Streitkräfte Boliviens

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Bolivien Streitkräfte Boliviens
Fuerzas Armadas de Bolivia
Führung
Oberbefehlshaber: Evo Morales
Militärischer Befehlshaber: Armando Pacheco Gutiérrez
Militärische Stärke
Aktive Soldaten: 31.500
Wehrpflicht: nein
Wehrtauglichkeitsalter: 18 Jahre
Haushalt
Militärbudget: $ 0,47 Mrd. (2009)
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: 1,9 % (2006)
Geschichte
Gründung: 1825

Die Streitkräfte Boliviens (Fuerzas Armadas de Bolivia, kurz FF.AA.) sind unterteilt in das Heer (Ejército Boliviano), die Marine (Fuerza Naval Boliviana) und die Luftstreitkräfte (Fuerza Aérea Boliviana). Ebenfalls militärisch organisiert ist die Nationalpolizei (Policía Nacional de Bolivia).

Geschichte

Der Kampf um die Unabhängigkeit begann 1809. Bolivien blieb jedoch spanische Kolonie, bis eine internationale Unabhängigkeitsarmee unter Antonio José de Sucre im Auftrag Simón Bolívars im Jahre 1825 die Unabhängigkeit militärisch durchsetzte. Anschließend wurde das Land nach Bolívar benannt. Bolivien ist damit weltweit der einzige Staat, dessen Namenspatron eine zum Zeitpunkt der Benennung noch lebende Person war. Einer chaotischen Zwischenzeit folgte die Präsidentschaft von Andrés de Santa Cruz (1829–1839). In dieser wurde der Deutsche Otto Philipp Braun,[1] ein Veteran des südamerikanischen Unabhängigkeitskrieges und des europäischen Befreiungskrieges, einer der wichtigsten militärischen und politischen Stützen der Regierung. Nach der Niederlage im Peruanisch-Bolivianischen Konföderationskrieg gegen Chile und Argentinien (1836–1839) zerfiel die Administration von Santa Cruz. Im Salpeterkrieg (1879–1883) verlor Bolivien große Teile des seit der Unabhängigkeit umstrittenen Territoriums mit Zugang zum Pazifik endgültig an Chile. Im Chacokrieg (1932–1935) verlor Bolivien riesige Landesteile im Süden an Paraguay. 1964 putschte René Barrientos Ortuño gegen den gewählten Präsidenten Víctor Paz Estenssoro, die Militärdiktatur Hugo Banzer Suárez dauerte von 1971 bis 1978. Erst 1982 kehrte das Land zur Demokratie zurück.

Organisation

Wehrpflicht

Es gibt eine grundsätzliche Wehrpflicht, falls es jedoch genug Freiwillige gibt, wird auf Einberufungen verzichtet. Die Freiwilligen müssen mindestens 18 Jahre alt sein; bei Einberufungen erlaubt das Gesetz aber, die Altersgrenze bis auf 14 abzusenken. Laut Schätzungen sind 40 % der Streitkräfte unter 18 Jahren alt, die Hälfte davon sogar unter 16 (Quelle: CIA World Factbook).

Der Wehrdienst dauert 12 Monate. Die Gesamtstärke der Streitkräfte schwankt zwischen 31.500 und 35.000 Mann, davon etwa 20.000 Wehrdienstleistende.

Militärausgaben

Die Militärausgaben betrugen 2003 vergleichsweise niedrige 123 Mio US-$ (Quelle: CIA World Factbook), damit jedoch immerhin 1,6 % des Bruttoinlandsprodukts. Zur Anschaffung neuer Ausrüstung sind die bolivianischen Streitkräfte daher weitgehend auf US-Militärhilfe angewiesen.

Ausrüstung

Heer

Das bolivianische Heer (Ejército Boliviano, kurz FF.EE.) ist mit rund 25.000 Mann die bei weitem stärkste Teilstreitkraft innerhalb des bolivianischen Militärs. Mit 36 leichten Kampfpanzern vom Typ SK-105 Kürassier, 24 EE-9 Cascavel und 50 M113 Schützenpanzern sowie ca. 76 Artillerie- und 50 Flugabwehrgeschützen ist sie aber vergleichsweise schwach für einen Krieg gegen einen äußeren Feind ausgerüstet [2]. Die Armee Chiles - zu dem die Beziehungen immer noch gespannt sind - zum Beispiel hat nicht nur ein 24x größeres Budget, sondern ist auch mit Hunderten von moderneren schweren und leichten Panzerfahrzeugen, unter anderem 250 Leopard-Panzern, wesentlich stärker ausgestattet.

Seit dem Salpeterkrieg hat sich das Heer dann auch mehr und mehr auf die "Innere Sicherheit" konzentriert.

Marine

"Zum Meer!"
Offiziere der Marine

Obwohl Bolivien seit dem Verlust seines Pazifikzugangs im Salpeterkrieg (1879 bis 1884) ein Binnenstaat ist, unterhält das Land weiterhin eine 1.800 Mann (ohne Marineinfanterie) starke Marine (Fuerza Naval Boliviana, auch "Armada" genannt, abgekürzt FNB), deren Aufgabe sich allerdings auf die Sicherung von Binnen-Grenzgewässern (Titicacasee sowie größere Flüsse im Amazonasbecken) beschränkt. Die formelle Aufrechterhaltung einer militärisch an sich unnötigen eigenständigen "Marine" ist politischer Ausdruck für das Streben und die Hoffnung auf die Wiedergewinnung eines Zugangs zum Pazifik, angestrebt wird ein Korridor zwischen Chile und Peru. Die Kommandostruktur umfasst sechs Marinebezirke, jeder mit einer Flottille ausgestattet. Ein Bezirk umfasst den Titicaca-See, die übrigen liegen an den großen Flüssen.

Das größte Schiff ist der Hochsee-Frachter "Libertador Bolívar" ("Befreier Bolívar"), der von der Marine bemannt wird, um zu gewährleisten, dass die Marine über seemännisch ausgebildete Mitglieder verfügt, falls das Land über einen Korridor wieder Zugang zum Meer erhalten sollte und die Marine wieder von einem bolivianischen Hafen an der Pazifikküste operieren kann. Das Schiff wird als normales Handelsfrachtschiff eingesetzt, dessen Einnahmen dem Marineministerium zufließen. Es ist ein Geschenk Venezuelas und hat seinen Heimathafen in Argentinien. Die restliche Marine besteht aus etwa 60 Patrouillenbooten und Patrouillenbarkassen sowie aus einem der Marine gehörenden Patrouillenflugzeug vom Typ Cessna U 206.[3][4][5]

Zur Marineinfanterie zählen weitere etwa 1.700 Mann. Die Haupteinheit ist das Marineinfanterie-Bataillon "Almirante Grau" ("Admiral Grau") mit einer detachierten Kompanie in jedem Marinebezirk.

Luftstreitkräfte

Offiziere der Luftwaffe

Die bolivianische Luftwaffe (Fuerza Aérea Boliviana, kurz FAB) umfasst rund 3.000 Mann. Die Ausstattung ist größtenteils veraltet; dazu gehören u.a. von Canadair in Lizenz gebaute Lockheed T-33A/N Kampfflieger aus den 1950er Jahren (je nach Quelle zwischen 12 und 18; teilweise vor kurzem in Kanada modernisiert) und vermutlich noch 11 Trainingsflugzeuge des schweizerischen Typs Pilatus PC-7, die auch zur Bekämpfung des Drogenanbaus eingesetzt werden. Dazu kommen etwa zwei Dutzend Transportflugzeuge und rund 50 Transporthubschrauber unterschiedlicher Typen. Die bolivianische Luftwaffe betreibt unter dem Namen Transporte Aéreo Militar (TAM) einen landesweiten öffentlichen Linienflugverkehr auch in abgelegene Landesteile, - nicht zu verwechseln mit der kommerziellen Fluggesellschaft TAM Airlines aus Paraguay, die ebenfalls Ziele in Bolivien anfliegt oder deren noch bekannteren brasilianischen Muttergesellschaft TAM. Am 16. Januar 2014 unterzeichnete die bolivischen Luftstreitkräfte einen Vertrag mit Airbus Helicopters über die Lieferung von 6 AS332 C1e Super Puma die seit 2015 zulaufen.

Sonstiges

Die Streitkräfte Boliviens haben durch zahlreiche Putsche eine große Rolle in der Geschichte Boliviens gespielt.

Im März 2009 kündigte der bolivianische Verteidigungsminister an, die militärischen Trainings- und Tötungsübungen an zahlreichen Hunden durch eine Resolution zu verbieten. Dies ist historisch bedeutend, da es die erste gesetzliche Verfügung zum Tierschutz in Bolivien überhaupt bedeutete und im selben Jahr zu weiteren Tierschutzgesetzen führte.[6][7]

Literatur

  • Jutta Deide: Ideologie und Legitimation einer abhängigen Militärdiktatur. Das Beispiel der Regierung Banzer in Bolivien (1971–1978); ein ideologiekritischer und militärsoziologischer Beitrag zur politischen Soziologie peripherer Gesellschaften in Lateinamerika. Haag und Herchen, Frankfurt/M. 1981, ISBN 3-88129-368-X (zugl. Dissertation, Universität Hamburg 1980).

Einzelnachweise

  1. Robin Kiera: Der große Sohn der Stadt Kassel? Der Großmarschall Otto Philipp Braun als Symbol lokaler Geschichtspolitik, Kassel 2009
  2. Quelle: www.globaldefence.net
  3. Matrosen ohne Meer bei Zeit Online vom 3. April 2008
  4. Marine ohne Meer bei Der Tagesspiegel vom 23. März 2007
  5. Bolivien träumt vom Meer bei Welt Online vom 21. März 2010
  6. http://action.peta.de/ea-campaign/clientcampaign.do?ea.client.id=44&ea.campaign.id=2742
  7. Tierzirkusse in Bolivien gesetzlich untersagt

Weblinks

Commons: Streitkräfte Boliviens – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien