Di(trimethylolpropan)

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Strukturformel
Strukturformel von Di(trimethylolpropan)
Allgemeines
Name Di(trimethylolpropan)
Andere Namen
  • DITMP
  • Bis-(2,2-dimethylolbutyl)-ether
  • 3,3,7,7-Tetrahydroxymethyl-5-oxanonan (THMP)
  • 2,2,2‘,2‘-Tetrakis(hydroxymethyl)-dibutylether
  • 2,2’-Oxybis(methylen)bis(2-ethyl-1,3-propandiol)
  • 2-[2,2-Bis(hydroxymethyl)butoxy­methyl]-2-ethylpropan-1,3-diol (IUPAC)
Summenformel C12H26O5
Kurzbeschreibung

weiße Flocken[1][2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 23235-61-2
EG-Nummer 245-509-0
ECHA-InfoCard 100.041.357
PubChem 90038
ChemSpider 81280
Wikidata Q22829780
Eigenschaften
Molare Masse 250,33 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,13 g·cm−3 bei 25 °C[1]

Schmelzpunkt

108–111 °C[1]

Siedepunkt
Löslichkeit

löslich in Methanol[4] und in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Toxikologische Daten

14,500 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Di(trimethylolpropan) Di-TMP ist ein 4-wertiger primärer Alkohol, der formal durch Etherbildung zwischen zwei Molekülen 1,1,1-Trimethylolpropan (TMP) entsteht. Das Polyol Di-TMP ist ein Nebenprodukt der TMP-Herstellung und ähnelt in seinen Eigenschaften und Anwendungen dem Ausgangsstoff und Triol TMP und dem Tetraol Pentaerythrit.

Vorkommen und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Laborsynthese von Di(trimethylolpropan), basierend auf Trimethylolpropan im Sinne einer Williamson-Ethersynthese, erfordert zunächst die reversible Blockade von zwei der drei Hydroxylgruppen im TMP-Molekül, z. B. durch Ketalbildung mit Aceton.[5] Nach Umwandlung des so geschützten TMPs in das Tosylat reagiert dieses in Gegenwart einer Base mit dem TMP-Ketal zum beidseitig ketalisierten Di-TMP und anschließend durch saure Abspaltung der Aceton-Schutzgruppen zu Di(trimethylolpropan).

Di-TMP durch Williamson-Ethersynthese
Di-TMP durch Williamson-Ethersynthese

Beim Erhitzen von Trimethylolpropan mit Schwefelsäure fällt unter Wasserabspaltung ein Stoffgemisch an, das Di(trimethylolpropan) in 59 %iger Rohausbeute enthält.[6]

Di-TMP durch Veretherung von TMP
Di-TMP durch Veretherung von TMP

Wie bei der Synthese des Pentaerythrits durch dreifache Aldolreaktion aus Formaldehyd und Acetaldehyd und anschließende gekreuzte Cannizzaro-Reaktion entsteht aus 3 Mol Formaldehyd und n-Butyraldehyd in Gegenwart von Natronlauge ein Mol Trimethylolpropan und ein Mol Natriumformiat. Bei dieser Reaktion bilden sich – in unterschiedlichem Ausmaß, abhängig von den Reaktionsbedingungen – auch Oligomere, wie Di-TMP, Tri-TMP (und höhere), sowie cyclische und lineare Acetale von TMP und Di-TMP mit Formaldehyd, wie z. B. das lineare Formal bis-TMP.[7]

Di-TMP Synthese + Nebenprodukte
Di-TMP Synthese + Nebenprodukte

Die Bildung der Nebenprodukte, überwiegend Di-TMP, beruht auf der Reaktion von TMP und Formaldehyd mit intermediär aus 2-Hydroxymethylbutanal, dem Additionsprodukt von Butanal und Formaldehyd durch Wasserabspaltung gebildeten α,β-ungesättigten Aldehyd 2-Ethylacrolein.[8]

Bei der destillativen Aufarbeitung des Reaktionsansatzes bleiben höhermolekulare Verbindungen – neben dem bei der gekreuzten Cannizzaro-Reaktion gebildeten Natriumformiat – als Schwersiederfraktion zurück, die ca. 30 bis 50 % Di-TMP enthält.[9]

Das im Rückstand enthaltene überschüssige TMP kann mit Ethylacetat extrahiert werden, wobei Di(trimethylolpropan) (und andere Oligomere) ausfallen.[10] Zur Reinigung muss mehrfach umkristallisiert werden, z. B. aus Wasser, dem eine bestimmte Menge zusätzliches Natriumformiat zudosiert wurde.[9] Wegen der unterschiedlichen Löslichkeiten von Di(trimethylolpropan) und der anderen Nebenprodukte ist die Abtrennung des Zielprodukts Di-TMPs und seine Reinigung mittels mehrfacher Umkristallisation aufwendig und verlustreich.

In einer weiteren Aldol-Cannizzaro-Reaktionsvariante reagiert TMP mit Formaldehyd und dem intermediär durch Wasserabspaltung gebildeten 2-Ethylacrolein[11] mit Triethylamin als Base. Dabei entsteht ein Produktgemisch, das Di(trimethylolpropan) in einer Ausbeute von bis zu 68,6 % – bezogen auf 2-Ethylacrolein – enthält.[12]

Di-TMP Synthese mit 2-Ethylacrolein
Di-TMP Synthese mit 2-Ethylacrolein

Die Reinigung des Rohprodukts ist in der Patentschrift nicht beschrieben.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Di(trimethylolpropan) bildet als Feststoff geruchlose, weiße Flocken, die in Wasser wenig löslich (21 g·mol−1 bei 20 °C) und in Methanol löslich sind. Zur Abtrennung von Verunreinigungen kann Di-TMP aus polaren Lösungsmitteln, wie z. B. Aceton, Ethylacetat, Butylacetat und Methylisobutylketon MIBK, umkristallisiert werden.[13] Di-TMP ist sehr wenig toxisch und nicht reizend, allerdings schwer biologisch abbaubar.[3]

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In ähnlicher Weise, aber wegen der aufwendigen Isolierung und Reinigung in wesentlich geringerem Umfang, wird Di(trimethylolpropan) wie die Polyole Trimethyolpropan und Pentaerythrit als multifunktioneller Alkohol mit vier Hydroxygruppen verwendet.

Mikronisiertes Di(trimethylolpropan) wird als Co-Stabilisator für schwermetallfreie PVC-Stabilisatorsysteme, und Di-TMP-Ester (bevorzugt) mit verzweigten Carbonsäuren werden als PVC-Weichmacher vermarktet.

Tetraester des Di(trimethylolpropan)s mit Fettsäuren, auch aus natürlichen Quellen[14], eignen sich als Wachse, Beschichtungsmaterialien für Pigmente und Schmierstoffe.[9]

Tetraester des Di-TMPs
Tetraester des Di-TMPs

Das Salz des Di-TMP-bisphosphats mit Ethanolamin MEOA wurde als halogenfreies Flammschutzmittel für Textilien aus verschiedenen Materialien beschrieben.[15]

Bisphosphatsalz des Di-TMPs
Bisphosphatsalz des Di-TMPs

Di(trimethylolpropan) kann als Vernetzungsmittel in Alkydharzen, gesättigten und ungesättigten Polyesterharzen sowie in Polyurethan- und Epoxidharzen verwendet werden.

Polyhydroxyurethane (PHUs) finden als Alternativen zu Polyurethanen (PUs) zunehmend Interesse, da PHUs durch ringöffnende Polyaddition von bifunktionellen cyclischen Carbonaten und α,ω-Diaminen ohne Einsatz von toxischen Isocyanaten gebildet werden. So reagiert Di-TMP mit dem Phosgenersatzstoff Diphenylcarbonat zum bis-cyclischen Carbonat[16].

Bicarbonat des Di-TMPs
Bicarbonat des Di-TMPs

das mit Diaminen zu Polyurethanen und mit terminalen Aminogruppen von Oligohydroxyurethanen zu Polycarbonat-urethanen polymerisiert werden kann.[17]

Acrylsäureester von Di-TMP, insbesondere Di(trimethylolpropan)-tetraacrylat (CAS-Nr. 6317-49-3), eignen sich als reaktive Monomere mit hoher Vernetzungsdichte zur Photovernetzung und Strahlenhärtung für Lacke und Beschichtungen, Klebstoffe und Dichtungsmassen sowie Kunststoffe und Harze.

Derart vernetzte Polymersysteme zeichnen sich durch hohe chemische, thermische und mechanische Festigkeit aus, die sich in ausgeprägter Oberflächen- und Massehärte, Wasser- und Wetterbeständigkeit, Abriebfestigkeit bzw. Klebekraft zeigt. Di(trimethylolpropan) wird von den Firmen Lanxess AG, Perstorp AB und Mitsubishi Gas Chemical Co., Inc. hergestellt und vermarktet.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Datenblatt Di-(trimethylolpropan) bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 15. Juni 2021 (PDF).
  2. a b c d Eintrag zu Di(trimethylolpropan) in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 15. Juni 2021. (JavaScript erforderlich)
  3. a b Di-Trimethylolpropane. In: MSDS. Perstorp AB, 13. Dezember 2016, abgerufen am 15. Juni 2021.
  4. Eintrag zu Di(trimethylolpropane) bei TCI Europe, abgerufen am 15. Juni 2021.
  5. V.W. Gosh: Dienoalkyl ethers. General synthesis of the symmetrical ethers. In: J. Org. Chem. Band 37, Nr. 13, 1972, S. 2197–2201, doi:10.1021/jo00978a029.
  6. Patent WO199205134: Process for the production of di-trimethylolpropane. Angemeldet am 24. September 1990, veröffentlicht am 2. April 1992, Anmelder: Perstorp AB, Erfinder: C.-A. Sjögreen, G. Axelsson.
  7. Patent EP1178030: Process for recovering ditrimethylolpropane. Angemeldet am 28. Juli 2001, veröffentlicht am 6. Februar 2002, Anmelder: Mitsubishi Gas Chemical Co., Inc., Erfinder: T. Ninomiya, T. Watanabe, A. Iwamoto, S. Miyashita, M. Watanabe.
  8. H. Bertilsköld, J.-E. Vik: The formaldehyde species reacting in base-catalyzed aldol condensations. In: Acta Chem. Scand. Band 25, 1971, S. 2211–2216 (actachemscand.org [PDF]).
  9. a b c Patent DE2358297: Hydroxysubstituiertes Polymethyloxanonan. Angemeldet am 22. November 1973, veröffentlicht am 30. Mai 1974, Anmelder: Perstorp AB, Erfinder: K.S. Herz.
  10. Patent DE2212793: Di-trimethylolpropan. Angemeldet am 16. März 1972, veröffentlicht am 28. September 1972, Anmelder: Celanese Corp., Erfinder: E.G. Zey.
  11. Patent EP2730557B1: Process for producing ditrimethylolpropane. Angemeldet am 28. Juni 2012, veröffentlicht am 14. Dezember 2016, Anmelder: Mitsubishi Gas Chemical Co., Ltd., Erfinder: M. Watanabe, T. Nishida.
  12. Patent EP0799815B1: Process for producing ditrimethylolpropane. Angemeldet am 25. März 1997, veröffentlicht am 15. Dezember 1999, Anmelder: Mitsubishi Gas Chemical Co., Ltd., Erfinder: T. Ninomiya, T. Watanabe, T. Ikebe, A. Iwamoto.
  13. G.D. Frey, R.D. Dewhurst, E. Herdtweck: Synthesis and solid-state structure of 2,2,2‘,2‘-(tetrahydroxymethyl)-dibutylether Di-TMP), an environmentally benign polymer crosslinker and high-potential additive for lubricants. In: Z. Naturforsch. 67b, 2012, S. 181–184, doi:10.1015/znb-2012-0212.
  14. M. Bahadi, J. Salimon, D. Derawi: Synthesis of di-trimethylolpropane tetraester-based biolubricant from Elaeis guineensis kernel oil via homogeneous acid-catalyzed transesterification. In: Renew. Energy. Band 171, 2021, S. 981–993, doi:10.1016/j.renene.2021.02.163.
  15. W. Jiang, Z. Li: Preparation and study of properties of di(trimethylolpropane) biphosphate ethanolamine salt. In: Topics in Chemical & Material Engineering (TCME). Band 1, Nr. 1, 2018, S. 12–15, doi:10.26480/icnmim.01.2018.12.15.
  16. H. Matsukizono, T. Endo: Phosgene-Free Syntheses and Hydrolytic Properties of Water-Soluble Polyhydroxyurethanes with Ester–Carbonate–Ether Structures in Their Main Chains. In: Macromol. Chem. Phys. Band 218, Nr. 18, 2017, S. 1700043, doi:10.1002/macp.201700043.
  17. M.M. Mazurek-Buzynska, G. Rokicki, M. Drzewicz, P.A. Gunka, J. Zachara: Bis(cyclic carbonate) based on D-mannitol, D-sorbitol and di(trimethylolpropane) in the synthesis of non-isocyanate poly(carbonate-urethane)s. In: Eur. Polymer J. Band 84, 2016, S. 799–811, doi:10.1016/j.eurpolymj.2016.04.021.