Karsten Vilmar

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Karsten Vilmar (1980)

Karsten Vilmar (* 24. April 1930 in Bremen; † 16. Oktober 2024[1] ebenda)[2][3] war ein deutscher Chirurg und Standespolitiker. Er war von 1978 bis 1999 Präsident der Bundesärztekammer (BÄK).

Nach dem Besuch des Alten Gymnasiums und dem Abitur 1950 in Bremen studierte Karsten Vilmar an der Ludwig-Maximilians-Universität München Medizin. Nach dem Staatsexamen und der Promotion 1955 arbeitete er in Bremen in mehreren Kliniken. Von 1964 bis 1996 war er leitender Oberarzt der Unfallchirurgischen Klinik des Zentralkrankenhauses Sankt-Jürgen-Straße.

Ab 1968 war er zunächst als Mitglied der Delegiertenversammlung der Ärztekammer Bremen berufspolitisch aktiv. Von 1975 bis 1979 war er Bundesvorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund und von 1976 bis 1996 Präsident der Ärztekammer Bremen. Von 1975 bis 1978 war er Vizepräsident und anschließend bis 1999 Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages.[4] Darüber hinaus war Vilmar in einer Reihe weiterer Organisationen Mitglied und führend aktiv. Im Zusammenhang mit der Kontroverse um die Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs bestritt Vilmar, dass es „in einem so reichen Staat wie der BRD eine Notwendigkeit zum Schwangerschaftsabbruch aus sozialer Notlage“ geben könne.[5] Vilmar kritisierte eine „Vollkaskomentalität“ im Gesundheitswesen und verlangte mehr Selbstverantwortung. Die Krankenkassen sollten nur bezahlen, was gemäß Sozialgesetzbuch V „ausreichend, zweckmäßig, notwendig, wirtschaftlich“ sei. Vilmar verlangte ein Werbeverbot und einen Gesundheitszuschlag für Alkohol und Tabakwaren. Er befürwortete Zusatzversicherungen für Extremsportler.[4] 1998 wurde der von Karsten Vilmar geprägte Begriff „sozialverträgliches Frühableben“ zum Unwort des Jahres gekürt. Ursprüngliche Absicht des Arztes war es, die Sparpläne der Bundesregierung zu kritisieren, allerdings seien nach Meinung der Juroren im Kontext Ironie und Satire in blanken Zynismus umgeschlagen.[6]

In der Debatte um die NS-Verstrickungen der deutschen Ärzteschaft in den 1980er Jahren behauptete Vilmar, „die große Mehrheit der Ärzte“ habe sich auch „im Dritten Reich selbstlos für eine auch unter schwierigsten Bedingungen möglichst gute Versorgung der Patienten eingesetzt, oft unter Gefahr für das eigene Leben“.[7][8] Medizinhistoriker widersprachen den verharmlosenden Aussagen Vilmars daraufhin öffentlich.[9]

Vilmar war verheiratet und Vater zweier Söhne. Im Oktober 2024 starb er im Alter von 94 Jahren.

Einzelnachweise

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  1. Traueranzeige. Nordsee-Zeitung, 2. November 2024, abgerufen am 2. November 2024.
  2. Die Ärzteschaft trauert um Professor Karsten Vilmar. Bundesärztekammer, 1. November 2024, abgerufen am 2. November 2024.
  3. Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland, Nummer 256, 2. November 2024, Nachruf S. 23, Traueranzeigen S. 25.
  4. a b Karsten Vilmar, Nachruf in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. November 2024, S. 23.
  5. Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 21. Oktober 1982, Aktenzeichen: 2 AZR 591/80.
  6. 1991 – 1999 – Unwort des Jahres. In: unwortdesjahres.net. Abgerufen am 2. November 2024.
  7. Ärzte unter Hitler: »Mission verraten«. In: Der Spiegel. 17. Januar 1988, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. Februar 2024]).
  8. Karsten Vilmar: Die „Vergangenheitsbewältigung“ darf nicht kollektiv die Ärzte diffamieren. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 84, Nr. 13. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 1987, S. 1185–1188, 1194–1197.
  9. D. I. E. ZEIT (Archiv): Sich der Wahrheit stellen. In: Die Zeit. 6. November 1987, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 9. Februar 2024]).
  10. Magyar Orvostudományi Társaságok Szövetsége
  11. Bundesärztekammer: Ehrenpräsident der Bundesärztekammer Prof. Dr. Dr. h. c. Karsten Vilmar (Memento vom 21. September 2008 im Internet Archive)
VorgängerAmtNachfolger
Hans Joachim SeweringPräsident der Bundesärztekammer
1978–1999
Jörg-Dietrich Hoppe