Preußen (Schiff, 1902)

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Preußen
Schiffsdaten
Flagge Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffstyp Frachtsegler
Rufzeichen RMPT
Heimathafen Hamburg
Reederei F. Laeisz
Bauwerft Joh. C. Tecklenborg, Geestemünde
Baunummer 179
Baukosten 900.000,00 M (Stapellauf); 1.200.000,00 M gesamt
Stapellauf 7. Mai 1902
Indienststellung 31. Juli 1902
Verbleib 6. November 1910 Kollision im Ärmelkanal
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 147[1] m (Lüa)
121,92 m (Lpp)
Breite 16,34 m
Tiefgang (max.) 8,26 m
Verdrängung 11.650 t
Vermessung 5.081 BRT
 
Besatzung 46 Mann
Takelung und Rigg
Takelung Vollschiff
Anzahl Masten 5
Anzahl Segel 47
Segelfläche 6.806 m²
Geschwindigkeit
unter Segeln
max. 20,5 kn (38 km/h)
Transportkapazitäten
Tragfähigkeit 8.000 tdw
Die Preußen, im Hafen liegend
Die Preußen im Hamburger Hafen
Die Preußen, vor Anker liegend
Gestrandete Preußen nach der Kollision im Ärmelkanal
Die Preußen als Wrack

Die Preußen (1902–1910) war ein deutsches Fünfmast-Vollschiff der Reederei F. Laeisz (FL). Sie gilt als das bekannteste Schiff, das nach dem Königreich Preußen benannt wurde. Die Schreibweise des auf dem Schiffsrumpf aufgetragenen Namens war in Kapitalschrift mit „PREUSSEN“ ausgeführt, zudem wurde diese Schreibweise auch in den Schriften der Reederei F. Laeisz so verwendet.[2]

Die Preußen wurde 1902 auf der Werft der Joh. C. Tecklenborg AG in Geestemünde (Bremerhaven) aus hochwertigem Siemens-Martin-Stahl gebaut. Es war zudem der größte und schnellste Flying P-Liner der Reederei Laeisz, schneller selbst als die Fünfmastbark Potosi, die sie im Südatlantik auf der Heimreise bei der einzigen verbrieften Begegnung von Rahfünfmastern auf hoher See 1906/07 überholte.

Die Rumpfkonstruktion entsprach dem Dreiinselschiffs-Typ, dem von F. Laeisz bevorzugten Schiffstyp bei allen Vier- und Fünfmastrahseglern. Alle Masten und Spieren mit Ausnahme der Besangaffel waren aus Stahlrohr gefertigt. Die Preußen fuhr als Fünfmastvollschiff ein modernes Standardrigg mit doppelten Mars- und Bramrahen und Royalsegeln, also 30 Rahsegeln in sechs Stockwerken an allen fünf Masten. Dazu hatte sie „Jarvis“-Brasswinden (benannt nach dem schottischen Kapitän John Charles Barron Jarvis (1857–1935)) an allen Masten[3][4], des Weiteren andere mechanische Hilfsmittel zur Unterstützung der Arbeit an Deck. Die Preußen war wegen ihrer ausgezeichneten Segeleigenschaften problemlos zu manövrieren, auch wenn bei Windstärke 8 und mehr wegen des Drucks auf die Ruderanlage zwei bis vier Mann das 2 m hohe Doppelruderrad halten mussten. Selbst bei Windstärke 9 konnte sie noch wenden. Bereits bei Windstärke 1 nahm die Preußen je nach Kurs zum Wind bis zu 4 Knoten Fahrt auf (Leicht- und Schwerwindläufer).

Zu ihrer Zeit hielten britische Seeleute sie für den schnellsten Segler: Hierfür sprachen die nie von einem anderen Segler eingestellte Rekordreise nach Iquique in 57 Tagen 1903. Als höchste Etmale erreichte das Schiff 392 sm (voll beladen) und 426 sm. Dies ermöglichte zwei komplette Rundreisen nach Chile im Jahr. Am 12. März 1910 segelte sie im englischen Kanal auf der 12-bis-16-Uhr-Wache die Distanz von 135 Kilometern, das entspricht 18,25 kn (33,8 km/h) und bedeutet, dass sie zeitweise über 20 Knoten gelaufen sein musste. Auf ihrer Weltreise im Jahre 1908, mit Petroleum von New York nach Japan, nahm Kapitän Petersen Kurs auf das Kap der Guten Hoffnung. Östlich davon nahm sie die Route durch die 40er und 50er Breitengrade mit zuverlässigen Westwinden. Vom 11. Juli bis 6. August 1908 legte sie in 27 Tagen 6.944 Seemeilen (12.860 km) zurück. Das entspricht einem Durchschnitt von 10,72 kn oder 19,7 km/h. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Konstruktion verdiente das Schiff trotz der überwiegenden Ballastfahrten nach Chile Geld; FL war auch Eigner der Salpeterladungen, die dann entsprechend verkauft wurden.

Die für ihre schnelle Fahrten berühmte englische Cutty Sark transportierte circa 1.700 Tonnen mit 35 Mann, die Preußen dagegen 7.874 Tonnen (à 1,016 t = 8.000 t) mit 45 bis 49 Mann. Die seltene Auslastung der Schiffskapazität bei der Ausreise lag vor allem am mangelnden Ladungsaufkommen für Segler nach Chile aufgrund der Dampfer-Konkurrenz. Selbst kleinere Segler hatten in dieser Zeit aufgrund des Niedergangs der Segelschifffahrt oft keine Ladung erhalten.

Robert Hilgendorf, erster Kapitän der Potosi, des bis dahin größten Seglers der Laeisz-Reederei, schlug das Angebot aus, die Schiffsführung zu übernehmen. Unter den Kapitänen Boye Richard Petersen und Jochim Hans Hinrich Nissen machte die Preußen dann insgesamt dreizehn Reisen, zwölf nach Chile und 1908/09 eine über New York nach Yokohama, Chile und zurück nach Europa:

Die Preußen kollidierte am 6. November 1910 im Ärmelkanal mit dem britischen Dampfer Brighton, der vorschriftswidrig vor dem Bug des Seglers kreuzte. Bei dem Zusammenstoß verlor die Preußen den Klüverbaum und war danach nicht mehr manövrierfähig. Ein erster Versuch, sie mit einem Schlepper in Richtung Westen zu ziehen, scheiterte, als der Wind plötzlich auf Westrichtung drehte. Nun versuchte man zu ankern, aber beide Ankertrossen rissen. Als man das Schiff schließlich mit drei Schleppern in den Hafen von Dover bringen wollte, brachen kurz vor der rettenden Hafeneinfahrt die Trossen wegen aufkommenden Sturms, und während die Besatzung einen neuen Versuch unternahm, das Schiff selbständig vor dem Wind freizusegeln, stieß es gegen einen Unterwasserfelsen. Die Preußen wurde gegen die Küste herumgeschwungen und strandete unterhalb der Kreideklippen. Es gelang nicht einmal mit zwölf Schleppern, das Vollschiff zu befreien.[6] Die wertvolle Ladung, unter anderem Klaviere, wurde später geborgen. Noch im Juni 1911 hoffte man, das Schiff retten zu können.[7] Das Wrack verfiel mit der Zeit.

Bei der anschließenden Untersuchung des Unglücks durch das Seeamt Hamburg wurde Kapitän Hemings von der Brighton die alleinige Schuld zugesprochen. Er erschoss sich später in einer Londoner Bar.

F. Laeisz verlor im Kanal durch Dampferkollisionen 1913 auch die Pangani (30 Tote) und die Pitlochry. Umgekehrt sanken durch Havarien mit den Laeisz-Seglern Pisagua 1912 und Passat 1928 die jeweiligen Dampfer. In allen Fällen kreuzten die Dampfer vorschriftswidrig vor dem Segler oder wichen falsch aus.

Koordinaten: 51° 8′ 0″ N, 1° 22′ 10,7″ O

Im Jahre 1977 gab die Deutsche Bundespost eine Sondermarke heraus, auf der die Preußen abgebildet war. Auch mehrere andere Länder brachten die Preußen als Motiv auf ihren Briefmarken: Sierra Leone, die Falklandinseln, Grenada, Paraguay, Nicaragua und die Cook-Inseln.[8]

Die Royal Clipper, ein fünfmastiges Vier-Sterne-Luxus-Kreuzfahrtschiff und zurzeit das zweitgrößte Rahsegelschiff der Welt, wurde 2000 nach dem Vorbild der Preußen gebaut.

Vergleich mit anderen ähnlich großen Segelschiffen

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Die Preußen war bis zur Inbetriebnahme des Luxuskreuzfahrtschiffes Royal Clipper im Jahr 2000 das einzige je gebaute Fünfmastvollschiff und erreichte mit 47 Segeln (30 Rah- und 17 Schratsegeln) auch das Maximum in der Anzahl der Segel. Sie zählt zu den größten Segelschiffen der Schiffahrtsgeschichte überhaupt. Größer waren nach der Tonnage lediglich die französische Fünfmastbark France, welche anfänglich mit zwei Dieselmotoren ausgerüstet war, die R. C. Rickmers, eine deutsche Auxiliar-Fünfmastbark der Reederei Rickmers und der stählerne US-amerikanische Siebenmastgaffelschoner Thomas W. Lawson, der größte Schoner und das größte Segelschiff der Welt, das nie einen Hilfsantrieb besaß. Die Preußen war aber das größte Rah-Segelschiff der Welt, das nie mit einem Hilfsantrieb ausgerüstet wurde. Des Weiteren war die Preußen das längste (Lüa) reine Segelschiff und das Segelschiff mit der größten Segelfläche, das jemals gebaut wurde.

  • Horst Hamecher: Fünfmast-Vollschiff »PREUSSEN«, Königin der See. Der Lebensweg eines Tiefwasserseglers.  Hamecher Eigenverlag, Kassel 1993; ISBN 3-920307-46-1
  • Jochen Brennecke: Windjammer.  Der große Bericht über die Entwicklung, Reisen und Schicksale der „Königinnen der Sieben Meere“. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984 (3. Aufl.); Kap. XXII – Die Größten unter den Segelschiffen der Welt, S. 291–297; ISBN 3-7822-0009-8
  • Hans Jörg Furrer: Die Vier- und Fünfmast-Rahsegler der Welt.  Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984, S. 168; ISBN 3-7822-0341-0
  • Heinz Blöß: Glanz und Schicksal der „Potosi“ und "„Preußen“, Hamburgs und der Welt größte Segler. Schmidt Verlag, Kiel 1960
  • W. Kaemmerer: Das Fünfmast-Vollschiff Preußen, erbaut von Joh. C. Tecklenborg A.-G., Schiffswerft und Maschinenfabrik in Bremerhaven-Geestemünde. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 48, Nr. 34, Berlin 1904
  • Hans Georg Prager: „F. Laeisz“ vom Frachtsegler bis zum Bulk Carrier.  Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Herford 1974; ISBN 3-7822-0096-9
  • Peter Klingbeil: Die Flying P-Liner. Die Segelschiffe der Reederei F. Laeisz.  Verlag Die Hanse, Hamburg 1998 u. 2000; ISBN 3-434-52562-9
  • Basil Lubbock: The Nitrate Clippers. Brown, Son & Ferguson, Glasgow 1932 und 1953 (S. 86 ff)
  • Manfred Prager: Vergleich zwischen dem Fünfmastvollschiff  „Preußen“ und der Fünfmastbark  „Potosi“ auf den Reisen nach der Westküste Südamerikas und zurück. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie: Zeitschrift für Seefahrt und Meereskunde, Hamburg & Berlin 1908; ISSN 0174-8114
  • Schiff und Zeit. Fachzeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte. Fünfmastvollschiff  „Preußen“. Heft 5/1977, Herford 1977, Bestell-Nr.: 5872
  • "Preussen", Ölbild von Johannes Holst 1909
    „Preussen“, Ölbild von Johannes Holst (1909)
    Jens Jansson: SOS – Schicksale deutscher Schiffe – Weiße Segel über blauen Wogen – Heft Nr. 51 – Fünfmastvollschiff  „Preußen“.   S. 2 ff., Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt 1976
Commons: Preußen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Horst Hamecher: Fünfmast-Vollschiff »PREUSSEN«, Königin der See. Der Lebensweg eines Tiefwasserseglers. Hamecher Eigenverlag, Kassel 1993; ISBN 3-920307-46-1, S. 64
  2. Laeisz, Unternehmens-Historie Absatz „1926“
  3. Walter Kozian: J. C. B. Jarvis, Kapitän und Erfinder. In: Deutsches Schiffahrtsarchiv. Band 18, 1995, S. 15–24 (dsm.museum [PDF]).
  4. Jarvis-Brasswinden. Abgerufen am 8. Dezember 2018.
  5. Nordfrieslandlexikon (Memento des Originals vom 29. November 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nordfriiskfutuur.eu Unter: Boye Richard Petersen (1869-1943) abgerufen am 22. November 2020
  6. Die Preußen, abgerufen am 3. März 2023
  7. Neue Hamburger Zeitung, 24-06-11, S. 11: "PREUSSEN": noch zu retten? In: rottbank.org. Dieter Merges, abgerufen am 7. Dezember 2018.
  8. Bjoern Moritz: Vollschiff "Preußen". Abgerufen am 30. Dezember 2021.