Au (Berchtesgaden)

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Au
Wappen von Au
Koordinaten: 47° 39′ N, 13° 4′ OKoordinaten: 47° 39′ 6″ N, 13° 3′ 32″ O
Höhe: 510–960 m
Eingemeindung: 1. Januar 1972
Postleitzahl: 83471
Vorwahl: 08652
Blick auf den Auer Ortsteil Oberau
Blick auf den Auer Ortsteil Oberau

Au ist eine Gemarkung im Markt Berchtesgaden im oberbayerischen Landkreis Berchtesgadener Land und war bis zum 31. Dezember 1971 eine selbständige Gemeinde.

Lage und Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oberau, Unterau und Resten auf einer Karte von 1826

Au liegt etwa fünf Kilometer nordöstlich des Zentrums von Berchtesgaden am Ufer und am östlichen Hang über der Berchtesgadener Ache, die auch die westliche Grenze bildet. Unterau liegt in Flussnähe, während sich Oberau als der Hauptteil des Ortes auf einer Hochfläche in einer Höhe um 850 m erstreckt. Die Ostgrenze von Au bildet die Staatsgrenze zu Österreich, über die eine Straße nach Bad Dürrnberg führt. Nördlich wird Au in etwa vom Nesseltalgraben und südlich von Lettengraben und Larosbach begrenzt. In Oberau beginnt die Nordauffahrt der Roßfeldhöhenringstraße.

Die vor 1972 eigenständige Gemeinde Au umfasste die Gnotschaftsbezirke bzw. Ortsteile Unterau, Oberau und Resten. Der einstige Gnotschaftsbezirk Resten liegt teilweise in einer Exklave, die vom Staatsforst Eck (gemeindefreies Gebiet) umschlossen ist und etwa zwei Kilometer südlich von Oberau liegt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In dem ersten Steuerbuch des Berchtesgadener Landes von 1456 wird Au als eine seiner acht „Urgnotschaften“ mit drei „Gnotschaftsbezirken“ (den heutigen Ortsteilen Oberau, Unterau und Resten) und ihren sie betreuenden „Gnotschaftern“ aufgeführt. Als Gnotschaft hatte Au wie die anderen bis zur Säkularisation im Jahre 1803 Bestand und dürfte sich bereits Ende des 14. Jahrhunderts im Zuge des 1377 ausgestellten „Landbriefs“ von Propst Ulrich Wulp herausgebildet haben. 1803 wurde die Fürstpropstei Berchtesgaden aufgehoben und das Berchtesgadener Land verlor damit seine politische Eigenständigkeit. Nach drei kurz hintereinander folgenden Herrschaftswechseln wurden 1810 dessen Gebiet und seine Ortschaften, darunter auch Au, dem Königreich Bayern angegliedert.[1]
Siehe zu diesem Absatz auch die Abschnitte: Geschichte in Fürstpropstei Berchtesgaden

Einheimische Salz- und Holzhändler haben reformatorische Gedanken und Schriften verbreitet, die sie auf ihren Reisen in die protestantischen Städte Augsburg, Nürnberg und Regensburg erlangten. Eine bedeutende Keimzelle des Protestantismus bildete aber vor allem das im Salzburgischen benachbarte Dürrnberg.[2] Hier trafen Berchtesgadener Bergleute aus den Gnotschaften Au und Scheffau auf eingewanderte Bergknappen aus dem lutherischen Sachsen und waren sehr offen für deren religiöse Unterweisung und Angebote zur Erbauung. Nachdem 1686 rund 70 Männer und Frauen um Joseph Schaitberger aus Dürrnberg vertrieben und deren Kinder auf katholische Familien verteilt worden waren, kam es ein Jahr später auch im Berchtesgadener Land verstärkt zu Hausdurchsuchungen. 1687 sahen sich allein in der Au 156 Personen strengen Verhören ausgesetzt. Des „falschen“ Glaubens Überführte hatten Geldstrafen zu leisten und wieder auf das „richtige“ Glaubensbekenntnis zu schwören. Von einem ist bekannt, dass er wegen eines verbotenen Buches mehrere Tage bei Wasser und Brot eingesperrt, nach dem sonntäglichen Gottesdienst an den Pranger gestellt und anschließend zu einer Wallfahrt „verurteilt“ wurde.[3]
Siehe zu diesem Absatz auch den Abschnitt: Reformation und Gegenreformation, Vertreibungen und Emigration in Fürstpropstei Berchtesgaden

Anfang des 20. Jahrhunderts gab es mit der Haltestelle Au bei Berchtesgaden der Lokalbahn Berchtesgaden–Hangender Stein (1908 bis 1938) nur in der Unterau einen Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz, so dass der Anstieg in die Oberau nach wie vor zu Fuß zu bewältigen war.[4] Zum Betrieb dieser elektrischen Lokalbahn wurde zwischen 1907 und 1908 das Wasserkraftwerk Gartenau errichtet, für das kurz vor der Gemeindegrenze zu Marktschellenberg der Flussbogen der Berchtesgadener Ache durch einen etwa 550 Meter langen Kanal abgeschnitten worden ist. Auf der dank Ache und Kanal gebildeten „Insel“ wurde später zusammen mit dem Kraftwerk das Gewerbegebiet Gartenau eingerichtet. Eine Erweiterung des öffentlichen Verkehrsnetzes erfuhren die Unterau wie auch die höher gelegenen Gnotschaften der Au erst ab 1929 mit der Einrichtung einer Kraftpostlinie von und nach Berchtesgaden.[4] Vergleichsweise lebhaft wurde der Verkehr dann ab 1938 mit Baubeginn der Roßfeldhöhenringstraße,[4] deren kriegsbedingte Baulücke an der Scheitelstrecke aber erst seit 1955 geschlossen werden konnte und damit dann auch eine durchgehend befahrbare Höhenringstraße zwischen Oberau und Obersalzberg geschaffen hatte.[5] Heute wird der „Ring“ mit Hilfe der Kreisstraße BGL 9 in der Oberau und einem Teilstück der Bundesstraße 319 (Oberau – Landau – Klaushöhe) vollständig geschlossen.

Als erster Berchtesgadener Olympiasieger im alpinen Skisport (Kombination) gilt der in der Au geborene Franz Pfnür, der bei den Olympischen Winterspielen 1936 in Garmisch-Partenkirchen Gold errang. Nach den Spielen wurde Pfnür von Adolf Hitler zum Kaffee auf den Obersalzberg geladen und trat in die SS ein.[6]

In Resten wurde während der NS-Zeit die Wohnsiedlung Buchenhöhe für Angestellte und Beamte auf dem Obersalzberg errichtet.[7][8]

Als Folge des Krieges nahm die Gemeinde Flüchtlinge aus den Ostgebieten des ehemaligen Deutschen Reiches auf. Die Heimatvertriebenen, insbesondere Deutschböhmen und Schlesier, konnten anfangs nur in ehemaligen Arbeiterbarackenlagern untergebracht werden. Sie lebten zum Teil bis in die 1960er Jahre im Flüchtlingslager Vockenbichl in der Oberau, das für die SS errichtet worden und dann von der US-Army belegt war,[9] oder sie wurden in Privathäuser beziehungsweise -wohnungen eingewiesen.

Im Zuge der Gebietsreform in Bayern verlor die Gemeinde am 1. Januar 1972 ihre Eigenständigkeit und ist seitdem ein Teil des Marktes Berchtesgaden.[10]

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kommunalpolitik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zur Bildung der Gemeinde Au wählten die Gnotschaften aus ihren Reihen jährlich jeweils einen „Gnotschafter“. Dieser hatte vielfältige Aufgaben. So gehörten z. B. die Einhebung der Steuern und die Weiterleitung regierungsamtlicher Anordnungen dazu. Auch bei der Besprechung von Wege- und Brückenbaumaßnahmen, Bachregulierungen u. ä. war er dabei. Als Armenpfleger war er zuständig für die Auswahl und auch Unterstützung der bedürftigen Personen.

Mit der Bildung der Gemeinden nach dem Zweiten Gemeindeedikt in Bayern von 1818 ging die Verwaltung der Gemeinde an den Gemeindeausschuss mit dem Gemeindevorsteher an der Spitze. Bürgermeister der Gemeinde Au nach dem Zweiten Weltkrieg waren:[19]

  • 1945–1947/48 vakant[20]
  • 1948–1960 Anton Schaupp (Mühlauer Freie)
  • 1960–1971 Johann Hinterseer (Oberfrauenhof)

Bekannte Gemeinderäte:

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wappen von Au
Wappen von Au
Blasonierung: „In Grün ein stumpfer silberner (weißer) Kegel belegt mit gekreuzten schwarzen Hammer und Schlägel mit roten Stielen.“
Wappenbegründung: Das Wappen erinnert an den früheren Salzbergbau in der Gemeinde. Die grüne Schildfarbe steht redend für den Ortsnamen Au (=Aue).[21]

Einrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die gemeindliche Auer Grundschule in der Oberau ist wegen ihres kleinen, relativ weitab gelegenen Einzugsgebietes eine Zwergschule. Im 18. Jahrhundert wurden die Kinder der Au noch von Augustiner-Eremiten aus Dürrnberg unterrichtet. Deren Sold waren jährlich vier Gulden oder zwei Eimer (je 68,4 l) Bier, die das Berchtesgadener Chorherrenstift bezahlte.[22]
  • Die Freiwillige Feuerwehr Au wurde 1903 gegründet und hat über 70 aktive Mitglieder (Stand: 2011).[23]
  • Im Winter wird von Oberau aus ein Pendelbus betrieben, der in kurzen Abständen Wintersportler zum Roßfeld mit seinen Skiliften bringt. Vom Roßfeld aus führt die „lange Abfahrt“ wiederum direkt an Oberau vorbei.

Kulturelle Traditionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Am 5. und 6. Dezember, dem Nikolaustag, ziehen Bassen (Gruppen) von Nikolausdarstellern mit Kramperl (Fellbass) durch die Oberau.[24]
  • In der Au gibt es den Trachtenverein D'Weißenstoana, der als letzter der neun Berchtesgadener Trachtenvereine 1924 gegründet wurde. Er gehört wie die anderen den Vereinigten Trachtenvereinen des Berchtesgadener Landes e.V. an. Vereinslokal der Weißenstoana ist das Gasthaus „Pechhäusl“. Ihre Schuhplattlergruppe veranstaltet im Sommer regelmäßig „Heimatabende“.[24]
  • Der Weihnachtsschützenverein Au e.V. wurde am 1. Januar 1922 im Gasthaus „Pechhäusl“ gegründet und ist heute Teil der Vereinigten Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes e.V.[24]

Söhne und Töchter der Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Manfred Feulner: Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner. Verlag Berchtesgadener Anzeiger, Berchtesgaden 1985, ISBN 3-925647-00-7
  • Hellmut Schöner (Hrsg.), A. Helm: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Reprint von 1929. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1973.
  • Hellmut Schöner (Hrsg.): Berchtesgaden im Wandel der Zeit – Ergänzungsband I. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1982, ISBN 3-87490-528-4

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke. Band 2, ab S. 145 f.
  2. berchtesgaden-evangelisch.de (Memento vom 21. November 2011 im Internet Archive) Alfred Spiegel-Schmidt: Reformation und Emigration im Berchtesgadener Land. Text zur Emigration der Protestanten aus der Fürstpropstei Berchtesgaden.
  3. Manfred Feulner: Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner. Siehe Kap. Die Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden. S. 168–169
  4. a b c Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 199.
  5. Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 475, 476.
  6. Spiegel Online: Olympia – Die versteckten Spiele, abgerufen am 22. Januar 2010
  7. Topografische Karte 1 : 25.000 (Memento vom 18. Juli 2011 im Internet Archive) – zu Berchtesgaden Ost mit gekennzeichneter Exklave Resten; PDF-Datei (5,21 MB), online unter gemeinde.berchtesgaden.de
  8. „Snippet-Zitat“ zu Wohnsiedlung Buchenhöhe in Exklave Resten aus Winfried Nerdinger, Katharina Blohm: Bauen im Nationalsozialismus: Bayern, 1933-1945
  9. Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 204
  10. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 434.
  11. A. Helm, Helmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. 1929, Kirche in der Au S. 12
  12. Walter Brugger (Hrsg.) u. a.: Geschichte von Berchtesgaden. Band III/1, 1999, S. 246.
  13. erzbistum-muenchen.de (Memento vom 12. Mai 2014 im Internet Archive) Zum Pfarrverband Marktschellenberg.
  14. https://www.berchtesgadener-anzeiger.de/region-und-lokal/lokales-berchtesgadener-land_artikel,-pfarrverband-stiftsland-berchtesgaden-offiziell-errichtet-_arid,241495.html
  15. Pfarrverband Stiftsland Berchtesgaden neu gegründet, Rückblick auf Feierliche Pontifikalvesper mit Weihbischof Wolfgang Bischof in der Stiftskirche, online unter stiftsland.de
  16. Stiftsland Berchtesgaden, Pfarrverbandsstruktur erscheint nach Anklicken von „Pfarrverband“, online unter stiftsland.de.
  17. Unsere Gemeinden, Zugehörigkeit der ev.-luth. Kirchengemeinde Berchtesgaden zum Evangelischen Dekanats Traunstein, online unter ev-dekanat-traunstein.de
  18. berchtesgaden-evangelisch.de Homepage der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Berchtesgaden.
  19. Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 200
  20. Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 199 - unklar, ob hier die zeitliche Lücke bei den Bildunterschriften zu den Bürgermeistern von Au eine fehlerhafte Auslassung darstellt.
  21. Wappen der ehemaligen Gemeinde Au
  22. Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 98
  23. Website Freiwillige Feuerwehr Au
  24. a b c Fremdenverkehrsverein Oberau: Brauchtum und Vereine (Memento des Originals vom 22. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berchtesgaden-oberau.com online unter berchtesgaden-oberau.com