„Kernkraftwerk“ – Versionsunterschied

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Ein Lastwechsel kann in einem Bereich von 50 bis 100 % der Nennleistung im Normalbetrieb mit Geschwindigkeiten von ca. 4 bis 5 Prozent der Nennleistung pro Minute vorgenommen werden. Die Primär-Regelungen der Leistung übernimmt die Frequenzregelung des Generators. Eine stärkere Leistungsreduktion über Dampfparameter kann zu lokaler Überhitzung von Brennelementen mit Materialversprödung oder Rissbildung führen. Eine Leistungsreduktion durch Steuerstäbe kann zu einem ungleichmäßigen Abbrand der Brennelemente führen, was verschiedene Reaktorkernparameter verändern würde. Dadurch verkürzte Wartungsintervalle würden die Betriebskosten erhöhen, weshalb die Betreiber eine stärkere Drosselung der Leistung möglichst vermeiden.
Ein Lastwechsel kann in einem Bereich von 50 bis 100 % der Nennleistung im Normalbetrieb mit Geschwindigkeiten von ca. 4 bis 5 Prozent der Nennleistung pro Minute vorgenommen werden. Die Primär-Regelungen der Leistung übernimmt die Frequenzregelung des Generators. Eine stärkere Leistungsreduktion über Dampfparameter kann zu lokaler Überhitzung von Brennelementen mit Materialversprödung oder Rissbildung führen. Eine Leistungsreduktion durch Steuerstäbe kann zu einem ungleichmäßigen Abbrand der Brennelemente führen, was verschiedene Reaktorkernparameter verändern würde. Dadurch verkürzte Wartungsintervalle würden die Betriebskosten erhöhen, weshalb die Betreiber eine stärkere Drosselung der Leistung möglichst vermeiden.
Das Kraftwerk ist shicce

Im Jahr 2009 waren die deutschen Kernkraftwerke – Revisionsstillstände und technische Betriebsstörungen mitgerechnet – im Schnitt zu rund 73% [[Zeitverfügbarkeit|zeitverfügbar]] und zu rund 74% [[Arbeitsverfügbarkeit|arbeitsverfügbar]].<ref>http://www.kernenergie.de/kernenergie/documentpool/Kernkraftwerke/2009betriebsergebnisse.pdf</ref> Die tägliche Stromerzeugung schwankt stärker, u.a. aufgrund von Revisionsstillständen und Betriebsstörungen. Sie wurde im Jahresverlauf 2009 in Deutschland aus rund 53 – 89 % der installierten Nennleistung<ref>[http://www.contratom.de/wissen/standorte/akwkapazitaet/index.php?id=83&land=1 Verfügbare Kernkraftkapazität in Deutschland]</ref> gewonnen.
Im Jahr 2009 waren die deutschen Kernkraftwerke – Revisionsstillstände und technische Betriebsstörungen mitgerechnet – im Schnitt zu rund 73% [[Zeitverfügbarkeit|zeitverfügbar]] und zu rund 74% [[Arbeitsverfügbarkeit|arbeitsverfügbar]].<ref>http://www.kernenergie.de/kernenergie/documentpool/Kernkraftwerke/2009betriebsergebnisse.pdf</ref> Die tägliche Stromerzeugung schwankt stärker, u.a. aufgrund von Revisionsstillständen und Betriebsstörungen. Sie wurde im Jahresverlauf 2009 in Deutschland aus rund 53 – 89 % der installierten Nennleistung<ref>[http://www.contratom.de/wissen/standorte/akwkapazitaet/index.php?id=83&land=1 Verfügbare Kernkraftkapazität in Deutschland]</ref> gewonnen.



Version vom 5. Mai 2010, 11:23 Uhr

Ein Kernkraftwerk (KKW), auch Atomkraftwerk (AKW), ist ein Wärmekraftwerk zur Gewinnung elektrischer Energie durch kontrollierte Kernspaltung.

Kernkraftwerk Grohnde. Unter der Kuppel befindet sich der Kernreaktor. Links erkennt man zwei Kühltürme.

Physikalische Grundlage ist die Energiefreisetzung bei der Spaltung von schweren Atomkernen. Sie beruht darauf, dass die Bindungsenergie pro Nukleon in den Spaltprodukten größer ist als vorher im spaltbaren Kern. Diese Energie wird hauptsächlich als Bewegungsenergie der Spaltprodukte freigesetzt. Durch deren Abbremsung im umgebenden Material entsteht Wärme, mit der Wasserdampf erzeugt wird.

Größere Kernkraftwerke bestehen aus mehreren Blöcken, die je für sich unabhängig voneinander elektrischen Strom erzeugen. Zurzeit sind weltweit 210 Kernkraftwerke mit 436 Reaktorblöcken am Netz.[1]

Wortherkunft

Kernkraftwerk Brunsbüttel

Für die bei Kernreaktionen und radioaktiven Umwandlungen frei werdende Energie wurde 1899 der Begriff Atomenergie von Hans Geitel geprägt; damals fehlten allerdings die Kenntnisse über den Aufbau von Atomen. Für Nuklearwaffen, deren Wirkung auf Kernspaltung und Kernfusion beruht, hat sich in Deutschland alleine der Begriff Atombombe eingebürgert, der später eingeführte Begriff der Kernwaffen konnte sich im Sprachgebrauch nicht durchsetzen.

1955 wurde in Deutschland das Bundesministerium für Atomfragen geschaffen, das 1957 in Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft und 1962 in Bundesministerium für Wissenschaftliche Forschung umbenannt wurde. Die Leiter des Atomministeriums wurden als Atomminister bezeichnet. Das erste nuklear betriebene Forschungsschiff Deutschlands, die 1964 in Betrieb genommene NS Otto Hahn, wird im Volksmund bis heute meist als „Atomschiff“ bezeichnet. Auch die im Jahr 1957 gegründete Europäische Atomgemeinschaft (EAG oder heute EURATOM) erhielt ihren Namen mit dem damals überwiegend positiv besetzten Begriff Atom.

Erst ab Mitte der 1960er Jahre setzte sich im deutschen Sprachgebrauch zunehmend die Ablösung des Begriffsteils Atom durch Kern durch. Als Grund dafür wird häufig die sich aufgrund des verschärfenden Kalten Kriegs und der Kubakrise zunehmende Angst vor einem Nuklearkrieg angeführt, in der der Namensbestandteil Atom zunehmend negativ aufgenommen wurde. Die Begriffe Kernkraftwerk (KKW) und Atomkraftwerk (AKW) werden heute als Synonyme verwendet. 1966 wurde für die Kraftwerke Rheinsberg und Gundremmingen A sowie alle nachfolgenden Anlagen in Deutschland die Bezeichnung Kernkraftwerk verwendet. Die Bezeichnung „Kernkraftwerk“ wird durch die Norm DIN ISO 921/834 geregelt.

Funktionsweise und Aufbau

Schema eines Kernkraftwerks mit Druckwasserreaktor
Schema eines Siedewasserreaktors

Die Umwandlung in elektrischer Energie geschieht indirekt wie in herkömmlichen Wärmekraftwerken: Die Wärme, die bei der Kernspaltung im Kernreaktor entsteht (in einem Kohlekraftwerk würde er dem Kessel entsprechen), wird auf einen Wärmeträger – meist Wasser  (Standardtyp Leichtwasserreaktor) – übertragen, wodurch dieses erwärmt wird. Direkt im Reaktor oder indirekt in einem Dampferzeuger entsteht Wasserdampf. Der unter Druck stehende Wasserdampf wird einer meist mehrstufigen Dampfturbine zugeführt. Dampfturbinen in westlichen Kernkraftwerken gehören zu den größten Dampfturbinen überhaupt. Nachdem die Turbine den Dampf expandiert und teilweise kondensiert hat, wird der restliche Dampf in einem Kondensator niedergeschlagen. Der Kondensator entspricht dabei einem Wärmeaustauscher, welcher auf Sekundärseite etwa mit einem Fluss oder einem Kühlturm verbunden ist. Nach der Kondensation wird das nun mehr flüssige Wasser durch Pumpen auf den Dampfdruck im Kernreaktor bzw. Dampferzeuger gebracht und in mehreren Schritten nahezu auf Sättigunstemperatur regenerativ vorgewärmt. Das Wasser gelangt danach in den Kernreaktor und der Kreislauf beginnt erneut. Der Wasser-Dampfkreislauf entspricht dabei dem Clausius-Rankine-Kreisprozess.

Kernreaktor

Der Kernreaktor ist das Herz des Kraftwerks. In seinem zentralen Teil, dem Reaktorkern, wird durch kontrollierte Kernspaltung Wärme erzeugt. Mit dieser Wärme wird ein Kühlmittel erhitzt, das durch den Reaktor gepumpt wird und dadurch die Energie aus dem Reaktor abtransportiert.

Da die Kernspaltung mit für Lebewesen gefährlicher Radioaktivität verbunden ist, ist der Reaktorkern von einem Schutzschild umgeben. Diese Containment absorbiert radioaktive Strahlung und verhindert, dass radioaktives Material in die Umwelt gelangt. Zusätzlich sind viele Reaktoren von einer Kuppel aus Beton ausgestattet, um den Reaktor vor Einwirkungen von außen zu schützen.

In Kernkraftwerken werden unterschiedliche Reaktortypen eingesetzt, die sich im Wesentlichen durch die verwendeten Kernbrennstoffe, Kühlkreisläufe und Moderatoren unterscheiden.

Dampfturbine

Niederdruck-Turbinenläufer aus dem Kernkraftwerk Unterweser

Die Aufgabe der Dampfturbine ist es, die im Dampf enthaltene Wärme in Rotationsenergie umzuwandeln. In Kernkraftwerken finden zumeist Sattdampfturbinen Anwendung. Die Turbine hat einen Hochdruckteil und meist zwei oder drei Niederdruckstufen. Aufgrund der hohen Dampffeuchte nach dem Hochdruckteil wird der Dampf vor Eintritt in den Niederdruckteil mittels Frischdampfüberhitzung und Hochgeschwindigkeitsabscheidung getrocknet. Am Ende der letzten Schaufelreihe des Niederdruckteils hat der Dampf etwa eine Feuchtigkeit von 15%. Die Entspannung bis in das Nassdampfgebiet führt zu einer hohen Arbeitsausbeute, allerdings mit den Nachteilen, die mit feuchtem Wasserdampf verbunden sind.

Wenn der Generator durch eine Störung die erzeugte elektrische Energie nicht mehr abgeben kann, nimmt er entsprechend wenig mechanische Energie auf. Als Reaktion auf diesen Lastabfall würde sich die Drehzahl der Turbine bis über die zulässige Betriebsgrenze erhöhen, mit der Gefahr der Selbstzerstörung durch zu hohe Zentrifugalkräfte. Um diesen Ablauf zu vermeiden, sind kurz vor dem Turbineneintritt Ventile in der Frischdampfleitung montiert. Wenn diese Schnellschlussventile betätigt werden, leiten sie den Dampf unter Umgehung der Turbine direkt in den Kondensator. Parallel dazu wird der Reaktor herunter gefahren, da der Kondensator die volle Reaktorleistung nur begrenzte Zeit aufnehmen kann. Dieser Turbinenschnellabschaltung (TUSA) genannte Ablauf ist, wie jeder unplanmäßige sicherheitsrelevante Vorfall in deutschen Kernkraftwerken, meldepflichtig.

Das Maschinenhaus mit der Dampfturbine ist baulich meist vom eigentlichen Reaktorgebäude getrennt. Es ist so orientiert, dass bei einer Zerstörung einer Turbine im laufenden Betrieb möglichst keine Trümmerteile in Richtung des Reaktors fliegen.

Im Falle eines Druckwasserreaktors ist die Dampfturbine hermetisch vom nuklearen System getrennt. Um eine Leckage im Dampferzeuger und damit den Übertritt von radioaktivem Wasser frühzeitig zu erkennen, ist am Dampfaustritt des Dampferzeugers ein Aktivitätsmessgerät angebracht. Im Falle eines Siedewasserreaktors ist auch die Dampfturbine mit radioaktivem Wasser beaufschlagt. Demnach gehört auch die Dampfturbine zum Kontrollbereich des Kernkraftwerks.

Hauptkühlmittelpumpe (DWR) und Zwangsumwälzpumpe (SWR)

Die Hauptkühlmittelpumpe im Falle des DWR hat die Aufgabe das Kühlmittel zwischen Reaktor und Dampferzeuger umzuwälzen. In westlichen Kernkraftwerken wird der Kernreaktor mit vier redundanten Pumpen (Loops) bespeist, die jeweils im Sinne der Redundanz baulich getrennt im Reaktorgebäude untergebracht sind. Die Ausführung der Pumpe entspricht dabei einer Zentrifugalpumpe mit einem einteilig geschmiedetem Gehäuse. Der Durchsatz beträgt bis zu 10.000 l/s bei einem Druck von bis zu 175 bar und einer zulässigen maximal Temperatur von 350° C.[2] Die Druckerhöhung durch die Hauptkühlmittelpumpe beim DWR entspricht dem Druckverlust im Reaktor, Dampferzeuger und des Rohrleitungssystems. Auch nach Ausfall der Hauptkühlmittelpumpen (RESA ist die Folge) ist die Umwälzung und somit die Wärmeabfuhr durch sog. Naturumlauf gewährleistet.

Im Falle des Siedewasserreaktors sind im Reaktordruckbehälter Zwangsumwälzpumpen zur Vermeidungen von Kernschwingen angebracht, deren Auslegung etwa die einem gleichen großen DWR entsprechen. Sie sind für die Sicherheit des Kraftwerks nicht unbedingt notwendig.

Neben diesen Hauptkühlmittelpumpen verfügt ein Kernkraftwerk üblicherweise noch über mehrere weitere Notfalleinspeisungen auf unterschiedlichen Druckniveaus, die im Falle eines Gaus die Kühlung des Reaktorkerns aufrecht erhalten.

Sicherheitsventile

Um den Druck im Reaktordruckbehälter bei einem Störfall nach oben zu begrenzen sind zwei voneinander unabhängige Sicherheitsventile vorhanden. Die Druckbegrenzung verhindert dabei ein Bersten von Rohrleitungen oder dem Reaktor. Die Ventile sind in ihrer Kapazität so ausgelegt, dass sie alle zugeführten Volumenströme bei nur geringem Druckanstieg ableiten können. Im Falle des SWR wird der Dampf in die Kondensatkammer geleitet und dort kondensiert. Die Kammern sind über Wärmetauscher mit dem Zwischenühlkreislauf verbunden.

Sollten die Sicherheitsventile nicht schließen sind in unmittelbarer Nähe nochmals Sicherheitsabsperrventile vorhanden, die im Bedarfsfall einen Kühlmittelstörfall vermeiden sollen. Das Nicht-Schließen eines Sicherheitsventils führte zu einem folgenschweren Unfall im Kernkraftwerk Three Mile Island.

Speisewasserpumpen

Die Speisewasserpumpen haben die Aufgabe das Wasser aus dem Speiswasserbehälter auf den Dampfdruck im Reaktor bzw. im Dampferzeuger zu bringen und eine das Wasser etwa mit ca. 2200 kg/s zu fördern. Die benötigte Leistung beläuft sich dabei auf ca. 20 MW pro Pumpe. Über das Speisewassersystem wird der Wasserstand im Dampferzeuger bzw. Kernreaktors geregelt.

Notstromversorgung

Die Notstromversorgung eines Kernkraftwerks ist mehrfach redundant durch Dieselmotoren sichergestellt und batteriegepuffert. Die Batteriepufferung stellt die unterbrechungsfreie Einkoppelung der Dieselmotoren in das Netz sicher. Wenn nötig, erlaubt die Notstromversorgung das sichere Herabfahren des Kernreaktors. Weniger wichtige Hilfssysteme wie bspw. Begleitheizungen von Rohrleitungen werden dabei nicht versorgt. Der Großteil der benötigten Energie wird für die Versorgung der Speispumpen bzw. Notspeisepumpen benötigt.

Brennstoff

Als Kernbrennstoff wird in den meisten heute betriebenen Kernkraftwerken angereichertes Uran (Anteil des Isotops 235U ca. 3 bis 4 %) eingesetzt. Jedes Brennelement bleibt üblicherweise drei Jahre im Reaktor; jährlich wird das älteste Drittel der Brennelemente ausgetauscht, weil der Gehalt an 235U zu weit gesunken und andererseits ein Gehalt an neutronenabsorbierenden Spaltprodukten aufgebaut ist. Durch Neutroneneinfang ist außerdem ein Teil des nicht spaltbaren Uranisotops 238U in Plutonium umgewandelt worden, und zwar hauptsächlich in 239Pu, in geringerer Menge auch 240Pu.

Dieses Plutonium eignet sich als Kernbrennstoff. Durch seine Nutzung lässt sich die Energiemenge, die sich aus einem Kilogramm Natururan gewinnen lässt, erheblich steigern. Zur Nutzung des Plutoniums müssen die Brennelemente eine Wiederaufarbeitung durchlaufen, bei der die Spaltprodukte und das noch nicht verbrauchte Uran abgetrennt werden. Es gibt weltweit, auch in Deutschland, viele Kraftwerke mit einer Nutzungslizenz für MOX-Brennelemente. Mischoxid (MOX) ist ein Gemisch aus Uranoxid und Plutoniumoxid. Die Verwendung von höheren Plutoniumanteilen im MOX ist wegen der Möglichkeiten zur Proliferation und den höheren Sicherheitsanforderungen an einen mit Plutonium betriebenen Reaktor umstritten.[3]

Ohne Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente kann ein Kernkraftwerk aus einem Kilogramm Natur-Uran je nach eingesetztem Reaktortyp und Brennstoffkreislauf etwa 36–56 MWh Strom erzeugen. Zusammengenommen haben die rund 439 Kernreaktorblöcke, die es weltweit in 31 Ländern gibt, die Kapazität zur Bereitstellung von etwa 370 Gigawatt elektrischer Leistung, woraus rund 15 % der Gesamtmenge weltweit erzeugten Stroms gewonnen werden.[4] Hierbei fallen pro Jahr rund 12.000 Tonnen radioaktiver Abfall an, welcher mit Plutonium kontaminiert ist.[4]

Am weltweiten Gesamtverbrauch von Primärenergie hatte die Atomkraft 2008 einen Anteil von 5,5 %.[5]

Bezogen auf den Energiegehalt des im Brennstab enthaltenen 235U beträgt der Wirkungsgrad eines Kernkraftwerks etwa 30–40 %. Bei Leicht- und Schwerwasserreaktoren wird der Wirkungsgrad durch vergleichsweise niedrige Frischdampftemperaturen von ca. 330 °C begrenzt. (Zum Vergleich: Die Frischdampftemperatur eines modernen Steinkohlekraftwerks beträgt ca. 580 °C.) Eine Erhöhung der Frischdampftemperatur ist nur schwer zu realisieren, da die hohen Wärmestromdichten im relativ kompakten Kernreaktor die Verwendung von unterkritischem Wasser voraussetzen.

Betriebsweise

Bei Kernkraftwerken ist die Investition in den Bau hoch, während die Kosten im laufenden Betrieb vergleichsweise niedrig ausfallen. Aus diesem Grund ist es betriebswirtschaftlich vorteilhaft, sie möglichst durchgehend mit Maximalleistung als Grundlastkraftwerke zu betreiben. Da aber die Anforderungen an die Flexibilität der Stromnetze immer mehr zunehmen, nicht zuletzt durch den Ausbau der regenerativen Energien, müssen sich Kernkraftwerke mehr und mehr an der Lastregelung beteiligen.

Ein Lastwechsel kann in einem Bereich von 50 bis 100 % der Nennleistung im Normalbetrieb mit Geschwindigkeiten von ca. 4 bis 5 Prozent der Nennleistung pro Minute vorgenommen werden. Die Primär-Regelungen der Leistung übernimmt die Frequenzregelung des Generators. Eine stärkere Leistungsreduktion über Dampfparameter kann zu lokaler Überhitzung von Brennelementen mit Materialversprödung oder Rissbildung führen. Eine Leistungsreduktion durch Steuerstäbe kann zu einem ungleichmäßigen Abbrand der Brennelemente führen, was verschiedene Reaktorkernparameter verändern würde. Dadurch verkürzte Wartungsintervalle würden die Betriebskosten erhöhen, weshalb die Betreiber eine stärkere Drosselung der Leistung möglichst vermeiden. Das Kraftwerk ist shicce Im Jahr 2009 waren die deutschen Kernkraftwerke – Revisionsstillstände und technische Betriebsstörungen mitgerechnet – im Schnitt zu rund 73% zeitverfügbar und zu rund 74% arbeitsverfügbar.[6] Die tägliche Stromerzeugung schwankt stärker, u.a. aufgrund von Revisionsstillständen und Betriebsstörungen. Sie wurde im Jahresverlauf 2009 in Deutschland aus rund 53 – 89 % der installierten Nennleistung[7] gewonnen.

Beispiele für reinen Grundlastbetrieb sind die KKW Biblis B, Neckarwestheim II, Grafenrheinfeld und Emsland, die außerhalb der Revisionen fast durchgehend unter Vollast betrieben wurden.[8] Beispiele für Betrieb nach Lastanforderung sind die KKW Brokdorf und Grohnde.[8]

Investitionen und Ertrag

siehe Stromerzeugung#Erzeugungskosten

Für die Investitionen bei Kernkraftwerken gibt es keine aktuellen Zahlen, weil in Westeuropa zuletzt vor etwa 20 Jahren Anlagen fertig gestellt wurden. Die Investitionen des seit 2003 im Bau befindlichen EPR im Kernkraftwerk Olkiluoto mit einer Leistung von 1600 MW werden auf etwa 5,47 Milliarden Euro (8,25 Milliarden SFr) geschätzt.[9] Dieser Reaktortyp repräsentiert den aktuellen Stand der Kerntechnik in Europa und ist relativ weit fortgeschritten im Bau. Die Gestehungskosten für eine Megawattstunde Strom sind aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen stark abhängig von der Laufzeit eines Reaktors. Die Baukosten des zwischen 1994 und 1995 betriebenen Brutreaktors Monju in Japan beliefen auf etwa 4 Mrd. €.[10]

Im Jahr 2000 lagen die Stromgestehungskosten für wirtschaftlich abgeschriebene KKW bei 1,70 Ct/kWh.[11]

Den Erzeugerpreis pro Kilowattstunde in deutschen Kernkraftwerken gibt das BMWi für 2007 mit 2,65 Cent/kWh an.[12]

Eine 2003 veröffentlichte Studie vom Massachusetts Institute of Technology hat für neue Kernkraftwerke Kosten von etwa 4,6 Cent für eine Kilowattstunde ermittelt.[13] 2009 aktualisierten die Autoren die Studie und kamen zum Schluss, dass die Kosten auf 5,8 Cent/kWh gestiegen waren. Damit seien neue Kernkraftwerke nicht wettbewerbsfähig mit Kohlekraft- und Gaskraftwerken unter den heutigen Randbedingungen.[14]

Die Kosten für den Rückbau von Kernkraftwerken sind wegen der kontaminierten und aktivierten Anlagenteile hoch, dafür haben die Energieversorgungsunternehmen entsprechende Rückstellungen gebildet. Die prognostizierten Kosten bei derzeit im Rückbau befindlichen Kernkraftwerke betragen für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich 750 Mio. Euro (1302 MW)[15], Stade 500 Mio. (672 MW)[16], Obrigheim 500 Mio. Euro (357 MW)[17] und Greifswald 3,2 Mrd. Euro (1760 MW).[18]

Risiken

Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl heute

Neben den allgemeinen Unfallrisiken eines thermischen Großkraftwerkes ergeben sich spezielle Risiken aus der Nutzung der Kernenergie. Besonders die Radioaktivität der Spaltprodukte stellt eine Gefahr dar. Unfälle können von geringfügigen internen Betriebsstörungen bis zu einer Katastrophe mit internationalen Auswirkungen reichen, wie es z. B. bei der Katastrophe von Tschernobyl der Fall war. Kernkraftwerke können außerdem im Rahmen von Kernwaffenprogrammen genutzt werden.

Risiko des Austritts von radioaktivem Material

Im normalen Betrieb entweichen kleine Mengen radioaktiven Materials vom Kernkraftwerk in die Umwelt. Dieses Material umfasst radioaktive Edelgase (z. B. Krypton-85) sowie das instabile Wasserstoffisotop Tritium, deren Entweichen gemessen wird und strengen Auflagen unterliegt.[19]

Durch Unfälle oder Störungen der Sicherheitsbarrieren können größere Mengen radioaktiven Materials in die Umwelt und in die Nahrungskette gelangen. Viele konstruktive Maßnahmen dienen dazu, das auch dann noch zu verhindern, wenn große Teile des Reaktors funktionsuntüchtig oder zerstört worden sind (siehe Auslegungsstörfall). Ein Beispiel dafür, dass Fehlbedienung zu einer Freisetzung von Radioaktivität führen kann, ereignete sich 1987 im KKW Biblis. Ein Ventil, das während des normalen Betriebs geschlossen sein sollte, schloss nicht. Die Betriebsmannschaft versuchte es durch die Öffnung eines Prüf-Ventils „frei zu blasen“, was nicht gelang. Durch die Prüfleitung entwich Kühlwasser des Primärkreislaufs. Die radioaktive Belastung der Umgebung des Kernkraftwerkes blieb unter den gültigen Grenzwerten[20], da weitere Barrieren wie z. B. Auffangbecken und Containment funktionierten.

Risiko der Kernschmelze

Das Kernkraftwerk Three Mile Island

Durch die extrem hohe Energiedichte im Kernreaktor ist es möglich, dass beim Ausfall der Notkühlung der Reaktorkern schmilzt und sich dadurch selbst zerstört. Die Konsequenzen der Kernschmelze können je nach den genauen Umständen im Wesentlichen auf das Kernkraftwerk beschränkt bleiben, oder der Auslöser eines unkontrollierten Austritts von großen Mengen Radioaktivität sein.

Die Havarie im Kernkraftwerk Three Mile Island im Jahre 1979 ist ein Beispiel für eine Beschränkung auf das Kernkraftwerk. Hier gelang es die Schmelze zu stoppen, bevor der Reaktordruckbehälter zerstört wurde. Der bei der Schmelze entstehende Wasserstoff wurde an die Atmosphäre abgelassen. Mit ihm entwich das radioaktive Gas Krypton-85 (10,75 Jahre Halbwertszeit) mit einer Aktivität von etwa 1,665 · 1015 Bq.[21] Beim Unfall in Tschernobyl war eine Kernschmelze dagegen der Auslöser für eine massive Freisetzung des radioaktiven Inventars. Dampf- und Wasserstoff-Explosionen zerstörten die Abdeckung des Reaktors und warfen Teile des radioaktiven Brennstoffs in die unmittelbare Nähe des Kraftwerks aus. Ein dadurch entfachter Graphitbrand dessen Löschung erst nach Tagen gelang, erzeugte eine radioaktive Wolke, deren Fallout sich bis nach Nordeuropa erstreckte.

Eine Kernschmelze mit unkontrollierter Freisetzung radioaktiven Materials nennt man einen Super-GAU.

Entsorgungs- bzw. Endlagerungsproblematik

Die im Betrieb entstandenen Spaltprodukte und erbrüteten Transurane (Plutonium, Americium, Neptunium, etc.) müssen anschließend für längere Zeit aus der Biosphäre fern gehalten werden bis sie zum größten Teil zerfallen sind. Diese Zeit reicht je nach Isotop von einigen Monaten bis zu vielen tausend Jahren. Das Risiko besteht hier in einer Freisetzung während der Zeit der Lagerung. Vor der Endlagerung werden die abgebrannten Brennstäbe chemisch aufgelöst und in ihre Bestandteile getrennt. Bei dieser Konditionierung, die in Wiederaufbereitungsanlagen erfolgt, können im Betrieb wie auch durch Unfälle und Irrtümer radioaktives Material in die Umwelt gelangen. Abgebrannter Kernbrennstoff aus deutschen Kernkraftwerken wird in der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague an der französischen Kanalküste verarbeitet und zur Zwischen- und Endlagerung wieder zurück nach Deutschland gebracht. Der Transport erfolgt mit Hilfe von Castor-Behältern. Seit 2005 sind in Deutschland Transporte abgebrannter Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken per Atomgesetz verboten, die direkte Endlagerung die einzige Möglichkeit.

Proliferation von Kernwaffen

Beim Betrieb von Kernkraftwerken mit Uran werden immer gewisse Mengen an Plutonium erbrütet, das für die Herstellung von Atomwaffen verwendet werden kann. Der Vorteil liegt hier in der Möglichkeit mit rein chemischen Mitteln und ohne Anreicherung spaltbarer Isotope auskommen zu können. Daraus ergibt sich das Risiko einer Weiterverbreitung von Kernwaffen.

Einige Nationen, die den Besitz von Kernwaffen anstreben, versuchen im Vorfeld Kernreaktoren zu erbauen. Zur Eingrenzung des Risikos der Weiterverbreitung der militärischen Nutzung durch friedliche Nutzung von Kernreaktoren wurden verschiedene internationale Verträge geschlossen, deren wichtigster der Atomwaffensperrvertrag ist.

Krankheitsfälle im Zusammenhang mit Kernkraftwerken

Möglicherweise hat auch der Normalbetrieb von Kernkraftwerken Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Eine epidemiologische Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz im Jahr 2007 zeigte eine signifikant erhöhte Leukämie-Rate bei Kindern in der Nähe (5 km) von Kernkraftwerken.[22][23][24][25][26] Danach erkrankten von 1980 bis 2003 im 5 km-Umkreis um die Kernkraftwerke in Deutschland 37 Kinder neu an Leukämie – im statistischen Mittel wären es 17 Kinder gewesen. Im betrachteten Zeitraum erkrankten in Deutschland demzufolge aus obigem Grund durchschnittlich etwa 0,8 Kinder pro Jahr mehr an Leukämie, nimmt man andere Krebsarten hinzu sind es 1,2 Kinder pro Jahr.[27] Über die Interpretation dieses Befundes herrscht keine Einigkeit. Die Autoren der Studie sind der Auffassung, dass die von deutschen Kernkraftwerken im Normalbetrieb emittierte ionisierende Strahlung wegen der um ein vielfaches höheren natürlichen Strahlenbelastung nicht als Ursache in Betracht kommt.[23] Das externe Expertengremium des BfS zur KiKK-Studie kommt hingegen zur Überzeugung, dass aufgrund des besonders hohen Strahlenrisikos für Kleinkinder sowie der unzureichenden Daten zu Emissionen von Leistungsreaktoren dieser Zusammenhang keinesfalls ausgeschlossen werden kann.[28]

Rechtliche Aspekte

Genehmigungsrecht

Die Errichtung und der Betrieb eines Kernkraftwerkes sowie alle wesentlichen Änderungen bis hin zu Stilllegung und Abbau müssen in Deutschland nach Atomrecht genehmigt werden. Wesentlich ist hier § 7 „Genehmigung von Anlagen“ des Atomgesetzes.

Da derzeit in Deutschland keine neuen Kernkraftwerke errichtet werden dürfen (siehe Atomausstieg), bezieht sich daher § 7 Atomgesetz nicht mehr auf Errichtung und Betrieb.

Es besteht in atomrechtlichen Genehmigungsverfahren für Kernkraftwerke eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) als Teil des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens.[29]

Zusätzlich gelten hier die Regelungen des Euratom-Vertrags. Art. 37 des Euratom-Vertrags verpflichtet jeden Mitgliedstaat, bestimmte Angaben zur Freisetzung radioaktiver Stoffe, auch beim Neubau oder Abbau von Kernkraftwerken, der EU-Kommission zu übermitteln. Erst nach Veröffentlichung einer Stellungnahme der EU-Kommission darf mit dem Vorhaben begonnen werden.[30]

Die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schwere der Auswirkungen von Unfällen in Kernkraftwerken ist nicht unmittelbar einsichtig. Um der Regierung und Ministerien die für Entscheidungen nötigen sachlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, wurde Mitte der 70er Jahre die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit gegründet. Ein Ergebnis dieses in staatlichem Eigentum befindlichen Forschungsinstituts ist die Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke, in der versucht wurde, das Risiko von Unfällen realistisch abzuschätzen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit für einen schwersten Unfall mit im Mittel 500.000 Toten wird in der Studie mit einmal pro 250.000 Betriebsjahren angegeben.[31]

Angesichts der Schwere der möglichen Folgen von Unfällen ist die Genehmigung zum Betrieb von Kernkraftwerken generell an strenge technische und organisatorische Auflagen gebunden, die staatlich überwacht werden. In Deutschland verpflichtet ein eigenes Bundesgesetz die Betreiber eines Kernkraftwerks, dieses stets auf dem aktuellen Stand der Technik zu halten.[32] Für die Erteilung von Genehmigungen sind Ministerien zuständig. In Deutschland ist das zunächst ein Landesministerium und übergeordnet auf Bundesebene das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). In seinem Auftrag überwacht das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) den Betrieb kerntechnischer Anlagen.

Haftung der Betreiber von Kernkraftwerken

Innerhalb der EU haften nur die Betreiber von Kernkraftwerken in Deutschland und in Österreich in der Schadenssumme unbegrenzt. In der Praxis kann die Haftungssumme nicht höher ausfallen als das Vermögen der Betreibergesellschaften. In benachbarten EU-Staaten ist die Haftung jeweils in unterschiedlicher Höhe begrenzt.

In Spanien belaufe sich nach Angaben der deutschen Bundesregierung die Haftungssumme auf rund 700 Millionen Euro, in Belgien, Lettland, Rumänien und Schweden auf etwa 330 Millionen Euro und in den Niederlanden auf 313 Millionen Euro. In Tschechien betrage die Haftungssumme rund 250 Millionen Euro, in Finnland rund 194 Millionen Euro, in Großbritannien, Polen und Slowenien etwa 165 Millionen Euro und in Ungarn etwa 100 Millionen Euro. Die Haftungssumme für Frankreich gibt die deutsche Bundesregierung mit etwa 84 Millionen Euro, für die Slowakei mit etwa 82,5 Millionen Euro, für Dänemark mit rund 66 Millionen Euro und für Bulgarien mit 16,5 Millionen Euro an. Die Haftungssumme Italiens beläuft sich den Angaben zufolge auf 5,5 Millionen Euro, die Litauens auf 3,3 Millionen Euro. In den übrigen EU-Staaten gibt es keine gesetzlichen Regelungen, zum Teil, weil es dort keine Kernkraftwerke gibt.[33]

Geschichte

Das erste zivile Kernkraftwerk der Welt wurde 1954 im russischen Obninsk erfolgreich in Betrieb genommen, es hatte eine elektrische Leistung von 5 MW. Ein Jahr später wurde 1955 in Calder Hall (England) ein weiteres Kernkraftwerk errichtet, welches 1956 mit einer Leistung von 55 MW ans Netz ging und als erstes kommerzielles Kernkraftwerk der Welt bezeichnet wird. In den meisten frühen Kernkraftwerken kamen Siedewasserreaktoren zum Einsatz, da diese einfacher zu konstruieren und zu regeln sind. Inzwischen sind dagegen Druckwasserreaktoren üblicher, die höhere Leistungsdichten besitzen und bei denen der Kontrollbereich kleiner ist. Das erste Kernkraftwerk Deutschlands war das unter Lizenz von GE von der AEG gebaute Kernkraftwerk Kahl (16 MWe) mit einem Siedewasserreaktor, der zuerst am 13. November 1960 kritisch wurde. Es folgten der Mehrzweckforschungsreaktor Karlsruhe (MZFR) in (29. September 1965, 57 MWe) und das Kernkraftwerk Rheinsberg, ein WWER sowjetischer Bauart in Brandenburg (damals DDR). Es wurde am 9. Mai 1966 das erste Mal mit dem Netz synchronisiert und war bis 1990 in Betrieb. Das nächste war ein Siedewasserreaktor (KRB A) in Gundremmingen (14. August 1966, 250 MWe) und schließlich ein Kraftwerk mit einen Druckwasserreaktor 1968 in Obrigheim in Baden-Württemberg (357 MWe).

Alle noch im Betrieb befindlichen deutschen Kernkraftwerke wurden von der Siemens AG oder deren ehemaliger Tochter, der Kraftwerk Union (KWU), gebaut. Ausnahmen bilden die Kraftwerke mit Siedewasserreaktoren (Brunsbüttel, Isar I, Philippsburg I und Krümmel). Sie wurden von der AEG begonnen und von der KWU fertiggebaut, nachdem die Kernkraftsparte der AEG in der KWU aufging.

Entsprechend ihrer historischen Entwicklung teilt man Kernkraftwerke in verschiedene Generationen ein:

Generation Beschreibung Beispiele
I Erste kommerzielle Prototypen Shippingport, 1957, DWR 60 MWe
Dresden, 1960, SWR 180 MWe,
Fermi 1, 1963, Brutreaktor 61 MWe
II Kommerzielle Leistungsreaktoren CANDU, Konvoi, EdF-Kraftwerke
III Fortschrittliche Reaktoren (evolutionäre Weiterentwicklungen aus Generation II)
EPR, ABWR, Hochtemperaturreaktor, Advanced CANDU Reactor, MKER, Russisches schwimmendes Kernkraftwerk
IV Zukünftige Reaktortypen (derzeit
vom Generation IV International Forum vorangetrieben)

Im April 1986 ereignete sich im Kernkraftwerk Tschernobyl die bislang schwerste Havarie eines Kernkraftwerks beim ukrainischen Prypjat, bei dem der Reaktor des Blocks 4 explodierte. Ein Brand des als Moderator enthaltenen Graphits beförderte mit den Rauchgasen erhebliche Mengen radioaktiver Nuklide in die Atmosphäre. Der radioaktive Niederschlag der entstehenden radioaktiven Wolke reichte bis West-Europa. Eine politische Folge der Havarie war der weitgehende Stopp des Ausbaus der Kernenergie in West-Europa bis hin zum Beschluss des Atomausstiegs in Deutschland. Erst im Jahr 2004 wurde mit dem EPR in Olkiluoto in Finnland erneut ein Kernkraftwerk in Auftrag gegeben.

Anzahl der Kernkraftwerke

Bis Ende der 1980er-Jahre stieg die Zahl der Kernkraftwerke weltweit stetig an, bis sie im Jahre 1989 einen vorläufigen Höhepunkt mit 423 für Stromproduktion genutzte Reaktoren erreichte. Seitdem hat sich das Wachstum deutlich verlangsamt. Die Zahl der betriebenen Anlagen betrug im Jahr 2002 444, im Jahr 2009 436. Im Jahr 2008 wurde erstmals seit den 1960er Jahren weltweit kein neues Kernkraftwerk in Betrieb genommen.[34][35]

Herstellerfirmen

Der weltweit größte Hersteller von Kernkraftwerksanlagen ist seit 2006 der japanische Konzern Toshiba. Am 6. Februar 2006 unterzeichnete Toshiba mit dem staatseigenen britischen Konzern British Nuclear Fuels plc. einen Vertrag, nachdem Toshiba für 5,4 Mrd. US$ die BNFL USA Group Inc. und die Westinghouse Electric UK Limited und damit die Nuklear-Sparte von BNFL (von der BNFL 1998 zumindest in Teilen erworben von der Westinghouse Electric Corporation) zu 100 % erwarb.[36][37]

Zukunft

Nach einer Studie von Moody's liegen die Investitionskosten neuer Kernkraftwerke bei bis zu 4.900 €/kW und das Angebot für zwei neue Reaktoren im Kernkraftwerk Darlington liegt sogar bei knapp 7.600 € pro kW.[38][39]

Trotz weltweit zunehmender Zahl von Ankündigungen über Pläne zum Bau von neuen Kernkraftwerken stagniert der Neubau, wofür nicht zuletzt die zurückgehende Bereitschaft der Banken beiträgt, neue Kernkraftwerke zu finanzieren.[40] Besonders in den USA zeichnet sich ab, dass aufgrund der sich verschärfenden Haushaltslage keine staatlichen Subventionen für Kernkraftwerke mehr möglich sind. Banken verlangen dort Staatsbürgschaften über 100 % der Baukosten.[41] In Großbritannien erwägt die Regierung, die geplanten neuen Kernkraftwerke nicht mehr wie bisher durch Subventionen zu finanzieren, sondern die Stromverbraucher dafür mit einer Energie-Sondersteuer zu belasten.[42] Dabei würden den privaten Haushalten in Großbritannien jährliche Mehrkosten in Höhe von durchschnittlich 49 € entstehen. Zum Vergleich: Private Haushalte in Deutschland müssen etwa den gleichen Betrag wegen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes aufbringen.

Eine neue Studie von 2009 sagt voraus, dass die Zahl der weltweiten Kernkraftwerke bis 2030 um 30 Prozent sinken werde. Zwar gebe es eine hohe Zahl von Neubauvorhaben, jedoch wird angenommen, dass höchstens ein Drittel realisiert wird. Die derzeit (2009) im Bau stehenden 37 Reaktoren werden nicht als ausreichender Ersatz für die demnächst altersbedingten Abschaltungen angesehen.[43]

Durch den zunehmenden Anteil regenerativer Energien im deutschen Strommix nehmen die Fluktuationen im Netz kontinuierlich zu. Dadurch lassen sich Kernkraftwerke, die in der Regel für den Grundlastbetrieb konzipiert sind, immer schlechter auslasten. Bereits ab dem Jahr 2020 könnte der Betrieb herkömmlicher Kernkraftwerke in Deutschland technisch und ökonomisch nicht mehr sinnvoll sein.[44]

Andere Experten sehen das anders und verweisen dabei auch auf die Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA), die von einer weltweiten Steigerung um 13% des Kernenergieeinsatzes bis 2030 ausgeht.[45]

Siehe auch

Literatur

  • Adolf J. Schwab: Elektroenergiesysteme - Erzeugung, Transport, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie. Springer Verlag, 2006, ISBN 3-540-29664-6
  • Leonhard Müller: Handbuch der Energietechnik. 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin 2000, ISBN 978-3540676379
Commons: Kernkraftwerk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kernkraftwerk – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen

  1. IAEO: Power Reactor Information System
  2. Reaktorspeisepumpe des Herstellers KSB TYP RER
  3. MOX-Wirtschaft und Proliferationsgefahren, Christian Küppers und Michael Seiler, Uni Münster
  4. a b Gerstner, E.: Nuclear energy: The hybrid returns. In: Nature. 460. Jahrgang, 2009, S. 25. doi:10.1038/460025a
  5. BP Statistical Review of World Energy June 2009
  6. http://www.kernenergie.de/kernenergie/documentpool/Kernkraftwerke/2009betriebsergebnisse.pdf
  7. Verfügbare Kernkraftkapazität in Deutschland
  8. a b http://www.kernenergie.de/kernenergie/documentpool/Kernkraftwerke/601atw-betriebsergebnisse-kkw2008.pdf
  9. Pascal Schwendener: Der AKW-Prototyp verbrennt Milliarden. Basler Zeitung, 5. Dezember 2009, abgerufen am 10. Dezember 2009.
  10. Japan entwickelt neuen kommerziellen Brutreaktor - Politik - International - Handelsblatt.com. www.handelsblatt.com, abgerufen am 9. Juli 2009.
  11. CO2-Vermeidungskosten im Kraftwerksbereich (Seite 21, Tabelle 3-5)
  12. [1]BMWi: Kernenergie in Deutschland
  13. Future of Nuclear Power
  14. Update of the MIT 2003 Future of Nuclear Power Study
  15. RWE Power Anlage Mülheim-Kärlich
  16. Reaktor Stade stillgelegt, Abriss des 660-Megawatt-Reaktors soll etwa 500 Millionen Euro kosten
  17. ENBW: Abbau von Atomkraftwerk Obrigheim kostet 500 Mio. Euro
  18. VDI Nachrichten: Kernreaktoren in Portionshäppchen zerlegt
  19. Bundesamt für Strahlenschutz: Emissionsüberwachung bei Kernkraftwerken (PDF-Datei)
  20. Pressemitteilung des Bundesamtes für Strahlenschutz aus dem Jahr 1987
  21. Frans Berkhout: Radioactive waste: politics and technology, S. 188, Routledge 1991, ISBN 0-415-05492-3
  22. Deutsches Kinderkrebsregister
  23. a b Epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken - im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz 2007 - pdf 7 MB
  24. taz.de: Höhere Krebsgefahr im AKW-Umkreis (10. Dezember 2007)
  25. taz.de: Experten uneins über AKW-Gefahr (11. Dezember 2007)
  26. Welt Online: Bundesamt für Strahlenschutz im Zwielicht
  27. Presseerklärung des Kinderkrebsregisters - abgerufen am 12. Dezember 2007 Zitat: „Basierend auf den in der Studie gewählten Modellannahmen wären 29 der 1980-2003 in Deutschland insgesamt aufgetretenen 13373 Krebserkrankungen dem Wohnen innerhalb der 5-km-Zone um ein Kernkraftwerk zuzuschreiben, dies wären 1,2 Fälle pro Jahr.“
  28. bfs.de: Stellungnahme des externen Expertengremiums des BfS zur KiKK-Studie (10. Dezember 2007)
  29. B. Heuel-Fabianek und R. Lennartz: Die Prüfung der Umweltverträglichkeit von Vorhaben im Atomrecht. In: StrahlenschutzPRAXIS. 3/2009
  30. B. Heuel-Fabianek, E. Kümmerle, M. Möllmann-Coers und R. Lennartz: The relevance of Article 37 of the Euratom Treaty for the dismantling of nuclear reactors. In: atw. Heft 6/2008, Einleitung in deutsch. Vollständiger Artikel in englisch beim Forschungszentrum Jülich [2]
  31. Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke, Phase B, Verlag TÜV Rheinland, 1990, ISBN 3-88585-809-6
  32. [3]
  33. Bundestag: Antwort der Bundesregierung vom 15. Juli 2008
  34. Datenbank der IAEO
  35. World Nuclear Power Reactors (World Nuclear Association)
  36. Pressemitteilung auf toshiba.co.jp, 6. Februar 2006, englisch
  37. Artikel auf netzeitung.de: Toshiba gewinnt Bieterstreit um Westinghouse, 6. Februar 2006
  38. New Nuclear Generating Capacity: Potential Credit Implications for U.S. Investor Owned Utilities
  39. $26B cost killed nuclear bid
  40. http://www.zeit.de/online/2008/03/interview-mez
  41. http://www.welt.de/wams_print/article4104625/Renaissance-mit-Hindernissen.html
  42. http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,655950,00.html
  43. Artikel (Die Mär von der Renaissance) in Süddeutscher Zeitung
  44. Volker Quaschning: Grundlastkraftwerke: Brücke oder Krücke für das regenerative Zeitalter, Sonne Wind & Wärme 05/2010, S. 10-15.
  45. Dr. Rolf Linkohr/Isabelle Babak: [4], Die Renaissance der Kernenergie

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