Benutzer:Fehlerfuchs/Septemberaufstand (Bulgarien)

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Der Septemberaufstand (Bulgarisch: Септемврийско въстание, Septemvriysko vastanie), im kommunistischen Sprachgebrauch auch antifaschistischer Septemberaufstand, war eine bewaffnete Auseinandersetzung im September 1923 zwischen der Bulgarischen Kommunistischen Partei (BKP), der Bulgarischen Bauernpartei (BBP) und ihren paramilitärischen Organisationen und den Anarchisten auf der einen, sowie der bulgarischen Regierung der Demokratischen Eintracht, der Inneren Mazedonischen Revolutionären Organisation (IMRO) und den flüchtigen Truppen des Weißgardisten Wrangel auf der anderen Seite. Vor allem unter dem Druck der Komintern entschied sich die BKP, zu diesem Aufstand aufzurufen.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bulgarische Niederlage im Ersten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aleksandar Stambolijski

Am 15. September 1918 trat der französische General Franchet d'Esperey an der südbulgarischen Saloniki-Front zum Großangriff an. Sein Angriff konnte von den Mittelmächten erst an der ungarischen Grenze gestoppt werden. Diese militärische Niederlage hatte in Bulgarien ähnliche innenpolitische Folgen wie die Niederlage des Deutschen Kaiserreiches an der Westfront.

Am 27. September rief der spätere bulgarische Ministerpräsident Aleksandar Stambolijski die Republik aus und marschierte mit seinen Mitstreitern aus der BBP und anderen oppositionellen Kräften auf die Hauptstadt Sofia zu. Der Marsch auf Sofia wurde kurz vor den Außenbezirken der Stadt vom Feuer der Armee und der Polizei aufgehalten. Zwei Tage später kapitulierte das bulgarische Königreich im später griechischen Saloniki.

Ein knappes Jahr später, am 6. Oktober 1919, wurde Stambolijski zum Ministerpräsidenten gewählt und führte eine Koalitionsregierung an, die 1920 dank einer absoluten Mehrheit bei der Wahl zur Nationalversammlung durch eine Einparteienregierung der BBP abgelöst wurde.

Der Vertrag von Neuilly-sur-Seine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Vertrag von Neuilly-sur-Seine

Gebietsverluste Bulgariens nach dem Vertrag von Neuilly-sur-Seine

Eine der ersten Amtshandlungen, die die Regierung Stambolijski begehen musste, war die Ratifizierung des Vertrages von Neuilly-sur-Seine am 27. November 1919. Die Annahme des Vertrages gab den Extremisten im Land erheblichen Auftrieb. Gleiche Entwicklungen zeichneten sich auch in den anderen Ländern ab, die von den Pariser Vorortverträgen betroffen waren.

Bulgarien verlor durch den Vertrag seine hinzugewonnenen Gebiete aus dem Ersten Balkankrieg und seine Gebietsgewinne aus dem Ersten Weltkrieg. Weitere Inhalte waren erhebliche Reparationszahlungen, Rüstungsbeschränkungen und eine Beschränkung der Streitkräfte.

Die bulgarische Niederlage im Ersten Weltkrieg und den Vertrag von Neuilly-sur-Seine empfand die bulgarische Bevölkerung als nationale Katastrophe, die einherging mit jener des Zweiten Balkankrieges.

Die Regierung Stambolijski[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stambolijski, der auch Vorsitzender der Bauernpartei war, verfolgte mit seiner Regierung eine agrarsozialistische Politik. Das bedeutete, dass die BBP nur die bulgarischen Bauern und nicht die Arbeiter oder das bulgarische Proletariat als revolutionäres Element ansahen. Daher verweigerten sie auch eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten unter Georgi Dimitrow, die die stärkste Kraft hinter der BBP darstellten. Dennoch wurden die Reformen der Regierung von den BKP unterstützt, auch wenn ihr die Beteiligung an der Macht verwehrt blieb.

Am 9. Mai 1921 wurde eine Land- und Bodenreform verabschiedet, die vor allem die arbeitende und besitzlose Bauernschaft begünstigte. Die Beschlusslage sah vor, dass „aller Grundbesitz über 30 ha aufgeteilt (wird), (an) eine Einzelperson sollte 1 ha (gehen), eine Familie 10 ha bearbeiten (soll, ganz) nach dem Grundsatz, daß das Land dem gehören solle, der es bearbeitet.“ Die Reform schloss auch „kirchlichen und klösterlichen Besitz“ ein, was einer Säkularisierung des Grundbesitzes bedeutet hätte.

Weitere Gesetzesentwürfe und geplante Verfassungsänderungen, die das bulgarische Volk vor der Unterdrückung und Ausbeutung durch den Besitz an Privateigentum von Produktionsmitteln schützen sollten, waren zur Durchsicht und Abstimmung für den XVIII. Parteitag der BBP bestimmt. Zur Vorbereitung dessen, zog sich Stambolijski in seinen Geburtsort Slawowiza zurück.

Der Putsch gegen die Bauernregierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zar Boris III. von Bulgarien

Während Stambolijski nicht in der Hauptstadt Sofia weilte, schlugen die Putschisten am 9. Juni 1923 zu. Größtenteils bestanden sie aus den alten Eliten, die durch die neuen oder geplanten Reformen betroffen waren: der Adel, der Klerus und die Befehlshaber des Militärs.

Die ersten Maßnahmen, die die Putschisten ergriffen, waren die Unterbrechung aller Kommunikationswege in Sofia und von der Hauptstadt nach Außen. Ähnliche Schritte wurden im ganzen Land begangen. Des weiteren wurde versucht die BBP zu enthaupten und die politische Führung der Partei auszuschalten, sei es durch Exekution oder Gefangennahme. Die Parteimiliz des Bauernbundes die Orange Garde wurde durch Mitwisser zum Stillhalten gezwungen bzw. durch Polizei und Armee niedergehalten.

Dem bulgarischen König Boris III. waren die Putschpläne schon seit dem April 1923 bekannt. Auch ernannte er noch am eigentlich Putschtag den involvierten Universitätsprofessor Aleksandar Zankow zum neuen Ministerpräsidenten, bestätigte darüberhinaus sein Kabinett und nahm den Rücktritt des alten unter Stambolijski an.

Die BKP verhielt sich währendes des Putsches neutral. Dies lag vor allem begründet in den ideologischen Differenzen zwischen den beiden Parteien. Während die BBP die Fahne der Bauern hochhielt, taten die Kommunisten es für das werktätige Proletariat, die Arbeiter. So urteilten das Zentralkomitee (ZK), die Kontrollkommission, die Parlamentsfraktion und weitere namhafte Funktionäre, dass lediglich „eine Militär- und Polizeidiktatur, (nämlich) die der ländlichen Bourgeoisie, durch eine andere Militär- und Polizeidiktatur, (nämlich) die der städtischen Bourgeoisie“ ersetzt worden war. Der politische Sekretär des ZK der BKP, Christo Kabaktschiew, ließ im Parteiorgan, der Arbeiterzeitung, verlauten, dass „Die Arbeiterklasse und die werktätigen Bauern [...] sich nicht in den bewaffneten Kampf zwischen der ländlichen und städtischen Bourgeoisie einmischen (werden), denn das hieße, sich die Hände zu verbrennen und für andere, für ihre Ausbeuter und Unterdrücker die Kastanien aus dem Feuer zu holen.“ Aus diesem Sachverhalt ergab sich die so genannte Neutralitätstheorie. Die BKP und ihre nachgeordneten Organisationen hatten nicht in die Kämpfe zu intervenieren und hatten sich aus bereits eröffneten Kämpfen zu lösen und sich zurückzuziehen. Betroffen von diesem Befehl waren zumeist Kommunisten, die die kämpfenden Mitglieder der Orangen Garde unterstützt hatten.

Die erfolglosen Abwehrkämpfe der Arbeiter und Bauern gegen den Putsch wurden als Juniaufstand bekannt. Er begann am Tag des Putsches, am 9. Juni, und endete vier Tage später, am 13. Juni, als das letzte Widerstandsnest im Gebiet von Malko Tarnowo, an der türkischen Grenze, fiel.

Der Septemberaufstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einen Tag nach der Beendigung der Kämpfe, am 14. Juni, erhielt das ZK der BKP ein Telegramm vom Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationalen (EKKI). In diesem Schreiben äußerte sich das EKKI besorgt über eine Mitteilung, dass das ZK der BKP die Kämpfe gegen die neue Regierung in Plewen behindern würde. Schlussfolglich gab das Telegramm zu verstehen, dass die BKP zusammen mit Stambolijski kämpfen müsse, sonst würden die Kommunisten unter der neuen Regierung vernichtet werden.

Titelseite der Prawda

Am 29. Juni kritisierte das EKKI die Neutralitätstheorie des ZK der BKP im Parteiorgan der KPdSU (B), der Prawda, und veröffentlichte einen Aufruf an das bulgarische Volk, der sich für die Schaffung einer Einheitsfront aussprach.

Darauf folgend erreichte das ZK der BKP ein Schreiben am 2. Juli, in dem sich das EKKI gegenüber dem ZK entschuldigte, dass es angesicht der schweren Repressalien durch das Zankow-Regime so schwer kritisiert wird, aber es dennoch um Verständnis bat, dass die Neutralitätstheorie nicht unkommentiert gelassen werden konnte.

Das Vorspiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kritik des EKKI schlossen sich immer mehr Mitglieder an, die in allen Institutionen vertreten waren. Dennoch war die vorherrschende Meinung im ZK, dass die Meinungsverschiedenheiten mit dem Exekutivkomitee auf die ungenügende Informiertheit über die Situation innerhalb des Landes zurückzuführen seien.

Am 21. Juni erreichte der Bulgare und Generalsekretär der Komintern, Wassil Kolarow, das bulgarische Festland, um sich mit den Mitgliedern des ZK zu treffen. Das Treffen konnte jedoch erst am 5. August stattfinden, nachdem Kolarow selbst mehrmals inhaftiert worden war und in die Illegalität gehen musste, während sich das ZK ebenfalls zunehmender staatlicher Repression ausgesetzt sah. Auf dem Treffen verteidigten alle Wortbeiträge die Neutralitätstheorie, zweifelten jedoch die Taktik des ZK während des Putsches an. Bereits anderthalb Monate später wurde eine „Resolution des ZK der BKP (Engsozialisten) über die unmittelbaren Aufgaben der Partei“ verabschiedet, die vor allem im Schatten des Besuches des Generalsekretäres Kolarow stand. Die Resolution beinhaltete die Aussage, dass die logische Konsequenz des Staatsstreiches nur „der bewaffnete Aufstand der Massen im Namen der Arbeiter-und-Bauern-Regierung“ sein kann.

Die Neutralitätstheorie wurde auf die „Taktik des 'selbstständigen Klassenkampfes'“ umdefiniert, die Trennung zwischen BKP und BBP als richtig angesehen. In der marxistischen Definition wurde sie jetzt „in der neuen historischen Situation als veraltet“ angesehen. Daraufhin wurde sie durch die „Taktik der Zusammenarbeit [...] mit anderen nichtproletarischen politischen und Massenorganisationen und an erster Stelle mit der Bulgarischen Bauernpartei“ ersetzt.

Der Aufstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]