Laute

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Laute auf einem Gemälde Hans Holbeins d. J.

Die Laute (von arabisch العود, DMG al-ʿūd) ist ein Zupfinstrument mit Korpus und angesetztem Hals. Als Laute im engeren Sinn bezeichnet man die aus der arabischen Kurzhalslaute Oud entstandene europäische Laute.

In der Musikinstrumentenkunde wird der Begriff Lauteninstrument verwendet. Er bezeichnet nach der Hornbostel-Sachs-Systematik eine bestimmte Gruppe von Saiteninstrumenten.

Name

Der Name Laute entstammt der arabischen Sprache. Arabisch al-ʿūd / العود bedeutet „das Holz“ (ursprünglich „Zweig“, „Rute“, „Stab“) und meinte ursprünglich die hölzerne Decke, den Korpus oder das Plektrum, mit dem die Saiten angeschlagen wurden, falls dieses aus Holz war. Daraus wurde im Italienischen leuto / liuto, Französischen luth, im Englischen lute, auf Deutsch Laute.

Geschichte

Chinesische Apsara mit Langhalslaute

Nicht eindeutig als Lautenspieler erkennbar sind zwei kleine Figuren auf Siegelabrollungen der Akkadzeit, die Mitte 24. bis Mitte 22. Jahrhundert v. Chr. datiert werden. Nachfolgend gibt es eine Lücke in der Überlieferung bis zu den ältesten eindeutigen Abbildungen von Lauten vom Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr., die aus einem Gebiet von Nordsyrien bis Mesopotamien stammen. Die weite Verbreitung der Darstellungen auf dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes spricht dafür, dass Lauteninstrumente bereits zuvor zur Kultur der dortigen Nomadenvölker gehörten. Außerhalb der mesopotamischen Ursprungsregion taucht die Laute im Alten Ägypten zur Zeit der Hyksos (18. Jahrhundert v. Chr.) erstmals auf.[1]

In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten wurden im indischen Raum neben der Bogenharfe vina die ersten Lauteninstrumente verwendet, deren Namen zur damaligen Zeit nicht eindeutig bekannt ist. Eine mögliche Bezeichnung könnte kacchapi gewesen sein.[2] Das Wort lebt als hasapi, kacapi, kulcapi oder ähnlich für Lauteninstrumente oder Zithern in Südostasien weiter.

Die auf Persisch setar („Dreisaiter“) genannte Langhalslaute geht vermutlich auf altindische Vorbilder zurück. Die indische sitar wird als späte Entwicklung aus Langhalslauten angesehen, die ab dem 9./10. Jahrhundert in indischen Tempelreliefs zu sehen sind, und mit mogulzeitlichen Einflüssen aus Persien und Zentralasien in Verbindung gebracht.[3] Die oud, eine Kurzhalslaute, kann als Vorläufer der europäischen Lauten angesehen werden. Das Instrument entwickelte sich aus der im 9. Jahrhundert in Persien verbreiten Form der Laute, dem barbat. Von dort übernahmen möglicherweise auch die Chinesen um das 4. Jahrhundert n. Chr. die heute als pipa bekannte Schalenhalslaute.

Nach Europa kamen Vorformen der europäischen Laute möglicherweise durch Kreuzfahrer. Vielleicht fand sie ihren Weg nach Mitteleuropa auch schon früher über das maurische Spanien oder auf dem Weg durch das an Persien grenzende byzantinische Reich. In Europa erhielt sie Bünde aus Darmsaiten und wurde statt mit dem Plektrum etwa ab 1500 mit den Fingern gespielt.

Während der Renaissance galt die Laute als Königin der Instrumente. Die ältesten noch erhaltenen Lauten stammen aus der Zeit um 1500.[4] Die Laute hatte den praktischen Vorteil, dass sie ein leicht transportierbares Fundamentinstrument war. Im 17. Jahrhundert nahm ihre Bedeutung allmählich ab. Im 18. Jahrhundert wurde die Barocklaute und andere Lauteninstrumente wie Mandora, Theorbe und Angélique schließlich von anderen Saiten- und Tasteninstrumenten verdrängt, bis sie zur Zeit der Romantik durch die Gitarre ersetzt wurde.

Ein später Erbe der Entwicklung, die Gitarrenlaute, war im frühen 20. Jahrhundert unter den Wandervögeln und in der Jugendmusikbewegung beliebt. Mit der Wiederentdeckung der Alten Musik erfuhr auch die Laute in ihren verschiedenen Formen während des 20. Jahrhunderts eine Wiederbelebung.

Instrumentenkunde

Konstruktion

Lautenmacher

Charakteristisch für die Laute ist der aus mehreren Holzspänen tränenförmig zusammengesetzte Schallkörper („Muschel“). Verwendung findet neben Obstbaumhölzern (Pflaume, Birne, Kirsche) besonders Ahornholz. Auch Blumenesche, Eibenholz, Palisander, Ebenholz, Schlangenholz und Elfenbein wurden im 16. bis 18. Jahrhundert in Europa für die Späne benutzt.[5] Die Decke besteht meist aus Fichtenholz und ist im Inneren der Laute durch mehrere Balken unterteilt. Der Hals ist mit der Muschel und dem Holzklotz unter der Decke so verleimt, dass Griffbrett und Decke in einer Ebene liegen. In die Decke ist eine Rosette hineingeschnitzt („Stern“). Zwischen Rosette und unterer Deckenkante ist der Saitenhalter aufgeleimt („Steg“, „Riegel“). Am oberen Ende des Halses ist der Wirbelkasten angeleimt, der meist nach hinten abgeknickt ist, so dass der Zug der Saiten nicht auf den Wirbeln, sondern auf dem Sattel lastet.

Etwa ab 1600 entstanden Formen der Laute mit vermehrter Saitenzahl, verlängertem Hals und zweitem Wirbelkasten, an dem zusätzliche Basschöre angebracht waren (Arciliuto, Liuto attiorbato, Theorbe, Angelica, deutsche Barocklaute mit Schwanenhals). Manche dieser neuen Lauten wurden besonders für den Generalbass verwendet (Arciliuto, Theorbe).

Saiten

Lautensaiten wurden während Renaissance und Barock aus Schafdarm hergestellt. Michael Praetorius berichtet 1618 auch vom Gebrauch von Stahl- und Messingsaiten für Laute und Theorbe. Von Spielern der Gegenwart werden vielfach Saiten aus Kunststoff benutzt.

Lauten werden mit Saitenpaaren, so genannten Chören, besaitet. Der erste Chor (Chanterelle) besteht jedoch - im Gegensatz zur Mehrzahl der überlieferten Instrumente - heute nur aus einer Saite. Bei der Barocklaute sind oft der erste und der zweite Chor einzelne Saiten.

Bis 1500 hatten Lauten vier oder fünf, danach zunächst sechs Chöre. Etwa ab 1600 wurden sieben und mehr Chöre verwendet. Die Zahl stieg bis ca. 1640 bis auf zwölf Chöre. Etwa um 1720 wurde die Saitenzahl auf dreizehn Chöre erweitert.

Saitenstimmung

Die Renaissancelaute steht in Terz-Quart-Stimmung (vor 1550[6] im Allgemeinen die Intervalle Quart - Quart - große Terz - Quart - Quart), also z. B. e' - h - fis - d - A - E (oder g' - d' - a - f - c - G - F bei der Tenorlaute). Die absolute Tonhöhe war jedoch zunächst nicht festgelegt. In zeitgenössischen Lehrwerken wird oft empfohlen, den höchsten Chor einfach so hoch wie möglich zu stimmen.

Im 16. Jahrhundert bestand der vierte, fünfte und sechste Saitenchor meist aus Grundton und Oktavsaite. Auch die ab 1600 hinzugefügten Basschöre waren in Oktaven gestimmt.

Bei siebenchörigen Lauten war der 7. Chor einen Ganzton oder eine Quarte tiefer als der 6. Chor gestimmt. Bei achtchörigen Lauten ist der 7. Chor einen Ganzton und der 8. Chor eine Quarte tiefer als der 6. Chor gestimmt, bei der zehnchörigen Laute werden die Saiten vom sechsten Chor an diatonisch absteigend angeordnet. Bei Stimmung der Laute in G wäre die Stimmung des 7. bis 10. Chores also: F – E – D – C. Je nach der Tonart des Stückes konnten die Basssaiten umgestimmt werden.

Etwa ab 1620 experimentierten französische Lautenisten mit neuen Stimmungen der Lautensaiten (René Mézangeau, Pierre Gaultier). Um die Mitte des Jahrhunderts begann die so genannte d-Moll-Stimmung sich auf der Barocklaute durchzusetzen.

Spielweise

Bis ins 15. Jahrhundert wurde die Laute wie der arabische Oud mit einem Plektrum angeschlagen, das in der Regel aus einem starken Vogelfederkiel bestand.

Um 1500, erstmals 1484 bei Johannes Tinctoris[7] beschrieben, entwickelten die Lautenisten die Spieltechnik mit den Fingern, durch die ein polyphones Spiel möglich wurde. Bei dieser, in Lehrwerken von Hans Judenkönig ab 1511 und Lautenbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts beschriebenen[8] Technik werden Läufe mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand gespielt – einer Technik, die aus dem Plektrumspiel entwickelt wurde - während Akkorde mit Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger der rechten Hand angeschlagen werden. Die Finger der rechten Hand werden dabei parallel zu den Saiten gehalten, während der kleine Finger – wie bereits früher beim Plektrumspiel - auf der Decke ruht. Diese Technik wird heute oft „Daumen-innen-Technik“[9] genannt, weil der Daumen in die Richtung des Handinneren schlägt bzw. sich unterhalb des Zeigefingers befindet.

Caravaggio: Der Lautenspieler (um 1595)

Aufgrund der lebhafteren Bassführung in der Musik der späten Renaissance und der Barockzeit entwickelten die Lautenisten um 1600 für die rechte Hand die sogenannte „Daumen-außen-Technik“. Der kleine Finger wird weiterhin als Stützfinger verwendet, aber die Hand wird so gedreht, dass die Finger beinahe in rechtem Winkel die Saiten berühren, während der ausgestreckte Daumen nun vor allem die Basssaiten bedient und das Handgelenk nicht bewegt wird.[10]

Lautenmusik

Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts dürfte die Laute zur Gesangsbegleitung nach Art der Heterophonie verwendet worden sein. Mittelalterliche Abbildungen zeigen sie zusammen mit Streichinstrumenten und der Harfe.

Am Beginn der schriftlichen Überlieferung ihrer Musik (Francesco Spinacino, Intabulatura de Lauto, Venedig 1507) stehen neben Tabulaturen vokaler Musik und instrumentaler Tanzmusik bereits selbständige, instrumental komponierte Solostücke (Ricercar). Die Emanzipation der Instrumentalmusik führt bei der Laute zur Schaffung freier Formen wie Toccata, Fantasie, Präambulum, Präludium.

Um 1600 erlebt das elisabethanische Lautenlied eine Blüte (John Dowland). Ihm folgt eine Blüte des französischen Air de court, bei dem die Laute zunächst die selbständige instrumentale Begleitung des Gesanges übernimmt (Gabriel Bataille, Nicholas Lanier), eine Rolle, welche ihr jedoch im Verlauf des 17. Jahrhunderts zunehmend durch die Theorbe abgenommen wird (Monodie).

Von der Mitte des 17. Jahrhunderts an dominiert der Einfluss französischer Lautenisten in Europa (René Mézangeau, Ennemond Gaultier, François Dufault u.a.). Sie komponieren vornehmlich rein instrumentale, stilisierte Tanzsätze und bilden den lautenistischen Stil der gebrochenen Melodie aus (style luthé), der zunächst auch von Clavecinisten wie Johann Jakob Froberger, Louis Couperin, Nicolas Antoine Le Bègue nachgeahmt wird.

Der französische Stil wird um 1700 in Schlesien, Böhmen und Österreich zunehmend mit kantablen Elementen versetzt (Esaias Reusner, Losy), bis schließlich Silvius Leopold Weiss die Lautenmusik in italienischem Stil ein letztes Mal auf den Gipfel der Kunst führt. Nach ihm führte die Laute bis in die Vorklassik nur mehr ein Schattendasein.

Musik für Laute wurde vom 15. bis zum 18. Jahrhundert in Form der Tabulatur notiert.

Danach wurden fast keine Werke mehr für die (europäische) Laute geschrieben, auch wenn bis in die neueste Zeit gelegentlich Kompositionen für das Instrument gab.[11]

Bedeutende Lautenisten des 20. Jahrhunderts (Auswahl)

Bedeutende Lautenbauer

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Lutes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Laute – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Harvey Turnbull: The Origin of the Long-Necked Lute. In: The Galpin Society Journal, Vol. 25, Juli 1972, S. 58–66
  2. Walter Kaufmann: Altindien. Musikgeschichte in Bildern. Band II. Musik des Altertums. Lieferung 8. Hrsg. Werner Bachmann. VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1981, S. 100
  3. Allyn Miner: Sitar and Sarod in the 18th & 19th Centuries. Motilal Banarsidass, Neu Delhi 1997, S. 18, ISBN 978-8120814936
  4. Douglas Alton Smith und Gerhard Söhne: Eine neue historisch-theoretisch und practische Untersuchung des Instruments der Lauten. In: Gitarre & Laute 1, 1979, 1, S. 15–25; hier: S. 15
  5. Friedemann Hellwig: Die Lauteninstrumente im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. In: Gitarre & Laute 1, 1979, 6, S. 8–15
  6. Peter Päffgen: Abzug und Leyrer Zug: Zwei Lautenstimmungen des 16. Jahrhunderts. In: Gitarre & Laute 2, 1980, Heft 6, S. 36–42; hier: S. 36 f.
  7. Anthony Baines: 15. Century Instruments in Tinctoris De Inventione et Usu Musicae. In: The Galpin Society Journal 3, 1950, S. 19–26.
  8. Paul Beier: Die Anschlagshaltung der rechten Hand an der Renaissance-Laute. (Aus dem Amerikanischen übersetzt von Wolfgang Kreth) In: Gitarre & Laute 5, 1983, Heft 2, S. 148–156; hier: S. 149 f.
  9. Paul Beier (1983), S. 150–155.
  10. Paul Beier (1983), S. 154 f.
  11. John W. Duarte: Hat die Laute eine Zukunft? In: Gitarre & Laute 5, 1983, Heft 1, S. 87–90.