Oskar Maria Graf

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Georg Schrimpf: Bildnis Oskar Maria Graf (1927)
Geburtshaus in Berg (Starnberger See)

Oskar Maria Graf (* 22. Juli 1894 in Berg; † 28. Juni 1967 in New York) war ein deutscher Schriftsteller.

Anfangs schrieb Graf ausschließlich unter seinem richtigen Namen Oskar Graf. Ab 1918 reichte er Arbeiten für Zeitungen unter dem Pseudonym Oskar Graf-Berg ein; für seine von ihm selbst als „lesenswert“ erachteten Werke wählte er den Namen Oskar Maria Graf.

Leben

Oskar Graf wurde am 22. Juli 1894 als neuntes von elf Kindern des Bäckermeisters Max Graf und der Bauerntochter Therese, geborene Heimrath, in Berg am Starnberger See geboren. Er besuchte ab 1900 die Dorfschule in Aufkirchen. Nach dem Tod seines Vaters 1906 erlernte er dessen Handwerk und arbeitete in der durch seinen ältesten Bruder Max übernommenen Bäckerei.

Im Jahre 1911 floh er vor den Misshandlungen seines Bruders Max nach München, in der Hoffnung, sich eine Existenz als Dichter aufbauen zu können. Er schloss sich dort Bohème-Kreisen an und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten, etwa als Posthelfer oder Liftboy durch. Er unternahm erste literarische Bemühungen und wurde Schriftführer der Gruppe „Tat“ um den sozialistischen Schriftsteller Erich Mühsam. In den Jahren 1912/13 war er als Vagabund in der Reformersiedlung „Anarchistenkolonie“ auf dem Monte Verità bei Ascona[1] und in Oberitalien unterwegs, begleitet von dem Maler Georg Schrimpf, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Zeitweise arbeiteten beide in der Künstler- und Reformer-Kolonie Monte Verità bei deren Gründern, den Brüdern Karl (1875–1920) und Gusto Gräser.

Am 1. Dezember 1914 wurde Oskar Graf zum Kriegsdienst eingezogen. 1915 diente er bei einer bayerischen Eisenbahntruppe an der Ostfront in Ostpreußen und Litauen. In dieser Zeit erschien erstmals eine Erzählung von ihm in der Zeitschrift Die Freie Straße. 1916 sollte Graf wegen Befehlsverweigerung abgeurteilt werden. Er wurde jedoch in eine Irrenanstalt eingewiesen und nach einem zehntägigen Hungerstreik schließlich aus dem Militärdienst entlassen.

1917 legte er sich auf Vorschlag des Künstlers Jacob Carlo Holzer den zweiten Vornamen Maria zu. Nach einer Beschwerde eines gleichnamigen Professors forderte Die Freie Straße, dass er unter dem Namen Oskar Graf-Berg publiziere.

Am 26. Mai 1917 heiratete er Karoline Bretting. Im Jahr darauf wurde ihre Tochter Annemarie (* 13. Juni 1918; † 8. Dezember 2008) genannt „Annamirl“, geboren; das Ehepaar Graf trennte sich jedoch noch im selben Jahr. Graf bezeichnete seine erste Ehe als „von Anfang an schlecht“, Tochter Annemarie wurde von Grafs Mutter aufgezogen. Die Ehe wurde erst 1944 geschieden.

Anfang 1918 war Oskar Maria Graf wegen Teilnahme am Munitionsarbeiterstreik kurzzeitig inhaftiert worden. 1919 wurde er wegen der Teilnahme an den revolutionären Bewegungen in München erneut verhaftet.

1919 begann seine Lebensgemeinschaft mit der Jüdin Mirjam Sachs (* 1890), einer Cousine von Nelly Sachs. Die beiden heirateten am 2. Oktober 1944 in New York.

Ab 1920 war Oskar Maria Graf als Dramaturg am Arbeitertheater Die neue Bühne tätig, bis ihm 1927 mit seinem autobiografischen Werk Wir sind Gefangene der literarische Durchbruch gelang, der ihm eine Existenz als freischaffender Schriftsteller ermöglichte.

Am 17. Februar 1933 fuhr er zu einer Vortragsreise nach Wien, wo er Mitglied der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller wurde. Dies war der Beginn seines anfangs freiwilligen Exils. Da seine Bücher nicht der Bücherverbrennung durch die Nazis zum Opfer fielen und ihre Lektüre sogar empfohlen wurde, veröffentlichte er am 12. Mai 1933 in der Wiener Arbeiter-Zeitung den Aufruf:

„Verbrennt mich! […] Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen. Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach!“

Ein Jahr später, 1934, wurden seine Bücher in einer eigens für ihn angesetzten Bücherverbrennung im Innenhof der Münchner Universität nachträglich verbrannt und seine Werke in Deutschland verboten, er selbst am 24. März ausgebürgert.

Im Februar war er nach Brünn in der Tschechoslowakei emigriert. Dann ging er nach Prag, wo er neben Anna Seghers und Wieland Herzfelde zur Redaktion der von Grete Weiskopf herausgegebenen Monatsschrift Neue Deutsche Blätter gehörte. Von hier nahm er 1934 in Moskau am 1. Unionskongress der Sowjetschriftsteller teil.

1938 floh er über die Niederlande in die USA, wo er sich im Juli in New York niederließ. Im Oktober desselben Jahres wurde er zum Präsidenten der German-American Writers Association ernannt. 1942 gründete er mit Wieland Herzfelde und weiteren emigrierten deutschen Schriftstellern den Aurora-Verlag, New York, der als Nachfolger des Malik-Verlages gilt.

Wie verbunden Graf mit seiner bayerischen Heimat war, zeigt die Tatsache, dass er stets mit Lederhosen durch New York spazierte, um so sein Heimweh zu lindern.

Oskar-Maria-Graf-Denkmal in Aufkirchen

Im Dezember 1957 erhielt Oskar Maria Graf die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Wegen seines kompromisslosen Pazifismus wurde aus der dabei abzulegenden Eidesformel der Absatz „Über die Verteidigungsbereitschaft mit der Waffe in der Hand“ gestrichen. Im folgenden Jahr unternahm er erstmals nach dem Krieg wieder eine Europareise.

Am 11. November 1959 starb seine Frau Mirjam.

1960 wurde ihm von der Wayne State University of Detroit in Anerkennung seiner kompromisslosen geistigen Haltung die Ehrendoktorwürde verliehen, es folgte seine zweite Europareise.

1962 heiratete er seine dritte Frau Gisela Blauner (1907–1996).[2][3]

1964 unternahm er seine dritte Europareise mit Lesungen unter anderem in West- und Ostberlin. Zahlreiche Ehrungen folgten, unter anderem wurde er zum „korrespondierenden Mitglied der Akademie der Künste der DDR“ ernannt und „in Würdigung seines bedeutenden literarischen Werkes“ mit der Ehrengabe und Goldmedaille der Stadt München ausgezeichnet.

1965 reiste Graf letztmals nach Europa (Deutschland, Österreich, Schweiz).

Oskar Maria Graf starb im Juni 1967 in New York. Ein Jahr nach seinem Tod wurde seine Urne nach München überführt und auf dem Alten Bogenhausener Friedhof beigesetzt (Grab Mauer links Nr. 42).[4]

Werke

Literatur

Grab auf dem Bogenhausener Friedhof
  • Rolf Recknagel: Ein Bayer in Amerika, Oskar Maria Graf, Leben und Werk. Berlin: Verlag der Nation, 1974
  • Gerhard Bauer: Gefangenschaft und Lebenslust: Oskar Maria Graf in seiner Zeit Eine Werk-Biographie. München: Süddeutscher Verlag, 1987. ISBN 3-7991-6355-7.
  • Joachim Mohr: Hunde wie ich. Selbstbild und Weltbild in den autobiographischen Schriften Oskar Maria Grafs. Würzburg: Königshausen & Neumann, 1999. ISBN 3-8260-1705-6.
  • Wilfried F. Schoeller: Oskar Maria Graf: Odyssee eines Einzelgängers. Texte – Bilder – Dokumente. Frankfurt am Main: Büchergilde Gutenberg, 1994, ISBN 3-7632-4383-6.
  • Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2008; ISBN 978-3-462-03962-7. (Zu Graf S. 83–85)
  • Daniel Winkler: Utopisches Exil eines rebellischen Patrioten: Oskar Maria Graf und Wien; in: „Mit der Ziehharmonika. Zeitschrift für Literatur des Exils und des Widerstands“; 16. Jg., Nr. 2 (Doppelnummer); Wien: Oktober 1999; S. 45–50. ISSN 1563-3438.
  • Georg Bollenbeck: Oskar Maria Graf. Eine Bildmonographie. Reinbek: Rowohlt. 1985. ISBN 978-3-499-50337-5.
  • Hans Dollinger: Das Oskar Maria Graf Lesebuch List Verlag, München 1993; Mit einem Geleitwort von Will Schaber. ISBN 3-471-77670-2

Filmografie

Siehe auch

Nachweise

  1. Oskar Maria Graf auf ticinarte.ch
  2. Zu Gisela Blauner, verheiratete Graf, siehe Begegnung mit Gisela Graf, in: Thomas Hartwig, Achim Roscher: Die verheissene Stadt : deutsch-jüdische Emigranten in New York, Das Arsenal, Berlin 1986, Seite 50ff.
  3. Lebensdaten unter http://www.ancientfaces.com/person/gisela-b-graf/15133748
  4. Grabstein von Oskar Maria Graf
  5. „Ein Heimatdichter in New York“, Rezension von Manchmal kommt es, dass … im DLF, 4. Januar 2008

Weblinks

Commons: Oskar Maria Graf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien