Paradoxon der schwachen jungen Sonne

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. August 2016 um 06:16 Uhr durch 95.20.142.16 (Diskussion) (→‎Methodische Herausforderungen: "bereits" war doppelt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Entwicklung von Leuchtkraft (rot), Radius (blau) und effektiver Temperatur (grün) der Sonne während ihres Daseins als Hauptreihenstern in Einheiten der heutigen Werte. Die Leuchtkraft war vor drei bis vier Milliarden Jahren 20 bis 25 % geringer als jetzt.
Rekonstruktion des mittleren Temperatur- und Niederschlagverlaufs der Erde vom Archaikum bis zur Gegenwart

Unter dem Paradoxon der schwachen jungen Sonne versteht man den anscheinenden Widerspruch zwischen der geringen Strahlungsleistung der jungen Sonne in der frühen Erdgeschichte und dem nicht entsprechend kälteren Klima zu dieser Zeit. Auf diese Diskrepanz wiesen die Astronomen Carl Sagan und George Mullen 1972 hin.[sm 1]

Sagan schlug eine vergleichsweise hohe Konzentration von Treibhausgasen als mögliche übergeordnete Erklärung vor, was sich aber für den fraglichen Zeitraum nicht bestätigt hat. Im Gegenteil, die im Archaikum stattfindenden bedeutenden Änderungen der Atmosphärenzusammensetzung und der in Vergleich zur Erdneuzeit nach einer globalen Vereisung vor 2,4 Milliarden Jahren erneut lange vergleichsweise gleichmäßige Klimaverlauf (vgl. boring billion, dt. langweilige Milliarde[jko 1]) wirft eher zusätzliche Fragen auf. Jahrzehntelange kontroverse Diskussionen in Geologie, Astrophysik, Planetologie, Klimatologie und Atmosphärenphysik machten diese Frage zu einer „der großen offenen Fragen der Paläoklimatologie“.[1] Eine abschließende Deutung wird von manchen Autoren beansprucht,[2] ist aber keineswegs unumstritten.[3]

Ausmaß des Problems

Das Standardsonnenmodell ergibt für die Zeit vor 4,4 Milliarden Jahren eine 25 bis 30 % geringere Strahlungsleistung.[4] Gleichzeitig ist anhand geochemischer Analysen die Existenz von flüssigem Wasser an der Erdoberfläche bereits in der frühesten Erdgeschichte nachgewiesen.[5] Ohne relativ milde klimatische Bedingungen hätte Wasser aber nur als Eis vorkommen können. Bereits in dieser frühen Zeit sind die ersten Lebensspuren nachgewiesen, die ebenso flüssiges Wasser voraussetzten. Das Paradoxon setzt zu einer Zeit an, in der eine erste Atmosphäre gerade entstanden war, und dauert über mehrere Milliarden Jahre fort, während derer sich Kontinente und Ozeane bildeten. Dies gilt ebenso bei der Betrachtung der frühen Marsatmosphäre.[6]

Überblick

Vulkanausbruch des Pinatubo

Zur Erklärung des Paradoxons werden Faktoren herangezogen, die im Klimageschehen auf der Erde bis zur Gegenwart eine Rolle spielen.

In den frühen Studien wurden für die Lösung des Paradoxons hohe Treibhausgaskonzentrationen bereits in der Frühzeit der Entwicklung von Erde und Atmosphäre als wesentlich angesehen. Die Kenntnisse über die Zusammensetzung der Atmosphäre und des Klimas der frühen Erde haben sich seit den 1970er Jahren erheblich weiterentwickelt.[7] Eine sehr hohe Konzentration an heute wirksamen Treibhausgasen ist aber aufgrund geochemischer Beschränkungen fraglich.[8][7]

2009 wurden sulfidische, hochwirksame Treibhausgase identifiziert, die in der frühen reduzierenden Atmosphäre wirksam hätten sein können, sprich bis zum Beginn der Sauerstoffkatastrophe in einem Erdalter von 2,4 Milliarden Jahren. Eine 2003 vorgebrachte alternative Erklärung des Paradoxons und der globalen Warm- und Eiszeiten über einen Klimaeinfluss der kosmischen Strahlung hat eine kontrovers geführte Debatte hervorgerufen und die Forschung zu der zugrundeliegenden Hypothese intensiviert. Ein klimabestimmender Einfluss kosmischer Strahlung in der Gegenwart konnte in Folgestudien jedoch nicht bestätigt werden.

Gegenwärtig wird versucht, das frühe Erdklima mit vergleichsweise einfachen Klimamodellen zu simulieren. Unter der Voraussetzung einer geringen Albedo, einem hohen Stickstoffanteil und einem geringen Anteil an Kondensationskeimen für die Wolkenbildung wäre das Vorhandensein von flüssigem Wasser in den Tropenregionen demnach auch damals möglich gewesen.[9] [3] Dies gilt ebenso bei der Betrachtung der frühen Marsatmosphäre.[6]

Weitere Nebenthesen führen unter anderem Unterschiede in Bahnparametern der Erde oder physikalischen Konstanten wie auch der Sonnenleistung auf, ebenso halten manche die Entstehung des frühen Lebens auf der Erde und anderen Himmelskörpern unter vergleichsweise kalten Bedingungen für möglich.[8]

Das Klima wie die Zusammensetzung und Reaktionen in den verschiedenen Atmosphären der frühen geologischen Vergangenheit ist nur mit großem methodischen Aufwand und hoher Messungenauigkeit nachzuvollziehen und stellt komplexe Anforderungen an die Durchführung und Interpretation von Messungen und Messdaten.

Erd- und klimageschichtlicher Hintergrund

Vor der Hypothese eines Großen Bombardements der Erde durch Asteroiden und Kometen zwischen 4,1 und 3,8 Milliarden wurde allgemein angenommen, die Erde sei zuvor generell glutflüssig gewesen. Zur Erdwärme und zur geologischen Dynamik der Erde tragen zu einem erheblichen Anteil Restwärme aus der Zeit der Erdentstehung, radioaktive Zerfallsprozesse und kinetische Energie aus der Bewegung der Erde um ihre eigene Achse bei. Die Erdkruste und der Erdmantel wirken isolierend; die an den Weltraum abgegebene Energie ist heute um mehrere Größenordnungen kleiner als die Sonneneinstrahlung.

Bei der ersten Atmosphäre vor über vier Milliarden Jahren wird angenommen, sie hätte ähnlich wie heutige Vulkanausgasungen größtenteils aus Wasserdampf (H2O) und zu kleineren Anteilen aus Kohlenstoffdioxid (CO2) und Schwefelwasserstoff (H2S) sowie kleineren Anteilen von Stickstoff (N2), Wasserstoff (H2), Kohlenmonoxid (CO), Helium, Methan und Ammoniak bestanden. Umstritten ist, wann es zur Bildung eines ersten Urozeans kam und die Erdoberfläche abgekühlt genug war, um Niederschläge zuzulassen. Möglicherweise stammen vorher gebildete Gesteine aus den bereits stärker abgekühlten fremden Himmelskörpern, diese stellen eine mögliche Herkunftsquelle des irdischen Wassers dar. Bereits vor 3,8 Milliarden Jahren sind eindeutig Spuren flüssigen Wassers nachzuweisen.[10] Hinweise auf Leben auf der Erde gibt es seit mindestens 3,5 Milliarden Jahren.

Einen wichtigen Einschnitt stellt eine weltweite Vereisung vor etwa 2,4 Milliarden Jahren dar. Die nach dem Huronsee benannte Huronische Eiszeit wurde wahrscheinlich durch die große Sauerstoffkatastrophe ausgelöst. Es folgte eine längere Warmzeit, scherzhaft als boring billion (langweilige Milliarde) bezeichnet.[jko 1] Erst danach, seit etwa einer Milliarde Jahren, wechseln sich bis zur Gegenwart globale Kalt- und Warmzeiten in regelmäßigen Abständen ab.

Das Paradoxon wird unter anderem im Umfeld von Junge-Erde-Kreationisten und Anhängern des sogenannten Intelligent Design als Argument gegen die vielfältigen wissenschaftlichen Datierungen herangezogen, die das Alter der Erde auf etwa 4,6 Milliarden Jahre festlegen.[11]

Einfluss der Atmosphäre

Überblicksdarstellung des Treibhauseffekts. Kurzwellige Strahlung der Sonne trifft auf die Atmosphäre und Erdoberfläche. Langwellige Strahlung wird von der Erdoberfläche abgestrahlt und in der Atmosphäre fast vollständig absorbiert. Die Zahlen geben die aktuelle Leistung in Watt/Quadratmeter an

Die Treibhauswirkung rührt von einer unterschiedlichen Durchlässigkeit für den kurzwelligen (vor allem ankommenden) Anteil der Sonnenstrahlung gegenüber der langwelligen (vor allem reflektierten) Wärmestrahlung her. In der Erdatmosphäre haben klimawirksame Treibhausgase wie Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid, Methan und Ozon seit Anbeginn zentralen Einfluss auf die Klimageschichte und das Klima. Der natürliche Treibhauseffekt hebt die durchschnittliche Temperatur an der Erdoberfläche heute um etwa 33 °C auf +15 °C an. Ohne diesen natürlichen Treibhauseffekt hätte die heutige untere Erdatmosphäre im globalen Mittel nur −18 °C und wäre äußerst lebensfeindlich. Mit der heutigen Zusammensetzung der Atmosphäre wäre die Oberflächentemperatur zu Anfang der Erdgeschichte bei sonst gleichen Bedingungen (Landverteilung, Albedo) global um ca. 20° kälter gewesen.[12]

Ein über mehrere Milliarden Jahre weitgehend stabiles Klima setzt wirkungsvolle Regelmechanismen voraus.[jk 1] Wasser in seinen verschiedenen Aggregatzuständen alleine wirkt einer Abkühlung durch eine geringere Strahlungsleistung der Sonne nicht entgegen.[jko 2]

Die beobachteten Klimaveränderungen müssen deshalb durch die Einwirkung anderer Faktoren, wie z.B. die Wolkenbildung, erklärt werden. So kühlen niedrige Wolken die Erdoberfläche durch ihre Sonnenreflexion, hohe Wolken wärmen hingegen. Die Wolkenbildung wird u.a. von Kondensationskeimen, feinen Partikeln und Spurengasen beeinflusst. Eine wichtige Rolle spielen hier der Vulkanismus und dabei die in die Atmosphäre verbrachten Gase, Stäube und Aerosole sowie die Folgen von Leben im weitesten Sinne.

Die Aktivität von Vegetation, die Erosion und Verwitterung hat über die Bildung und Beschaffenheit von Lockergestein und Böden Einfluss auf die Reflexionseigenschaften der Erdoberfläche sowie die Verdunstung und damit auf Wolkenbildung und Klima.[ipcc 1]

Klimaeinfluss haben daneben die Parameter der Erdbahn und der Erdachse in Bezug auf die Sonne. So werden Eis- und Warmzeiten der jüngeren Zeit bevorzugt über die im Rahmen der Milanković-Zyklen regelmäßig veränderte Erdbahngeometrie gedeutet.[ipcc 1]

Klimaeinfluss der Lage und Bildung von Ozeanen und Kontinenten

Die Plattentektonik der Erde und die damit verbundene wechselnde Verteilung von Kontinenten und Gebirgen ist mitentscheidend für die dauerhafte Bildung von Gletschern, die Auswirkungen und den Charakter von Niederschlägen und Meeresströmungen. Sie ist eine Besonderheit der Erde gegenüber Venus und Mars, die entsprechende tektonische Veränderungen nicht oder nur in der Vergangenheit aufgewiesen haben. Die Tektonik kann Klimawirkungen auslösen, etwa wenn erhöhte Temperaturen an einer Stelle zu mehr Verdunstung und andernorts zu mehr Niederschlag und Gletscherbildung beitragen oder vormals maritime oder trockenkalte Regionen von Land oder Gebirgen bedeckt werden und umgekehrt. Genauso trägt eine Verlagerung kontinentaler Platten in die Polarregionen samt Veränderungen bei Meeresströmungen wie etwa dem Golfstrom global und regional zu erheblichen Klimawirkungen bei. Bei keinen oder nur wenigen Landmassen wäre auf Basis eines einfachen Klimamodells eine zusätzliche Erwärmung von etwa 4 °C anzunehmen.[13]

Verlauf
Unter Geowissenschaftlern umstritten ist nach wie vor die Bildung eines ersten Kontinents, Ur, der nur etwa so groß wie das heutige Australien gewesen sein soll, bereits vor etwa 3 Milliarden Jahren. Gesteine einzelner Inseln in einem durch die frühe Hydrosphäre gebildeten Urozean sind möglicherweise im Nuvvuagittuq-Grünsteingürtel auf Grönland erhalten. Etwas weniger fraglich ist die Bildung von Kenorland als erstem Superkontinent, die genau zur Zeit der archaisischen Vereisung 2,45 Milliarden Jahre vor unserer Zeit begann. Erst vor einer Milliarde Jahren, mit dem Neoproterozoikum, kam es zum Zusammenschluss des ersten Superkontinents Rodinia, ebenfalls in zeitlichem Zusammenhang mit einer bedeutenden Vereisung. Seit dem bis in das heute andauernde Erdzeitalter, dem Phanerozoikum, wechseln sich Kalt- und Warmzeiten regelmäßig ab. Kontinente und größere Inseln im Umfeld der Polargebiete erscheinen dabei als wichtiger Faktor für stärkere Kaltzeiten. Eine bedeutende derartige Vereisung fand im mittleren Ordovizium statt, die moderate Kaltzeit zwischen Jura und Kreide vor etwa 150 Millionen Jahren fällt mit dem Auseinanderbrechen des zuvor gebildeten Superkontinents Gondwana zusammen.

Deutungen des Paradoxons über Treibhauseffekte

Überblick

Sagan und Mullen[sm 1] schlugen zunächst eine klimaaktive Rolle von Ammoniak (=NH3) in der frühen Atmosphäre als Lösung des Paradoxons vor. Jedoch besitzt Ammoniak in der Erdatmosphäre nur eine geringe Verweildauer und wird unter anderem durch photochemische Vorgänge zersetzt. Sagan und Chyba postulierten daher eine organische Schutzschicht, ähnlich wie bei der Atmosphäre des Saturnmondes Titan,[14] die die Stabilität des Ammoniaks erhöht haben könnte.[15] Eine stark ammoniakhaltige Atmosphäre wird auch bei einigen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems angenommen.

Als Erklärung für das Paradoxon wurde die Ammoniakhypothese bald zugunsten eines erheblich höheren (Faktor Zehntausend) Anteils von CO2 in frühester Zeit verdrängt. Diese Theorie war bis in die frühen 1990er Jahre vorherrschend.[jko 2] Aufgrund von Widersprüchen mit geochemischen Erkenntnissen[16] wurde alsbald nach alternativen Ursachen gesucht. Andere Autoren schlugen für erhöhte Anteile und Mischungen weitere Klimagase vor, die unter anderem in Ausgasungen von Vulkanen bis in die Gegenwart vorkommen und sehr wirkungsvolle Treibhausgase sind. Dazu gehören Lachgas N2O oder insbesondere Methan, Ethan und andere Kohlenwasserstoffe[jh 1] sowie verschiedene Schwefelverbindungen.[jko 2] Die Frage der photochemischen Stabilität stellt sich bei den sehr klimawirksamen Kohlenwasserstoffen und Sulfiden ebenso. Die Stabilität der meisten Treibhausgase wurde dadurch begünstigt, dass die Atmosphäre der frühen Erde nahezu sauerstofffrei war. Insgesamt lassen die teilweise dramatischen Änderungen in der Zusammensetzung der frühen Atmosphäre[vk 1], insbesondere durch biotisch gebildeten Sauerstoff, angesichts des gleichmäßig moderaten warmen Klimaverlaufs über mehrere Milliarden Jahre und des periodischen Auf und Abs nach der boring billion zwischen 2,4 und 1 Milliarde vor unserer Zeit weiter Fragen offen.[jko 2]

„Für einen Klimatologen ist diese Zeit keineswegs langweilig, sie schreit nach einer Erklärung, insbesondere, weil die Sonne deutlich weniger hell war als heute. […] Die Frage warum das mittlere Proterozoikum warm war und wieso es sich um 750 Millionen Jahre vor unserer Zeit so dramatisch abkühlte, ist faszinierend, aber geht über den hier behandelten Forschungsgegenstand hinaus.“

Kasting und Ono 2006[jko 2]

Deutung über extremes Kohlendioxidtreibhaus

Wolkenbedeckung der Venus
Dünne Atmosphäre des Mars

Wenn das heute in Kalkstein gespeicherte CO2 gänzlich in die Atmosphäre entlassen würde, wäre es in der Atmosphäre mit mehr als dem Zehntausendfachen des heutigen Wertes zu finden und würde mehrere Bar Partialdruck einnehmen.[jk 1] Eine allmähliche Abnahme eines solchen extremen Treibhauses genau parallel der Zunahme der Sonnenleistung sollte das Paradoxon lösen; 1979 vermutete der Astrophysiker Michael H. Hart, dass die Erde genau diesen Weg genommen hätte.[17] Harts Berechnungen zufolge sei diese allmähliche Abnahme zwischen der ersten Bildung der Atmosphäre vor 4,6 Milliarden Jahren bis zum Einpendeln der Strahlungsleistung der Sonne auf heutigem Niveau extrem unwahrscheinlich und instabil. Die Erde hätte sich demnach bei nur wenigen Prozent Ab- oder Zunahme in ein überhitztes Runaway Greenhouse[18] wie bei der Venus oder in einen komplett überfrorenen Schneeball Erde beziehungsweise einem marsähnlichen, für Leben zu kalten wüsten Planeten mit nur geringer Atmosphäre verwandelt. Hart prägte dabei den Begriff der Continously Habitable Zone (CHZ)[19]. Die Entstehung des Lebens war demnach nur möglich, weil sich die Erde genau in dem Abstand zur Sonne befand, der dies erlaubte. Er nahm an, dass die CHZ auf etwa den Abstand der Erde zur Sonne, also eine Astronomische Einheit, begrenzt ist. Die extreme Instabilität und Unwahrscheinlichkeit des Ablaufs wie des Standorts nutzte Hart zu der vielbeachteteten These (vgl. Fermi-Paradoxon), dass Leben außerhalb der Erde in der gesamten Milchstraße und womöglich im ganzen Universum extrem unwahrscheinlich sei.[jk 1] Der These einer anfänglich extrem hohen, nur allmählichen Abnahme der Konzentration von CO2 steht, worauf James F. Kasting und andere hinweisen, das in der frühen Klimageschichte einmalige „Archaische Eiszeitalter“[20] vor 2,4 Milliarden Jahren entgegen.[jh 1] Den geologischen Ablagerungen und Klimazeigern zufolge blieb das verhältnismäßig warme Klima danach durchgehend bis etwa 1 Milliarde Jahre vor unserer Zeit erhalten. Erst danach wechselten sich globale Vereisungen und Warmzeiten periodisch ab.

2011 wurde in Nature erneut betont, dass das moderate Klima des Archaikums nicht in Übereinstimmung mit dem angenommenen damaligem CO2-Gehalt der Atmosphäre ist.[21] Die Autoren sehen eine mögliche Lösung in einem durch andere Stoffe hervorgerufenen Treibhauseffekt.

Deutungen über Mischungen verschiedener Treibhausgase

Jacob D. Haqq-Misra und andere (inklusive Kasting) favorisierten statt eines reinen Kohlendioxidtreibhauses 2007 ein Gemisch aus Methan (CH4), Wasserdampf und Kohlendioxid.[jh 1]2000 hatte Kasting zusammen mit Pavlov die Rolle von CH4 betont[22] und hatten 2001 die Abschirmung von Ammoniak durch organische Spurengase in der Uratmosphäre bezweifelt.[23]

Pavlov und Kasting hatten 2000 und 2003 eine methanreiche Atmosphäre nach 2,4 Milliarden Jahren in die Diskussion zum Paradoxon angeführt.[24]. Diese setzt einen sulfidischen Ozean voraus, was von Holland 2006 geochemisch bestritten wird. Kasting spricht den Widerspruch an und resümiert Vorlage:"-en.

Deutung des Paradoxons über Carbonylsulfid

Yuichiro Ueno, Matthew S. Johnson u. a. veröffentlichten im August 2009 Untersuchungen zum Verhältnis von Schwefelisotopen in Gesteinen des Pilbara-Kratons, das aus der Frühzeit der Erde stammt.[UE 1] Die Gruppe untersuchte spektralanalytisch eine Reihe von Klimagasen, die in heutigen Vulkanausgasungen vorkommen, auf deren Verhalten im Bereich des Ultraviolett. Demnach hätte sich speziell Carbonylsulfid COS in einer frühen, reduzierenden Erdatmosphäre ansammeln können und so das Paradoxon ausgleichen können. Die Verteilungsraten für verschiedene Schwefelisotope in Gesteinen konnten den Autoren zufolge als sehr guter Nachweis für die unterschiedliche Zusammensetzung der frühen Atmosphäre verwendet werden.

Die photolytische Zersetzung von Schwefeldioxid war zuvor als begrenzender Faktor angenommen worden. COS als wirkungsvolles und stabiles Treibhausgas ist darüber hinaus im Gegensatz zu anderen in der Lage, die Zersetzung des ebenfalls klimawirksamen Schwefeldioxids zu verhindern.[UE 1] Die Untersuchungen an den schwefelhaltigen Sedimenten wurden zu verschiedenen Szenarien der Abschirmung des ultravioletten Lichts in Bezug gesetzt. Den Autoren zufolge ist die in den Gesteinen aufgefundene auffällige Anreicherung des Schwefelisotops33S nur mit der Anwesenheit von COS in der damaligen Atmosphäre und dessen spezifischer abschirmenden Wirkung zu erklären.[UE 1]

Mit COS kann den Autoren nach das Paradoxon bis zur starken Abkühlung im späten Archaikum vor 2,4 Milliarden Jahren gedeutet werden.[UE 1] Dabei interpretieren die Autoren dieses „Archaische Eiszeitalter“ („huronische Vereisung“ wegen der insbesondere in Kanada vorgefundenen, vermutlich gletscherbedingten Diamiktite) mit den von frühen Lebensformen damals zunehmenden freigesetzten Sauerstoff. Vor der globalen Eiszeit um 2,4 Milliarden Jahren gibt es nur einzelne Hinweise auf gelegentlich vorhandenen freien Sauerstoff.[jko 2] In Übereinstimmung mit der COS-Hypothese wird der generelle Wechsel von reduzierender zu oxidierender Atmosphäre auf dieses zeitliche Umfeld gelegt.[jko 3] Die für COS notwendige reduzierende Atmosphäre ist danach nicht mehr gegeben.

Kasting diskutierte bereits 2006 differenzierte geochemische Befunde zur Rolle von Schwefelverbindungen in der archaischen Atmosphäre.[jko 2] Er verwies dabei insbesondere auf die nur zeitweise (nach 2,4 und vor 3,2 Milliarden vor unserer Zeit) vorkommenden Barytvorkommen. Demnach (Baryt ist ein extrem schwerlösliches Sulfat) wäre die Abscheidung von SO2 zeitlich begrenzt nur zwischen 3,2 und 2.4 Ga verhindert worden.

Vorgeschlagene Regelmechanismen

Der Carbonat-Silicat-Zyklus gilt als zentraler negativer (im Sinne der Regelungstechnik) und gegensteuernder Regelmechanismus für die klimaaktiven Treibhausgase. Mit ihm wird die Verwitterung von Silikaten und die Kohlendioxidkonzentration in Ozeanen und Atmosphäre mit der Ablagerung und Wiederaufarbeitung von Karbonatgestein auf den Kontinenten wie in den Ozeanen verknüpft.[25][26] Nach Walker ist speziell in der Erdfrühgeschichte die anfänglich hohe Konzentration des Treibhausgases mit der Bildung von Kontinenten nach etwa einer Milliarde Jahren[27] durch die Ablagerung großer Mengen Karbonate abgebaut worden. Anschließend wird eine Wechselwirkung zwischen Erwärmung durch den Treibhauseffekt von Kohlendioxid in der Atmosphäre, vermehrte Silikatverwitterung, anschließend erhöhte Abkühlung durch Bildung von Karbonaten und Erwärmung nach erneuter Ausgasung von Kohlendioxid durch vulkanische Vorgänge angenommen.

Veränderte Wolkenbildung

Roberto Rondanelli und Richard S. Lindzen kamen 2010 zu dem Schluss, dass bereits eine moderate Wirkung von Zirruswolken (vergleiche auch Iris-Hypothese) in den tropischen Regionen der frühen Erde eine ausreichende Klimaerwärmung hervorrufen könnte.[28]

Nach einer im Jahr 2010 erschienenen Studie ist das Paradoxon für die junge Erde ohne stark erhöhte Treibhausgaskonzentrationen erklärbar. In der Frühphase der Erde waren die Ozeane um etwa 20 % größer als heute. Da es damals an Land jedoch weder Pflanzen noch Tiere gab, fehlten für die Wolkenbildung wichtige Kondensationskeime. Die Wolkenbedeckung und damit die Albedo der Erde war folglich erheblich geringer als bislang angenommen wurde.[29]

Astrophysikalische Deutungen

Möglicher Klimaeinfluss der galaktischen kosmischen Strahlung

Spiralarme der Milchstraße
Kosmische Strahlung (rot) und über geochemische Befunde angenommene globale Temperatur (schwarz) bis 500 Millionen Jahre vor unsere Zeitrechnung

Der Geochemiker Jan Veizer und der israelische Astrophysiker Nir Shaviv deuten das Paradox durch die Einbeziehung von Sonnenwind und galaktischer kosmischer Strahlung auf das frühe Erdklima.[ns 1] Nach Henrik Svensmark führt weniger kosmische Strahlung über weniger Kondensationskeime zu geringerer Wolkenbildung und damit zu einer Erwärmung. Shaviv postuliert, der stärkere Sonnenwind der jungen Sonne hätte die Erde zunächst vor der galaktischen kosmischen Strahlung stärker abgeschirmt und die frühere lange Warmphase ermöglicht.[ns 1] Die im obigen Diagramm abgebildete kalte Phase um 2,4 Milliarden Jahren stimmt mit einer Phase erhöhter Sternbildungsraten in der Milchstraße und entsprechend vermehrter Strahlung überein.[ns 1] Für den Zeitverlauf danach nimmt die Strahlungsintensität langsam auf das heutige Niveau zu.

Shaviv identifiziert dann vier Peaks im Fluss kosmischer Strahlung (CRF, Cosmic Ray Flux) auf die Erde in den letzten 500 Millionen Jahren. Diese treten mit einem Abstand von 143 plus/minus 10 Millionen Jahren auf, die er mit Durchgängen der Sonne durch Spiralarme in unserer Galaxie korreliert. Shaviv arbeitete hier mit Jan Veizer zusammen und konnte dessen über Jahrzehnte zusammengetragene geochemische Daten mit seinen Meteroritendaten korrelieren. In der gemeinsamen Deutung des Paradoxons über den kosmischen Strahlungseinfluss sind Zeiten mit erhöhten Sternbildungsraten und entsprechend verstärkter kosmischer Strahlung mit verschiedenen globalen Eiszeiten korreliert, die Deutung erklärt so den Klimaverlauf im Präkambrium wie im gesamten Phanerozoikum.[nsna 1]

Neuere Arbeiten zu dem von Svensmark postulierten Zusammenhang, so im dänischen SKY Experiment, untersuchen speziell das Zusammenspiel von schwefelhaltigen Aerosolen mit kosmischer Strahlung in höheren Schichten der Atmosphäre.[30] Ähnliches geschieht beim CLOUD-Experiment des CERN.[31] Allerdings ist eine gegenwärtige Klimawirkung durch diesen Effekt nicht nachweisbar: Die mit Satelliten gemessene Wolkenbedeckung korreliert nicht mit Forbush-Ereignissen.[32]

Bahnparameter und Erdrotation

Veranschaulichung der Erdrotation
Entstehung des Mondes und Beschleunigung der Erdrotation durch eine mögliche Kollision zwischen der Erde und Theia. Sicht auf den Nordpol.

Die nach wie vor leicht variierende Neigung der Erdachse zur Ekliptik hat einen erheblichen Klimaeinfluss.[8] Eine stärkere Neigung der Erdachse in der Frühzeit wird von einigen Studien als mögliche Erklärung für höhere Temperaturen in der Frühzeit der Erde angegeben.[8]

Weitere mögliche Einflussfaktoren sind eine ehemals schnellere Erdrotation. Mit einer Tageslänge von 14 Stunden pro Tag wären 1,5 °C Temperaturerhöhung anzunehmen.[ns 1] Für das Paradoxon selbst[ns 1] wie den gesamten Zeitverlauf in den ersten drei Milliarden Jahren und zur Deutung des regelmäßigen Wechsels von Eis- und Warmzeiten in der Folge genügen diese Einflüsse nicht.[vk 2] Einen möglichen Einfluss auf die Erdrotation wie auf Klima und Vulkanismus bis hin zur Entstehung des Mondes hatte einer vielbeachteten Hypothese zufolge der Einschlag von Theia (Planet) in der Erdfrühzeit.

Gravitationskonstante

Die Luminosität eines Sterns hängt aufgrund der Eddington-Grenze mit der Gravitationskonstante zusammen. Die Luminosität L ist extrem von der Gravitationskonstante G wie der Masse des Sterns wie der Sonne abhängig: .[33]

Kleinere Schwankungen der Konstante in der Anfangszeit würden das Phänomen erklären.[34] Die entsprechenden Deutungen geben ebenso Hinweise auf die sogenannte Dunkle Energie und sind nach wie vor sehr spekulativ.[34][33]

Vermutung einer starken, jungen Sonne

Im Zusammenhang mit dem Paradoxon wurde eine höhere frühe Strahlungsleistung der Sonne – abweichend von astrophysikalischem Standardmodell – diskutiert.[gr 1] Eine moderat (10 %) schwerere Sonne reicht im Vergleich zum Standardmodell aus, um das Paradoxon in der unmittelbaren Frühzeit auszugleichen. Für eine solche Hypothese sprechen laut Thomas Graedel bei der Sonne und anderen Sternen auffällige Abreicherung von Spurenelementen wie Beryllium.[gr 1] Gegen die Annahme sprechen der lange und gleichmäßige Verlauf des frühen warmen Klimas über mehrere Milliarden Jahre. Ein höheres Anfangsgewicht hätte aufgrund der Standardannahmen zur Seismik der Sonne eine nur kurzzeitige, erheblich erhöhte Strahlungsleistung über nur wenige hundert Millionen Jahre zur Folge gehabt,[ns 1] indirekt abgeschätzte Masseverluste der frühen Sonne sind anderen zufolge dafür zu klein.[35] Das erhöhte Anfangsgewicht konnte bei Vergleichsmessungen einzelner Indikatoren an benachbarten, heute jungen Sonnen nicht bestätigt werden.[36][37]

Wird dem Aktualismusprinzip der Naturgeschichte zufolge die Geschichte der Sonne mit dem Verlauf bei anderen, benachbarten Sternen in verschiedenen Altersstufen gleichgesetzt, ergibt sich ein gleichmäßiger Masseverlust, der das Paradoxon zu keiner Phase erklären kann.[ns 1]

Eine über drei Milliarden Jahre gleichmäßig starke junge Sonne steht zudem mit der anderweitig gesicherten Klimageschichte, so den zeitweisen Vergletscherungen bei 2,4 (vgl Abbildung) und zu Zeiten von Schneeball Erde etwa eine Milliarde Jahre vor heute nicht in Übereinstimmung.[JV 1]

Biologische Deutungen

Gaia-Hypothese und selbstregelnde Rolle des Lebens

Der Gaia-Hypothese von James Lovelock zufolge ist das Leben auf der Erde selbst der wesentliche Regelmechanismus,[jk 1] ohne den die Erde möglicherweise das Schicksal von Mars oder Venus erfahren hätte. Der Hypothese zufolge kann die Erde und insbesondere die Biosphäre als ein lebender Organismus betrachtet werden, der sich selbst Bedingungen schafft, erhält und weiter entwickelt. Der Name leitet sich von Gaia, der Erdgöttin der griechischen Mythologie ab. Dazu gehören die Rückkoppelung zwischen Vegetation, deren Wasserspeicherungsvermögen und Niederschlägen sowie der durch Vegetationsbedeckung und Landnutzung veränderten Albedo. Ein weiterer in dem Zusammenhang angeführter Rückkopplungseffekt ist die Aufnahme von Kohlendioxid durch kalkhaltiges Meeresplankton und Korallen wie die Freisetzung von Kohlendioxid im Laufe des Kreislaufs der Gesteine.

Im Widerspruch dazu lassen verschiedene Aussterbeereignisse die Erde gelegentlich als bösartige Medea oder Kali erscheinen. Wichtige Arten wie die riffbildenden Korallen und eine Vielzahl weiterer Organismen traten erst nach der Kambrischen Explosion vor etwa 500 Millionen Jahren in Erscheinung. Für die nachweisliche Stabilität und die fast durchgehend lebensfreundlichen Temperaturen während der für das Paradoxon zentralen Jahrmilliarden zuvor kommen sie daher nicht in Frage.

Jim Kasting stimmt einer wichtigen Rolle des Lebens beim Kohlenstoffzyklus wie dem Einfluss auf Verwitterung und Sauerstoffgehalt zu, dennoch blieben die wesentlichen Einflussfaktoren physikalischer wie abiotischer Natur.[jk 1][vk 3]

Leben auf einer jungen kalten Erde

In den letzten Jahrzehnten gelang es, Lebensformen auf der Erde unter sehr kalten Umweltbedingungen nachzuweisen, so bei dem unter dem Eis der Antarktis befindlichen Wostoksee. John Priscu zufolge sollte dies ebenso beim Mars anzuwenden sein.[38][39] Im Gegensatz zu der Annahme von Hart wurde die Continously Habitable Zone im Sonnensystem zwischenzeitlich bis nahe an den Mars ausgeweitet.

Als mögliche Deutung des Paradoxons[40] spielt sie eher eine periphere Rolle. Das frühe Erdklima war allem Anschein nach wärmer als heute und geologische Hinweise auf die Anwesenheit von flüssigem Wasser sind im Gegensatz zu Vereisungen seit frühester Zeit weit verbreitet. Pointiert ausgedrückt, gibt es Hinweise auf wasserbasiertes Leben ähnlich dem heutigen auf der Erde „seit es Steine gibt“.[JV 1] Für das Fortdauern von Leben auf der Erde während zwischenzeitlicher globaler Vereisungen wie bei der Betrachtung möglichen Lebens auf anderen Planeten und Monden ist der Befund Priscus zentral.

Einfluss von Messwertfehlern auf das Paradoxon

Eine Reihe von älteren paläoklimatologischen Studien beschrieb das Klima im Archaikum, teilweise im gesamten Präkambrium als durchweg heiß, was von den meisten Geologen aufgrund der zwischenzeitlichen Vereisungen angezweifelt wurde.[jko 4] Die Aussagekraft von Messdaten, die eine enorm hohe Durchschnittstemperatur von 70 °C im frühen Archaikum angeben, ist umstritten. Insgesamt gilt eine moderat größere Durchschnittstemperatur gegenüber heute als wahrscheinlich.[jko 4]

Untersuchungen von verschiedenen Isotopenverhältnissen zufolge waren die grundsätzlichen Elemente des Kohlenstoffzyklus bereits vor 4 Milliarden Jahren etabliert.[JV 1] Ein nur bis zu 100fach höherer Wert der CO2-Konzentration (wie anderer Treibhausgase) im Vergleich zu heute ist nicht weiter strittig, kann aber nach der Mehrzahl der älteren Autoren das Paradoxon nicht auflösen.[ns 1] Mit einem deutlich erhöhten Anteil von Kohlendioxid in der Atmosphäre hätte sich mit terrestrischem Eisen das Eisenkarbonatmineral Siderit in erheblicher Menge bilden müssen. Dies ist bislang nicht entsprechend nachgewiesen worden. Im Gegensatz dazu sehen Haqq-Misra et al. das Fehlen von Siderit allein nicht als Ausschlusskriterium an.[jh 1] Eine 2008 erschienene Studie von Phillip von Paris und anderen sieht für das späte Archaikum und frühe Proterozoikum aufgrund einer Modellierung mit erneuerten Absorptionsdaten nur eine Größenordnung geringere Kohlendioxiodkonzentrationen notwendig. Für das späte Archaikum wären demnach für ein moderat warmes Klima nur 1,5 bis 5,5 mbar (gegenüber vorindustriell 0,28 mbar) Partialdruck Kohlendioxid notwendig gewesen.[41]

Methodische Herausforderungen

Gestein aus dem Umfeld der Huronischen Vereisung mit Spuren frühen Lebens
Feinlagiger Aufbau von Stromatolithen aus der Kreidezeit (Maastrichtium)

Bereits die Rekonstruktion der jüngeren Klimageschichte, für die es eine Vielzahl indirekter Klimazeiger (vgl. Proxy (Klimaforschung)) gibt, wurde von Kontroversen begleitet. Für die Deutung des Paradoxons sind jedoch paläoklimatische Bestimmungsmethoden notwendig. Diese werden umso schwieriger und weniger, je weiter in die geologische Vergangenheit zurückgegangen wird und je weniger fossile Lebensspuren erhalten sind.

Frühes Leben

Indirekte Hinweise auf Leben bilden sich unter anderem in Chemofossilien und Versteinerungen ab, in denen organisch gebildete Strukturen wie Stromatolithen gefunden oder vermutet werden.[42][43] Der Nachweis von frühem Leben und die Abschätzung von Stoffflüssen in der Atmosphäre in verschiedenen geologischen Zeiten wurde über die hochauflösende Untersuchung feinster Graphit- und Gaseinschlüsse sowie Mikrofossilien in Mineralien erleichtert.[44]

Bildung von Ozean und Erdkruste

Einleitend wurden verbreitete Belege auf eine frühe Kruste und Gewässer an der Oberfläche der Erde vor 3,8 Milliarden angeführt. Noch früher, vor 4,4 Milliarden Jahren, war dies bei Zirkonkristallen aus dem Pilbara-Kraton in Westaustralien der Fall. Mit der Uran-Blei-Datierung wurden sie als bisher älteste Minerale auf der Erde identifiziert.[5] Daneben wurden Hinweise auf bereits damals vorhandene Trennung von Kruste und Ozean gefunden.[45] Zirkone können mehrfach den Kreislauf der Gesteine durchlaufen. Sie sind gegenüber geologischen Einflüssen wie Verwitterung und selbst hochgradiger Gesteinsmetamorphose äußerst resistent und erlauben neben einer radiometrischen Altersbestimmung isotopengeochemisch Hinweise auf ihre Entstehungsbedingungen zu finden. Entsprechende Studien erfordern eine aufwendige Probennahme und Aufbereitung sowie eine hochauflösende komplexe Analytik wie Elektronenstrahlmikroanalyse und Massenspektrometrie.

Rekonstruktion des Temperaturverlaufs

Ähnlich aufwendig gestalten sich Datenreihen zum Temperaturverlauf in der frühen geologischen Vergangenheit.[46] Bei den Messungen der frühesten Durchschnittstemperaturen sind systematische Verschiebungen bei den zugrundeliegenden Sauerstoffisotopiemessungen möglich, auch eine Beeinflussung der heute gemessenen Messwerte durch zwischenzeitliche Einflüsse wird kritisiert. Insgesamt gilt während des Archaikums eine moderat wärmere Durchschnittstemperatur gegenüber heute als wahrscheinlich.[jko 4]

Rolle des Paradoxons bei Mars und dem Saturnmond Titan

Panoramaaufnahme der 4000 km langen Valles Marineris

Das Paradoxon betrifft ebenfalls unseren Nachbarplaneten Mars, auf dessen Oberfläche demnach flüssiges Wasser nicht hätte vorkommen sollen.[sm 1] Hingegen war nach den Ergebnissen der bisherigen Sondierungen die Marsatmosphäre in der Vergangenheit (vor Milliarden Jahren) wesentlich dichter. Auf der Oberfläche des Roten Planeten war reichlich flüssiges Wasser vorhanden. Regelmäßige, teilweise möglicherweise auf wasserbasierter Erosion zurückgehende Großstrukturen wie bei den sogenannten Marskanälen, in umfangreichen Grabenbruchsystemen wie die Valles Marineris bis hin zur kleinräumigen Kryoturbationen gaben und geben daher nach wie vor Anlass zu unterschiedlichsten Spekulationen.

Bei dem Saturnmond Titan wurde ein orangefarbener Nebel beobachtet, der aus organischen Verbindungen mit noch unbekannter Zusammensetzung besteht. Der Astrophysiker Carl Sagan prägte dafür den Begriff „Tholine“. Sagan vermutete in einer ebensolchen Schicht bei der frühen Erde einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung des Lebens. Mit diesen Vermutungen wurde der Titan zu einem der interessantesten Schauplätze im Sonnensystem. Sagan hatte zudem einen Erwärmungseffekt durch diesen Nebel angenommen. Andere Autoren widersprechen Sagans Theorie und formulieren einen „Anti-Treibhauseffekt“.[47]

Neuesten Forschungsergebnissen zufolge könnte ein Aerosol aus verzweigten Kohlenwasserstoffen (anstatt kugelförmiger Tröpfchen - wie bisher angenommen) sehr wohl großen Einfluss auf das Absorptionsverhalten der Atmosphäre gehabt haben. Ein solches Aerosol absorbiert UV-Licht, ist aber für sichtbares Licht hinreichend transparent.[48]

Einzelnachweise

  • Graedel T.E. et al (1991): Early solar mass loss – A potential solution to the weak sun paradox, Geophys. Res. Lett., 18, 1881–1884.
  1. a b Graedel et al, 1991.
  1. a b c d Haqq-Misra et al.
  • Jansen, E., J. Overpeck, K.R. Briffa, J.-C. Duplessy, F. Joos, V. Masson-Delmotte, D. Olago, B. Otto-Bliesner, W.R. Peltier, S. Rahmstorf, R. Ramesh, D. Raynaud, D. Rind, O. Solomina, R. Villalba and D. Zhang, 2007, Frequently Asked Question 6.1, What Caused the Ice Ages and Other Important Climate Changes Before the Industrial Era? (PDF; 8,1 MB) in : Palaeoclimate. In: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change Solomon, S., D. Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis, K.B. Averyt, M. Tignor and H.L. Miller (eds.). Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA.
  1. a b Climate Change 2007: The Physical Science Basis, S. 448.
  1. a b c d e zitiert bei Kasting 1988.
  1. a b nach Holland, H.D (2006): The oxygenation of the atmosphere and oceans. In: Phil. Trans. R. Soc. Bd. 361, 903–915. doi:10.1098/rstb.2006.1838, zitiert bei Kasting und Ono 2006
  2. a b c d e f g Kasting und Ono 2006.
  3. Eine detaillierte Diskussion der stratigraphischen Abfolge erfolgt in Abschnitt 5 Triggering of the Palaeoproterozoic glaciations.
  4. a b c Kasting und Ono 2006, 1. Introduction: the early climate record
  • Killops, Vanessa, Killops, Stephen (2005), An Introduction to Organic Geochemistry, Verlag John Wiley & Sons, Limited, 2005, ISBN 1405136928
  1. Überblicksabbildung, S. 16.
  2. Vergleiche die Überblicksdarstellung S. 262.
  3. Detaillierte Darstellung des Kohlenstoffkreislaufs und der Interaktion mit anderen Faktoren S. 246–248.
  1. a b c Sagan und Mullen 1972.
  1. Fig. 2. The history of the star formation rate (SFR), in Shaviv 2003, S. 50.
  1. a b c d e f g h Shaviv 2003.
  1. a b c d Ueno et al 2009.
  1. a b c Veizer 2005.
  • Andere:
  1. Warum die frühe Erde kein Schneeball war: das „Paradoxon der schwachen jungen Sonne“. Pressemitteilung vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (17. Dezember 2012). Zitat: „Das Paradoxon der schwachen jungen Sonne ist seit seiner Entdeckung vor vier Jahrzehnten eine der großen offenen Fragen der Paläoklimatologie“.
  2. Minik T. Rosing, Dennis K. Bird, Norman H. Sleep, Christian J. Bjerrum: No climate paradox under the faint early sun. In: Nature. Band 464, 1. April 2010, doi:10.1038/nature08955, abstract online. S. 744–747.
  3. a b Georg Feulner: The Faint Young Sun Problem. Reviews of Geophysics 50, 2006, doi:10.1029/2011RG000375 (freier Volltext).
  4. D. O. Gough: Solar Interior Structure and Luminosity Variations. Solar Physics 74, 1981, S. 21–34, doi:10.1007/BF00151270.
  5. a b Simon A. Wilde et al.: Evidence from detrital zircons for the existence of continental crust and oceans on the Earth 4.4 Gyr ago. Nature 409, 2001, S. 175-178, doi:10.1038/35051550.
  6. a b The Ancient Martian Climate System. Toronto, Canada 14. Mai 2014 (nasa.gov [abgerufen am 14. Mai 2015]).
  7. a b JF Kasting (1993): Earth's early atmosphere (Abstract online)Science, Vol 259, Issue 5097, 920–926.
  8. a b c d Vivien Gornitz: Encyclopedia of paleoclimatology and ancient environments. Encyclopedia of earth sciences series, Springer, 2009, ISBN 1402045514, S. 63 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  9. Eric Theodore Wolf: Solutions to the faint young Sun paradox simulated by a general circulation model. In: Ph.D. Thesis. 2014, ISBN 978-1-303-92513-9, S. 20, bibcode:2014PhDT........20W.
  10. Windley, B. (1984): The Evolving Continents. Wiley Press, New York.
  11. Detaillierte Betrachtung im Usenet unter Talk.origins Gegenargumente zu solarem Kreationismus Gegenargumente zu Faint young sun Kreationismus.
  12. S. Rahmstorf, H.J. Schellnhuber: Der Klimawandel. C.H. Beck, 6. Auflage 2007, Seite 14
  13. A General Circulation Model Study of the Effects of Faster Rotation Rate, Enhanced CO 2 Concentration, and Reduced Solar Forcing: Implications for the Faint Young Sun Paradox, Journal of Geophysical Research, Vol 98, NO D11, November 20,1993 doi:10.1029/93JD02056
  14. Vivien Gornitz (Herausgeberin), Encyclopedia of Paleoclimatology and Ancient Environments, Springer 2009, ISBN 1402045514, en detail S. 334–335.
  15. Carl Sagan, Christopher Chyba, The Early Faint Sun Paradox: Organic Shielding of Ultraviolet-Labile Greenhouse Gases, Science 23. Mai 1997, Bd. 276. Nr. 5316, S. 1217–1221 doi:10.1126/science.276.5316.1217.
  16. Rye, R., P.H. Kuo, and H.D. Holland, Atmospheric carbondioxide concentrations before 2.2-billion years ago, Nature 378, 603–605, 1995.
  17. Michael H. Hart: An explanation for the absence of extraterrestrials on Earth. In: Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society 16, 128–135 (1975), Reprint als Michael H. Hart: Atmospheric evolution, the Drake equation, and DNA: Sparse life in an infinite universe, in: Michael H. Hart and Ben Zuckerman (eds.): Extraterrestrials, Where are They? (Elmsford: Pergamon Press, 1982), 154–165.
  18. Kasting, J. F. (1988): Runaway and Moist Greenhouse Atmospheres and the Evolution of Earth and Venus. In: Icarus Bd. 74, S. 472–494; doi:10.1016/0019-1035(88)90116-9.
  19. Bounama, Christine,von Bloh, Werner und Franck, Siegfried (2004) Wo kann es Zwillinge der Erde geben? Das Habitabilitätskonzept und seine Anwendungen, Sterne und Weltraum 1/2004, S. 30–36, Zusammenfassung des Stands der danach erfolgten Forschung zur CHZ auf dem Webserver des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung.
  20. in der amerikanischen Literatur „huronische Vereisung“.
  21. Faint young Sun paradox remains, von Colin Goldblatt & Kevin J. ZahnleNature 474, E1 (2. Juni 2011) doi:10.1038/nature09961
  22. Pavlov, A.A., Kasting, J.F., Brown, L.L., Rages, K.A., and Freedman,R., (2000) Greenhouse warming by CH4 in the atmosphere of early Earth, J. Geophys. Res. 105: 11981–11990.
  23. Pavlov, A.A., Brown, L.L., and Kasting, J.F. (2001) UV shielding of NH3 and O2 by organic hazes in the Archean atmosphere, J. Geophys. Res. 106: 23267–23287.
  24. Pavlov A.A, Hurtgen M.T, Kasting J.F, Arthur M.A. 2003: Methane-rich Proterozoic atmosphere?. In: Geology. 31, 87–90. doi:10.1130/0091-7613(2003)031<0087:MRPA>2.0.CO;2
  25. J. C. G. Walker: Carbon Dioxide on the Early Earth. PDF; 774 kB. In: Origins of Life. Band 16, 1985. S. 117–127.
  26. J. C. G. Walker, P. B. Hays, & J. F. Kasting: A negative feedback mechanism for the long-term stabilization of the earth's surface temperature. (PDF, 182 kB) (Memento vom 20. September 2008 im Internet Archive) In: Journal of Geophysical Research. Band 86, 1981. S. 9776–9782.
  27. J. Veizer in B. F. Windley (Hrsg.): The Early History of the Earth. John Wiley and Sons, London. S. 569
  28. Roberto Rondanelli und Richard S. Lindzen JOURNAL OF GEOPHYSICAL RESEARCH, VOL. 115, XXXXXX, doi:10.1029/2009JD012050, 2010 Can thin cirrus clouds in the tropics provide a solution to the faint young Sun paradox?
  29. Minik T. Rosing, Dennis K. Bird, Norman H. Sleep, Christian J. Bjerrum: No climate paradox under the faint early sun. In: Nature. Band 464, 1. April 2010, doi:10.1038/nature08955, abstract online. S. 744-747
  30. Svensmark, Hendrik, et al. (2007): Experimental evidence for the role of ions in particle nucleation under atmospheric conditions. In: Proceedings of the Royal Society, A 2007 463, 385–396; doi:10.1098/rspa.2006.1773
  31. Presseerklärung von CERN PR14.06, 19. Oktober 2006, New Experiment to Investigate the Effect of Galactic Cosmic Rays on Clouds and Climate.
  32. Calogovic, J., C. Albert, F. Arnold, J. Beer, L. Desorgher, and E. O. Flueckiger (2010): Sudden cosmic ray decreases: No change of global cloud cover. Geophysical Research Letters 37, 2010, L03802, doi:10.1029/2009GL041327 (freier Volltext). Siehe auch: Wolkenbedeckung unbeeinflusst von kosmischer Strahlung, Informationsdienst Wissenschaft, 9. März 2010 und Kosmische Strahlung macht keine Wolken, Spektrumdirekt, 10. März 2010
  33. a b Variations in the Gravitational Constant in General Theories of Gravitation. In: Measurement Techniques. Band 57, Nr. 11, 2015/02/15, ISSN 0543-1972, S. 1255–1261, doi:10.1007/s11018-015-0615-4 (springer.com [abgerufen am 11. Mai 2015]).
  34. a b Can a variable gravitational constant resolve the faint young Sun paradox? In: International Journal of Modern Physics D. Band 23, Nr. 12, 1. Oktober 2014, ISSN 0218-2718, S. 1442018, doi:10.1142/S0218271814420188 (worldscientific.com [abgerufen am 11. Mai 2015]).
  35. D. A. Minton, R. Malhotra: Assessing the massive young Sun hypothesis to solve the warm young Earth puzzle. In: Astrophysical Journal. Band 660, 2007. S. 1700–1706.
  36. E. J. Gaidos, M. Güdel, G. A. Blake: The Faint Young Sun Paradox: An observational test of an alternative solar model. In:Geophysical Research Letters. Band 27, 2000. S. 501–503
  37. B. E. Wood, H.-R. Müller, G. P. Zank, J. L. Linsky: Measured mass-loss rates of solar-like stars as a function of age and activity. In: The Astrophysical Journal. Band 574, 2002. S. 412–425.
  38. Priscu, J.C. and C.M. Foreman (2007): Lakes of Antarctica. Encyclopedia of Inland Waters. Elsevier Press.
  39. Jepsen, S.M, J.C. Priscu, R.E. Grimm, M.A. Bullock (2007): The Potential for Lithoautotrophic Life on Mars: Application to Shallow Interfacial-Water Environments, in Astrobiology, 7: 342–354.
  40. so in einer Überblickspräsentation der Uni Montana 2008 (PDF; 1,6 MB).
  41. Philip Paris u. a.: Warming the early earth—CO2 reconsidered. Planetary and Space Science, Vol. 56, 2008, S. 1244–1259. doi:10.1016/j.pss.2008.04.008
  42. J. Schopf: Earth’s Earliest Biosphere: Its Origin and Evolution. Princeton University Press, Princeton, N.J. 1983.
  43. S. J. Mojzsis, G. Arrhenius, K. D. McKeegan, T. M. Harrison, A. P. Nutman, C. R. L. Friend: Evidence for life on Earth before 3,800 million years ago. Nature (1996), 384, 55–59; doi:10.1038/384055a0
  44. Forschungsaktivitäten von Yuichiro Ueno (Memento vom 15. August 2004 im Internet Archive)
  45. S. J. Mojzsis, T. M. Harrison, R. T. Pidgeon: Oxygen-isotope evidence from ancient zircons for liquid water at the Earth’s surface 4300 Myr ago. (2001) Nature Bd. 409, S. 178–181, doi:10.1038/35051557.
  46. Ján Veizer, Jochen Hoefs: The nature of O18/O16 and C13/C12 secular trends in sedimentary carbonate rocks. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. 40, Nr. 11, November 1976, S. 1387–1395 (doi:10.1016/0016-7037(76)90129-0)
  47. Analytic Solutions for the Antigreenhouse Effect: Titan and the Early Earth, McKaya, Christopher P.; Lorenz, Ralph D.; Lunine, Jonathan I., Icarus, Bd. 137, Ausgabe 1, 1. Januar 1999, S. 56–61, doi:10.1006/icar.1998.6039
  48. E. T. Wolf, O. B. Toon, Fractal Organic Hazes Provided an Ultraviolet Shield for Early Earth, Science 328, no. 5983, S. 1266–1268, doi:10.1126/science.1189196

Weblinks