Stanisława Walasiewicz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Stanisława Walasiewicz, Leichtathletik-Europameisterschaften, Wien 1938

Stanisława Walasiewicz (nach Heirat Stella Walsh Olson; * 11. April 1911 in Wierzchownia,[1] Powiat Brodnicki, Russisches Kaiserreich; † 4. Dezember 1980 in Cleveland, Ohio) war eine intersexuelle polnisch-US-amerikanische Leichtathletin und Olympiasiegerin.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walasiewicz wurde im damaligen Weichselland geboren. Ihre Eltern emigrierten in die USA, als Walasiewicz zwei Jahre alt war.[2] Ihr wurde wiederholt die US-amerikanische Staatsbürgerschaft angeboten, diese lehnte sie zunächst ab, um weiter für den polnischen Verband starten zu dürfen.[3] Die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt sie erst nach ihrer Hochzeit mit dem Boxer Harry Neil Olson. Auf Vermittlung des polnischen Konsulats in New York entschied sie sich jedoch, die polnische Staatsbürgerschaft anzunehmen, und wurde bald zu einer der populärsten Persönlichkeiten im polnischen Sport.

Beim 100-Meter-Lauf der Olympischen Spiele 1932 in Los Angeles konnte sie sowohl im Vorlauf wie auch im Halbfinale den Weltrekord von 11,9 s einstellen. Die gleiche Zeit erreichte sie auch im Finale und wurde mit neuem olympischem Rekord Olympiasiegerin vor der Kanadierin Hilda Strike und der US-Amerikanerin Wilhelmina von Bremen. Am gleichen Tag trat Walasiewicz auch im Finale des Diskuswurfs an und belegte dort den 6. Platz.

Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin versuchte Walasiewicz ihren Titel zu verteidigen. Dort unterlag sie jedoch der US-Amerikanerin Helen Stephens. Bei den Europameisterschaften 1938 siegte sie sowohl über 100 als auch über 200 Meter und gewann zwei Silbermedaillen mit der 4-mal-100-Meter-Staffel und im Weitsprung.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs startete Walasiewicz bei den Europameisterschaften 1946 in Oslo. Sie schied über beide Sprintstrecken im Halbfinale aus und belegte mit der Staffel den letzten Platz unter sechs Mannschaften.

1947 erhielt sie endgültig die US-Staatsbürgerschaft. Im selben Jahr heiratete sie den Boxer Neil Olson. Obwohl die Ehe nicht lange währte, behielt sie für den Rest ihres Lebens den Namen Stella Walsh Olson bei. 1951 gewann sie im Alter von 40 Jahren ihre letzten Titel bei den US-Leichtathletik-Meisterschaften.

Am 4. Dezember 1980 wurde Walsh als Passantin bei einem bewaffneten Raubüberfall in Cleveland erschossen. Bei ihrer Obduktion stellte man anhand ihrer Geschlechtsorgane fest, dass Walsh intersexuell war. Sie hatte keine Gebärmutter und einen unterentwickelten Penis. Eine Chromosomenanalyse ergab später, dass sie sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtschromosomen besaß.[4] Ironischerweise hatte ein polnischer Journalist in den 1930er Jahren ihre schärfste Rivalin Helen Stephens verdächtigt, insgeheim ein Mann zu sein.[2][5][6][7]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sheldon Anderson: The Forgotten Legacy of Stella Walsh: The Greatest Woman Athlete of Her Time, Rowman & Littlefield Publishers, 2017. ISBN 978-1-4422-7755-7

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stanisława Walasiewicz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Stanisława Walasiewicz in der Datenbank von Olympedia.org (englisch)
  • Stanisława Walasiewicz in der Datenbank von Sports-Reference (englisch; archiviert vom Original)
  • Stella Walsh. Hall of Fame. In: USA Track & Field. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. März 2019; (englisch).
  • Stanisława Walasiewicz in der Datenbank Find a Grave (englisch)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stanisława Walasiewicz. In: bieganie.com.pl. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 29. Juni 2019 (polnisch, keine Mementos).@1@2Vorlage:Toter Link/www.bieganie.com.pl (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven).
  2. a b c Stanislawa Walasiewicz. Encyclopædia Britannica. Encyclopædia Britannica Online. Encyclopædia Britannica Inc., 2012, abgerufen am 3. Januar 2012 (englisch).
  3. Martin Einsiedler: Die erste Istaf-Weltrekordlerin war zu maskulin für ihre Zeit. In: Der Tagesspiegel. 12. September 2021, abgerufen am 19. September 2021.
  4. Martin Einsiedler: Die erste Istaf-Weltrekordlerin war zu maskulin für ihre Zeit. In: Der Tagesspiegel. 12. September 2021, abgerufen am 12. September 2021.
  5. ABC Radio National: The Sports Factor: Olympic ideals and realities – from the sublime to the ridiculous (Memento vom 2. Dezember 2008 im Internet Archive). In: abc.net.au, 17. Juli 1998, abgerufen am 29. Juni 2019 (englisch).
  6. Jim White: ‘Of course he is not a Nazi. He is a man who likes history’. In: The Guardian. 20. Januar 2003, abgerufen am 3. Januar 2012 (englisch).
  7. Associated Press: Report Says Stella Walsh; Had Male Sex Organs. In: The New York Times. 23. Januar 1981, abgerufen am 3. Januar 2012 (englisch).