Swissair-Flug 330
Swissair-Flug 330 | |
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eine baugleiche Maschine der Swissair | |
Unfall-Zusammenfassung | |
Unfallart | Bombenanschlag |
Ort | Würenlingen |
Datum | 21. Februar 1970 |
Todesopfer | 47 |
Luftfahrzeug | |
Luftfahrzeugtyp | Convair CV-990 |
Betreiber | Swissair |
Kennzeichen | HB-ICD |
Abflughafen | Zürich |
Zielflughafen | Tel Aviv |
Passagiere | 38 |
Besatzung | 9 |
Listen von Luftfahrt-Zwischenfällen |
Swissair Flug SR330 war ein regulärer Linienflug vom internationalen Flughafen Kloten in Zürich, Schweiz nach Tel Aviv, Israel. Der Flug am 21. Februar 1970 endete durch eine explodierende Bombe an Bord in einem Absturz.
Ablauf
Am 21. Februar 1970 flog eine Convair CV-990 Coronado mit dem Namen Basel-Land und dem Kennzeichen HB-ICD[1] diese Strecke. An Bord waren 38 Passagiere und 9 Besatzungsmitglieder. Neun Minuten nach dem Abheben explodierte um 12:15 GMT eine Bombe im hinteren Laderaum, als sich die Maschine nach dem Steigflug auf südlichem Kurs bei Sattel-Hochstuckli, befand. Über Brunnen bemerkte die Crew einen Druckabfall und entschied sich zu einer Rückkehr nach Zürich, um dort notzulanden, hatte aber wegen des Rauchs im Cockpit Schwierigkeiten, die Instrumente zu erkennen.
Das Flugzeug driftete immer mehr nach Westen ab, schoss dann über Klingnau aus der Wolkendecke und stürzte kurze Zeit später in den Unterwald bei Würenlingen ab (47°32'11" N, 8°14'23" O) , weil die Stromversorgung ausfiel. Beim Aufprall entstand eine sechs Meter breite, drei Meter tiefe und 95 Meter lange Furche, auf einer Fläche von 130 mal 80 Metern wurde der gesamte Baumbestand beschädigt.[2] Niemand überlebte den Absturz.[3] Eines der Opfer[4] war der deutsche Fernsehjournalist Rudolf Crisolli.
Hintergründe
Die Ursache dieses Absturzes war ein Terroranschlag, der eigentlich gegen die israelische Fluggesellschaft El Al gerichtet war. Da der Flug von München nach Tel Aviv grosse Verspätung hatte, wurde die für diesen El-Al-Flug bestimmte Postsendung auf die Swissair-Maschine umgeleitet. In diesem Paket befand sich die Bombe. Für den Anschlag wurde ein luftdruckabhängiger Zünder benutzt. Warum der Zünder beim Flug nach Zürich nicht zündete wurde im Untersuchungsbericht technisch begründet.
Die PFLP-Gruppe von George Habash übernahm die Verantwortung für dieses Bombenattentat. Die mutmasslichen Attentäter Sufian Radi Kaddoumi und Badawi Mousa Jawher konnten von der schweizerischen Bundeskriminalpolizei zwar identifiziert, aber nicht verhaftet werden. Die gerichtspolizeilichen Ermittlungen wurden am 3. November 2000 von der Schweizerischen Bundesanwaltschaft eingestellt.[5]
In Deutschland läuft weiterhin das Verfahren, die zwei mutmasslichen Täter werden per Haftbefehl gesucht.[6]
Aufgrund des Anschlags wurden die Flughäfen Genf und Zürich im Herbst 1970 von Truppen der Schweizer Armee im Aktivdienst gesichert.[7]
An der Absturzstelle in Würenlingen erinnert heute ein Gedenkstein mit allen Namen der Passagiere an den Absturz vom 21. Februar 1970.
Mit der Entführung einer Swissair-Maschine am 6. September 1970 war die Schweiz gleich nochmals vom palästinensischen Terror betroffen und vereidigte unter anderem Soldaten zu einem Aktivdienst zur Bewachung der Flughäfen Zürich und Genf.
Die Anklageerhebung gegen einen palästinensischen Verdächtigen des Anschlages auf den Swissair-Flug 330 mit 47 Toten wurde von der Justiz aus noch unbekannten Gründen eingestellt.[8] 1995 rollte die damalige Bundesanwältin Carla Del Ponte den Fall trotz Verjährung nochmals auf, das Verfahren wurde jedoch im Jahr 2000, nach dem Weggang von Carla del Ponte im Jahr 1999, wieder eingestellt.[9]
Anfang 2016 stellte Marcel Gyr, Buchautor und Journalist bei der Neuen Zürcher Zeitung die These auf, dass es nach dem 6. September 1970 einen Kontakt zwischen der damals offen terroristisch agierenden Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und dem Schweizer Aussenminister Bundesrat Pierre Graber gegeben hätte. Zwischen der Schweiz und der PLO soll ein geheimes Stillhalteabkommen geschlossen worden sein.[10] 2016 nahm Gyr in einem weiteren NZZ-Artikel Bezug auf freigegebene FBI-Dokumente[11], die 1970 von einer wesentlichen Tatbeteiligung (Bombenkonstruktion) zweier West-Deutscher ausgehen.[12]
Parallelereignis
Am gleichen Tag gab es eine Explosion an Bord der Caravelle OE-LCU der Austrian Airlines 20 Minuten nach dem Start von Frankfurt am Main auf dem Weg nach Wien im vorderen Frachtraum.[13] Das Flugzeug konnte wieder sicher in Frankfurt landen, obwohl die Bombe ein etwa 0,6 m² (3 Fuss × 2 Fuss) grosses Loch in den Rumpf riss. An Bord befanden sich 38 Menschen (33 Passagiere und 5 Besatzungsmitglieder), die alle überlebten.[13]
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die Anschläge gegen die Swissair- und Austrian Airlines-Maschinen ereigneten sich einen Tag vor dem Besuch des israelischen Aussenministers Abba Eban in der Bundesrepublik Deutschland, den dieser in München begann.[14] Es handelte sich um den ersten Besuch eines israelischen Aussenministers in Deutschland überhaupt, der am 7. Juli 1971 vom damaligen Bundesaussenminister Walter Scheel erwidert wurde.[15]
Siehe auch
Literatur
- Arthur Schneider: «Goodbye everybody». Flugzeugabsturz Würenlingen 1970. Selbstverlag, Würenlingen 2015, ISBN 978-3-033-05212-3.[16]
- Wolfgang Kraushaar: Höchste Zeit, ein paar Fragen zu stellen. Ein „Stillhalteabkommen“ 1970 in Genf in taz, 25. Januar 2016, S. 5
Weblinks
- Dominik Osswald: Von Palästina bis Würenlingen. Dokumentarfilm über das Attentat und seine historische Vernetzung, 2008. (Maturaarbeit, 54 Minuten).
- Otto Hostettler: Terroranschlag 1970. Den Bombenbauer ignorierten sie. In: Schweizerischer Beobachter 14/2012 vom 4. Juli 2012.
- Der Todesflug von Swissair 330, ARD-Dokumentation vom 29. März 2010 (Trailer, 10 Minuten).
- Untersuchung der Flugkatastrophe in Würenlingen, Bericht im SF DRS vom 23. Februar 1970.
- Swissair-Flug 330 – neues Licht auf den Absturz von 1970, Bericht auf SRF 1 vom 20. März 2013.
- Marcel Gyr: Arabischer Terror in der Schweiz (3/4). Der Mann hinter dem Attentäter. In: Neue Zürcher Zeitung vom 30. Dezember 2014.
- Marcel Gyr: Schweizer Terrorjahre: Brisante Hinweise aus den USA zum Fall «Würenlingen» In: Neue Zürcher Zeitung vom 15. September 2016.
- Marc Tribelhorn: Schweizer Terrorjahre: «Wir kennen leider die Informanten des FBI nicht» Interview mit Wolfgang Kraushaar, In: Neue Zürcher Zeitung vom 20. September 2016.
Einzelnachweise
- ↑ Ein Bild der Maschine mit Bezug zum Unfall, Quelle geprüft am 30. Oktober 2009
- ↑ Wolfgang Kraushaar: „Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“ München 1970: über die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus. Rowohlt, Reinbek 2013 ISBN 978-3-498-03411-5, S. 175.
- ↑ Criminal occurrence description 21 Feb 1970. ASN safety database, abgerufen am 5. Februar 2010 (englisch).
- ↑ Abdruck einer Liste aller Opfer bei Wolfgang Kraushaar: „Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“ Reinbek 2013, S. 179–181.
- ↑ Toni Bortoluzzi: 09.3062 – Interpellation. Flugzeugabsturz von Würenlingen. Strafverfolgung. Parlamentarische Geschäftsdatenbank Curia Vista, 12. Juni 2009, abgerufen am 5. Februar 2010.
- ↑ Marc Brupbacher: Todesflug Swissair 330: Weshalb wurden die Täter nie gefasst? ( vom 6. Juli 2010 im Internet Archive), Tages-Anzeiger vom 25. Juni 2010.
- ↑ vgl. z. B. auch Tages-Anzeiger: Benno Gasser: Der Tag, an dem der Terror in die Schweiz kam. ( vom 21. Februar 2009 im Internet Archive) In: Tages-Anzeiger vom 17. Februar 2009. Abgerufen am 6. Dezember 2011.
- ↑ Marcel Gyr: Auf Tuchfühlung mit Terroristen, Neue Zürcher Zeitung vom 20. Januar 2016.
- ↑ Schweizer Terrorjahre: Del Pontes seltsame Rolle im Fall Würenlingen in Neue Zürcher Zeitung vom 21. Januar 2016
- ↑ Marcel Gyr: Auf Tuchfühlung mit Terroristen, Neue Zürcher Zeitung vom 20. Januar 2016.
- ↑ Federal Bureau of Investigation: The Fedayeen Terrorist/Monograph. In: Federal Bureau of Investigation (FBI) Monograph: The Fedayeen Terrorist/Monograph ,June, 1970. Juni 1970, abgerufen am 15. September 2016 (englisch).
- ↑ Marcel Gyr: Schweizer Terrorjahre: Brisante Hinweise aus den USA zum Fall «Würenlingen». Neue Zürcher Zeitung, NZZ.ch, 15. September 2016, abgerufen am 15. September 2016.
- ↑ a b Flugunfalldaten und -bericht im Aviation Safety Network (englisch)
- ↑ Historischer Auftakt – 1970 erster Besuch eines israelischen Aussenministers in Deutschland ( vom 5. September 2010 im Internet Archive)
- ↑ Walter Scheel in Israel ( vom 25. Februar 2004 im Internet Archive)
- ↑ Daniel Weissenbrunner: «Papa chunnt nie meh hei»: Swissair-Absturz verfolgt Angehörige bis heute. In: Aargauer Zeitung vom 13. November 2015.