Backsteinromanik
Backsteinromanik ist ein Stil- und Epochenbegriff der Architekturgeschichte. Der Begriff bezeichnet romanische Bauten aus dem Baustoff Backstein und ist wie die nachfolgende Backsteingotik geographisch auf den norddeutschen und den Ostseeraum eingegrenzt. Bauten anderer Regionen werden mit „romanischer Backsteinkirche“ und ähnlichen beschreibenden Formulierungen bezeichnet.
Im Vergleich zur „Backsteingotik“ ist die „Backsteinromanik“ ein weniger etablierter Begriff und findet seltener Verwendung. Dies liegt zum einen daran, dass sich in romanischer Zeit im Ostseeraum noch nicht ein so ausgeprägter Baustil entwickelt hatte, zum anderen daran, dass relativ wenig Bauten überliefert sind. Vielen der Hauptwerke der Backsteingotik gingen jedoch backsteinromanische Vorgängerbauten voraus, die zum Teil noch in den gotischen Bauten erkennbar sind. Bei fast allen erhaltenen Gebäuden handelt es sich um Kirchen. Von der Begriffsbildung her steht die backsteinromanische Kirche im Gegensatz zur zumeist älteren Feldsteinkirche, die aus Lesesteinen und Findlingen errichtet wurde. Diese wurden in Holstein auch als Vizelinkirchen bezeichnet. Die runden Lesesteine beschränkten den Bauherren in der Größe des Bauwerks, mehr als der Bau von Dorfkirchen war mit diesem Material und in dieser Bauweise baustatisch nicht möglich. Der monumentale Backsteinbau wurde erst mit zunehmender Perfektion der Ziegelbauweise möglich. In Dänemark sind aus der romanischen Zeit auch noch Rundkirchen als Feldsteinkirchen erhalten.
Als älteste Backsteinkirche Nordeuropas gilt die St.-Johannis-Kirche in Oldenburg (Holstein). Die ersten monumentalen Kirchenbauten waren die von Heinrich dem Löwen gestifteten Dome von Ratzeburg und von Lübeck, mit deren Bau kurz nach 1160 begonnen wurde. Der Lübecker Dom wurde 1266 bis 1335 zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut. Für Skandinavien ist besonders der stilistisch eigenständige Dom von Roskilde bedeutend, dessen Bau in den 1170er Jahren begonnen wurde und der als Begräbnisstätte der dänischen Könige diente. Einen letzten Höhepunkt und gleichzeitig den Übergang zu gotischen Bauformen markiert das Zisterzienserkloster Lehnin in der Mark Brandenburg.
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Apsis der Klosterkirche Lehnin
Liste der backsteinromanischen Kirchen
Deutschland
Stadt | Gebäude | Datierung und Besonderheiten |
Altenkirchen | Pfarrkirche | Baubeginn wahrscheinlich um 1185; in unmittelbarer Nähe zur vormaligen slawischen Kultstätte für den Gott Swantewit auf Kap Arkona errichtet; Dorfkirche |
Altenkrempe | Basilika | zwischen 1190 und 1240 entstanden |
Bad Segeberg | Marienkirche | |
Bergen auf Rügen | St. Marienkirche (Bergen) | |
Eutin | St. Michaelis | |
Gadebusch | Stadtkirche St. Jakob und St. Dionysius | spätromanisch; Baubeginn um 1220 |
bei Greifswald | Kloster Eldena | Ruine; aus romanischer Zeit sind Teile des südlichen Querschiffs und des Chores enthalten, die vor 1249 entstanden |
Jerichow | Klosterkirche | 12. Jahrhundert (Stiftskirche 1149 – 1172); ehem. Prämonstratenserkloster; ältester Backsteinbau östlich der Elbe |
Kloster Lehnin | Kloster Lehnin | Bau etwa 1185 bis 1235, Umbauarbeiten bis 1260 |
Lübeck | Dom | das romanische Hauptschiff steht in deutlichem Kontrast zum gotischen Chor |
Lübow | Dorfkirche | Baubeginn erste Hälfte des 13. Jahrhunderts; wahrscheinlich Residenzkirche der nahegelegenen Burg Mecklenburg |
Mölln | St. Nicolai | Anfang des 13. Jahrhunderts |
Neubukow | Pfarrkirche | zweischiffige Hallenkirche |
Neukloster | Klosterkirche | vor 1227 |
Oldenburg in Holstein | St.-Johannis-Kirche | Hauptbauzeit 1156-1160; älteste Backsteinkirche Nordeuropas; romanisch |
Ratzeburg | Dom | Hauptbauzeit 1160–1220; erster vollständiger Backsteinbau im ostelbischen Raum |
Rehna | Kloster Rehna | spätromanische, einschiffige Klosterkirche |
Rieseby | Dorfkirche | um 1220/1230 |
Schaprode | Dorfkirche | erste Hälfte des 13. Jahrhunderts |
Schlagsdorf | Dorfkirche | erste Hälfte des 13. Jahrhunderts |
Schleswig | Dom | 1134 bis um 1200; Baumaterialien waren Granit, Tuffstein und Backstein; 1275 bis 1300 gotisch erweitert |
Vietlübbe (Gemeinde Dragun) | Dorfkirche | frühes 13. Jahrhundert; regelmäßiger Kreuzgrundriss |
Polen
Stadt | Gebäude | Datierung und Besonderheiten |
Kamień Pomorski | Camminer Dom St. Johannes | nach 1175 bis gegen 1250 |
Kołbacz | Zisterzienserkloster | Bau Basilika kurz nach 1200 begonnen |
Oliva | Zisterzienserkloster | nach 1178 |
Dänemark
Stadt | Gebäude | Datierung und Besonderheiten |
Kalundborg | Marienkirche | etwa 1170 bis 1200 errichtet; Zentralkirche auf griechischem Kreuz mit Zentralturm und vier fast ebenso hohen Fialtürmen |
Ledøje | Residenzkirche | um 1225 |
Ringsted | St. Benediktus-Kirche | Bauzeit 1163 bis 1170; einer der ersten Sakralbauten aus Ziegelstein in Nordeuropa; Basilika |
Roskilde | Dom zu Roskilde | Hauptbauzeit 1170–1280; auf der Liste des UNESCO-Welterbes; Grabkirche der Dänischen Könige |
Sorø | Zisterzienserkloster | nach 1161; Basilika |
Schweden
Stadt | Gebäude | Datierung und Besonderheiten |
Gumlösa | Pfarrkirche | 1192 geweiht; ältester Ziegelbau Südschwedens (damals Teil Dänemarks) |
Linköping | Dom |
Literatur
- Wolf Karge: Romanische Kirchen im Ostseeraum. Rostock, Hinstorff 1996. ISBN 3-356-00689-4