Schifffahrtszeichen

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Steuerbordtonne 15 im Fehmarnsund-Fahrwasser
Zwei Flachwassertonnen (im Nautineum Stralsund)
Verschiedene Tonnen auf Norderney

Schifffahrtszeichen (im Küstenbereich und im Bereich der Seeschifffahrtsstraßen auch Seezeichen genannt) sind hör- oder sichtbare Markierungen, die als Navigationshilfen in der Schifffahrt dienen. Zusammen mit den Seekarten im Küstenbereich, sowie den elektronischen Navigationskarten für Binnenschifffahrtsstraßen (IENC) im Binnenbereich ermöglichen sie sicheres Navigieren. Typische Schifffahrtszeichen sind Tonnen, Baken und Leuchttürme.

Für Deutschland sind die Zeichen in den internationalen Kollisionsverhütungsregeln, der Seeschifffahrtsstraßen- sowie in der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung, in der Schweiz in der Binnenschifffahrtsverordnung geregelt.

Geschichte

Die ersten Seezeichen waren natürliche Navigationshilfen wie Baumgruppen oder Küstenformationen. Später traten künstliche Zeichen hinzu, die im heute deutschsprachigen Raum zunächst alle Baken (Zeichen) genannt wurden: Steinhaufen oder Holzgerüste, fest oder schwimmend, mit nächtlichem oder ohne nächtliches Feuer.

1310 stand bereits ein Turm auf der Insel Neuwerk in der Elbmündung, der nicht nur als Wehrturm zur Sicherung der Region diente, sondern am Tage auch als Landmarke. Es gibt erhaltene Dokumente, die belegen, dass ab dem 14. Jahrhundert schwimmende Seezeichen auslagen. Die sogenannte Schartonne in der Außenelbe wird 1466 erwähnt. Die Hamburger Kaufmannschaft brachte sie mit einem Kauffahrteischiff aus.

Als schwimmende Seezeichen waren Tonnen meist wie ein Fass aus Eichenholz mit Eisenringen gefertigt. Später entwickelten sich die verschiedenen heutigen Formen. Um 1900 gab es im Elbstrom etwa 134 Tonnen.

Zunächst waren alle Tonnen schwarz, da man sie wie alle hölzernen Baken mit Teer und Pech konservierte. Ab 1575 begann man, auch weiße Tonnen auszulegen. 1887 ordnete der Reichskanzler (Otto von Bismarck) durch die Bekanntmachung, betreffend die einheitliche Bezeichnung der Fahrwasser und Untiefen in den deutschen Küstengewässern eine einheitliche Betonnung an den deutschen Küsten an: Rote Spierentonnen (schlank, stabförmig) an der Steuerbordseite und schwarze, spitze Tonnen an der Backbordseite.

Seit 1982 gilt für die Betonnung der Seewege international die Regelung der IALA. Diese beinhaltet ein weltweit einheitliches System von fünf verschiedenen Tonnentypen: Laterale, kardinale, Mitte-Fahrwasser-, Einzelgefahrenstellen- und sonstige Tonnen. Dabei ist das Lateralsystem je nach Region in zwei unterschiedlichen Formen definiert. Sie sind entstanden, da die Chancen für eine weltweite Einigung auf eine Form gering waren. Grün liegt

  • in der Region A (Europa, Australien, Neuseeland, Afrika und einige asiatische Länder) für einlaufende Fahrzeuge an Steuerbord,
  • in der Region B (Amerika, Japan, Korea, Philippinen) hingegen an Backbord.

Funktion

Seezeichen dienen der Navigation nach Sicht und sind zur Orientierung der Seefahrer häufig an Gefahrenstellen, sowie in Flüssen und schiffbaren Binnenseen positioniert.

Sie sind durch Form und Farbe sowie teilweise durch Lichtsignale (Befeuerung) eindeutig unterscheidbar und haben international festgelegte Bedeutungen. Seezeichen mit Radarantwortbaken (Racon) identifizieren sich auf einem Radarschirm mit besonderen Zeichen (meist Morsecodes), die in Seekarten eingetragen sind.

Schwimmende Seezeichen sind Feuerschiffe und Tonnen. Der häufig in diesem Zusammenhang verwendete Begriff Boje ist für Seezeichen unüblich.

In der allgemeinen Lehre der Zeichen (Semiotik) ist ein Seezeichen ein Signal.

Loschenturm von 1854 in Bremerhaven

Klassifizierung

Feuerschiff Weser, früher positioniert am Hohen Weg, der Trennungsstelle zwischen Weser-Einfahrt und Jadefahrwasser, heute im Wilhelmshavener Museumshafen

Man kann bei Seezeichen nach der Art ihrer Wahrnehmbarkeit zum Beispiel Tag-, Nacht-, Schall- und Funkzeichen unterscheiden: Tagzeichen sind unbeleuchtet, Nachtzeichen haben eine Befeuerung, Schall- oder Nebelsignale sind akustisch wahrzunehmen, und Funksignale können durch Funkpeilung geortet werden. Dabei sind die letzten beiden Gruppen zunehmend seltener anzutreffen.

Nach ihrer Positionierung kann man Schifffahrtszeichen auch in feste (z.B. Baken und Leuchttürme) und schwimmende untergliedern. Neben Feuerschiffen gehören Tonnen zu den schwimmenden Seezeichen. Sie sind am Grund fest verankert und heute meist aus Stahl oder Kunststoff gefertigt.

Seezeichen Funktion Aussehen schw./fest Tag/Nacht
Leuchtturm diverse Turm oder Gitterturm fest T+N
Feuerschiff diverse Schiff, oft rot angestrichen schwimmend T+N
Bake Sichtzeichen Turm oder Gerüst aus Holz oder Stahl fest T
Stange Sichtzeichen Stange oder Pfahl mit Toppzeichen fest T
Pricke Fahrwasser-Bezeichnung Baumzweige an Stangen oder junger Baum fest T+N
Lateralzeichen seitliche Fahrwasserbegrenzung (im Binnenbereich: Fahrrinnenbegrenzung) rote oder grüne Tonne schwimmend oder fest T+N
Kardinalzeichen Untiefe neben dem Tonnenort gelb-schwarze Tonne schwimmend oder fest T+N
Mitte-Fahrwasser-Zeichen sicheres Fahrwasser oder Ansteuerung rot-weiße Tonne schwimmend oder fest T+N
Einzelgefahrzeichen Untiefe am Tonnenort rot-schwarze Tonne schwimmend T+N
Festmachetonne Festmachen gelbe Tonne schwimmend T(+N)
Kabeltonne Kabeltrasse (Ankern vermeiden) gelbe Tonne schwimmend T(+N)

Schallzeichen

Glockentonne vor Laboe in der Kieler Förde
  • Nebelhorn – Akustisches Signal, entweder an einer Tonne, an Bord eines Schiffes oder stationär an Land, um ein Hindernis zu markieren
  • Nebeltonne – (mit Lichtsignallaterne bei Nebel) wird bei Konvoifahrt von einem Schiff ausgesetzt, damit das nachfolgende nicht auffährt
  • Heultonne
  • Gongtonne
  • Glockentonne - davon gibt es nur noch sechs in Deutschland[1] Eine der letzten (Kieler Förde 6) warnt in der Kieler Förde vor der Untiefe bei Laboe (54° 24′ 48″ N, 10° 12′ 55″ O): Bei Wellengang schlagen vier Klöppel unregelmäßig gegen eine kleine Glocke.

Typen

Es wird unterschieden zwischen schwimmenden, mittels Ankerkette mit dem Grund verbundenen und festen, starr mit dem Grund verbundenen Seezeichen. Im Einzelnen kann man alle Seezeichen nach ihrer Form und Farbe unterscheiden, oft auch nach Form und Farbe der Toppzeichen.[2]

Fahrwasserzeichen
Kardinale Kennzeichnung von Gefahrenstellen
Östliche Kardinaltonne

Schwimmende Seezeichen

  • Feuerschiffe
  • Lateralzeichen zur Bezeichnung der Fahrwassergrenzen. In der Region A des IALA-Lateralsystems, zu der Europa gehört, verwendet man (von See kommend gesehen, zu Berg betonnt):
    • an Backbord: rot, mit stumpfen Toppzeichen
    • an Steuerbord: grün, mit spitzen Toppzeichen
      • Spitztonnen
      • Bakentonnen
  • Lateralzeichen zur Bezeichnung der Fahrwassergrenzen. In der Region B des IALA-Lateralsystems verwendet man (von See kommend gesehen, zu Tal betonnt):
    • an Backbord: grün, mit stumpfen Toppzeichen
    • an Steuerbord: rot, mit spitzen Toppzeichen
      • Spitztonnen
      • Bakentonnen
  • Mitte-Fahrwasser-Zeichen, zur Ansteuerung von Einfahrten oder zur Kennzeichnung sicherer Fahrwasser:
    • Baken-, Kugeltonnen
  • Bezeichnung von Gefahrenstellen (Kardinalsystem, zur Warnung vor Untiefen, Unterwasser-Hindernissen wie Wracks, Buhnen und sonstigen Schifffahrtshindernissen)
  • Markierungstonne – gelb mit Kreuz als Toppzeichen – bezeichnet besondere Gebiete oder Stellen
  • zum Festmachen
    • Festmachtonnen

Die gedachte Linie entlang von Reihen gleichartiger Tonnen, zum Beispiel an den Fahrwasserrändern, wird als Tonnenstrich bezeichnet.

Feste Seezeichen

  • Leuchttürme
  • Bezeichnung des Fahrwassers
    • Backbord
      • Bake, rot (bei Lateralsystem A) oder stumpfes Toppzeichen, in der Regel ein Zylinder
      • Pricke, in den Wattboden gestecktes Birkenbäumchen, sieht aus wie ein Besen mit Gestrüpp (nach oben breites, unten ggf. zusammengebundenes Geäst)
      • Stange mit Zylinder-Toppzeichen
    • Steuerbord
      • Bake, grün (bei Lateralsystem A) oder spitzes Toppzeichen, in der Regel ein Kegel
      • Pricke (nach unten breites, oben zusammengebundenes Gestrüpp), teilw. Tanne genannt
      • Stange mit nach oben zeigendem schwarzen Dreieck als Toppzeichen
  • Seezeichen zur Bezeichnung von Untiefen (Kardinalsystem)

Viele Schifffahrtszeichen, sowohl schwimmende wie auch feste, können zudem mit einem periodischen oder dauerhaften Licht ausgerüstet sein (vergl. Nachtseezeichen). Die Farbe des Lichtes ist dabei rot oder grün bei lateralen Zeichen, ansonsten meist weiß.

Tonnen auslegen

Tonnen werden mit Spezialschiffen, sogenannten Tonnenlegern, ausgelegt:

Tonnenhof Wilhelmshaven mit bereit liegenden Tonnen und einem Tonnenleger

Unterhalt der Seezeichen in Deutschland

Für den Unterhalt der Seezeichen ist in den deutschen Hoheitsgewässern die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mit derzeit 39 Wasser- und Schifffahrtsämtern (WSA) zuständig. Zentrale technische Aufgaben werden von der Fachstelle der WSV für Verkehrstechniken (ehemals Seezeichenversuchsfeld) für die See- und Binnenwasserstraßen wahrgenommen. Die Seezeichen werden in den Tonnenhöfen der WSA gewartet. Die Tonnen werden von Tonnenlegern regelmäßig zur Überholung eingeholt und wieder ausgelegt. So wird zum Beispiel in eisgefährdeten Gewässern im Winter eine besondere Winterbetonnung ausgelegt, die aus Eistonnen besteht, welche einen geringeren Durchmesser haben und dem Eis weniger Angriffsfläche bieten. In Deutschland wurden inzwischen alle Tonnen mit Gasbetrieb gegen Solartonnen ausgetauscht. Die Tonnen mit Gasbetrieb müssen regelmäßig aufgefüllt bzw. ausgetauscht werden.

In der ehemaligen DDR wurden die 2000 schwimmenden Seezeichen (Tonnen) vom Seehydrographischen Dienst der DDR an der Ostseeküste gewartet. Dabei wurden Heul-, Leucht- und Glockentonnen verwendet.[3]

Brückenschilder in Frankfurt am Main

Schifffahrtszeichen für die Binnenschifffahrt

An Flüssen und Kanälen gibt es eigene Beschilderungen je nach den Notwendigkeiten. An den Seiten der Wasserstraßen finden sich Schilder mit Angaben mit Kilometermarkierungen, zu Ankerverboten oder weiteren Regelungen.

An Brücken finden sich Schilder, die die Durchfahrt regeln, beispielsweise eine Art Einbahnstraßenbetrieb zur Trennung der Richtungen.[4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Auskunft der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nord (http://www.wsd-nord.wsv.de/)
  2. Stadtwiki Cuxhaven (Seezeichen)
  3. Lehmann/Meyer, „Rügen A-Z“, Wähmann-Verlag, Schwerin, 1976, S. 90
  4. Nautisches Grundwissen (PDF-Datei, 4,2 MB)

Weblinks

Commons: Schifffahrtszeichen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien