Lorettokalk

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Karte Loretto, Stotzing und Au am Leithaberge
Loretto Steinbruch um 1870
Pfarrer von Maria Loretto mit Zöglingen im Steinbruch vor 1921

Die Kalksandsteine aus den Steinbrüchen von Au, Loretto und Stotzing wurden wegen ihrer Homogenität und des Abbaues von großen Steinblöcken seit dem Mittelalter als Bildhauersteine im Wiener Raum verwendet. Ein feinkörniger, ziemlich harter, sehr poröser, licht beingelber Kalksandstein mit dem Typusnamen Auerstein[1], stark ähnlich mit dem Lorettokalk, der einzelne Bänke von solcher Korngröße hat. Der Loretto-Stotzinger Stein ist meist übersät mit kleinen schwarzen Manganflecken.[2]

In der Region von Au, Stotzing und Loretto am Leithagebirge befinden sich zahlreiche, zum Teil sehr alte Steinbrüche in Kalkareniten und Kalkruditen des Neogen. Dieses in der Natur als geologische Einheit gewachsene Steinbruchgebiet ist trotz seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen Gemeinden, Au/Stotzing/Loretto, zwei Bundesländern Niederösterreich und Burgenland, und bis 1921 zu zwei Staaten, Österreich und Ungarn, gehörig immer als zusammenhängende Einheit zu verstehen.

Technische und physikalische Kennwerte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Technische Kennwerte nach Hanisch & Schmid (1901), [Hanisch (1912)]

Rohdichte 1,83 g/cm³ [1,59–2,02 g/cm³]
Einaxiale Würfeldruckfestigkeit:
trocken 11 N/mm² [5–21 N/mm²]
wassersatt 10 N/mm² [5–17 N/mm²]
Wasseraufnahme 17 M.% [8,1–23,8 M.%]
nicht frostbeständig

Um 1830 waren 5 Steinbrüche in Betrieb, dabei war ein Großteil der Einwohner beschäftigt. Der Hauser-Bruch (ab 1872) lieferte Kalksandstein der sarmatischen Stufe, an den punktförmigen Einlagerungen von braunen Hörnchen (Eisenoxidhydrat) zu erkennen.[3]

Historische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Beispiele:

Bildergalerie Auerstein im Stephansdom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Auerstein wurde schon im Mittelalter nach Wien gebracht, im Stephansdom hat der Stein Beständigkeit, im Albertinischen Chor[4], in der Glockenstube der Pummerin, im Nord- und Südturm, in zahlreichen Plastiken.[5]

  • Älteste Verwendungen dieses Kalksandsteines sind einige jüdische Grabsteine des 13. Jahrhunderts, die in der Stadtmauer von Wiener Neustadt nahe dem Bärenzwinger eingemauert sind.[6]
  • Im hochmittelalterlichen Teil von Stift Klosterneuburg im Kuchlhof, auch Leopoldihof, die Alte Prälatur (Thomasprälatur). In der ehemaligen Prälatenkapelle, welche Elemente der Gotik und Renaissance vermischt befindet sich ein spätgotisches Maßwerkfenster, das 1609 umgebaut wurde.[7] Die vertikalen Teile der Rahmung, auch die Außenseite des Parapets, erweisen sich als Leithakalksandstein aus dem Auer Gebiet, eventuell auch Breitenbrunner.
  • In der Kartause Mauerbach besteht u. a. das Portal der Kirchenfassade aus einem Kalksandstein der Region Loretto.[8]

14./15. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stein von Au und Mannersdorf am Leithagebirge für den Bau der Stephanskirche

Zum Bau der Stephanskirche waren gewaltige Steinmassen nötig. Die Kirchenverwaltung ließ aus der engsten Umgebung Wiens die „stuck“ brechen. In Hetzendorf, Hietzing, Liesing, auf der Türkenschanze, in Döbling, „bey Heiligstatt“ wurden Steine abgebaut. Auch Sandsteinblöcke des Wienerwaldes wurden zur Baustelle verfrachtet. Der Dornbacher Bruch war mit Mauersteinen angehäuft, „dass man sich nicht wohl rühren vermag, und ist allein des Mangels halber an Fuhrleuten geschehen“, hieß es 1562. In den Steinbrüchen zwischen Au und Mannersdorf, später auch in Breitenbrunn arbeiteten Steinbrecher der Dombauhütte oder Ortsansässige unter ihrer Aufsicht.[11] Die Steine wurden mit Pferdewagen zugeführt. Die Fuhren vom Leithagebirge aus Mannersdorf und Au umfassen jeweils nur einen Block („stuk“).

Stotzing hat als Ortschaft zu dieser Zeit noch nicht bestanden. Die Gründung durch den schwäbischen Freiherrn Ruprecht von Stotzingen ist um 1593 anzusetzen. Wie auch Stotzing liegt Loretto heute im Burgenland, es ist eine Gründung von Hans Rudolf von Stotzingen um 1644.

Bildergalerie Kalksandstein von Loretto und Stotzing[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schloss Schönbrunn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bauarbeiten für Schloss Schönbrunn begannen 1695/96, um 1700 war der Mittelteil fertig und konnte bewohnt werden. Für den groß angelegten Bau ab 1698 gestaltete sich die Materialbeschaffung ebenso wie die Finanzierung schwierig. Die Lieferanten und Handwerker erklärten sich bereit, die Bezahlung von Materialien und Arbeitsleistungen vorerst zu stunden, wohl nicht damit rechnend, dass ihre Forderungen erst Jahrzehnte später beglichen werden sollten. Dokumentiert sind die Steinmetzmeister Veith Steinböck, Johann Thomas Schilck, beide von Wien, Johann Georg Deprunner von Loretto und Johann Georg Haresleben von Kaisersteinbruch.

Pfarrkirche Pottendorf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rentamtsbuch der Pfarrkirche Pottendorf des Jahres 1713 sind zahlreiche Notizen über die Beschaffung von Baumaterialien vorhanden. Es gibt Vermerke über die Beschaffung von Mauersteinen. Im Wimpassinger Steinbruch wurden 200 Klafter Mauersteine gebrochen.[14][15] An die Steinmetzmeisterin Maria Groß aus Loretto werden laut Rechnung vom 23. Dezember .. wegen der zu dem Neu aufführenden Khürchengebäu verförttigten Stainmetzarbeith ... 23 fl ausbezahlt.

Wiener Karlskirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das kaiserliche Hofbauamt vergab für diesen Kirchenbau von Karl VI. die notwendigen Handwerker- und Künstleraufträge, hier die Steinmetzen aus Wien und den üblichen Steinbruch-Zentren. (Auswahl)[16]

Stift Heiligenkreuz Dreifaltigkeitssäule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abt Robert Leeb vereinbarte am 4. Oktober 1729 mit Steinmetzmeister Elias Hügel:

  • Erstlich das untere Postament mit drei Nischen, das Steinwerk ein Schuh dick, wie der Riß aufweist .. 1.160 fl ohne Lieferung
  • Andertens das obere Postament, worauf die Pyramide, oder Säule zu stehen kommt, die Bildhauerarbeit (Giovanni Giuliani) jeweils ausgenommen .. 460 fl, ohne Lieferung
  • Steinmetzmeister Georg Deprunner in Loretto, Quittung vom 6. April 1737: „..thue also Ihro Hochwürden und Gnaden über die völlige Summa, deren 250 fl, quittieren und bescheinen.“[18]

Obeliske für den Konventgarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Meister Georg Deprunner von Loretto erhielt 1737 den Auftrag 2 Obelisken für den Konventgarten zu gestalten. Diese befinden sich im Gasthausgarten.[19]

Gartenseitige Freitreppe von Schloss Schönbrunn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Freitreppe, 1777 errichtet, wurde 2003 restauriert und Steinmetzmeister Fritz Opferkuh von Mannersdorf am Leithagebirge hatte den Auftrag im Rahmen einer Ausschreibung erhalten. Er bestätigte (für das Steinmetzmuseum Kaisersteinbruch) die Steinarten: Mannersdorfer Stein, St. Margarethener Kalksandstein, Loretto Stein, ... und den Kaiserstein.

Römische Ruine im Schlosspark von Schönbrunn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese künstliche Ruine von 1778 war schon sehr baufällig, nach Jahren der Planung erfolgte 1996 eine Restaurierung der „Römischen Ruine“ im Schlosspark von Schönbrunn. In der Bausubstanz der Römischen Ruine kam für den architektonischen Aufbau, wie Säulen, Kapitelle, Friese, Fenstergewände meist St. Margarethener Kalksandstein zur Anwendung, daneben auch Kalksandsteine von Stotzing/Loretto und Zogelsdorf. Das Quadermauerwerk der Zungenmauern besteht auch aus festen Leithakalken, von Kaisersteinbruch, Wöllersdorf und Hundsheim. Ein weiblicher Torso mit Vase aus Stein von Au am Leithaberge oder Stotzing (mit Fragezeichen) war dabei.[20]→Bild

Bauplastik und Bildhauerarbeiten 2. Hälfte 19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stephansdom, Grabdenkmal Friedrich von Schmidt, 1896. Feinkörniger Leithakalksandstein von Loretto.[21]

Maria am Gestade,[2]

  • Von 1897 bis 1903 wurde durch Franz Erler und Josef Beyer ein Großteil des Statuenschmucks außen im Bereich des Westportales und des südlichen Nebentores neu geschaffen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karl Tschank: Die Bedeutung des „Auersteins“ als Bau- und Werkstein im Wandel der Zeit. Enthalten in Rudolf Krauscher (Hrsg.): Au am Leithagebirge. 2002, S. 311–323.
  2. a b Andreas Rohatsch: Die Bau- und Dekorsteine der Kartause Mauerbach, Kalksandstein von Au, Loretto und Stotzing am Leithagebirge. In: Kartause Mauerbach 1314 bis heute. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LIII. Heft 2/3/4, 1999, S. 731, Anmerkung 19.
  3. Alfred Schmeller: Das Burgenland. Verlag St. Peter, 1965.
  4. Bau des Albertinischen Chores
  5. Brigitte Krizsanits, Manfred Horvath: Das Leithagebirge, Grenze und Verbindung, Au am Leithaberge. Verlag Bibliothek der Provinz, ISBN 978-3-99028-172-7, S. 64.
  6. Andreas Rohatsch: Die Bau- und Dekorsteine der Kartause Mauerbach, Kalksandstein von Au, Loretto und Stotzing am Leithagebirge. In: Kartause Mauerbach 1314 bis heute. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LIII. Heft 2/3/4, 1999, S. 731, Anmerkung 18.
  7. Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift. In: Die Kunstdenkmäler Österreichs. Dehio Niederösterreich südlich der Donau 2003. S. 1006 ff.
  8. Andreas Rohatsch, Kalksandstein von Au, Loretto und Stotzing am Leithagebirge. In: Kartause Mauerbach 1314 bis heute. S. 732.
  9. Karl Uhlirz: Die Rechnungen des Kirchenmeisteramtes von St. Stephan zu Wien. Verlag Wilhelm Braumüller, Wien 1902.
  10. Karl Tschank: Mannersdorfer Stein für den Stephansdom. In: Helmuth Furch (Hrsg.): Bildende Kunst – und manch anderes mehr – in und vom Leithagebirge. 2006.
  11. Die erhalten gebliebenen Rechnungen des Kirchenmeisteramtes bezeugen die enormen Auer- und Mannersdorfer Steinlieferungen für St. Stephan in den Jahren 1404, 1407, 1415–1417, 1420, 1422, 1426, 1427, 1429, 1430 und 1476.
  12. Helmuth Furch: Elias Hügel. 1681–1755. Selbstverlag, Kaisersteinbruch 1992/2015.
  13. Alois Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstrasse, Franz Steiner Verlag GmbH, Wiesbaden 1972 (→Loretto).
  14. Rudolf Hertzka: Chronik der Großgemeinde Pottendorf. 1990.
  15. Bruno Grimschitz, Johann Lucas von Hildebrandt, Wien 1932.
  16. Hofkammerarchiv, Hofzahlamtsbücher, Rechnungsbuch 1716.
  17. Harald Prickler: Eisenstädter bildende Künstler und Handwerker der Barockzeit. Biographische Daten und Werke. Walch Thomas. In: Burgenländische Forschungen. Band 106, Eisenstadt 2013, S. 117.
  18. Diözesanarchiv Eisenstadt, Angaben zu (Johann) Georg Deprunner: Pfarre Stotzing, Martiken Tom. I (Tauf-, Trauungs-, Totenbuch 1645–1736). Als Witwer ehelichte Georg Deprunner am 12. Oktober 1700 Elisabeth Neumann, ihr Vater Christian Neumann, war Wachszieher in Eisenstadt. In den Jahren 1705 und 1711–1723 als Richter in Loretto bezeichnet. 1741 wurde Anna Maria Deprunnerin als Witwe und Steinmetzmeisterin in Loretto genannt.
  19. Bauamt des Stiftes Heiligenkreuz, Werner Richter, Verwendung von Kaiserstein (und einige andere Steinarten) im Stift Heiligenkreuz. Hier zu Georg Deprunner, Steinmetzmeister in Loretto.
  20. Andreas Rohatsch, Institut für Ingenieurgeologie TU-Wien, Die Bausubstanz der „Römischen Ruine“ von Schloss Schönbrunn in Wien. Schadensbilder und Schadensursachen. 1996.
  21. Alois Kieslinger: Die Steine von St. Stephan. Verlag Herold, Wien 1949.