Christoph Hein
Christoph Hein (* 8. April 1944 in Heinzendorf (Jasienica) bei Münsterberg (Ziębice), Schlesien) ist ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Essayist.
Leben
Christoph Hein wuchs in der Kleinstadt Bad Düben bei Leipzig auf. Da er als Sohn eines Pfarrers kein Arbeiterkind war und er keinen Platz an einer Erweiterten Oberschule bekam, ging er bis zum Mauerbau auf ein Westberliner Gymnasium. Nach dem Mauerbau arbeitete er als Montagearbeiter, Buchhändler, Kellner, Journalist, Schauspieler und Regieassistent. 1964 legte er sein Abitur an der Abendschule ab. In Berlin und Leipzig studierte er zwischen 1967 und 1971 Philosophie und Logik. Danach wurde er Dramaturg und Autor an der Volksbühne in Ost-Berlin. Seit 1979 arbeitet er als freier Schriftsteller.
Bekannt geworden ist Christoph Hein durch seine sehr erfolgreiche Novelle Der fremde Freund, die 1982 in der DDR veröffentlicht wurde und in Westdeutschland 1983 aufgrund des Titelschutzes als Drachenblut erschien. Sein erfolgreichstes Stück Die Wahre Geschichte des Ah Q wurde 1983 publiziert. Als Übersetzer bearbeitete er Werke von Jean Racine und Molière. Von 1998 bis 2000 war Christoph Hein erster Präsident des gesamtdeutschen PEN-Clubs, dessen Ehrenpräsident er seit Mai 2014 ist. Er war bis Juli 2006 Mitherausgeber der Wochenzeitung Freitag. Christoph Hein hat mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau, der Filmregisseurin Christiane Hein,[1] zwei Söhne, der jüngere ist der Schriftsteller und Arzt Jakob Hein. Seit 2011 ist Christoph Hein mit Opernsängerin Maria Husmann verheiratet. Hein ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Sächsischen Akademie der Künste.
Am 8. Oktober 2004 bestätigte der Berliner Kultursenator Thomas Flierl, dass mit Christoph Hein Vertragsverhandlungen über die Intendanz des Deutschen Theaters geführt werden. Hein sollte das Theater ab der Spielzeit 2006/2007 übernehmen und somit Nachfolger von Bernd Wilms werden, dessen Vertrag nicht verlängert wurde. Am 29. Dezember 2004 gab Hein nach zahlreichen Kritiken aus der Theaterwelt und der Presse auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er das Amt des Intendanten 2006 nicht antreten werde.
Christoph Heins Roman Willenbrock wurde 2005 von Andreas Dresen verfilmt. Lyrische Werke von Christoph Hein wurden 2009 von Hans-Eckardt Wenzel vertont, mit dem Hein 1990 im Film Letztes aus der Da Da eR vor der Kamera gestanden hatte.
Am 13. April 2011 wurde Christoph Hein mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Bad Düben geehrt.[2]
Der Germanist Hannes Krauss urteilte in Kindlers Literaturlexikon: „Obwohl Christoph Hein behauptet, ein Dramatiker zu sein, der als 'Fingerübung' gelegentlich Prosa verfasse, ist es gerade diese Prosa, die ihn international bekannt gemacht hat.“ [3] Seit der Veröffentlichung seiner Novelle Der fremde Freund zähle er zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren Deutschlands. Zuvor veröffentlichte Hein hauptsächlich Erzählungen, die in verschiedenen Jahrhunderten spielen. Viele dieser Erzählungen beschäftigten sich mit der Geschichte aus Sicht von Randfiguren. In einer Vielzahl seiner Prosa gehe es um die Liebe, jedoch seien seine Liebespaare nur selten glücklich, da sie durch ihr Alltagsleben, ihre Herkunft oder Erziehung nur schwer Zugang zu sich selbst oder anderen fänden.[3]
In seinen dramatischen Werken beschäftige sich Hein hauptsächlich mit den treibenden Kräften der Geschichte und gescheiterten Revolutionen. Jedoch seien „Heins historische Stücke [...] keine Historienstücke“, weil spezifische Ereignisse oder die Schicksale ‚großer Männer‘ der Weltgeschichte für ihn nebensächlich seien. In all seinen Stücken verweise er durch das Aufwerfen grundsätzlicher Fragen auch immer auf die Gegenwart.[3]
Werke
Stücke
- 1974: Schlötel oder Was solls. Eine Komödie.
- 1976: Vom hungrigen Hennecke. Ein Kinderspiel.
- 1979: Die Geschäfte des Herrn John D. Revue für Schauspieler.
- 1980: Cromwell. Ein Schauspiel.
- 1980: Lassalle fragt Herrn Herbert nach Sonja. Die Szene ein Salon. Schauspiel in drei Akten.
- 1982: Der neue Menoza oder Geschichte des kumbanischen Prinzen Tandi. Komödie nach Jakob Michael Reinhold Lenz.[A 1]
- 1983: Die wahre Geschichte des Ah Q.
- 1987: Passage. Ein Kammerspiel in drei Akten.
- 1989: Die Ritter der Tafelrunde.
- 1994: Randow. Eine Komödie.
- 1999: Bruch. Schauspiel in vier Akten.
- 1999: In Acht und Bann. Komödie in einem Akt.
- 1999: Zaungäste. Lustspiel.
- 1999: Himmel auf Erden. Lustspiel.
- 2000: Mutters Tag.
- 2002: Zur Geschichte des menschlichen Herzens oder Herr Schubart erzählt Herrn Lenz einen Roman, der sich mitten unter uns zugetragen hat. Komödie.
Prosa
- Die Witwe eines Maurers. 1980.
- Frank, eine Kindheit mit Vätern. Kurzgeschichte. 1980.
- Einladung zum Lever Bourgeois. Erzählungen. Aufbau-Verlag, Berlin 1980, ISBN 3-518-45578-8 bzw. (Später – abzüglich einer Erzählung – unter dem Titel Nachtfahrt und früher Morgen veröffentlicht.)
- Der fremde Freund. Novelle. Aufbau-Verlag, Berlin 1982, ISBN 3-518-18869-0. (Außerhalb der DDR unter dem Titel Drachenblut veröffentlicht.)
- Das Wildpferd unterm Kachelofen. Kinderbuch. Mit Illustrationen von Manfred Bofinger. Altberliner Verlag, Berlin 1984, ISBN 3-86730-001-1. („Ein schönes dickes Buch von Jakob Borg und seinen Freunden.“)
- Horns Ende. Roman. Aufbau-Verlag, Berlin 1985, ISBN 3-518-39979-9.
- Öffentlich arbeiten. Essays und Gespräche. Aufbau-Verlag, Berlin 1987, ISBN 3-518-45590-7.
- Der Tangospieler. Erzählung. Aufbau-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-518-39977-2. Als Taschenbuch: Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-7466-1025-7.
- Als Kind habe ich Stalin gesehen. Essays und Reden. Aufbau-Verlag, Berlin 1990, ISBN 3-518-45624-5.
- Das Napoleon-Spiel. Roman. Aufbau-Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-518-39980-2.
- Exekution eines Kalbes und andere Erzählungen. Kurzgeschichten. Aufbau-Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-518-41388-0.
- Von allem Anfang an. Autobiografie. Aufbau-Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-518-45634-2.
- Willenbrock. Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-518-39796-6. (2005 unter dem Titel Willenbrock verfilmt.)
- Mama ist gegangen. Roman für Kinder, mit Vignetten von Rotraut Susanne Berner. Beltz und Gelberg Verlag, Weinheim 2003, ISBN 3-407-78678-6. (Thematisiert den Tod seiner Frau, Christiane Hein.)
- Landnahme. Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-45729-2.
- In seiner frühen Kindheit ein Garten. Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-518-45773-X.
- Das goldene Vlies. Erzählung. Faber & Faber, Leipzig 2005, ISBN 3-936618-73-9.
- Frau Paula Trousseau. Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-518-41878-9.
- Über die Schädlichkeit des Tabaks. Rede an die Abiturienten des Jahrgangs 2009. Gollenstein Verlag, Merzig 2009, ISBN 978-3-938823-60-6.
- Weiskerns Nachlass. Roman. Suhrkamp, Berlin 2011, ISBN 978-3-518-42241-0. (Zitat.)
- Vor der Zeit: Korrekturen. Erzählungen. Insel Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-458-17570-4.
- als Suhrkamp-Taschenbuch, Berlin 2014, ISBN 978-3-518-46504-2.
Heins Werke wurden u. a. in das Dänische, Englische, Finnische, Französische, Georgische, Griechische, Italienische, Katalanische, Koreanische, Norwegische, Polnische, Russische, Serbokroatische, Spanische, Schwedische, Tschechische und Ungarische übersetzt.
Bearbeitungen
Vertonungen
- Masken – Wenzel singt Christoph Hein. 2009, Sänger: Hans-Eckardt Wenzel, Matrosenblau, EAN 4047173278126.
- Das erste Buch Homers (Korrekturen). 2013, Lesung: Christoph Hein, musikalische Begleitung: Hans-Eckardt Wenzel, Matrosenblau, 2 CDs, 127 Min., ISBN 978-3941155367.
Hörspiele
- Willenbrock. 2002, Regie: Leonhard Koppelmann, Produktion: NDR.
Verfilmungen
- Willenbrock. 2005, Regie: Andreas Dresen.
Auszeichnungen
- 1982: Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR
- 1983: Deutscher Kritikerpreis
- 1986: Mara-Cassens-Preis des Hamburger Literaturhauses für den Ersten Roman
- 1989: Stefan-Andres-Preis (Stadt Schweich an der Mosel)
- 1989: Lessing-Preis der DDR (Ministerium für Kultur)
- 1990: Erich-Fried-Preis (Wien)
- 1992: Ludwig-Mühlheim-Preis für religiöse Dramatik
- 1992: Berliner Literaturpreis der Stiftung Preußische Seehandlung
- 1994: Bundesverdienstkreuz
- 1998: Peter-Weiss-Preis der Stadt Bochum
- 2000: Solothurner Literaturpreis
- 2000: Zonser Hörspielpreis
- 2002: Österreichischer Staatspreis für Europäische Literatur
- 2003: Calwer Hermann-Hesse-Stipendium
- 2004: Schiller-Gedächtnispreis des Landes Baden-Württemberg
- 2004: Ver.di-Literaturpreis Berlin-Brandenburg
- 2008: Walter-Hasenclever-Literaturpreis
- 2010: Eichendorff-Literaturpreis
- 2011: Gerty-Spies-Literaturpreis
- 2012: Uwe-Johnson-Preis
- 2013: Internationaler Stefan-Heym-Preis
Literatur
- Christoph Hein: Vom unglücklichen Bewusstsein. In: LVZ-Online, 13. September 2005. (PDF; 0,2 MB).
- Christoph Hein: Vom unglücklichen Bewusstsein. In: der Freitag, 19. August 2005. ISSN 0945-2095
- Klaus Hammer (Hrsg.): Chronist ohne Botschaft. Christoph Hein. Ein Arbeitsbuch. 1992, ISBN 3-351-02152-6.
- Gottfried Fischborn: Christoph Hein. In: Alo Allkemper, Norbert Otto Eke (Hrsg.): Deutsche Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-503-04975-4, S. 683–691.
- Bernd Fischer: Christoph Hein. Drama und Prosa im letzten Jahrzehnt der DDR. Heidelberg 1990, ISBN 3-533-04275-8.
- Peter Hacks: [Laudatio für Christoph Hein]. In: Neue Deutsche Literatur. (ndl) 6/1982, S. 159–163.
- Frank Hörnigk: Geschichte im Drama. 2 Bände Phil. Diss. B (= Habil.schrift) Berlin Humboldt-Univ, Band 2, DNB 820098957, S. 156–221.
- Graham Jackman (Hrsg.): Christoph Hein in Perspective. (= German monitor. No. 51). Editions Rodopi, Amsterdam, Atlanta 2000, ISBN 90-420-1492-X.
- Harald Jähner: Hilfe, das bürgerliche Theater kommt zurück!. In: Berliner Zeitung. 14. Oktober 2004, ISSN 0947-174X, S. 29.
- Antje Janssen-Zimmermann: Gegenentwürfe. Untersuchungen zu Dramen Christoph Heins. Peter Lang, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-631-40377-1, Dissertation.
- Hannes Krauss: Christoph Hein. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.), Kindlers Literaturlexikon, Metzler, Stuttgart 2009, 3., völlig neu bearbeitete Auflage, Band 7: Hai-Hyr, ISBN 978-3-476-04000-8, S. 273–277, DNB 99667599X.
- Rudolf Münz: Nachwort. In: Christoph Hein: Cromwell und andere Stücke. Aufbau, Berlin/ Weimar 1981, DNB 820239119.
- Fabian Thomas: Neue Leben, neues Schreiben? Die „Wende“ 1989/90 bei Jana Hensel, Ingo Schulze und Christoph Hein. Martin Meidenbauer Verlag, München 2009, ISBN 978-3-89975-948-8.
- Ralph Schock: Gespräch mit Christoph Hein. In: Sinn und Form. 2009, Heft 5, S. 628–639.
- Ines Zekert: Untersuchungen zu poetologischen und geschichtsphilosophischen Positionen Christoph Heins unter besonderer Berücksichtigung seiner Walter-Benjamin-Rezeption. Dissertation der Universität Leipzig 1991, DNB 920062695.
Filme
- Der Schriftsteller Christoph Hein – Von allem Anfang an. Dokumentarfilm, Deutschland, 2014, 29:40 Min., Buch und Regie: Leonore Brandt, Produktion: MDR, Reihe: Lebensläufe, Erstsendung: 3. April 2014 bei MDR, Der Schriftsteller Christoph Hein Von allem Anfang an, Inhaltsangabe von MDR.
- Christoph Hein - Eine Kindheit in Deutschland. Dokumentarfilm, Deutschland, 2000, 43:13 Min., Buch und Regie: Raimund Koplin, Produktion: Bayerischer Rundfunk, Reihe: Kindheitsgeschichten, Inhaltsangabe von ARD, online-Video.
- Zur Person: Günter Gaus im Gespräch mit Christoph Hein. Gespräch, DDR, 1990, 45 Min., Regie: Harald Becker, Produktion: DFF, Reihe: Zur Person, Erstsendung: 13. März 1990 bei DFF, Filmdaten von Deutsche Kinemathek. abgedruckt in: Günter Gaus: Zur Person - Sechs Porträts in Frage und Antwort. Volk und Welt, Berlin 1990, ISBN 3-353-00766-0, S. 95–114.
Weblinks
- Literatur von und über Christoph Hein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Vorlage:IMDb Name
- Universitätsbibliothek der FU Berlin – eine kommentierte Linksammlung
- Kurzbiographie und Angaben zum Werk von Christoph Hein bei Literaturport
- Kurzbiografie zu: Hein, Christoph. In: Wer war wer in der DDR? 5. AusgabeBand 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Christoph Hein bei Perlentaucher.
- Christoph Hein in der Akademie der Künste
Anmerkung
- ↑ Bearbeitung. Siehe auch.
Einzelnachweise
- ↑ Dieter Jost: mehr wissen wollen – Ein Nachruf auf Christiane Hein. In: der Freitag, Nr. 6 vom 1. Februar 2002.
- ↑ Jörg Uhle-Wettler: Laudatio für Herrn Christoph Hein zum Ehrenbürger der Stadt Bad Düben. In: Stadtverwaltung Bad Düben, 13. April 2011, aufgerufen am 4. September 2014.
- ↑ a b c Hannes Krauss: Christoph Hein. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.), Kindlers Literaturlexikon, Metzler, Stuttgart 2009, 3., völlig neu bearbeitete Auflage, Band 7: Hai-Hyr, ISBN 978-3-476-04000-8, S. 273–277.
Personendaten | |
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NAME | Hein, Christoph |
ALTERNATIVNAMEN | Hain, Kurisutofu (Pseudonym); Hajn, Kristof (Pseudonym); Chajn, Kristof (Pseudonym); Chaïn, Kristoph (Pseudonym); Haini, Kristop' (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Essayist |
GEBURTSDATUM | 8. April 1944 |
GEBURTSORT | Heinzendorf |
- Christoph Hein
- Autor
- Literatur (20. Jahrhundert)
- Literatur (21. Jahrhundert)
- Literatur (Deutsch)
- Essay
- Roman, Epik
- Erzählung
- Kurzgeschichte
- Novelle
- Drama
- Übersetzer
- Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland
- Träger des Bundesverdienstkreuzes (Ausprägung unbekannt)
- Träger des Österreichischen Staatspreises für Europäische Literatur
- Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
- Mitglied der Akademie der Künste (DDR)
- Mitglied der Akademie der Künste (Berlin)
- Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste
- Deutscher
- Geboren 1944
- Mann