Platée

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Operndaten
Titel: Platée

Charles-Antoine Coypel: Pierre Jélyotte in der Rolle der Nymphe Platée

Form: Ballet bouffon in einem Prolog und drei Akten
Originalsprache: Französisch
Musik: Jean-Philippe Rameau
Libretto: Adrien-Joseph Le Valois d’Orville
Literarische Vorlage: Jacques Autreau
Uraufführung: 31. März 1745
Ort der Uraufführung: Grande Écurie in Versailles
Spieldauer: ca. 2 ½ Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Griechenland in mythischer Zeit
Personen

Im Prolog:

Im Ballett:

  • Platée, Nymphe (Najade) eines großen Sumpfes am Fuße des Berges Cithéron (Tenor, haute-contre, Travestierolle)
  • Cithéron, König der Berge (Bass)
  • Jupiter, König der Götter (Bass)
  • Junon, Gattin Jupiters (Sopran)
  • Mercure, Götterbote (Tenor)
  • Iris (Schauspieler)
  • Momus (Tenor)
  • La Folie, der Wahnsinn (Sopran)
  • Clarine, Brunnen im Gefolge Platées (Sopran)
  • Une Naiade, Najade im Gefolge Platées (Sopran)
  • Vornehme Gesellschaft, Schauspieler, Götter und Göttinnen mit Gefolge (Chor)

Platée ist eine Oper (Ballet bouffon, Ballettkomödie) in einem Prolog und drei Akten von Jean-Philippe Rameau nach einem Libretto von Adrien-Joseph Le Valois d’Orville. Rameau kaufte die Rechte an dem Libretto Platée ou Junon Jalouse (Plataea, oder die eifersüchtige Juno) von Jacques Autreau (1657–1745) und ließ es von d’Orville überarbeiten.[1] Der Ursprung der Geschichte ist ein Mythos des griechischen Schriftstellers Pausanias in seiner Beschreibung Griechenlands Ἑλλάδος Περιήγησις (Helládos Periēgēsis). Rameaus erste komische Oper dreht sich um die einfältige und hässliche Sumpfnymphe Platée, die glaubt, jeder Mann müsse sich sofort unsterblich in sie verlieben. Sie wird in einer inszenierten Hochzeit mit Jupiter benutzt, um Jupiters Frau Juno von ihrer übertriebenen Eifersucht zu heilen.

Handlung

Prolog - Die Geburt der Komödie

Nach einer durchfeierten Nacht weckt der Chor den trunkenen Thespis (antiker Begründer des Dramas und der Tragödie), der darauf ein Liebeslied auf Bacchus anstimmt und alle mit seiner Untreue zum ernsten Fach brüskiert.

Es erscheinen darauf die Muse des Theaters, Thalie und Momus, Gott des Spottes und der Häme. Sie wollen Jupiters Frau Juno wegen ihrer Eifersucht eine Lektion erteilen und suchen deshalb bei Thespis Unterstützung für ein inszeniertes Spiel. Ungeplant erscheint Amor und besteht darauf, den Plan mit ihm durchzuführen: „wie kann ein Spiel ohne die Inspiration der Liebe sein?“ fragt er.[2] Alle vier beschließen darauf hin, eine neue Art von Schauspiel zu erfinden, das die Menschen von ihrer Unvollkommenheit heilt und die Lächerlichkeiten der Götter im Olymp offenbart (die Götter als eine Anspielung Rameaus auf die höfische Gesellschaft seiner Zeit).

Erster Akt

Während eines tosenden Sturms kommt Merkur vom Himmel und erklärt dem klagenden Berggott Citheron, dass er von Jupiter gesandt worden sei und dass der Sturm von Junos Eifersucht entfacht worden ist. Citheron schlägt einen Schabernack vor: Jupiter wird vorgeben, der hässlichen Platée einen Heiratsantrag zu machen, nur um Juno noch eifersüchtiger zu machen. Platée ist eine Sumpfnymphe, die überzeugt ist, dass alle, die in die Nähe ihres Teichs kommen, unsterblich in sie verliebt sind. Juno wird die beiden zusammen bei einer gespielten Hochzeitszeremonie erwischen. Angesichts der Hässlichkeit Platées wird sie erkennen, dass ihre Eifersucht unbegründet ist, und das Paar Jupiter und Juno soll wieder in Eintracht vereinigt werden.

Nachdem Platée eintrifft, verlässt Merkur das Geschehen, um Jupiter zu informieren. Während Platée glaubt, dass es Cithéron ist, der trotz seiner Weigerungen in sie verliebt sei, hört sie erfreut von Merkur, dass Jupiter bald aus dem Himmel herabsteigen wird, um ihr seine Liebe zu erklären: „Der Gott des Donners, zur Erde herabgekommen wegen Deiner Schönheit, möchte sowohl sein Herz als auch das Universum Dir zu Füßen werfen.“[3] Clarine, die Dienerin Platées, singt einen neuen Sturm herbei. Platée bleibt, während die Wasserkreaturen (Nereïden) sich daraufhin in ihr feuchtes Heim zurückziehen.

Zweiter Akt

Inzwischen wurde Juno von Merkur nach Athen fehlgeleitet, damit sich ihre Ankunft so verzögert. Merkur und Cithéron finden ein Versteck zur Beobachtung des Geschehens. Begleitet von Momus trifft Jupiter ein. Er offenbart sich zunächst in Form eines Esels (die Orchesterbegleitung imitiert das Wieherns eines Esels), dann als eine Eule und Vögel, und schließlich in Form von Blitz und Donner. Es folgt ein längeres Divertissement, während dessen La Folie („der Wahnsinn“) überraschend auftritt[4] – die Geschichte von Apollo und Daphne als Warnung an Platée, sich nicht mit Jupiter einzulassen. Platée wird von den Tänzern und Sängern abwechselnd gelobt und verspottet.

Dritter Akt

Als die Hochzeitsgäste von Jupiter und Platée eintreffen, kehrt auch Juno von Zorn und Eifersucht aufgebracht aus Athen zurück. Sie wird aber von Merkur überredet, sich bis zum entscheidenden Zeitpunkt zu verstecken. Momus erscheint, als Amor verkleidet, und bietet Platée Geschenke an. Jupiter und Platée beginnen mit der Hochzeitszeremonie, aber Jupiter verzögert das Treueversprechen bis zum Erscheinen Junos. Als diese schließlich Platée sieht und ihr den Schleier entfernt, erkennt sie, dass die ganze Hochzeit eine inszenierte Täuschung war. Die Götter steigen darauf hin zurück zum Olymp und Platée versinkt gedemütigt zurück in ihrem Teich.

Hintergrund der Oper

Komische Oper wurde während der Barock-Zeit in Frankreich relativ selten aufgeführt. Den Musikwissenschaftler Cuthbert Girdlestone überrascht es, dass offenbar keiner von Rameaus Zeitgenossen den innovativen Charakter der Oper Platée bemerkt hat.[5] Rameau könnte von einer früheren Komischen Oper inspiriert worden sein, z. B. von Les Amours de Ragonde von Jean-Joseph Mouret (1742)[6] oder von Joseph Bodin de Boismortiers Komischer Ballettoper Don Quichotte chez la Duchesse (1743).

Rezeption und Aufführungshistorie

Die Oper wurde zunächst als „Ballett Bouffon“ bezeichnet, später als „Comédie Lyrique“, die in ähnlichem Stil wie Rameaus Spätwerk Les Paladins gestaltet ist. Sie wurde am 31. März 1745 in den inzwischen prachtvoll ausgebauten Räumlichkeiten des Großen Marstalles in Versailles uraufgeführt. Anlass der Uraufführung war die Hochzeitsfeier von Louis, Dauphin von Frankreich, Sohn von König Ludwig XV., und der Infantin Maria Theresia von Spanien, die zeitgenössischen Quellen zufolge wie die Titelfigur keine Schönheit war. Anstatt den Komponisten deshalb in Schwierigkeiten zu bringen, wurde die Aufführung in Versailles aber offenbar gut aufgenommen und Rameau wurde ein paar Monate später an die Position des königlichen Hofkomponisten mit einem beträchtlichen Jahreseinkommen berufen.

Platée war zu Rameaus Lebzeiten eine hochangesehene Oper. Sie gefiel sogar Kritikern, die seinem Musikstil reserviert gegenüberstanden. Melchior Grimm nannte es ein „sublimes Werk“ und sogar Rameaus Gegner Jean-Jacques Rousseau hat es „göttlich“ genannt.[7] Der Grund für dieses Lob war wohl, dass die Kritiker in Platée, einer komischen Oper, den Wegbereiter für die leichtere Form der Opera Buffa sahen.[8]

Das Werk wurde bei den Ehefeierlichkeiten in Versailles im Jahre 1745 aufgeführt. Über diese Produktion ist wenig bekannt, außer dass die Titelrolle von dem Countertenor Pierre Jélyotte, einem berühmten Darsteller, übernommen wurde. Es wird vermutet, dass die Oper als Ersatz für ein anderes, nicht fertiggestelltes Auftragswerk in das Programm der Hochzeitsfeier genommen worden ist und dass Rameau die Uraufführung ursprünglich in Paris geplant hatte.[9] Rameau hatte die Oper in Zusammenarbeit mit dem berühmten Librettisten Ballot de Sovot überarbeitet und am 9. Februar 1749 in der Pariser Oper wieder aufgeführt.[10]

Die Premiere war recht erfolgreich, wobei es allerdings einige Kritik am Libretto gegeben hatte. Das Werk wurde 1750 und erneut im Jahr 1754 aufgeführt, immer mit dem zweiten Haute-Contre-Tenor der Oper, La Tour in der Hauptrolle.[11]

Die Wiederaufführung 1754 war Teil des anhaltenden sogenannten Buffonistenstreites mit Leonardo Leos italienischer Opera Buffa, I Viaggiatori. Platée wurde zu Rameaus Lebzeiten zuletzt 1759 aufgeführt.

Die nächste Aufführung fand erst 1901 in München statt, in einer stark angepassten deutschen Fassung von Hans Schilling-Ziemssen. Die erste französischsprachige Wiederaufführung war eine Produktion in Monte Carlo im Jahr 1917. Die erste Wiederaufführung in Frankreich fand 1956 auf dem Festival Aix-en-Provence statt, mit dem jungen Tenor Michel Sénéchal in der Titelrolle. Die Partie führte Sénéchal 1977 noch einmal auf. Die Oper debütierte im Vereinigten Königreich im Jahr 1983 und in den Vereinigten Staaten im Jahr 1987.

Platée kam zurück an die Pariser Oper im April 1999 in einer Version, die später als DVD herausgegeben wurde, in einer Produktion von Laurent Pelly unter der Leitung von Marc Minkowski mit Jean-Paul Fouchécourt und Paul Agnew in der Titelrolle. Es gab auch eine Koproduktion der New York City Opera und der Mark Morris Dance Group unter Leitung von Mark Morris während des 1997 Edinburgh Festivals, eine Produktion, die häufig auf Tourneen in London und den USA präsentiert wurde. Die Oper wurde auch von der Santa Fe Opera als Teil der Festival-Saison im Sommer 2007 in einer Adaption der Paris Opern-Produktion unter Leitung von Laurent Pelly, mit vielen Mitgliedern des gleichen Produktionsteams, auch unter der Leitung von Harry Bicket inszeniert. Zu den bemerkenswerten Sängern in den Titelrollen gehörten Michel Sénéchal, Gilles Ragon, Jean-Paul Fouchécourt und Paul Agnew.

2011 wurde Platée in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf unter der musikalischen Leitung von Konrad Junghänel von Karoline Gruber inszeniert.

Die Erstaufführung in Amsterdam fand im April 2011 in der Stadsschouwburg statt. Musikalische Leitung: René Jacobs, Regie: Nigel Lowery, Choreografie: Amir Hosseinpour.

Besetzung der Ur- und Zweitaufführung

Rolle Stimmlage Uraufführung[12]
31. März 1745
Zweitaufführung [13]
9. Februar 1749
Prolog: La Naissance de la Comédie/ die Geburt des Planes
Thespis Haute-Contre La Tour (auch: Latour)[14] François Poirier
Momus Bariton oder Bassbariton Louis-Antoine Cuvillier

(auch: Cuvilliers oder Cuvelier)[14]

Lamarre (auch: La Marre)[14]
Thalie Sopran Marie Fel Marie-Angélique Coupé
L’Amour Sopran Marie-Angélique Coupé
(auch: Couppé oder Coupée)
M.lle Rosalie[14]
Ein Satyr Bass-Bariton Benoit[14] Person[14]
Vendangeuses Sopran M.lles Carrou und Dalman[14] M.lles Carrou und Chefdeville[14]
Ballet (Lyrische Komödie)
Cithéron Bass-Bariton François Le Page (auch: Lepage) François Le Page
Mercure Haute-Contre Jean Antoine Bérard François Poirier
Platée Haute-Contre Pierre Jélyotte La Tour
Clarine Sopran M.lle Bourbonnais[14] Marie-Angélique Coupé
Une Naiade Sopran M.lle Metz[14] ?
Jupiter Bass-Bariton Claude-Louis-Dominique Chassé de Chinais Person
La Folie Sopran Marie Fel Marie Fel
Junon Sopran Marie-Jeanne Fesch, m.lle Chevalier Louise Jacquet
Iris Schauspieler ?[15] ?

Diskographie

Literatur

  • Ivan A. Alexandre: Notes from the CD recording of Platée unter Leitung von Marc Minkowski
  • Cuthbert Girdlestone: Jean-Philippe Rameau: His Life and Work. Dover, New York 1969, ISBN 0-486-21416-8.
  • Amanda Holden (Hrsg.): The Viking Opera Guide. Viking, London 1993, ISBN 0-670-81292-7.
  • Desirée Mays: Platée. In: Opera Unveiled, Band 9. Art Forms, Santa Fe 2007, ISBN 978-0-9707822-6-7.
  • Sadler, Graham: The New Grove French Baroque Masters: Lully, Charpentier, Lalande, Couperin, Rameau. Norton & Co, Scranton PA 1986, ISBN 0-393-30352-7.

Weblinks

Commons: Platée – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Girdlestone S. 436
  2. Mays, S. 56
  3. Mays, S. 57
  4. Mit der allegorischen Figur von „La Folie“ präsentiert Rameau eine geschickte Anspielung auf seine neue Musiktheorie. Danach ist die Melodie ein Resultat der harmonischen Struktur, im Gegensatz zur italienischen oder traditionellen französischen Melodiebildung. Siehe Hella Bartning im Programmheft zur Aufführung der „Deutschen Oper am Rhein“, Düsseldorf 2011, S. 11
  5. Girdlestone S. 336
  6. Ivan A. Alexandre S. 28
  7. Girdlestone S. 439
  8. Girdlestone S. 440
  9. Hella Bartning im Programmheft zur Aufführung der Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorf 2011, S. 8
  10. die Uraufführung war ursprünglich für den 4. Februar geplant, musste aber wegen des Todes der Herzogin von Orléans verschoben werden (Le magazine de l’opéra baroque, Seite: Platée. Es heißt, die Herzogin soll Königinmutter gewesen sein: Sie war in der Tat die Ehefrau von Philipp II., Herzog von Orléans)
  11. Quellen berichten weder alle Vornamen für La Tour (oft auch „Latour“ geschrieben), noch Termine von Geburt und Tod, noch andere wesentlichen biografischen Notizen über sein Leben außerhalb der Oper. Es ist lediglich bekannt, dass der Sänger 1786 noch leben musste. Aufzeichnungen der von der Académie Royale berichten: „when his name was included in a list or retirees still receiving pensions“ (Spire Pitou, The Paris Opéra. An Encyclopedia of Operas, Ballets, Composers, and Performers – Rococo and Romantic, 1715–1815, Greenwood Press, Westport/London, 1985 (ISBN 0-313-24394-8), S. 326; Siehe auch: Le magazine de l’Opéra barocken, „Les Chanteurs À l’Époque barocken“, Ad Nomen). Die Seite Amadeusonline meldet einen vermeintlichen vollständigen Namen „Georges Imbart De La Tour“, der jedoch von der gleichen Quelle auch einem anderen Tenor, dessen Geburtsdatum (28. Mai 1865) ebenfalls gemeldet wird, sowie einem Teil seines Repertoires zugeschrieben wird. Angesichts der Tatsache, dass letzterer Tenor auf der EMI-Aufnahme The Record of Singing aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts enthalten ist und der zahlreichen Ungenauigkeiten und Fehler, die in den Ausführungen von Amadeusonline gefunden werden können, muss die Zuverlässigkeit als alleinige Quelle kritisch gewertet werden. Deshalb wurde in diesem Artikel der traditionelle Verweis auf den Countertenor des achtzehnten Jahrhundert als „La Tour“ beibehalten. Siehe engl. Wikipedia-Artikel
  12. gemäß Rameau Le Site (abgerufen 2. Oktober 2010)
  13. gemäß Le magazine de l’opéra baroque, abgerufen am 3. Oktober 2010
  14. a b c d e f g h i j Vorname unbekannt
  15. gemäß der Rameau-Seite wurde diese Rolle Cuvillier zugeschrieben, genauso wie der Gesangs-Charakter Momos zugeschrieben worden ist. Dieses scheint allerdings unmöglich zu sein, da beide Rollen zusammen auf der Bühne auftreten.