Marlies Göhr

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Marlies Göhr


Marlies Göhr (1978)

Nation Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR
Geburtstag 21. März 1958
Geburtsort Gera
Größe 165 cm
Gewicht 55 kg
Karriere
Disziplin Sprint
Bestleistung 10,81 s (100 m)
21,74 s (200 m)
Verein SC Motor Jena
Status zurückgetreten
Medaillenspiegel
Olympische Spiele 2 × Goldmedaille 2 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
Weltmeisterschaften 2 × Goldmedaille 1 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
Europameisterschaften 5 × Goldmedaille 1 × Silbermedaille 1 × Bronzemedaille
Halleneuropameisterschaften 5 × Goldmedaille 2 × Silbermedaille 2 × Bronzemedaille
Olympische Ringe Olympische Spiele
Gold Montreal 1976 4 × 100 m
Gold Moskau 1980 4 × 100 m
Silber Moskau 1980 100 m
Silber Seoul 1988 4 × 100 m
Logo der World Athletics Weltmeisterschaften
Gold Helsinki 1983 100 m
Gold Helsinki 1983 4 × 100 m
Silber Rom 1987 4 × 100 m
Logo der EAA Europameisterschaften
Gold Prag 1978 100 m
Silber Prag 1978 200 m
Bronze Prag 1978 4 × 100 m
Gold Athen 1982 100 m
Gold Athen 1982 4 × 100 m
Gold Stuttgart 1986 100 m
Gold Stuttgart 1986 4 × 100 m
Logo der EAA Halleneuropameisterschaften
Gold San Sebastián 1977 60 m
Gold Mailand 1978 60 m
Gold Wien 1979 60 m
Gold Mailand 1982 60 m
Gold Budapest 1983 60 m
Silber Piräus 1985 60 m
Silber Madrid 1986 60 m
Bronze Liévin 1987 60 m
Bronze Budapest 1988 60 m

Marlies Göhr, geborene Marlies Oelsner (* 21. März 1958 in Gera), ist eine deutsche Leichtathletin und Olympiasiegerin, die – für die DDR startend – in den 1970er und 1980er Jahren zu den weltbesten 100-Meter-Läuferinnen gehörte. In dieser Zeit war sie im staatlich organisierten Dopingprogramm.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marlies Göhr wuchs als Tochter eines Tischlermeisters in Triptis (Thüringen) auf. 1971 wurde sie zur Kinder- und Jugendsportschule Bad Blankenburg delegiert. Marlies Göhr ist mit dem ehemaligen DDR-Oberliga-Fußballspieler Ulrich Göhr (FC Carl Zeiss Jena) verheiratet. 1988, nach den Olympischen Spielen in Seoul, beendete sie ihre Leichtathletikkarriere. Sie studierte Psychologie.

Am 9. November 1989 wurde Göhr Mutter einer Tochter.

Marlies Göhr startete für den SC Motor Jena und trainierte bei Horst-Dieter Hille. In ihrer aktiven Zeit war sie 1,65 m groß und wog 55 kg. Bei der deutschen Meisterschaft der DDR lief sie elektronisch gemessen am 1. Juli 1977 als erste Frau der Welt die 100 Meter unter 11,0 Sekunden, exakt in 10,88 s, und verbesserte die bisherige Bestmarke von Annegret Richter um 13 Hundertstelsekunden.[1] Als Juniorinnen-Weltrekord wurde diese Marke erst im Juni 2019 durch Sha’Carri Richardson übertroffen. Göhr musste sich im Oktober 1980 Operationen an beiden Achillessehnen unterziehen.[2] Im Juli 1982 lief Göhr die 100 m erneut 10,88 s.[3] Am 8. Juli 1983 verbesserte sie im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Berlin ihren eigenen Weltrekord auf 10,81 s. Bei dem Rennen war auch die Zweitplatzierte, Göhrs Landsfrau Marita Koch, mit 10,83 s schneller als die vorherige Weltrekordzeit.[2]

Eine Einzelgoldmedaille über 100 Meter bei Olympischen Spielen blieb ihr versagt: 1980 in Moskau wurde sie durch einen Zielrichterentscheid hinter die Russin Ljudmila Kondratjewa auf Rang zwei gesetzt. 1982 wurde sie über 100 Meter Europameisterin, wobei sie Bärbel Wöckel, die sie auch regelmäßig bei den DDR-Meisterschaften besiegte, bezwang. 1984 wäre sie bei den Olympischen Spielen in Los Angeles neben Evelyn Ashford (USA) Mitfavoritin gewesen, doch der damalige Ostblock boykottierte die Spiele. Im nacholympischen Duell der beiden Sprinterinnen wenige Tage nach Olympia beim Weltklasse-Sportfest in Zürich (Schweiz) siegte Evelyn Ashford in neuer Weltrekordzeit von 10,76 s vor Marlies Göhr. Bis zum August 2012 war sie Mitinhaberin des Weltrekordes im 4-mal-100-Meter-Lauf: Beim Weltcup in Canberra am 6. Oktober 1985 lief sie zusammen mit Silke Gladisch, Sabine Günther und Ingrid Auerswald eine Zeit von 41,37 s.

Bekannt war sie auch für ihren Laufstil, einen „Trommelschritt“, der den Eindruck erweckte, als würde jeder Schritt zu kurz geraten.

Göhr arbeitet heute als Psychologin im Saale-Betreuungswerk der Lebenshilfe in Jena.

Erfolge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Doping in der DDR[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marlies Göhr bei den 33. DDR-Meisterschaften am 1. Juli 1982. Über 100 Meter der Frauen siegte sie mit 10,91 s. Rechts ihre Klubkameradin Sabine Rieger, die den sechsten Rang belegte.

1991 konnten die Dopinggegner Brigitte Berendonk und Werner Franke Dutzende Dissertationen und Habilitationsschriften ehemaliger DDR-Dopingforscher in der Militärmedizinischen Akademie Bad Saarow sicherstellen. Anhand der Arbeiten ließ sich die staatlich organisierte Dopingpraxis vieler bekannter DDR-Leistungssportler, darunter auch Marlies Göhr, rekonstruieren. Den Angaben zufolge bekam Marlies Göhr 1983 und 1984 hohe Dosen Oral-Turinabol.[4] Die Medikation mit Oral-Turinabol für das Jahr 1984 betrug 1405 Milligramm.[5] Gegenüber der ARD hat Göhr, auf die Dopinggabe angesprochen, entgegnet: „Man kann nicht 13 Jahre Weltspitze sein und nur mit Dopingmitteln rumrennen. Es gehört sehr viel mehr dazu.“[6]

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Marlies Göhr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Weltrekord! 100 m unter elf Sekunden. (PDF) In: Hamburger Abendblatt. 2. Juli 1977, abgerufen am 4. November 2021.
  2. a b Ein Gefühl, als würde ich schweben. (PDF) In: Hamburger Abendblatt. 9. Juni 1983, abgerufen am 4. November 2021.
  3. Weltklasse gezeigt in fast allen Disziplinen. (PDF) In: Hamburger Abendblatt. 12. Juli 1982, abgerufen am 4. November 2021.
  4. Brigitte Berendonk: Doping-Dokumente – Von der Forschung zum Betrug. Springer-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-540-53742-2, S. 120, Tabelle 5
  5. Gegen die Nebelwand, Der Spiegel, 24. April 2006
  6. Andreas Schlebach: „Was macht eigentlich … Marlies Göhr?“
  7. Ausgabe vom 12.11.1988. Neues-Deutschland-Archiv, S. 4, abgerufen am 25. Mai 2020.