Körperschaft des öffentlichen Rechts (Deutschland)

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Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (K. d. ö. R., auch mit KdöR, KöR oder K. ö. R. abgekürzt) ist eine mit öffentlichen Aufgaben betraute juristische Person des öffentlichen Rechts, deren Aufgaben ihr gesetzlich oder satzungsmäßig zugewiesen worden sind. Ihre hoheitlichen Aufgaben werden in ihrer Satzung festgelegt. Die Körperschaft bündelt sachliche Mittel (wie Gebäude, Einrichtung, Fahrzeuge) und Personal (Planstellen für Beamte und Arbeitnehmer) in einer rechtlich selbständigen Organisationseinheit und unterliegt dem öffentlichen Recht.

Allgemeines

Körperschaften des öffentlichen Rechts unterscheiden sich von den Körperschaften des Privatrechts (Verein, Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, GmbH, Genossenschaft) dadurch, dass sie öffentlich-rechtlich organisiert sind und öffentlich-rechtlich handeln.

Es gibt zahlreiche Arten der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Aufgrund ihrer Rechtsetzungshoheit können sie Satzungen erlassen und Beiträge von ihren Mitgliedern erheben.

Viele, aber nicht alle KöR weisen zudem auf:

Gebietskörperschaften

Oberste territoriale Körperschaft des öffentlichen Rechts ist zunächst der Staat als originärer Träger von Hoheitsgewalt, in Deutschland der Bund und die Länder. Unterste Ebene der Hoheit ist im Allgemeinen die Gemeinde. An der Gemeinde können die Kriterien einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beispielhaft erläutert werden. Gebietshoheit übt sie über die Bewohner und Unternehmen im Gemeindegebiet aus, diese Zwangsmitglieder haben aufgrund der Kommunalsatzung Steuern und Beiträge zu entrichten, und schließlich ist die Gemeinde Dienstherr ihrer Beamten und Arbeitgeber ihrer Beschäftigten.

Selbstverwaltungskörperschaften

Körperschaften des öffentlichen Rechts finden einen Hauptanwendungsbereich in den sogenannten Selbstverwaltungsangelegenheiten, also in staatlichen Aufgaben, die von den Betroffenen eigenverantwortlich geregelt werden sollen, weshalb sie organisatorisch aus der staatlichen Verwaltungshierarchie ausgegliedert und rechtsfähigen Organisationen übertragen werden. So bestimmen beispielsweise die Bürger selbst über die Geschicke der Gemeinde, die Ärzte über ihre Angelegenheiten in der Landesärztekammer, die Rechtsanwälte über ihre Angelegenheiten in der Rechtsanwaltskammer usw. Trotz der organisatorischen Auslagerung aus dem staatlichen Bereich sind die Träger dieser Selbstverwaltungsaufgaben Teil der öffentlichen Gewalt und an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz). Selbstverwaltungskörperschaften unterliegen der staatlichen Rechtsaufsicht: Der Staat soll sich nicht durch organisatorische Auslagerung seiner Grundrechtsbindung entziehen können (Flucht ins Privatrecht).

Staatsferne Körperschaften öffentlichen Rechts

Bisweilen verleiht der Staat den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts aber auch Organisationen, die nicht staatliche Aufgaben erledigen, sondern Teil der Gesellschaft sind. Damit wird zumeist bezweckt, die Organisation als Anerkennung für geleistete Arbeit mit besonderem Ansehen auszustatten. Dass diese Organisationen zwar öffentlich-rechtlich, aber dennoch kein Teil des Staates sind, hat vielfältige Auswirkungen, etwa bei Fragen der Grundrechtsberechtigung, der Staatsaufsicht, des Vergaberechts, der Amtshaftung und der Anwendbarkeit der Amtsdelikte. Hierunter fallen beispielsweise der Bayerische Bauernverband, das Bayerische Rote Kreuz mit den Gemeinschaften und wohl auch manche Akademien der Wissenschaften. Im Einzelnen ist die Abgrenzung kompliziert, weil sie sich nach der Frage richtet, welche Aufgaben als „staatlich“ anzusehen sind.

Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften

Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind kraft Verfassung nicht-staatliche Körperschaften des öffentlichen Rechts. Begründet wurde dieser Sonderstatus im sogenannten Weimarer Kirchenkompromiss von 1919, den das Grundgesetz als Verfassungsrecht übernommen hat. Art. 137 der Weimarer Verfassung (WRV) bestimmt die Trennung von Staat und Kirche. Religiösen Gemeinschaften wurde unter gewissen Voraussetzungen der Körperschaftsstatus zugebilligt. In Art. 137 Abs. 5 WRV heißt es: „Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.“ Der Staat „begünstigt Religionsgemeinschaften, denen er unter bestimmten Voraussetzungen Körperschaftsrechte verleiht, und kooperiert mit ihnen. Sie unterstützen ihrerseits den Staat im Sinne der Bildung und Erhaltung eines Wertekanons, indem sie friedens-, rechts- und wertefördernd auftreten und ihrerseits das staatliche Gewalt- und Strafmonopol anerkennen. Diese Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaften äußert sich etwa in der Steuerbefreiung von Spenden, dem Erteilen von Religionsunterricht oder speziellen Regelungen im Arbeits- und Sozialrecht“.[1]

Arten

Die Körperschaften können zum einen nach Art der Rechtsquelle, aufgrund deren sie gebildet sind, zum anderen nach ihren Mitgliedern differenzieren.

Einteilung nach Art der Rechtsquelle

Einteilung nach Art ihrer Mitglieder

Das DeutschlandRadio ist – als einzige Rundfunkanstalt – eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die tragenden Mitglieder des Radios sind gemäß dem DeutschlandRadio-Staatsvertrag die Landesrundfunkanstalten der ARD sowie das ZDF.[3] Die anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind hingegen Anstalten des öffentlichen Rechts, da sie Benutzer (nämlich die Bürger) und keine Mitglieder haben.

Besteuerung

Im Bereich der Ertragsteuern und Umsatzsteuer gelten Körperschaften öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht als Steuersubjekte; hierdurch soll eine Selbstbesteuerung des Staates vermieden werden. Dieses Ziel steht in einem Spannungsverhältnis zu privaten Wettbewerbern, die teilweise gleiche Leistungen erbringen, aber nicht steuerlich privilegiert werden. Aus steuerlicher Sicht gibt es deshalb drei Sphären der Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zu unterscheiden sind: den Hoheitsbereich, die Vermögensverwaltung und den sogenannten Betrieb gewerblicher Art.

Hoheitsbereich

Die Rechtsprechung definiert als hoheitlich im Sinne des Steuerrechts Tätigkeiten, die der öffentlichen Hand „eigentümlich und vorbehalten“ sind (sog. Staatsaufgaben). Solche Aufgaben sind regelmäßig gesetzlich zugewiesen und werden u. a. durch Verwaltungsakt vollzogen.

Vermögensverwaltung

Unter Vermögensverwaltung im steuerlichen Sinne versteht man die Verwaltung eigenen Vermögens, soweit es nicht die Intensität von Gewerblichkeit erreicht.

Hoheitsbereich und Vermögensverwaltung gelten als nicht in besonderem Maße wettbewerbsrelevant. Daher blieb es dabei, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts in diesen Bereichen nicht als Steuersubjekte gelten.

Betrieb gewerblicher Art

Ein Betrieb gewerblicher Art entsteht, wenn eine wettbewerbsrelevante und daher besteuerungswürdige Tätigkeit ausgeführt wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, § 2 Abs. 3 UStG). Dem Wesen nach gleiche Tätigkeiten bilden einen Betrieb gewerblicher Art, dem Wesen nach unterschiedliche Tätigkeiten bilden mehrere Betriebe gewerblicher Art, vgl. Körperschaftsteuerrichtlinien R6 Abs. 3 Satz 3. In der Verwaltungspraxis wird ein Jahresumsatz von mehr als 30.678 Euro vorausgesetzt, um ein gleichmäßiges und greifbares Maß der Wettbewerbsrelevanz zu schaffen, vgl. Körperschaftsteuerrichtlinien R6 Abs. 5 Satz 1. Die Umsatzsteuerrichtlinien folgen den gleichen Umsatzgrenzen. Betriebe gewerblicher Art sind gewerbesteuerpflichtig, Gewerbesteuerrichtlinien R 2.1 Abs. 6.

Insolvenz

In Deutschland sind die Körperschaften kraft Gesetzes insolvenzunfähig. Für Gebietskörperschaften wie Bund, Bundesländer und Gemeinden ist das in § 12 Abs. 1 InsO geregelt. Andere Körperschaften können durch besondere Rechtsvorschriften für insolvenzunfähig erklärt werden; siehe etwa § 45 AGGVG in Baden-Württemberg. Damit soll erreicht werden, dass die öffentliche Verwaltung weiter sichergestellt bleibt und nicht durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gestört wird. Zudem dient die Befreiung vom Insolvenzverfahren einem gewissen Gläubigerschutz.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. So Christine Schirrmacher: Islam und Demokratie – Ein Gegensatz?, SCM Hänssler, Holzgerlingen 2013, S. 20 f.
  2. Wolfgang Kirk, Die öffentliche Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland, 2009, S. 27 f.
  3. § 1, Abs. 1 DeutschlandRadio-Staatsvertrag