Generalsekretär

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. August 2016 um 21:24 Uhr durch Gestumblindi (Diskussion | Beiträge) (→‎Schweiz: "schweizerisch" schreibt man klein). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Generalsekretär ist eine verbreitete Bezeichnung für eine Führungsposition in einer Organisation. Protokollarisch ist er unterhalb eines Präsidenten oder Vorsitzenden angesiedelt, was allerdings nicht immer den realen Machtverhältnissen entspricht.

In der Regel ist der Generalsekretär Leiter der Verwaltung der Organisation und der Dienstvorgesetzte der hauptamtlichen Mitarbeiter. Während der oft ehrenamtliche Vorstand der Organisation wichtige Grundsatzentscheidungen trifft, ist der Generalsekretär zuständig für das Tagesgeschäft. Gebräuchlich ist die Bezeichnung Generalsekretär in Deutschland beispielsweise bei Parteien und Sportverbänden.

Vergleichbare Amtsbezeichnungen für diese Funktion sind Hauptgeschäftsführer (vor allem bei Kammern) oder auch Generaldirektor (z. B. bei Stiftungen).

Völkerbund und Vereinte Nationen

Beim Völkerbund (1920 bis 1946) führte der Vorsitzende die Bezeichnung Generalsekretär. Bei den Vereinten Nationen (seit 1945) ist der Generalsekretär der UN der höchste Verwaltungsbeamte des UN-Sekretariats. Seit dem 1. Januar 2007 ist Ban Ki-moon der Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Regierungen und Ministerien

In Österreich sieht das Bundesministeriengesetz vor, dass der jeweilige Ressortchef „mit der zusammenfassenden Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums gehörenden Geschäfte“ einen Generalsekretär betrauen kann. Dieser besitzt gegenüber den (anderen) Sektionsleitern, den regulär höchsten Ministerialbeamten, Weisungsbefugnis.

Ähnliche Regelungen finden sich auch in anderen, vor allem romanischen Staaten. Generalsekretäre bilden als höchste Verwaltungsbeamte in der Regel die Schnittstelle zwischen der politischen Leitung (Minister und parlamentarische Staatssekretäre) und den Abteilungen oder Generaldirektionen oberster Regierungsbehörden wie Ministerien oder Präsidialämter, sofern deren Abteilungen oder vergleichbare Organisationseinheiten nicht zu Hauptabteilungen zusammengefasst werden. Generalsekretäre übernehmen als höchste Verwaltungsbeamte die Funktion eines Amtschefs und eines Beraters der politischen Leitung. Die Ursprünge der ministerialen Generalsekretäre liegen in Frankreich. Eine vergleichbare Aufgabe übernehmen in deutschen Bundesministerien beamtete Staatssekretäre, die je nach Ministerium für zwei oder mehr oder auch alle Abteilungen zuständig sind. In Landesministerien ist in der Regel jeweils ein Ministerialdirektor Amtschef und damit oberster Verwaltungsbeamter.

Politische Parteien in parlamentarischen Systemen

In vielen Parteien unterstützt der Generalsekretär die Arbeit des Parteichefs, auch Vorsitzender oder Parteipräsident genannt. Seine Arbeit ist in Deutschland die eines Hauptgeschäftsführers der jeweiligen Partei, gleichsam der „Prokurist des Parteivorsitzenden“.

Er organisiert die Wahlkämpfe, die Parteitage und Mitgliederentscheide. Er kümmert sich um die Mitgliederwerbung und koordiniert die Zusammenarbeit innerhalb der Partei auf den verschiedenen Hierarchieebenen, angefangen von der Ortsebene bis hin zur Bundesparteiebene. Er arbeitet auch maßgeblich an den Zukunftsstrategien und an der Fortentwicklung der Partei mit. Er ist meist Angestellter der Partei und bezieht von dort sein Gehalt.

Deutschland

In deutschen Parteien ist es allerdings üblich, dass der Generalsekretär eher die politische Seite der Parteiorganisation übernimmt und die politischen Standpunkte der Partei besonders zugespitzt nach außen vertritt. Im Gegensatz dazu übernimmt der Bundesgeschäftsführer die interne Organisation der Partei.

Eine solche Struktur findet sich bei:

In der Piratenpartei Deutschland ist eher üblich, dass der Generalsekretär, neben der Mitgliederverwaltung, unpolitische Aufgaben der inneren Verwaltung übernimmt. Für politische Themen gibt es in vielen Gliederungen, so auch im Bundesverband, den politischen Geschäftsführer (pol.GF).

Bei Bündnis 90/Die Grünen werden politische Positionen traditionell eher von der Doppelspitze im Vorstand nach außen getragen. Die am ehesten vergleichbare Position bei den Grünen ist die eines „politischen Bundesgeschäftsführers“. Auch Die Linke hat keinen Generalsekretär, möglicherweise auch wegen der negativen Prägung des Begriffes durch die SED-Regierung in der DDR.

Schweiz

Generalsekretäre schweizerischer Parteien sind zumeist für die politische Hintergrundarbeit zuständig. Dabei vermitteln sie inner- und außerhalb der Partei und übernehmen auch organisatorische Aufgaben.

Traditionell sind sie nicht Mitglied eines Parlamentes oder sonstiger politischer Organe. Da alle anderen Parlamentarier zumindest theoretisch Milizpolitiker sind, gelten Schweizer Generalsekretäre als die einzigen Berufspolitiker neben den Bundesräten.

Andere Länder

In verschiedenen anderen Ländern, etwa Spanien und Italien, ist es üblich, dass der Vorsitzende einer Partei lediglich repräsentative Aufgaben erfüllt, während die eigentliche Parteileitung beim Generalsekretär liegt. Häufig übernimmt dann ein Vizegeneralsekretär die Funktionen, die in Deutschland der Generalsekretär erfüllt.

Kommunistische Parteien im Sowjetsystem

Der Generalsekretär der kommunistischen Parteien im Sowjetsystem war der Vorsitzende des Sekretariat des Zentralkomitees und hatte durch seine herausragende Stellung im Parteiapparat (u. a. im Politbüro) große Entscheidungsbefugnisse, die sich auf das ganze Land auswirkten.[1]

Sowjetunion

Das Amt eines Generalsekretärs wurde in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion 1922 neu geschaffen, erster Amtsinhaber wurde Josef Stalin. Dieser baute sein Amt im Laufe weniger Jahre zum wichtigsten in der Partei und im Staat aus und verlieh ihm diktatorische Vollmachten. Ab 1934 war Stalins Machtstellung derart unumstritten, dass keine gesonderte Bestätigung im Amt des Generalsekretärs mehr erfolgte.

Obwohl Stalin bis 1941 kein anderes Amt innehatte, insbesondere kein offizielles Staatsamt, war er der mächtigste Mann der Sowjetunion; Staatsämter, wie das des Regierungschefs (Vorsitzender des Rates der Volkskommissare) oder des Staatsoberhauptes (Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets), wurden nach seiner Entscheidung an Gefolgsleute vergeben. Damit wurde die Stelle des Generalsekretärs zur De-facto-Diktatur, wobei das ZK mal mehr, mal weniger Mitspracherecht hatte.[2] 1941 übernahm Stalin zusätzlich das Amt des Regierungschefs und wurde in der Folge meist als „Vorsitzender des Rates der Volkskommissare“ (1941–1946), Marschall (ab 1943) oder Generalissimus (ab 1945) betitelt.[3]

Nach Stalins Tod 1953 wurde zunächst auf den Titel Generalsekretär verzicht: Georgi Malenkow, der als ranghöchsten Sekretär des Zentralkomitees, zunächst die Geschäfte leitete, führte halboffiziell die Bezeichnung Erster Sekretär, die ab 7. September 1953 als offizieller Titel des Parteichefs übernommen wurde und von Nikita Chruschtschow und nach dessen Sturz 1964 von Leonid Breschnew geführt wurde. Ab 1966 wurde das höchste Parteiamt wiederum als Generalsekretär bezeichnet.

DDR

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch in den anderen Ostblockstaaten ein ähnliches Regierungssystem eingeführt. In der damaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde 1946 durch die Zwangsvereinigung von SPD und KPD die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) gegründet. 1949 entstand aus der SBZ im Oktober 1949 die DDR, in der die SED ein Machtmonopol innehatte.

Als Leiter der Parteiorganisation übertraf der Generalsekretär Walter Ulbricht (ab 24. Juli 1950) die beiden Parteivorsitzenden, Wilhelm Pieck (1949–1960 erster Staatspräsident der DDR) und Otto Grotewohl (1949–1964 erster Ministerpräsident) an Macht. Ab 1960 übernahm Ulbricht als Staatsratsvorsitzender auch nominell das Amt des Staatsoberhaupts. Die Machtstellung des höchsten Parteiamtes, welches von 1953 bis 1976 nach sowjetischem Vorbild als Erster Sekretär bezeichnet wurde, setzte sich auch unter Ulbrichts Nachfolgern fort.

Aktuelle kommunistische Parteien an der Macht

Offizieller Titel Aktueller Inhaber seit
Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas Xi Jinping 15. November 2012
Erster Sekretär der Partei der Arbeit Koreas Kim Jong-un 17. Dezember 2011
Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams Nguyễn Phú Trọng 19. Januar 2011
Generalsekretär der laotischen Revolutionären Volkspartei Choummaly Sayasone 21. März 2006
Erster Sekretär der Kommunistischen Partei Kubas Raúl Castro 19. April 2011

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Generalsekretär – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Chief executive officers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kommunistische Partei der Sowjetunion in: Microsoft Encarta – „Dank seiner beherrschenden Stellung im Parteiapparat verkörperte der Generalsekretär, der sich durch geschickte Ausnutzung seines Monopols bei der Personalpolitik langfristig Politbüro und Sekretariat gefügig machen konnte, die eigentliche Führungsspitze in der Partei und damit auch im Staat.“
  2. ebenda S. 73
  3. Vladimir Shlapentokh: A Normal Totalitarian Society: The Soviet Union – How It Functioned and How It Collapsed. M. E. Sharpe, Inc., New York 2001, ISBN 1-56324-471-3, The Political System The Supreme Leader As the Major Institution, S. 71 ff.