Legislativ-Yuan

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Legislativ-Yuan
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Basisdaten
Sitz: Taipeh
Legislaturperiode: 4 Jahre
Erste Sitzung: 1928
Abgeordnete: 113
Aktuelle Legislaturperiode
Letzte Wahl: 16. Januar 2016
Vorsitz: Parlamentspräsident
Su Jia-chyuan (DPP)
Aktuelle Sitzverteilung (9. Legislativ-Yuan)
      
Sitzverteilung:
  • DPP 68
  • NPP 5
  • NPSU 1
  • Sonstige 1
  • PFP 3
  • KMT 35
  • Website
    www.ly.gov.tw
    Gebäude
    Gebäude
    Das Gebäude des Legislative-Yuan im Bezirk Zhongzheng in Taipei

    Das Legislativ-Yuan (chinesisch 立法院, Pinyin Lìfǎ Yuàn, englisch Law-establishing Court) ist eines der fünf Yuans (Staatsräte) der Republik China auf Taiwan in Taipeh und das Parlament Taiwans, welches mit der Gesetzgebungskompetenz ausgestattet ist und die Arbeit des Exekutiv-Yuans überwacht. Außerdem gibt es noch Yuans für die Exekutive, Judikative, Kontrolle und die Prüfung. Das Legislativ-Yuan wurde nach Sun Yat-sens Drei Prinzipien des Volkes gegründet und ist vergleichbar mit der westlichen Legislativen im Sinne der Gewaltenteilung. Informal wird das Legistativ-Yuan auch Parlament (國會 / 国会, Guóhuì) genannt. Aktueller Parlamentspräsident ist Su Jia-chyuan (DPP).[1]

    Zusammensetzung

    Bei der Wahl zum Legislativ-Yuan 2016 wurden 113 Abgeordnete für vier Jahre in den 9. Legislativ-Yuan gewählt. Zur Anwendung kam ein Zwei-Stimmen-Wahlsystem mit kombinierter Mehrheits- und Verhältniswahl:

    Arbeit

    Das Legislativ-Yuan hat Befugnis, Gesetze zu bewilligen oder abzulehnen. Der Umfang der Kontrolle über das Exekutiv-Yuan war während der 1990er unklar, jedoch musste sich das Exekutiv-Yuan nur vor dem Präsidenten der Republik rechtfertigen.

    Große Teile der Arbeit des Legislativ-Yuan werden durch Gesetzgebungsausschüsse erledigt. Sehr populär sind Interviews im Fernsehen, bei denen Exekutiv-Yuan Mitglieder sich Fragen von Oppositionellen stellen müssen. In den 1990ern gab es viele Fälle von Faustkämpfen, ausgelöst durch Meinungsverschiedenheiten über aktuelle Entscheidungsverfahren. Im Januar 2007 prügelten sich 50 Gesetzgeber und am 8. Mai 2007 weitere 40, als ein Sprecher versuchte, über eine Rekonfiguration des Zentralwahlausschusses zu reden. Es wird mittlerweile vermutet, dass die Kämpfe gestellt sind, um den Wählern zu zeigen, wie hart sie für ihre jeweiligen politischen Positionen kämpfen.[2]

    Die anderen Yuans haben das Recht, Gesetzentwürfe an das Legislativ-Yuan weiterzugeben. Diese Gesetzentwürfe müssen jedoch noch von einer bestimmten Anzahl an Gesetzgebern mitunterschrieben werden. Wenn ein Gesetzentwurf vom Legislativ-Yuan bearbeitet wird, gibt es drei Lesungen.

    Geschichte

    Das erste Legislativ-Yuan wurde in der ersten Hauptstadt Nanjing der Republik China nach dem Nordfeldzug gegründet. Seine 51 Mitglieder wurden für eine Amtszeit von zwei Jahren eingesetzt. Das 4. Legislativ-Yuan erweiterte die Mitgliedszahl auf 194 und die Amtszeit wurde wegen des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges auf 14 Jahre verlängert. Im Sinne des Politikverständnisses der KMT waren die ersten vier Legislativ-Yuan mehr eine politische Vormundschaft.

    Die aktuelle Version der Verfassung der Republik China trat nach freien Wahlen am 1. Januar 1947 in Kraft und das erste Legislativ-Yuan nach dem Zweiten Weltkrieg trat am 18. Mai 1948 mit 760 Mitgliedern zusammen. Hierfür waren sechs Vorbereitungstreffen am 8. Mai 1948 nötig, während denen Dr. Sun Fo und Chen Li-fu als Präsident und Vize-Präsident gewählt wurden. Im Jahr 1949 verlor die Regierung der Republik China Festlandchina an die Rote Armee unter Mao Zedong und das Legislativ-Yuan floh zusammen mit der ganzen Regierung der Republik China nach Taiwan, wo Taipei die provisorische Hauptstadt und somit der neue Sitz des Yuan wurde. Am 24. Februar 1950 versammelten sich 380 Mitglieder in der Sun Yat-sen Halle in Taipei.

    Sitzungssaal des Legislativ-Yuans (2013)

    Der Verlust Festlandchinas und deren Wahlbevölkerung machte Neuwahlen in China unmöglich, da Festlandchina immer noch zur Republik China gehören sollte und diese ihre Bürger nicht um ihr Recht bringen wollte und auch somit den rechtmäßigen Anspruch der Republik China auf das Festland zu unterstreichen. Das Justiz-Yuan beschloss deswegen, weitere Wahlen aufzuschieben, bis das Festland wieder rechtmäßig zurückerobert worden sei und wieder freie Wahlen stattfinden konnten, jedoch ohne zu berücksichtigen, dass die alteingesessenen Taiwaner damals nicht zu der Wahlbevölkerung gehört hatten. Über die Jahre sind einige auf dem Festland gewählte Mitglieder verstorben, sodass ihre Sitze an 11 neue erstmals aus Taiwan stammende Mitglieder vergeben wurden. Sie wurden 1969 gewählt. 51 neue Mitglieder wurden für eine 3-Jahres-Amtszeit 1972 gewählt, 52 im Jahr 1975, 97 im Jahr 1980, 98 im Jahr 1983, 100 im Jahr 1986 und noch einmal 100 im Jahr 1989. Obwohl die gewählten Mitglieder nicht die Mehrheit hatten, Gesetze abzulehnen, die u.U. Taiwanern von Festlandchinesen aufgedrängt bekamen, so konnten sie das Yuan als Plattform für eigene Interessen nutzen. Bis 1991 waren oppositionelle Parteien (siehe Dangwai) in Taiwan verboten. In den 1970ern gab es einige Legislativ-Kandidaten der Dangwai, welche sich 1985 zur Demokratischen Fortschrittspartei formierten.

    Die Ursprungsmitglieder des Legislativ-Yuan, die noch vom Festland stammten, blieben bis zum 31. Dezember 1991 im Amt und wurden in der Folge der Demokratisierung auf Taiwan vom Justiz-Yuan zum Rücktritt gezwungen. Die gewählten Mitglieder von 1989 blieben, bis 161 neue Mitglieder 1992 für das zweite Legislativ-Yuan gewählt wurden. Das dritte Legislativ-Yuan wurde 1995 mit 157 Mitgliedern und einer Amtszeit von drei Jahren gewählt. Das vierte Yuan wurde im Jahr 1998 mit insgesamt 225 Mitgliedern gewählt und umfasst auch Gesetzgeber der aufgelösten Provinz-Legislatur der Provinz Taiwan.

    Das Legislativ-Yuan legte an Bedeutung während der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 zu, als die neue Regierungspartei DPP den Präsidenten stellte, während das Legislativ-Yuan noch eine Mehrheit von Kuomintang-Mitgliedern hatte. Die Parlamentswahlen 2001 waren deswegen sehr interessant, da die pan-blaue Koalition immer mit nur einer geringfügig größeren Mehrheit gegenüber der regierenden pan-grünen Koalition gewann. Dies machte die Abstimmungen über Entwürfe abhängig von Überläufern und Parteilosen und entwickelte sich zu einem parteimotivierten Dauerstreit zwischen dem Legislativ-Yuan und dem Exekutiv-Yuan.

    Mit 70-prozentiger Unterstützung der Bevölkerung stimmte das Legislativ-Yuan mit 217 zu 1 Stimme am 23. August 2004 für ein Paket von Reformen:

    • Die Anzahl der Sitze sollten von 225 auf 113 halbiert werden
    • Wechsel zu einem Doppelstimmen-Wahlsystem
    • Verlängerung der Amtszeit von drei auf vier Jahre, für eine Angleichung an die Präsidentschaftswahlen.

    Das neue Wahlsystem verlangt 73 Mehrheitssitze (einer für jeden Wahlkreis), sechs Sitze für Ureinwohner Taiwans und die verbleibenden 34 Sitze werden durch Parteienlisten vergeben. Jeder Landkreis hat mindestens einen Wahlkreis, was mindestens einen Sitz im Legislativ-Yuan garantiert, während bei den Sitzen für Parteimitglieder die Hälfte Frauen sein müssen.

    Ein DPP-Antrag forderte das Bürgerrecht, Verfassungsreferenden initiieren zu können, was wegen zu geringer Unterstützung aufgegeben wurde. Der Vorschlag wurde kritisiert, da die Möglichkeit einer zu freien Verfassungsänderung zu sehr zu Missbrauch führen könnte; während bei einer Legislativ-Yuan-Abstimmung eine Dreiviertelmehrheit gebraucht wird, die einen Konsens verraussetzt, könnte ein Bürgerreferendum zur Spaltung der Bevölkerung führen. Es wurde auch befürchtet, dass dieses Recht zu einem Referendum über die Unabhängigkeit Taiwans führen könnte, was in einem Konflikt mit der Volksrepublik China enden könnte.

    Das Legislativ-Yuan schlug auch vor, sich selber das Recht zuzusprechen, jederzeit eine Wiederwahl des Präsidenten und Vize-Präsidenten verlangen zu können. (Dies wurde von einem Viertel der Parlamentarier vorgeschlagen und von zwei Dritteln der Gesetzgeber für ein nationales Referendum freigegeben.) Das Legislativ-Yuan hat ebenfalls die Macht, den Präsidenten und Vizepräsidenten anzuklagen und vor den Rat der Obersten Richter zu bringen.

    Am 20. Juli 2007 verabschiedete das Legislativ-Yuan ein Lobbyismus-Gesetz.[3]

    Kontroverse um Wang Jin-pyng und Abhörskandal

    Im August 2013 wurde Parlamentspräsident Wang von der Sonderuntersuchungseinheit des Justizministeriums beschuldigt, in einem Untersuchungsverfahren gegen den Oppositionspolitiker Ker Chien-ming (Demokratische Fortschrittspartei) unzulässigen Einfluss auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt zu haben. Präsident und Kuomintang-Vorsitzender Ma Ying-jeou äußerte, Wang habe der taiwanischen Demokratie großen Schaden zugefügt und kündigte Wangs Ausschluss aus der Kuomintang an, der am 12. September 2013 erfolgte. Mit dem Parteiausschluss drohte Wang der Verlust seines Abgeordnetenmandats und somit auch der Verlust des Amtes als Parlamentspräsident. Er klagte gegen den Parteiausschluss und erwirkte eine einstweilige Verfügung, wonach er vorerst im Amt bleiben kann.[4]

    Im Rahmen der Affäre wurde bekannt, dass die Sonderuntersuchungseinheit des Justizministeriums nicht nur Telefongespräche Wangs, sondern auch zahlreicher anderer Parlamentsabgeordneter und sogar die Telefonzentrale des Parlaments[5] abgehört hatte, was sowohl im Parlament als auch in der Bevölkerung lautstarke Proteste gegen das Justizministerium und Präsident Ma auslöste und den Rücktritt des Justizministers Tseng Yung-fu zur Folge hatte.[6][7]

    Parlamentsbesetzung durch Demonstranten im März 2014

    Der besetzte Plenarsaal

    Am 18. März 2014 wurde das Parlamentsgebäude durch vorwiegend studentische Demonstranten und Bürgerinitiativen (Sonnenblumen-Bewegung) besetzt, nachdem die Fraktion der Regierungspartei Kuomintang entgegen vorheriger Abmachungen mit den Oppositionsparteien einseitig die Ratifizierung eines umstrittenen Handels- und Dienstleistungsabkommen zwischen Taiwan und China im Rahmen des ECFA angekündigt hatte.[8][9] Nach Zugeständnissen seitens der Regierung endete die Besetzung am 10. April nach 24 Tagen friedlich.[10]

    Liste der Präsidenten des Legislativ-Yuan

    Vor der Verfassung von 1947:

    1. Hu Hanmin (1928-10 - 1932-1)
    2. Chang Ji (1932-1 - 1932-1)
    3. Sun Fo (1932-1 - 1947-5)

    Nach der Verfassung von 1947:

    1. Sun Fo (1947-5 - 1948-12)
    2. Tung Gun-shin (1948-12 - 1950-12)
    3. Liu Jin-chin (1950-12 - 1951-10)
      (stellvertretend) Huang Guo-shu (1951-10 - 1952-3)
    4. Chang Tao-fan (1952-3 - 1961-2)
    5. Huang Guo-shu (1961-2 - 1972-2)
    6. Ni Wen-ya (1972-2 - 1988-12; starb am 11. Juni 2006)
    7. Liu Kwo-tsai (1988-10 - 1990-2)
    8. Liang Su-yung (1990-2 - 1992-1)
    9. Liu Sung-pan (1992-1 - 1999-2)
    10. Wang Jin-pyng (1999-2 - 2016-1)
    11. Su Jia-chyuan (2016-2 - )

    Literatur

    • Thomas Weyrauch: Chinas demokratische Traditionen vom 19. Jahrhundert bis in Taiwans Gegenwart. Heuchelheim: Longtai 2014, ISBN 978-3-938946-24-4.
    • Thomas Weyrauch: Taiwans gemeinsame Farbe. Das demokratische Profil der Republik China. Heuchelheim: Longtai 2015, ISBN 978-3-938946-26-8.

    Einzelnachweise

    1. DPP's Su Jia-chyuan elected legislative speaker, Focus Taiwan News Channel, 1. Februar 2016
    2. "Parliamentary antics said to be staged", Taiwan News (Zeitung), 58. Ausgabe, Nr. 322, 18. Mai 2007, S. 2.
    3. Shih Hsiu-chuan: "Taiwan becomes third country to pass Lobbying Act", Taipei Times, 21. Juli 2007.
    4. The China Post, 12. September 2013
    5. asienspiegel, 3. Oktober 2013
    6. Radio Taiwan International, 29. September 2013
    7. Focus Taiwan News Channel, 29. September 2013
    8. The Diplomat, 20. März 2014
    9. CNN, 24. März 2014
    10. Focus Taiwan, 10. April 2014

    Siehe auch

    Weblinks