Zaza-Sprache
Zazaisch oder Zazaki ist die Sprache der Zaza in der östlichen Türkei. Viele Zaza und manche Sprachwissenschaftler verwenden auch die Sprachbezeichnungen Dimli sowie Kirmancki. Die Anzahl ihrer Sprecher wird auf zwei bis drei Millionen geschätzt. Sie wird vor allem in Ostanatolien gesprochen, durch Migrationsprozesse der letzten Jahrzehnte ist sie auch in West-, Mittel- und Nordeuropa verbreitet. Das Zazaki gehört zum iranischen Zweig der indogermanischen Sprachen.
Zur Bezeichnungsfrage, Herkunft, Beziehung zu anderen Sprachen und zum historischem Hintergrund siehe den Artikel Zaza.
Zazaisch | ||
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Gesprochen in |
Türkei, Irak, Georgien, Kasachstan | |
Sprecher | 2 - 3 Millionen | |
Linguistische Klassifikation |
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Offizieller Status | ||
Amtssprache in | - | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
– | |
ISO 639-2 | (B) ira | (T) – |
Die sprachliche Einordnung des Zazaki
Zazaki als eigenständige nordwestiranische Sprache
Die Zaza-Sprache wird auch heute noch aus politischen und kulturellen Gründen oft als eine kurdische Sprache, ja sogar als ein „kurdischer Dialekt“ betrachtet. (Zum politischen Hintergrund dieser Einschätzung siehe den Artikel Zaza.) Dagegen stellt die Iranistik (die Wissenschaft der Erforschung der iranischen Sprachen) eindeutig fest: Zazaki ist eine eigenständige Sprache des nordwestlichen Zweigs der iranischen Sprachen, zu dem unter anderem auch die kurdischen Sprachen Kurmandschi und Sorani gehören. Innerhalb dieses nordwestlichen Zweiges bilden die kurdischen Sprachen - zusammen mit zentraliranischen Dialekten - eine genetische Untergruppe, das Zaza bildet demgegenüber zusammen mit dem Gorani eine selbständige Untereinheit Zaza-Gorani, die möglicherweise engere Beziehungen zum Belutschi aufweist. (Siehe unten die Klassifikation der nordwestiranischen Sprachen.)
Schon Sprachforscher des 19. Jahrhunderts (z. B. Peter Lerch) belegten, dass das Zazaki kein Dialekt des Kurdischen, sondern eine eigenständige Sprache innerhalb der iranischen Sprachfamilie ist. Dies bekräftigten die deutschen Iranisten Oskar Mann und Karl Hadank mit ihren vielfältigen Untersuchungen, aus denen 1932 die erste umfangreiche wissenschaftliche Grammatik des Zazaki unter dem Titel Mundarten der Zaza hervorging. Frühere Ansichten, Zazaki sei eine „kurdische Sprache im weiteren Sinne“ (so z. B. Ferdinand Justi 1880), gelten heute als überholt. (Näheres im Abschnitt zur Forschungsgeschichte.)
Die Zaza-Sprache weist auffällige Gemeinsamkeiten mit der ausgestorbenen mitteliranischen Sprache Parthisch auf, die das südwestiranische Persische und seine Vorgängersprachen nicht teilen. Allerdings kann man nicht nachweisen, ob das Parthische eine unmittelbare Vorgängersprache des Zaza gewesen ist. (Zur Herkunftsfrage der Zaza und ihrer Sprache siehe den Artikel Zaza.)
Klassifikation der nordwestiranischen Sprachen
Die folgende Klassifikation beschreibt genauer die genetische Stellung des Zaza und der kurdischen Sprachen innerhalb der Gruppe der nordwestiranischen Sprachen. Einen Gesamtüberblick über die iranischen Sprachen und ihre Klassifikation bietet der Artikel Iranische Sprachen.
- Nordwestiranisch 24 Sprachen, 31 Mio. Sprecher
- Medisch : Medisch † (altiranisch)
- Parthisch : Parthisch: † (mitteliranisch)
- Kaspisch
- Kurdisch-Zentraliranisch
- Kurdisch : Kurmandschi (Nordwest-Kurdisch) (15-20 Mio), Sorani (Zentral-Kurdisch, Kurdi) (4 Mio), Südkurdisch (3 Mio)
- Zentraliranisch : Tafreshi, Mahallati-Chunsari, Kashani-Natanzi, Gazi, Yazdi-Kermani-Nayini, Kaviri, Sivandi
- Zaza-Gorani : Zaza (Zazaki, Kirmanjki, Kirdki, Dimli, 'So Be') (1.5 Mio), Gorani (Bajalani, Shabaki, Hawrami u.a.) (400-500 Tsd)
- Belutschi : Belutschi (Baloči) (6 Mio)
Möglicherweise bilden Zaza-Gorani und Belutschi eine eigene genetische Einheit, diese Ansicht wird aber nicht von allen Forschern geteilt.
Zur Forschungsgeschichte der Zaza-Sprache
Bereits 1650 berichtete der türkische Reisende Evliya Çelebi darüber, dass die Sprache der Zaza sich deutlich von den „anderen kurdischen Arten“ abhebe und eine wechselseitige Verständigung zwischen dem Zaza und anderen „kurdischen Dialekten“ nicht möglich sei. Der russische Linguist Peter Lerch rechnete in einem Bericht von 1856 über die Völker Ostanatoliens die Zaza ohne genauere Untersuchung generalisierend zu den Kurden. F. Müller 1864 betrachtete das Zaza wie das Kurmandschi als Dialekte des Neupersischen (!), F. Spiegel 1871 und W. Tomaschek 1887 bemerkten dagegen die großen Unterschiede zwischen dem Zaza und Kurmandschi.
Als Erster untersuchte Oskar Mann (seit 1906) die grammatische Struktur des Zaza in aller Gründlichkeit, das er dabei als eigenständige nicht-kurdische Sprache erkannte. Er sah das Zaza in einem engerem Zusammenhang mit dem Gorani. Seine Klassifikation des Westiranischen hat in der Iranistik im Wesentlichen bis heute Bestand.
Ein entscheidender Schritt in der Forschungsgeschichte war die Veröffentlichung der ersten Zaza-Grammatik von K. Hadank auf Basis des Materials von O. Mann im Jahre 1932. Diese erschien unter dem Titel Mundarten der Zaza als 10. Band der Serie der Kurdisch-Persischen Forschungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften und behandelt vor allem den Süddialekt des Zaza. Als Resultat dieser Forschungsarbeit war nun völlig klar, dass das Zaza phonologisch, morphologisch, syntaktisch und lexikologisch eine eigenständige Sprache innerhalb des Nordwest-Iranischen darstellt. Hadank sah - wie Mann - eine besondere Nähe des Zaza zum Gorani, die Unterschiede zu den kurdischen Sprachen werden deutlich herausgearbeitet.
J. Gippert wies 1996 auf die Gemeinsamkeiten des Zaza mit dem mitteliranischen Parthischen hin, die sich deutlich vom Persischen abheben. Damit ist auch die Einordnung des Zaza als nordwestiranische Sprache endgültig bestätigt worden. (Persisch ist demgegenüber eine südwestiranische Sprache.)
Einen detaillierten Überblick über die Forschungsgeschichte - insbesondere über sämtliche Belege der Eigenständigkeit des Zaza gegenüber den kurdischen Sprachen und den Versuch mancher kurdischer Wissenschaftler, das Zaza als eine kurdische Sprache darzustellen - gibt Z. Selcan in seiner umfangreichen Zaza-Grammatik von 1998, die den Norddialekt (Dersim-Dialekt) zugrunde legt.
Zazaki als Schriftsprache
Obwohl das Zazaki schon seit Jahrhunderten in der Türkei gesprochen wurde, hat man es lange nicht schriftlich fixiert. Das älteste literarische Werk ist die religiöse Schrift Mewlid von Ehmedê Xasi aus dem Jahre 1898. Dieses Werk wurde 1899 in arabischer Schrift und (erst) 1984 in lateinischer Schrift veröffentlicht. Ein weiteres bedeutsames zazaisches Werk ist Biyîşê Pêxemberî (Mewlûda Nebî) aus dem Jahre 1903 von Usman Efendiyo Babıc, es wurde erst 1933 in Damaskus in arabischer Schrift veröffentlicht.
In lateinischer Schrift wurden Zazaki-Texte seit Anfang der 1980er Jahre in Deutschland, Schweden und Frankreich in mehreren Kulturzeitschriften publiziert. Wichtige Autoren sind Malmîsanij, Ebubekir Pamukçu und Koyo Berz.
Zur Dokumentation der zazaischen Sprache wurden in den Jahren 2001 und 2002 in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt wichtige Quellen für ein zazaisch-deutsches Textkorpus zusammengetragen. Dies enthält längere Tonbandaufzeichnungen, handschriftlich festgehaltene Sprüche und Sprichwörter und spezielle lexikalische Listen.
Dialekte
Es lassen sich mehrere Dialekte bzw. Dialektgruppen des Zazaki unterscheiden. Ludwig Paul (1998) führt folgende auf:
- Norddialekte (Alevi-Dialekte): Dersim, Hınıs-Varto
- Zentraldialekte: Palu, Bingöl
- Süddialekte: Çermik, Siverek, Çüngüş, Gerger
- Randdialekte: Mutki, Aksaray, Sarız
- Übergangsdialekte: Kulp, Lice, Ergani, Maden
Die sprachliche Struktur der Zaza-Sprache
Die Beispiele der folgenden Darstellung sind zu einem großen Teil der unten zitierten Grammatik von Zülfü Selcan (1998) entnommen, sie gelten damit also vor allem für den nördlichen Zaza-Dialekt (Dersim-Dialekt).
Das Phonemsystem
Die Konsonanten des Zaza sind in der folgenden Tabelle nach Bildungsart und -ort dargestellt:
Artikulationsort | stimmhaft/-los | labial | dental | alveol. | alv-palat. | velar | uvular | laryng. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Verschlusslaute | stimmlos | p | t | ts (ç) | tš (ç) | k | q | . |
stimmhaft | b | d | dz (c) | dʒ (c) | g | . | . | |
Reibelaute | stimmlos | f | . | s | š (ş) | x | . | h |
stimmhaft | v | . | z | ž | x | . | . | |
Halbvokale | stimmhaft | w | . | . | j (y) | . | . | . |
Nasale | stimmhaft | m | n | . | . | . | . | . |
Lateral | stimmhaft | . | l | . | . | . | . | . |
Vibranten | stimmhaft | . | r / ŕ | . | . | . | . | . |
In Klammern die übliche Darstellung der Phoneme in heutigen Zaza-Texten, die auf dem türkischen Alphabet basiert. Die Laute /ts/ und /tš/ werden beide durch [ç] und die Laute /dz/ und /dʒ/ beide durch [c] wiedergegeben.
Das stimmlose /x/ entspricht dem deutschen /ch/ in „ach“, das stimmhafte /x/ dem deutschen Zäpfchen-r.
Es gibt im Zaza zwei /r/-Laute, die hier mit [r] und [ŕ] wiedergegeben werden. Beides sind stimmhafte Vibranten (Zungen-r). /ŕ/ wird intensiver als /r/ artikuliert. Die Unterscheidung hat Phonemcharakter, wie folgende Beispiele zeigen:
- pere „Geld“, aber peŕe „Flügel“
- tore „Brauch“, aber toŕe „Fangnetz“
- bırak „Liebhaber“, aber bıŕak (auch bırrek) „Säge“
Die Vokale des Zaza sind /i, e (ê), ε (e), a, o, u, ü, (ı)/, es gibt keine phonemische Unterscheidung von Lang- und Kurzvokalen. (In Klammern die in heutigen Zaza-Texten verwendeten Zeichen.)
Das phonologische System des Zaza weist einige typische nordwestiranische Merkmale auf, dazu gehören: Zaza /z/ (< iran. /*dz/) und Zaza /b/ (< iran. /*dw/) Z.B. Zaza ber, pers. dar „Tür“).
Nominalmorphologie
Nominale Kategorien
Das Nomen (Substantiv, Adjektiv, Pronomen) des Zaza besitzt folgende Kategorien:
Nr | Kategorie | Realisierungen |
---|---|---|
1 | Genus | Maskulinum (m) / Femininum (f) |
2 | Numerus | Singular (sg) / Plural (pl) |
3 | Kasus | primär: Rectus / Obliquus; sekundäre Kasus vom Obliquus abgeleitet |
4 | Definitheit | bestimmt (unmarkiert) / unbestimmt (markiert) |
5 | Attributierung | siehe unten |
Split-Ergativität
Der meist (so auch bei Z. Selcan) „Nominativ“ genannte Rectus wird als Subjekt des intransitiven Verbums (in allen Tempora) und als Subjekt des transitiven Verbums im Präsens verwendet, im Präteritum für das direkte Objekt (also als „Akkusativ“) des transitiven Verbs. Der Obliquus wird für das direkte Objekt des transitiven Verbs im Präsens und für den Agens im Präteritum benutzt.
Das Zazaki ist also eine sog. Split-Ergativ-Sprache, da die Ergativkonstruktion nur in einigen, aber nicht allen grammatischen Situationen auftritt. Eine eigentliche Ergativkonstruktion tritt nur bei transitiven Verben im Präteritum auf, der Obliquus ist dann der „Ergativ“, der Rectus der „Absolutiv“.
Es ergibt sich damit folgende Verteilung der Kasusfunktionen im Zaza:
Funktion | Intrans. Verb | Transit. Präsens | Transit. Präteritum |
---|---|---|---|
Subjekt (Agens) | Rectus | Rectus | Obliquus (Ergativ) |
Direktes Objekt | . | Obliquus | Rectus (Absolutiv) |
Zwei Beispiele, die das Prinzip illustrieren:
- malım cirani beno doxtori
- Analyse: malım-Ø (Lehrer, RECTUS) ciran-i (Nachbar, OBLIQ) ben-o (bringen, PRÄS-Form) doxtor-i (Arzt, OBLIQ)
- Übersetzung: „der Lehrer bringt den Nachbarn zum Arzt“
- malımi ciran berd doxtori
- Analyse: malım-i (OBLIQ) ciran-Ø (RECT) berd-Ø (bringen, PRÄTERIT-Form) doxtor-i (OBLIQ)
- Übersetzung: „der Lehrer brachte den Nachbarn zum Arzt“
Dazu weitere Details und Beispiele im Abschnitt über die Verbalmorphologie.
Kasusbildung
Die regelmäßige Kasusbildung der (definiten) Substantive wird an den Beispielen lazek m. „der Junge“, çêneke f. "„das Mädchen“ und domoni „die Kinder“ aufgezeigt:
Die regelmäßige Deklination im Zaza
Kasus | Präpos. | sg. m. | sg. f. | pl. | Bedeutung |
---|---|---|---|---|---|
Rectus | . | lazek-Ø | çênek-e | domon-i | siehe oben |
Obliquus | . | lazek-i | çênek-e | domon-u(n) | siehe oben |
Genitiv | (yê) | lazek-i | çênek-e | domon-u(n) | des Jungen etc |
Dativ | . | lazek-i-rê | çênek-e-rê | domon-u-rê | für ... |
Separativ | . | lazek-i-ra | çênek-e-ra | domon-u-ra | von ... weg |
Sublativ 1 | . | lazek-i-ro | çênek-e-ro | domon-u-ro | auf ... hinauf |
Adessiv | . | lazek-i-de | çênek-e-de | domon-u-de | bei ... |
Allativ | (e)ra | lazek-i | çênek-e | domon-u | zu ... hin |
Sublativ 2 | (e)ro | lazek-i | çênek-e | domon-u | auf ... hinauf |
Illativ | (e)de | lazek-i | çênek-e | domon-u | in ... hinein |
Komitativ | ...ve | lazek-i-ra | çênek-e-ra | domon-u-ra | zusammen mit ... |
Vokativ | . | laz-o! | çên-ê! | domon-ênê! | Junge! etc |
Die Endungen der primären Kasus sind also wie folgt verteilt:
Kasus | sg.m. | sg.f. | pl. |
---|---|---|---|
Rectus | -Ø | -e | -i |
Obliquus | -i | -e | -u(n) |
Alle weiteren (sekundären) Kasus basieren auf dem Obliquus, von dem sie durch Suffixe oder Präpositionen nach dem obigen Schema abgeleitet werden. (Die Kasusbezeichnungen für die lokativen Fälle schwanken in der Fachliteratur, die hier verwendeten entsprechen der Kasus-Nomenklatur des Metzeler Lexikon Sprache.)
Definitheit
Nomina ohne weitere Kennzeichnung (etwa durch Artikel) drücken definite Formen aus (lazek „der Junge“). Indefinite Formen erhalten die Endung /-ê/ (lazek-ê „ein Junge“). Es ergeben sich durch Kontraktion, Elision und Hiattilgung einige phonetische Besonderheiten. Dazu folgende (etwas vereinfachte) Beispiele:
definit | indefinit | Bedeutung | zur Bildung |
---|---|---|---|
lazek | lazek-ê | der / ein Junge | regelmäßig |
hêga | hêga-ê | das / ein Feld | regelmäßig |
çerme | çerm-ê | das / ein Fell | Kontraktion e-ê > ê |
koli | koli-y-ê | das / ein Holz | Einschub des y nach i |
kardi | kard-ê | das / ein Messer | Kontraktion i-ê > ê |
manga | mang-ê | die / eine Kuh | Kontraktion a-ê > ê |
Im Plural wird das Unbestimmtheitssuffix durch /taê/ ersetzt: taê lazek-i „einige Jungen“.
Attributierung
Zusätzlich zu Genus, Numerus, Kasus und Definitheit (siehe oben) wird durch Morpheme am Nomen die Attributierung ausgedrückt, und zwar nur im attributiven, in der Regel aber nicht im prädikativen Fall (davon gibt es Ausnahmen).
Dabei gilt folgende Regel: bei prädikativer Verwendung bleibt (wie im Deutschen) das Substantiv unverändert, das prädikativ gebrauchte Adjektiv erhält eine Suffixkopula oder ein Verbalsuffix, das dem Genus und Numerus des Substantivs entspricht. In der attributiven Verwendung wandert - völlig anders als im Deutschen - diese Kopula als „Attributierungssuffix“ an das zu bestimmende Substantiv, das nachgestellte Adjektiv erhält die normalen Kasusendungen des Nomens. Es gibt also beim Übergang von der prädikativen zur attributiven Verwendung einen "Über-Kreuz-Tausch“ der Suffixe von Substantiv und Adjektiv.
Dazu folgende Beispiele:
Funktion | Kasus | Genus | Substantiv | Adjektiv | Bedeutung |
---|---|---|---|---|---|
Prädikativ | Rectus | m.sg. | her-Ø | gêwr-o | der Esel (her) ist grau (gêwr) |
. | . | f.sg. | her-e | gêwr-a | die Eselin ist grau |
. | . | pl. | her-i | gêwr-(i)ê | die Esel sind grau |
Attributiv | Rectus | m.sg. | her-o | gêwr-Ø | der graue Esel (Rectus) |
. | . | f.sg. | her-a | gêwr-e | die graue Eselin (Rectus) |
. | . | pl. | her-ê | gêwr-i | die Esel sind grau (Rectus) |
Attributiv | Obliquus | m.sg. | her-ê | gêwr-i | den grauen Esel (Obl.) |
. | . | f.sg. | her-a | gêwr-e | die graue Eselin (Obl.) |
. | . | pl. | her-un-ê | gêwr-un | die grauen Esel (Obl.) |
Die Attributierungs-Suffixe sind fett gedruckt.
Izafe-Bindung
Wie in den meisten iranischen Sprachen gibt es auch im Zaza die Izafe-Bindung. Die Izafe (oder Ezafe) ist ein Verbindungssuffix (ursprünglich - in der mitteliranischen Periode - ein angehängtes Relativpronomen), das zwischen einem Substantiv und seinem nachgestellten Genitivattribut eingefügt wird. Hierbei steht das nachgestellte Genitivattribut im Obliquus. Für das Verbindungssuffix (Izafe) gilt folgendes Schema in Abhängigkeit von Genus und Numerus des voranstehenden Beziehungssubstantivs:
Kasus | sg.m. | sg.f. | pl. |
---|---|---|---|
Rectus | -ê | -a | -ê |
Obliquus | -ê | -a | -un-ê |
Dazu folgende Beispiele (her „Esel“, ciran „Nachbar“, das Verbindungssuffix ist fett gedruckt):
Kasus | Form mit Izafe | Bedeutung |
---|---|---|
Rectus | her-ê ciran-i | der Esel des Nachbarn |
. | her-a ciran-i | die Eselin des Nachbarn |
. | her-a ciran-e | die Eselin der Nachbarin |
. | her-ê ciran-i | die Esel des Nachbarn |
. | her-ê ciran-u | die Esel der Nachbarn |
Obliquus | her-ê ciran-i | den Esel des Nachbarn |
. | her-a ciran-i | die Eselin des Nachbarn |
. | her-a ciran-e | die Eselin der Nachbarin |
. | her-un-ê ciran-i | die Esel des Nachbarn |
. | her-un-ê ciran-u | die Esel der Nachbarn |
Allerdings erlaubt das Zaza auch bei einigen wenigen Substantiven eine Umstellung der Genitivverbindung, bei der das Genitivattribut vor seinem Beziehungswort steht. Zum Beispiel kann „aus der Hand (dest) des Jungen (lazek)“ heißen:
- dest-ê lazek-i-ra normale Folge, Genitivattribut nachgestellt, Izafe /-ê/
- lazek-i dest-ra Umstellung, Genitivattribut im Obliquus vorangestellt, keine Izafe
Pronomina
Das Personalpronomen des Zazaki unterscheidet im Singular und der 3. Person Plural die Kasus Rectus und Obliquus. Zum Vergleich sind die Pronomina des Kurmandschi beigefügt.
Personalpronomen
Pers/Num | Zaza Rectus |
Zaza Obliquus |
Kurmandschi Rectus |
Kurmandschi Obliquus |
---|---|---|---|---|
1.sg. | ez | mı(n) | ez | min |
2.sg. | tu | to | tu | te |
3.sg.m. | u / o | ey (dey) | ew | wî |
3.sg.f. | a | ae (dae) | ew | wê |
1.pl. | ma | ma | em | me |
2.pl. | sıma | sıma | hûn | we |
3.pl. | i / ê | ine (dine) | ewan | wan |
Die alternativen Pronomina dey, dae und dine im Obliquus repräsentieren nur Lebewesen und werden nur in den östlichen Dersim-Dialekten in speziellen Fällen verwendet.
Verbalmorphologie
Verbale Kategorien
Die komplexe Verbalmorphologie des Zaza kann hier nur angedeutet werden. Man unterscheidet finite und infinite Verbalformen. Die finiten Verbalformen weisen folgende Kategorien auf:
Nr | Kategorie | Realisierungen |
---|---|---|
1 | Person | 1., 2. und 3. Person |
2 | Numerus | Singular (sg.), Plural (pl.) |
3 | Genus | Maskulinum (m.), Femininum (f.) (nur in der 3.sg.) |
4 | Tempus | Präsens, Präteritum, Perfekt; Imperfekt, Plusquamperfekt; teilw. Futur |
5 | Modus | Indikativ, Kontinuativ (Verlaufsform), Konjunktiv, Imperativ |
6 | Diathese | Aktiv, Passiv |
Von den fünf Tempora unterscheiden Präsens, Präteritum und Perfekt nach Person, Numerus und Genus, während Imperfekt und Plusquamperfekt diese Kategorien nicht besitzen. (Das Plusquamperfekt unterscheidet 1. sg./pl.)
Die infiniten Verbalformen sind zwei Infinitive (auf /-ene/ und /-is/) und zwei Partizipien (Agentiv-Partizip und Präterital-Partizip), auf die hier nicht näher eingegangen wird.
Split-Ergativität
Besonders auffällig ist - im Vergleich zum Deutschen, aber auch zu vielen anderen Sprachen - der Kasustausch von Rectus und Obliquus für Agens bzw. Patiens beim transitiven Verbum im Präsens und Präteritum, also die sog. Split-Ergativität. (Genauere Erklärung im Abschnitt „Nominalmorphologie“.)
Hier einige Beispiele, die diesen auffälligen Sachverhalt verdeutlichen (malım „Lehrer“, ciran „Nachbar“, doxtor „Arzt“, ben- Präsensstamm, berd- Präteritumstamm eines Verbs mit der Bedeutung „bringen“):
Beispiele im Präsens:
Subjekt Rectus |
Objekt Obliq. |
Prädikat | Ziel Obliq. |
Übersetzung |
---|---|---|---|---|
malım-Ø | ciran-i | ben-o | doxtor-i | der Lehrer bringt den Nachbarn zum Arzt |
malım-e | ciran-i | ben-a | doxtor-i | die Lehrerin bringt den Nachbarn zum Arzt |
malım-e | ciran-e | ben-a | doxtor-e | die Lehrerin bringt die Nachbarin zum Arzt |
malım-i | ciran-u | ben-ê | doxtor-u | die Lehrer bringen die Nachbarn zu den Ärzten |
Im Präsens besteht Kongruenz zwischen Subjekt und Prädikat. Im Präteritum vertauschen sich (bei transitiven Verben) die Endungen von Subjekt und Objekt, Kongruenz besteht zwischen Objekt und Prädikat.
Beispiele im Präteritum (transitives Verb):
Subjekt Obliq. |
Objekt Rectus |
Prädikat | Ziel Obliq. |
Übersetzung |
---|---|---|---|---|
malım-i | ciran-Ø | berd-Ø | doxtor-i | der Lehrer brachte den Nachbarn zum Arzt |
malım-i | ciran-e | berd-e | doxtor-i | die Lehrerin brachte den Nachbarn zum Arzt |
malım-e | ciran-e | berd-e | doxtor-e | die Lehrerin brachte die Nachbarin zum Arzt |
malım-u | ciran-i | berd-i | doxtor-u | die Lehrer brachte die Nachbarn zu den Ärzten |
Naheliegend ist eine Erklärung des Präteritums als Passivform „Der Nachbar (Rectus) wurde vom Lehrer (Obliquus) zum Arzt gebracht“.
Verbalstämme
Das Verbum im Zaza besitzt drei Verbalstämme: Präsens-, Konjunktiv- und Präteritalstamm. Die Bildung der Tempora und Modi von den Verbalstämmen zeigt folgendes Schema:
Stamm | davon gebildete Formen |
---|---|
Präsensstamm | Indikativ, Kontinuativ Präsens |
Konjunktivstamm | Konjunktiv, Imperativ Präsens |
Präteritumstamm | alle anderen Tempora und Modi |
Im Folgenden werden einige Konjugationsparadigmata des Verbums dargestellt.
Indikativ und Kontinuativ Präsens
Indikativ und Kontinuativ Präsens werden vom Präsensstamm gebildet (Beispiel wan-en „lesen“):
Num/Pers | Indik. Präs. | Bedeutung | Kontin. Präs. | Bedeutung |
---|---|---|---|---|
1.sg. | (ez) wan-en-(une) | ich lese | ez-o wan-en-(une) | ich lese gerade |
2.sg. | (tu) wan-en-a | du liest | tu-ya wan-en-a | du liest gerade |
3.sg.m. | (u) wan-en-o | er liest | u-yo wan-en-o | er liest gerade |
3.sg.f. | (a) wan-en-a | sie liest | a-wa wan-en-a | sie liest gerade |
1.pl. | (ma) wan-en-ime | wir lesen | ma-o wan-en-ime | wir lesen gerade |
2.pl. | (sıma) wan-en-ê | ihr lest | sıma-ê wan-en-ê | ihr lest gerade |
3.pl. | (i) wan-en-ê | sie lesen | i-ê wan-en-ê | sie lesen gerade |
Der Kontinuativ wird also durch Suffixe (Kopula) am Subjekt aus dem Indikativ Präsens gebildet. Diese Endungen können durch /-na-/ (Nahdeixis) und /-ha -/ (Ferndeixis) erweitert werden, z. B. tu-na-wa ben-a „du bringst gerade hin“ und tu-ha-wa ben-a „du bringst gerade weg“.
Konjunktiv und Imperativ Präsens
Konjunktiv und Imperativ Präsens werden vom Konjunktivstamm gebildet (Beispiel wan- „lesen“):
Num/Pers | Konjunk. Präs. | Bedeutung | Imperativ (Präs.) | Bedeutung |
---|---|---|---|---|
1.sg. | (ke) (ez) bı-wan-ine | (dass) ich lese | . | . |
2.sg. | (tu) bı-wan-ê | du lesest | (tu) bı-wan-e | lies! |
3.sg.m. | (u) bı-wan-o | er lese | (u) bı-wan-o | er soll lesen! |
3.sg.f. | (a) bı-wan-o | sie lese | (a) bı-wan-o | sie soll lesen! |
1.pl. | (ke) (ma) bı-wan-ime | (dass) wir lesen | (ma) bı-wan-ime | lesen wir! |
2.pl. | (sıma) bı-wan-ê | ihr leset | (sıma) bı-wan-ê | lest! |
3.pl. | (i) bı-wan-ê | sie lesen | (i) bı-wan-ê | sie sollen lesen! |
Präteritum
Alle anderen Tempora und Modi werden vom Präteritumstamm (siehe oben) gebildet. Wie auch in anderen iranischen Sprachen kongruiert das transitive Verb im Präteritum und Perfekt mit dem Objekt, das im Rectus steht. Die intransitiven Verben kongruieren in allen Tempora - also auch im Präteritum - mit dem Subjekt. Dadurch unterscheidet sich die Formenbildung intransitiver und transitiver Verben im Präteritum. Als Beispiele werden konjugiert men-d-ene „bleiben“ (intransitiv) und wen-d-ene „lesen“ (transitiv).
Num/Pers | Indik. Prät. intransit. |
Bedeutung | Indik. Prät. transitiv |
Bedeutung |
---|---|---|---|---|
1.sg. | (ez) mend-u(ne) | ich blieb | mı u/a/i wend- Ø/e/i | ich las es (ihn) / sie (f)/ sie (pl) |
2.sg. | (tu) mend-a | du bliebst | tu .... wend- ... | du last es (ihn) / sie (f)/ sie (pl) |
3.sg.m. | (u) mend-Ø | er blieb | ey .... wend- ... | er las es (ihn) / sie (f)/ sie (pl) |
3.sg.f. | (a) mend-e | sie blieb | ae .... wend- ... | sie las es (ihn) / sie (f)/ sie (pl) |
1.pl. | (ma) mend-ime | wir blieben | ma ... wend- ... | wir lasen es (ihn) / sie (f)/ sie (pl) |
2.pl. | (sıma) mend-i | ihr bliebt | sıma... wend- ... | ihr last es (ihn) / sie (f)/ sie (pl) |
3.pl. | (i) mend-i | sie blieben | ine... wend- ... | sie lasen es (ihn) / sie (f)/ sie (pl) |
Das Kongruenzverhalten des transitiven Präteritums wird deutlicher, wenn man das Schema nach dem Objekt ordnet, das im Rectus steht: Beispiel berd-ene „wegbringen“. Die Subjekte sind beliebig gewählt:
Num/Pers | Indik. Prät. transitiv |
Bedeutung |
---|---|---|
1.sg. | (tu) ez berd-une | du brachtest mich weg |
2.sg. | (mı) tu berd-a | ich brachte dich weg |
3.sg.m. | (ae) u berd-Ø | sie brachte ihn weg |
3.sg.f. | (ey) a berd-e | er brachte sie weg |
1.pl. | (ine) ma berd-ime | sie brachten uns weg |
2.pl. | (ma) sıma berd-i | wir brachten euch weg |
3.pl. | (sıma) i berd-i | ihr brachtet sie weg |
Wörtliche Bedeutung (1.sg.) „ich wurde weggebracht, und zwar von dir“.
Perfekt
Das Perfekt wird wie das Präteritum vom Präteritalstamm (siehe oben) gebildet und unterscheidet ebenso intransitive und transitive Formen. Es entspricht semantisch nicht dem deutschen Perfekt, sondern beschreibt vom Sprecher nicht direkt beobachtete oder erlebte oder auch bezweifelte Handlungen. Die Beispiele entsprechen denen für das Präteritum (siehe oben).
Num/Pers | Indik. Perf. intransit. |
Bedeutung | Indik. Perf. transitiv |
Bedeutung |
---|---|---|---|---|
1.sg. | (ez) mend-o | ich bin geblieben | mı u/a/i wend- o/a/ê | ich habe es/sie (f)/sie (pl) gelesen |
2.sg. | (tu) mend-a | du bist geblieben | tu ... wend- ... | du hast es/sie (f)/sie (pl) gelesen |
3.sg.m. | (u) mend-o | er ist geblieben | ey ... wend- ... | er hat es/sie (f)/sie (pl) gelesen |
3.sg.f. | (a) mend-a | sie ist geblieben | ae ... wend- ... | sie hat es/sie (f)/sie (pl) gelesen |
1.pl. | (ma) mend-ime | wir sind geblieben | ma ... wend- ... | wir haben es/sie (f)/sie (pl) gelesen |
2.pl. | (sıma) mend-ê | ihr seid geblieben | sıma... wend- ... | ihr habt es/sie (f)/sie (pl) gelesen |
3.pl. | (i) mend-ê | sie sind geblieben | ine... wend- ... | sie haben es/sie (f)/sie (pl) gelesen |
Auf die Formenbildung der anderen Tempora und Modi kann hier nicht eingegangen werden. Dazu wird auf Z. Selcan (1998) verwiesen.
Literatur
- Blau, Joyce: Gurani et Zaza. in R. Schmitt (ed.) Compendium Linguarum Iranicarum. Reichert Verlag, Wiesbaden 1989. ISBN 3882264136. (Relativ knapp.)
- Grubu, Vate: Ferhenge Kirmanchki - Tirki (Wörterbuch Zazaki - Türkisch). Avesta Verlag, Istanbul 2001. ISBN 9757112984.
- Paul, Ludwig: Zazaki. Grammatik und Versuch einer Dialektologie. Beiträge zur Iranistik, 18. Wiesbaden 1998.
- Selcan, Zülfü: Grammatik der Zaza-Sprache. Nord-Dialekt (Dersim-Dialekt). Wissenschaft & Technik Verlag, Berlin 1998. ISBN 3928943960. (Basis für den grammatischen Teil dieses Artikels.)
Weblinks
- Ernst Kausen, Die Zaza-Sprache. (DOC) (Basiert vor allem auf Selcan 1998 und ist die Grundlage dieses Artikels.)
- Kulturgemeinde der Kirmanc/Zaza (auf Zazakî)
- Webseite einiger Kirmanckî/Zazakî Forscher (auf Zazakî)
- Das Volk und die Sprache der Zaza– vom Aussterben bedroht?
- Faruk İremet: The difference between Zaza, Kurdish and Turkish (englisch)
- Zılfi Selcan: Die Entwicklung der Zaza-Sprache (PDF)
- Dimli - Wir, unsere Heimat und unsere Sprache (Suvar Temizbas)
- Online-Versionen einiger Arbeiten von Zülfü Selcan u.a.; weitere Artikel, Bilder und ein Wörterbuch
- diq kiu sdb Ethnologue Report (englisch)
- Radio Zaza in 4 Sprachen
- Zazaki für Kinder