Bergführermuseum

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Bergführermuseum

Eingang des Bergführermuseums, als Vorbild für das lebensgrosse, hölzerne Standbild des Bergführers der Belle Époque dienten Fotos der Zaniglaser Bergführerpioniere wie Josef Marie Lochmatter
Daten
Ort Dorfstrasse 36, St. Niklaus Dorf, Kanton Wallis, Schweiz
Art
Kulturhistorisches Museum: historisches Bergführermuseum mit integrierter Mineralienausstellung und kleinem Heimatmuseum im Nebengebäude (Westseite des Meierturms)
Architekt Bau historischer Meierturm 1273
Eröffnung Bergführermuseum 2000
Betreiber
Gemeinde St. Niklaus VS
Leitung
Gemeinde St. Niklaus VS
Website

Das Bergführermuseum in St. Niklaus (walliserdeutsch: Zaniglas) im Schweizer Kanton Wallis führt ein in die Zeit der Alpin- und insbesondere der Zaniglaser Bergführerpioniere, die vor allem über die ersten zwei Generationen hinweg weltweit das Bergführerwesen massgeblich prägten. Die Bergführer von St. Niklaus haben weltweit über 300 Erstbesteigungen vollbracht.[1] Keine andere Gemeinde im Alpenraum hat so viele grosse Bergführer hervorgebracht wie St. Niklaus im Mattertal, das sich zum Zentrum des Bergführerwesens entwickelte.[2]

Gebäude: Meierturm von St. Niklaus (Zaniglas)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bergführermuseum im historischen Meierturm in St. Niklaus Dorf. Ansicht Nord- (rechts) und Ostseite des Meierturms.

Der Meierturm war Amts- und Wohnsitz des Meiers. 700 nach Christi Geburt entstand der Grossgrundbesitz mit genau festgelegten Rechten und Pflichten. Dafür wurde der Meier vom Bischof von Sitten als Verwalter eingesetzt.

Ende des 13. Jahrhunderts wurde der heute noch existierende Meierturm in St. Niklaus Dorf erbaut; er hatte damals noch drei Stockwerke und ein Pyramidendach. Anhand eingehender archäologischer Analysen, die 1986–1987 durchgeführt wurden, konnte das genaue Alter bestimmt werden. Die dendrochronologische Untersuchung am Mittelträger der Kellerdecke ergab die Jahreszahl 1273. Der alte Steinturm ist das älteste noch erhaltene Gebäude im Mattertal, vermutlich der ganzen Region.

Um 1690 wurde der typische Wehrturm mit fünf Geschossen und mit einer neuen Treppe versehen, welche heute noch bestehen. Das Pyramidendach wurde dabei in ein Satteldach umgebaut. Nach dem Untergang der Walliser Zehndendemokratie Ende des 18. Jahrhunderts ging der Turm in Privatbesitz über und diente ausschliesslich Wohnzwecken.

1971 wurde der Turm durch die Gemeinde St. Niklaus erworben. 1974 wurde der Meierturm unter den staatlich geschützten Denkmälern eingereiht. In den Jahren 1986–1996 wurde er mit Unterstützung des Staates, der Gemeinde, der Stiftung «Pro Nikolai» und der «Scintilla AG» vollständig renoviert. Im November 1996 wurden die Räumlichkeiten wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zur Heimattagung am 10. Juni 2000 erfolgte die Einweihung des ersten Bergführermuseums.

Geschichte: Das Projekt «Zaniglaser Bergführerwesen»[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das steinerne, 3,70 Meter hohe Bergführerdenkmal, das sich auf dem Kirchplatz von St. Niklaus Dorf befindet, konnte am 4. Juni 1995 eingeweiht werden. Auf Bronzetafeln sind die Namen aller verstorbenen Zaniglaser Bergführer mit Geburts- und Todesdatum aufgeführt, die periodisch nachgeführt werden und die auf den zwei mächtigen Augengneissteinen ausgehängt sind.

Am 10. Juni 2000 wurde das weltweit erste Bergführermuseum in St. Niklaus Dorf der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, das auf den insgesamt fünf Etagen des Meierturms eingerichtet wurde.

Räume[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das gestalterische Grundkonzept des Bergführermuseums präsentiert einerseits auf allen fünf Stockwerken bzw. in allen Lokalitäten inklusive Stiegenhaus des Meierturms die Leistungen der Bergführerpioniere mit den Utensilien aus Vergangenheit und Gegenwart und lässt andererseits die Räume multifunktional nutzen, wobei im «Burgerkeller» auch Gäste empfangen werden und in der «Burgerstube» kleinere Veranstaltungen und Versammlungen stattfinden. Zudem nutzen die Ortsgruppe St. Niklaus der Sektion Monte Rosa des Schweizer Alpen-Clubs und der Friedensrichter den ersten Stock, die Stiftung «Pro Nikolai» den dritten Stock. Der Meierturm, der vom Keller über die vier Stockwerke Räume mit verschiedenen Funktionen aufweist, wird mit dieser einmaligen Museumsgestaltung «zusammengehalten».

Beim Betreten des Bergführmuseums werden die Besucher akustisch begrüsst: In vier Minuten auf 4000 Meter. Dabei kann man die verschiedensten Abschnitte einer Bergbesteigung miterleben: die Geräusche wie Marschieren auf Wegen und Geröll, den Einstieg in den Fels, das Einschlagen von Haken, Traversieren von Eis und Schnee, Wind und Kälte, dazwischen Rufe einer Bergdohle sowie die physische Anstrengung bis zum Erreichen des Gipfels.

Das Bergführermuseum im historischen Meierturm in St. Niklaus Dorf zeigt insbesondere die Biografien der grossen Bergführerfamilien der Lochmatter, Knubel, Pollinger, Imboden usw. und illustriert herausragende Beispiele von Erstbegehungen dieser Pioniere:

Burgerkeller (Untergeschoss)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Burgerstube (Parterre)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anhand zweier Tafeln zum Thema Kunst und Alpinismus wird die Verbindung der St. Niklauser Bergführer zu zeitgenössischen Malern gezeigt (Edward Whymper, Edward Theodore Compton, Albert und François Gos sowie Arthur Hiltmann, der mit der St. Niklauserin Adelheid Fux des Rudolf verheiratet war).
  • Zudem sind hier auch Bergführerbücher der St. Niklauser Bergführer und weitergehende alpine Literatur zu finden.

Erster Stock[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Entwicklung des Bergführerberufes im Wallis
  • Bergführervereine
  • Winteralpinismus

Zweiter Stock[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lebensgrosse Figuren zeigen aus drei Epochen Kleidung und Ausrüstung der Bergführer.
  • Wichtige alpine Objekte der Bergführer und von Alpinisten sind in Vitrinen präsentiert. Diese Vitrinen in der Form von verschiedenen Bergkristallen wurden speziell für das Bergführermuseum entworfen und hergestellt.
  • Hierzu können Besucher auch eine Auswahl der schönsten Mineralienfunde des Mattertales sehen. Diese umfassen hauptsächlich Granat, Vesuvian, Diopsid, Epidot und Quarz, daneben ungewohntere Arten wie Perowskit, Natrolith, Edelserpentin und Klinochlor.
  • Ein dreidimensionales Modell des Weisshorns wurde im Massstab 1:625 für das Bergführermuseum gefertigt. (Das Weisshorn wird als einer der schönsten Berge des Mattertals angesehen und ist besonders beliebt bei den Alpinisten.)
  • Auf zwei Computerstationen kann man sich durch ein Multimediaprogramm navigieren, das speziell für das Bergführermuseum entwickelt wurde.

Darin gibt es den 3D-Geländeteil: In einem interaktiven, virtuellen Landschaftsmodell bewegt man sich frei zwischen den Bergen des Mattertals oder man wählt eines der vorgeschlagenen Panoramen. Verknüpft mit der Liste der Erstbesteigungen gelangt man zu den ortsrelevanten Informationen. Dieser Programmteil ist ein Novum und konnte nur in der Zusammenarbeit mit Spezialisten des Instituts für Kartographie der ETH Zürich und dem Bundesamt für Landestopographie erstellt werden. Dabei integriert die Multimedia-Produktion des Bergführermuseums den Panoramateil des Moduls «3D-Topografie» des Instituts für Kartographie, wobei den Panoramaansichten Hyperlinks unterlegt wurden, welche die Navigation zwischen 3D- und 2D-Teil sicherstellen.[3]

Dritter Stock[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • «Wie die St. Niklauser Bergführer lebten und wohnten».

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Christian Imboden: Berge: Beruf, Berufung, Schicksal. Rotten Verlag, Visp 2013, ISBN 978-3-907624-48-7.
  • Claudia Imboden: Kunst und Alpinismus: Ein erhabener Aufstieg zum eroberten Berg. Universität Basel, 2000.
  • Truffer, Rovina: Dar Turu va Zaniglas (Dokumentation der Renovationsarbeiten des Meierturms von St. Niklaus (1986–1996)). St. Niklaus 1996.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bergführermuseum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Alpen, Zeitschrift des Schweizer Alpen-Clubs, Angelo Brack, November 2014, Seite 66: Berge: Beruf, Berufung, Schicksal: «Viele noch nie veröffentlichte Fotos und unbekannte Fakten machen das Werk lesenswert.»
  • Walliser Bote, Thomas Rieder, 13. Juli 2013, Seite 3: «Über zwei Generationen hinweg prägten die St. Niklauser Bergführer weltweit den Anfang des Alpinismus in den verschiedensten Bereichen.»
  • Walliser Bote, Thomas Rieder, 12. Juli 2013, Seite 3: «Bergsteigerpioniere werden im Buch gewürdigt. Ganze Epoche geprägt.»
  • Die Alpen, Zeitschrift des Schweizer Alpen-Clubs, Redaktion, 7 / 2000: Erstes Bergführermuseum in St. Niklaus.
  • Newsletter Alpine Club, Redaktion, 3 / 2000, Seite 5: Museum of Alpine Guides in St. Niklaus. A museum dedicated to alpine guides was opened in St Niklaus on 10th June 2000. The museum celebrates the achievements of guides from the Imboden, Knubel, Lochmatter and Pollinger families, all of whom came from St Niklaus.
  • Rhone Zeitung (RZ), Waldemar Schön, 14. April 2000, Seite 15: «Ein Konzept von 1992 sah vor, diese Tradition mit einem Denkmal, einem Museum und einem Buch wieder aufleben zu lassen.»
  • Valais – Wallis, Monatszeitschrift, Christian Imboden, März 1996: Drei «Zaniglaser» bei der Erstbesteigung des Aconcagua.
  • Basler Zeitung, Fredy Widmer, 2. Juni 1995: Die grosse Tradition der «Zaniglaser» Bergführer.
  • Walliser Bote, Stefan Eggel, 2. Juni 1995, Seite 8: «Bergführer aus St. Niklaus haben eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Alpinismus und speziell des Bergführerwesens gespielt. Zaniglaser (Anmerkung: St. Niklauser) Bergführer leisteten im In- und Ausland Pionierarbeit.»
  • Neue Zürcher Zeitung, Christine Kopp, 12. Januar 1995, Seite 61: «Obwohl die Bergführer aus St. Niklaus ein wichtiges Kapitel des Alpinismus geschrieben haben, ist ihre Geschichte in neuerer Zeit mehr oder weniger in Vergessenheit geraten.»
  • Die Alpen, Zeitschrift des Schweizer Alpen-Clubs, Christian Imboden, 1 / 1995, Seite 105 ff.: Die Anfänge des Tourismus in den Alpen / Les débuts du tourisme dans les Alpes.
  • Die Seilschaft, Zeitschrift der Sektion Monte Rosa des Schweizer Alpen-Clubs, Christian Imboden, 3 / 1995, Seite 8: «Auf dem grösseren, über 3 Meter hohen Stein wurden die gegen hundert Namen der Bergführer aus St. Niklaus mit Geburts- und Todesjahr aufgelistet. Den grossen Bergführerpionieren Josef Marie Lochmatter, Peter Knubel, Alois Pollinger, Josef Imboden und Peter Sarbach wurde auf dem kleineren Stein unter dem Emblem des SBV der ihnen gebührende Platz zugewiesen.»
  • Die Seilschaft, Zeitschrift der Sektion Monte Rosa des Schweizer Alpen-Clubs, Christian Imboden, 6 / 1995, Seite 9: «Aufgrund der Initiative des Präsidenten des Vereins Zaniglaser Bergführerwesens und dank der tatkräftigen Unterstützung seiner Mitglieder sowie vieler grosszügiger Gönner konnte am Pfingstsonntag, dem 4. Juni 1995, das Bergführerdenkmal zu Ehren der Zaniglaser Bergführer in St. Niklaus Dorf eingeweiht werden.»
  • 13 Etoiles, Christian Imboden, September 1994: Les guides de montagne de Saint-Nicolas.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Erstbegehungen der St. Niklauser Bergführer bis zur Gegenwart. In: Berge: Beruf, Berufung, Schicksal. Rotten Verlag, Visp 2013, S. 108–157.
  2. Carl Egger: Pioniere der Alpen. 1946, S. 311.
  3. 75 Jahre Institut für Kartographie der ETH Zürich. In: Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik. Band 98, Nr. 10, 2000, S. 606.
    William Cartwright, Michael P. Peterson, Georg Gartner (Hrsg.): Multimedia Cartography. Springer, 2007, S. 162 (englisch).

Koordinaten: 46° 10′ 32,7″ N, 7° 48′ 5,8″ O; CH1903: 628030 / 113875