Obsidian

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Obsidian
Obsidian (glänzend), Bims (mattgrau im Vordergrund) und Rhyolith (heller, rechts)
Handstücke von Obsidian mit typischem Muschelbruch und scharfen Kanten

Obsidian ist ein natürlich vorkommendes vulkanisches Gesteinsglas.

Etymologie

Der Name leitet sich von dem Römer Obsius her, der in der Antike den ersten Obsidian von Äthiopien nach Rom gebracht haben soll.

Entstehung

Obsidian entsteht bei rascher Abkühlung von Lava mit einem Massenanteil an Wasser von maximal 3–4 %. Bei höheren Gehalten an flüchtigen Stoffen (neben Wasser hauptsächlich CO2) würde sich sonst, auch bei schneller Abkühlung, das Gestein zu Bimsstein aufblähen. Bei langsamer Abkühlung entsteht Pechstein. Die Bildung vulkanischer Gläser ist in hohem Maße von der Zähflüssigkeit und deshalb vom Kieselsäuregehalt (je höher, desto zähflüssiger) der Lava abhängig.

Aufgrund der raschen Abkühlung kommt es nicht zur Ausbildung regelmäßiger Kristallstrukturen. Das Glas, aus dem der Obsidian besteht, hat damit ein chaotisches, amorphes Gefüge.

Wie alle Gläser ist Obsidian metastabil und zeigt innerhalb geologischer Zeiträume die Tendenz zur Entglasung und Kristallisation. Auch auf diesem Weg ist die Bildung von Sphärolithen möglich, das sind mineralische Aggregate aus strahlenförmig angeordneten Kristallen (Augenobsidian). Vulkanische Gläser sind (mit Ausnahme des Pechsteins) aus dem Paläozoikum und Präkambrium unbekannt, da sie heute vollkommen devitrifiziert vorliegen.

Die meisten Obsidiane haben einen Kieselsäure-Gehalt von 70 % und mehr und werden zur Rhyolith-Familie (Rhyolithe sind die vulkanitischen Äquivalente der Granite) gezählt. Seltener sind trachitische, andesitische und phonolithische (geringere Kieselsäuregehalte) Obsidiane.

Beschaffenheit

Die Farbe variiert stark abhängig von der Gegenwart verschiedener Verunreinigungen und deren Oxidationszuständen. Trotz der meist hohen Gehalte an Kieselsäure (zum Vergleich: Granite sind normalerweise helle Gesteine) ist Obsidian meist dunkelgrün bis schwarz gefärbt, gelegentlich auch braun und rötlich. Das kommt durch im Gestein feinstverteilte Hämatit- oder Magnetitminerale.

Je nach Vorkommen können jedoch in mehr oder minder großen Mengen Kristalle in die glasige (hyaline) Struktur eingebettet sein. Die oft ausgebildete Fließtextur äußert sich in einem schlierigen Bild (eutaxitisches Gefüge).

Die Härte beträgt 5,0 bis 5,5 auf der Mohs-Skala.[1]

Varietäten

Schneeflockenobsidian geschliffen

Schneeflockenobsidiane enthalten Einschlüsse von radial gewachsenen, bis zu 1 cm großen Strukturen, sogenannten Sphärolithen. Diese Minerale, meist Feldspäte oder Cristobalit (eine Hochtemperatur-Modifikation von Quarz), wuchsen von einem Kristallisationskeim aus kugelförmig in die umgebende Schmelze, bis die Abkühlung diesen Prozess unterband.

Apachenträne

Durch Erosion gerundete kleine Klumpen von Obsidian werden Apachentränen genannt (auch Rauchobsidian). Der Volksglaube überliefert, dass an der Fundstelle einer Apachenträne ein Indianer gestorben sei.

Vorkommen

Dose aus armenischem Obsidian / Itkvajam-Lagerstätte

Weltweit sind bisher etwa 70 Fundorte bekannt (Stand: 2010).[2] Wichtige Obsidianvorkommen sind unter anderem:

in Afrika:

in Vorderasien:

in Europa:

in Nordamerika:

in Polynesien/Neuseeland:

Verwendung

Als Rohstoff

In der Steinzeit, besonders ab dem Neolithikum, wurde Obsidian wegen seines scharfkantigen, muscheligen Bruches und seines glasigen Gefüges, ebenso wie Feuerstein, als Material für Werkzeuge geschätzt. Seine mediterranen Vorkommen sind bekannt und die Verbreitung des Obsidians kann über weite Distanzen (mehr als hundert Kilometer) nachgewiesen werden.

Europa

Obsidianvorkommen gibt es in Europa wenig. Das während der Steinzeit Südeuropas verwendete Hauptvorkommen stellen die Liparischen Inseln, aber auch Monte Arci, Palmarola und Pantelleria dar, sie wurden bereits vor dem 5. Jahrtausend v. Chr. dauerhaft besiedelt. 10 weitere in der Steinzeit genutzte kleine Vorkommen lagen in Osteuropa.[3][4][5]

Asien

In der hethitischen Großreichszeit wurden Gefäße aus Obsidian hergestellt. Im alten Rom wurde geschliffener und polierter Obsidian als Spiegel verwendet. Die Assyrer bezogen Obsidian (NA4ZÚ, ṣurru) unter anderem aus den Nairi-Ländern in der nordöstlichen Türkei. Unter Tiglat-pileser I. ist er als Tribut belegt.[6]

Amerika

In Teotihuacán, Mexiko, wurde Obsidian zu Götterfiguren und anderen Skulpturen verarbeitet. Dabei wird der Stein sowohl in der schwarzen Form als auch als „Silberobsidian“ oder „Goldobsidian“ verwendet. Diese besondere Form des Obsidian wirkt im Schatten schwarz, während sie im Licht hell golden oder silbern glänzt. Bei der Bearbeitung ist der Stein matt und hellgrau. Erst durch die Politur entfaltet er seinen Glanz. Die Azteken sowie andere mesoamerikanische Völker haben Obsidian zu Herstellung von Speer- und Pfeilspitzen und vollständigen Schwertern, den sogenannten Maquahuitl, verwendet.

Neuzeit

Mit der zunehmenden Verbreitung der Bronze ging die Verwendung von Obsidian in Europa und Asien zurück. Heute wird Obsidian vor allem zur Herstellung von Kunstgegenständen und als Schmuckstein genutzt, manchmal auch für Messerklingen.[7] Vorschläge, medizinische Skalpelle daraus herzustellen,[8] [9] haben sich nicht durchgesetzt; es gibt keine für diesen Zweck zugelassenen Erzeugnisse.

Als Hilfsmittel zur Altersbestimmung

Die Dicke der Hydratationsschicht an prähistorischen Artefakten wird als Hilfsmittel zur Datierung herangezogen. Da man die Herkunft des Obsidians anhand der Beimischung an Spurenelementen bzw. der Isotopenzusammensetzung (Neutronenaktivierungsanalyse) und des Alters (Spaltspurenanalyse) bestimmen kann, können Obsidianartefakte auch wichtige Auskünfte über prähistorischen Tausch oder Handel geben.

Fälschungen und Verwechslungen

Da Obsidian als Schmuckstein in relativ großen Mengen vorkommt, sein Preis daher vergleichsweise niedrig ist, wird er nur selten gefälscht. Auch ist er leicht durch seinen typischen Glasglanz zu identifizieren. Schwarzer Obsidian kann allerdings mit schwarzem Schörl (Turmalingruppe) und Onyx (bzw. gefärbtem Achat) verwechselt werden, wenn er nicht durchsichtig ist. Alle anderen Obsidianvarianten sind aufgrund ihrer charakteristischen Muster und Farbenspiele unverwechselbar.

Obsidian kann leicht mit Impaktschmelzgesteinen verwechselt werden. Diese entstehen durch das Aufschmelzen und schnelle Abkühlen von Gestein infolge eines Meteoriteneinschlages. Pechstein ist dem Obsidian in Aussehen und Bildung sehr ähnlich.

Literatur

  • Walter Maresch, Olaf Medenbach: Gesteine. (= Steinbachs Naturführer). Neue, bearbeitete Sonderausgabe. Mosaik-Verlag, München 1996, ISBN 3-576-10699-5, S. 90.
  • Albrecht German, Ralf Kownatzki, Günther Mehling (Hrsg.): Natursteinlexikon. 5. völlig überarbeitete und aktualisierte Neuausgabe. Callwey, München 2003, ISBN 3-7667-1555-0, S. 262.
  • Hans-Otto Pollmann: Obsidian-Bibliographie. Artefakt und Provenienz (= Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum. 78 = Der Anschnitt. Beiheft 10). Verlag des Deutschen Bergbau-Museums, Bochum 1999, ISBN 3-921533-67-8.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Obsidian – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Robert Howard Tykot: Prehistoric trade in the Western Mediterranean: The sources and distribution of Sardinian obsidian. (PDF) Thesis to the department of Anthropology, Harvard University, Cambridge Oktober 1995, S. 53, abgerufen 17. Februar 2016.
  2. Mindat – Obsidian (englisch – Liste vieler aber nicht aller bekannten Fundorte).
  3. Olwen Williams Thorpe, Stanley E. Warren, John G. Nandris: The distribution and provenance of archaeological obsidian in Central and Eastern Europe. In: Journal of Archaeological Science 11, Nr. 3, 1984, S. 183–212.
  4. Olwen Williams Thorpe: A study of obsidian in prehistoric central and Eastern Europe, and it's trace element characterization - An analytically-based study of archaeological obsidian in Central and Eastern Europe, an investigation of obsidian sources in this area, and the characterization of these obsidians using neutron activation analysis..
  5. Corinne N. Rosania, Matthew T. Boulanger, Katalin T. Biró, Sergey Ryzhov, Gerhard Trnka, Michael D. Glascock: Revisiting Carpathian obsidian. In: Antiquity 82, Nr. 318, Dezember 2008.
  6. Betina Faist: Der Fernhandel des assyrischen Reiches zwischen dem 14. und 11. Jahrhundert v. Chr. (= Alter Orient und Altes Testament. Bd. 265). Ugarit-Verlag, Münster 2001, ISBN 3-927120-79-0, S. 43 (Zugleich: Tübingen, Universität, Dissertation, 1998).
  7. Andreas Kalweit, Christof Paul, Sascha Peters, Reiner Wallbaum: Handbuch für Technisches Produktdesign. Material und Fertigung, Entscheidungsgrundlagen für Designer und Ingenieure. 2., bearbeitete Auflage. Springer, Berlin u. a. 2011, ISBN 978-3-642-02641-6 in der Google-Buchsuche.
  8. B. A. Buck: Ancient technology in contemporary surgery. In: The Western journal of medicine. Band 136, Nummer 3, März 1982, S. 265–269, PMID 7046256, PMC 1273673 (freier Volltext).
  9. J. J. Disa, J. Vossoughi, N. H. Goldberg: A comparison of obsidian and surgical steel scalpel wound healing in rats. In: Plastic and reconstructive surgery. Band 92, Nummer 5, Oktober 1993, S. 884–887, PMID 8415970.