Sardinischer Krieg

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Sardinischer Krieg
Teil von: Italienische Unabhängigkeitskriege

Napoleon III. in der Schlacht von Solferino
Datum 1859
Ort Italien
Ausgang Niederlage der Österreicher
Folgen Einigung Italiens
Friedensschluss Vorfrieden von Villafranca, Frieden von Zürich
Konfliktparteien

Sardinien Konigreich Sardinien
Zweites Kaiserreich Frankreich

Osterreich Kaisertum Österreich

Befehlshaber

Zweites Kaiserreich Napoléon III.
Sardinien Konigreich Alfonso La Marmora
Sardinien Konigreich Giuseppe Garibaldi

Osterreich Kaisertum Ferencz Gyulay
Osterreich Kaisertum Heinrich von Heß

Truppenstärke

Franzosen: 170.000
Sarden: 65.000

Österreicher: 218.000

Der Sardinische Krieg, auch Zweiter Italienischer Unabhängigkeitskrieg genannt, war einer der drei Italienischen Unabhängigkeitskriege. Er wurde 1859 zwischen dem Kaisertum Österreich und Sardinien-Piemont und dessen Verbündetem Frankreich unter Napoléon III. geführt. Napoleon hatte Sardinien dazu ermutigt und sich für seine Hilfe die Gebiete Nizza und Savoyen versprechen lassen. Sardinien-Piemont wollte das Königreich Lombardo-Venetien von österreichischer Herrschaft befreien und sich selbst einverleiben. Napoleons Plan war es, ein geeintes Italien unter französischer Vorherrschaft zu errichten.

Der Krieg zog sich allerdings in die Länge, was sowohl die französisch-sardinische Seite als auch Österreich in Bedrängnis brachte. Österreich gelang es nicht, die militärische Unterstützung des Deutschen Bundes zu erlangen. Zwar wurde nur bundesfremdes, von Österreich beherrschtes Gebiet angegriffen. Doch der Bundestag hätte beschließen können, bereits eine Gefahr für das Bundesgebiet zu sehen. Preußen verhinderte einen solchen Beschluss, weil es zuerst politisches Kapital herausschlagen wollte.

Österreich befreite sich aus seiner militärisch-diplomatischen Zwangslage, indem es plötzlich am 11. Juli 1859 einen Waffenstillstand aushandelte. Es teilte das Königreich Lombardei und trat den westlichen Teil (die Lombardei) an Frankreich ab, während es den östlichen Teil (Venetien) behielt. Frankreich übertrug die Lombardei an Sardinien-Piemont. Durch die Erschütterung der österreichischen Herrschaft in Norditalien schlossen sich noch weitere Staaten Sardinien-Piement an, woraus schließlich 1861 das Königreich Italien entstand.

Vorgeschichte

Karikatur im Kladderadatsch, 1859: Napoleon III. hat vor sich den Feldzug in Italien liegen und auch schon eine Rhein-Kampagne, da erscheint ihm dank der Laterna Magica das warnende Bild seines Onkels Napoleon I.

Nach den Erfahrungen der Revolutionen und Kämpfe der Jahre 1848 und 1849 leitete die Regierung des Königreichs Sardinien eine Phase der Reformen und der politischen und militärischen Vorbereitungen für einen erneuten italienischen Freiheitskampf ein. Diese Politik wurde maßgeblich vom neuen Ministerpräsidenten Camillo Benso von Cavour gestaltet. Durch die Beteiligung am Krimkrieg gelang es ihm, die italienische Frage auf die politische Agenda der Regierungen Frankreichs und Großbritanniens zu bringen, die er als Verbündete im Kampf gegen die europäische Großmacht Österreich als unverzichtbar erachtete. Im Juli 1858 schloss er mit Napoleon III. in Plombières-les-Bains einen Geheimvertrag. Dieser sah für den Fall eines österreichischen Angriffs die französische Unterstützung für Sardinien vor. Cavour beanspruchte Oberitalien für Sardinien und ging auf Napoleons Idee einer Konföderation Italiens unter Berücksichtigung des Kirchenstaates ein. Im Gegenzug sollte das Königreich Sardinien auf sein Stammland Savoyen und die Grafschaft Nizza zugunsten Frankreichs verzichten. Zusätzlich wurde die Allianz durch die Vermählung der Tochter des Königs von Sardinien, des späteren italienischen Königs Viktor Emanuel, mit dem Cousin Napoléons III., dem Prinzen Napoléon „Plon-Plon“, besiegelt.

Durch seine Neujahrsrede am 1. Januar 1859 vor dem diplomatischen Korps und seine Worte an den österreichischen Gesandten provozierte Napoleon III. Österreich.[1] Nach einer ähnlichen Rede König Viktor Emanuels begann von Seiten Österreichs die militärische Aufrüstung. Sie konnte Frankreich den passenden Vorwand abgeben, um das bedrohte Sardinien gegen die Angriffspläne Österreichs zu schützen. Die Politik Cavours ging insbesondere dahin, Österreich zum faktischen Angriff zu provozieren, was ihm auch gelang, nachdem die Friedensmission des britischen Gesandten Lord Cowley im März 1859 in Wien gescheitert und der Antrag Russlands auf einen Kongress von Österreich nur unter der unmöglichen Bedingung angenommen worden war, dass Sardinien einseitig abrüste und zudem vom Kongress ausgeschlossen bliebe.

Durch die irrtümliche Annahme, dass Frankreich der Urheber der Spannungen war, um seine Aufrüstung zu begründen, versuchte die österreichische Regierung durch rasches Losschlagen einen Vorsprung zu gewinnen und wurde dadurch wirklich zum Friedensbrecher, indem sie am 19. April 1859 in Turin ein Ultimatum überreichte. Sardinien habe sich binnen drei Tagen zu entwaffnen oder es werde ein Angriff seitens Österreichs erfolgen. Da die Antwort ablehnend lautete, marschierten die Österreicher am 29. April unter dem Oberbefehl des Grafen Ferencz József Gyulay an drei Stellen im Piemont ein.

Verlauf des Krieges

Heinrich von Hess, Lithographie von Joseph Kriehuber 1854

Die Streitkräfte

Die französische Armee in Italien war etwa 170.000 Mann stark. Sie war gegliedert in fünf Korps und wurde von Kaiser Napoleon III. selbst geführt.

Die Armee Sardiniens umfasste 65.000 Soldaten, gegliedert in fünf Divisionen. Sie wurde angeführt von König Viktor Emanuel, der von Alfonso La Marmora unterstützt wurde. Die Divisionskommandeure waren Casterlbrugo, Manfredo Fanti, Giovanni Durando, Enrico Cialdini und Domenico Cucchiari.

Die Österreicher verfügten über 220.000 Mann unter dem Befehlshaber Feldmarschall Ferencz József Gyulay.

Verlauf

Plan der Schlacht von Palestro

Der Aufmarsch der österreichischen Hauptarmee gegen Frankreich am Rhein zusammen mit Truppen des Deutschen Bundes unterblieb, weil Preußen und der Deutsche Bund nicht daran teilnehmen wollten. Damit wurde Norditalien der Hauptkriegsschauplatz.

Die österreichischen Truppen setzten sich auf einer langen Linie von Biella bis Pavia fest und blieben hier stehen. Statt sogleich auf Turin loszugehen, um die kleine sardische Armee zu schlagen, bevor die französische Armee heranmarschiert war, oder sich gegen Novi zu wenden, um die einzige Straße zu sperren, auf welcher die Franzosen, mit Umgehung der Alpen, Hilfe bringen konnten, war Gyulay untätig. Währenddessen verstärkte Viktor Emanuel sein Heer durch die zahlreichen aus ganz Italien zuströmenden Freiwilligen und Napoleon III. traf mit seiner Armee auf dem Kriegsschauplatz ein.

Plan der Schlacht von Solferino

Am 29. Mai griffen schließlich die Armeen Sardiniens und Frankreichs an. Nach Gefechten bei Palestro und Vinzaglio war der Weg für die Verbündeten nach Mailand frei. Feldmarschall Gyulay ließ daraufhin die Österreicher in Eilmärschen zurückgehen. Am 3. Juni traf Feldzeugmeister Heinrich von Heß bei der Armee ein, ließ Gyulays Befehle rückgängig machen und befahl den Marsch auf Magenta. Dort kam es am 4. Juni 1859 zur Schlacht von Magenta, in der Heß unterlag. Zwischenzeitlich traf Kaiser Franz Joseph auf dem Kriegsschauplatz ein und übernahm gemeinsam mit Heß den Oberbefehl. Aus Gyulays Truppen wurden gemeinsam mit neu herangeführten Verbänden zwei Armeen gebildet. Am 23. Juni überschritten diese Armeen den Mincio und trafen auf den Feind.

Am 24. Juni 1859 wurden sie durch das sardisch-französische Heer in der Schlacht von Solferino geschlagen. Etwa 118.600 Soldaten Frankreichs kämpften dabei gegen etwa 110.000 Österreicher. Während die Österreicher, unter dem Kommando ihres jungen Kaisers, die blutige Schlacht von Solferino gegen die Truppen des Kaisers Napoleon III. verloren, stellte Ludwig von Benedek zeitgleich die gesamte Armee König Viktor Emanuels II. wenige Kilometer nördlich von Solferino in der Schlacht von San Martino. Auch dort unterlagen die Österreicher nach schweren Kämpfen.

Ende

Der Deutsche Bund mobilisierte auf Verlangen Preußens 350.000 Mann. Aus diesem Grund und wegen der erlittenen hohen Verluste an Menschen und an Geld beendete Napoleon III. den Krieg. Seine Verluste wären wohl noch beträchtlich höher geworden, hätte er versucht, noch das Festungsviereck von Mantua, Peschiera del Garda, Legnago und Verona zu erobern. Es wurde der Vorfrieden von Villafranca (so genannter Präliminarfriede von Villafranca) am 11. Juli 1859 geschlossen.

Der Frieden von Zürich beendete am 10. November 1859 vollends den Sardinischen Krieg. Im Frieden von Zürich trat Österreich die Lombardei mit Ausnahme der Festungen Mantua und Peschiera del Garda, die an dem Grenzfluss zu Venetien Mincio lagen, an Napoleon III. ab, der die Lombardei dann an das Königreich Sardinien übergab. Das Haus Habsburg musste in der Folge auch hinnehmen, dass weitere italienische Besitzungen verloren gingen, indem Großherzog Leopold II. von Toskana und Herzog Franz V. von Modena im folgenden Jahr durch Volksabstimmungen abgesetzt wurden, und Italien zu einem Nationalstaat geeint wurde. Venetien mit dem strategisch wichtigen oberitalienischen Festungsviereck Mantua, Peschiera, Legnago und Verona verblieb aber, zur Enttäuschung des Premierministers von Sardinien, Cavour, bei Österreich.

Folgen

Die Herrschaft der Habsburger brach nach der Niederlage Österreichs auch in den Herzogtümern Modena und Toskana zusammen, die sich nach revolutionären Umstürzen Sardinien anschlossen.

Im Deutschen Krieg 1866, in dem Italien auf der Seite Preußens stand, fiel dann auch Venetien (trotz weniger eigener italienischer militärischer Erfolge, außer Bezzecca und Monzambano), an Italien. Der Südteil Tirols wurde erst infolge des Ersten Weltkriegs bis zur Brennergrenze Teil Italiens.

Die Niederlage im Sardinischen Krieg erschütterte den österreichischen Neoabsolutismus und war eine der Ursachen für die Konstitutionalisierung Österreichs durch das Oktoberdiplom 1860 und das Februarpatent 1861. In der Folge der Niederlage bei Solferino wurden 60 Generäle in den Ruhestand geschickt und Ludwig Ritter von Benedek zum neuen Feldzeugmeister ernannt.

Die blutige Schlacht von Solferino gab den Anstoß zur Gründung des Roten Kreuzes. Der Schweizer Geschäftsmann Henry Dunant wurde zufällig Zeuge der Schlacht. Die völlig unzureichende medizinische Versorgung und Betreuung sowie das Leid der verwundeten Soldaten entsetzten ihn so sehr, dass er den ursprünglichen Zweck seiner Reise völlig vergaß und sich mehrere Tage lang der Versorgung der Verwundeten sowie der Organisation von Hilfsmaßnahmen widmete. Später schrieb Henry Dunant Eine Erinnerung an Solferino (Un souvenir de Solférino).

Literatur

  • Allmayer-Beck/Lessing: Die K.(u.)K. Armee 1848 - 1914, Gütersloh 1980, ISBN 3-570-07287-8
  • Martin Prieschl, "Der Weg nach Solferino - Die politischen Ursachen von 1859", in: Österreichische Militärische Zeitschrift ÖMZ 2/2010, Wien 2010, S. 189 - 207
  • Heinz Rieder: Napoleon III. – Abenteurer und Imperator, Casimir Katz Verlag, Gernsbach 2006, EDITION KATZ, ISBN 3-938047-16-X
  • Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Berlin 1961, ISBN 3-320-00206-6

Die zahlreichen Artikel von Karl Marx und Friedrich Engels, welche die beiden zum Sardinischen Krieg in der New York Daily Tribune und in Das Volk, einer deutschen Emigrantenzeitschrift in London, veröffentlichten, finden sich im Band 13 der Marx-Engels-Werke (DEA Archiv).

Weblinks

Commons: Sardinischer Krieg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heinz Rieder: Napoleon III. Abenteuer und Imperator S. 231