse mit Benutzung der vorhandenen Originaltexten (1652–1660). Lauterbach 1898, darin Verzeichnis des Schultheiß Schöffer, S. 64.
  15. Reiner Isheim, Verzeichnis der Hexenprozesse in der Landgrafschaft Hessen-Bingenheim. In: Echzeller Geschichtshefte 10, 1997, S. 3–17, S. 4 f.
  16. Wilhelm Diehl, Hassia sacra, Bd. X, S. 148.
  17. Hugo Koch, Bisses, S. 347.
  18. Georg Landau, Beschreibung des Gaues Gaues Wettereiba. Kassel 1855, S. 12 f.
  19. Karl Christian August Hoffmann, Ueber Echzell und die Fuldische Mark aus dem Nachlaß des verstorbenen Kirchenraths und ersten Pfarrers zu Echzell Dr. theol. Christian August Hoffmann zu Darmstadt. In: Archiv für Hessische Geschichte VII, 1856, S. 379–425, die Fuldische Mark, S. 388.
  20. Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (412) (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  21. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 15. September 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 39, S. 1603, Punkt 1320; Abs. 5. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 9,2 MB]).
  22. Hugo Koch, Bisses, S. 350.
  23. Philipp Alexander Ferdinand Walther, Das Großherzogthum Hessen nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. Darmstadt 1854, S. 450.
  24. Gerhard Kleinfedt, Hans Weirich, Die mittelalterliche Kirchenorganisation in Hessen und Nassau. = Schriften des Instituts für gesch. Landeskunde. Stück XVI. Marburg 1937, S. 126.
  25. Stephan Alexander Würdtwein, Dioecesis Moguntia in Archidiaconatus distincta. Bd. I-IV. 1767 – 1790. III.
  26. Georg Dehio, Ernst Gall, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Südliches Hessen., S. 78.
  27. Eugen Rieß, Willy Roth. Berstadt. 2 Bde. Rockenberg 2005. ISBN 3-923907-08-7, Bd. 2, S. 71 f.
  28. Bisses. In: Denkmaltopographie Wetteraukreis I, S. 209–214.
  29. Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang – Untergang – Neubeginn. 1971. Bd. I, S. 147 f; Dietrich Lucius, Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Echzell und Bisses. In: 1200 Jahre Echzell. 782–1982. Ursprung, Epochen und Strukturen einer Dörfergemeinschaft. Echzell 1982 S. 208–211.
  30. Heinrich Wagner, Kunstdenkmäler, S. 24.