Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch
Logo
Partei­vorsitzender Teyfik Özcan
Gründung 2024
Europaabgeordnete
0/96
Website dava-eu.org

Die Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch (DAVA) ist eine politische Vereinigung in Deutschland[1], die im Januar 2024 gegründet wurde und bei der Europawahl in Deutschland 2024 antreten will. Danach will sie sich bundesweit etablieren und in eine Partei umwandeln.[2] Sie wurde im März 2024 von der Bundeswahlleiterin zur Europawahl 2024 zugelassen. Sie gilt als Erdoğan-nah.

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Apronym DAVA steht für Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch. Es ist gleichlautend mit dem vieldeutigen türkischen Wort dava,[3] das an den arabischen Begriff Da'wa erinnert.[4][5] Wird das Wort in einem politischen Kontext verwendet, hat es einen starken religiösen Bezug. Der türkische Präsident Erdoğan verwendet es in der Bedeutung „Der richtige Weg“[6] beziehungsweise „unsere Sache“.[7] Im Arabischen bezeichnet es unter anderem die Missionierung von Nicht-Muslimen.[8]

Gründung und politische Ausrichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 16. Januar 2024 veröffentlichte der Vorsitzende Teyfik Özcan auf Facebook eine Gründungserklärung mit den politischen Zielen der Vereinigung und möglichen Spitzenkandidaten für die Europawahlen 2024.

Die Vereinigung setzt sich nach eigenen Angaben dafür ein, dass „Menschen mit ausländischen Wurzeln ihre Rechte in vollem Umfang zugesprochen bekommen“. Sie will Diskriminierung im Alltag, Ungleichbehandlung, Ausgrenzung sowie Kinder- und Altersarmut bekämpfen. Zudem positioniert sie sich gegen Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus und bekennt sich zu Vielfalt und Toleranz.

Die DAVA wäre nach Angaben der Stiftung für Türkeistudien und Integrationsforschung nach dem Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit und der Allianz Deutscher Demokraten die dritte Partei aus dem „konservativ-nationalistischen und religiösen Milieu der türkischen Regierungspartei“. Laut jener Stiftung konzentriere sich die DAVA „vor allem auf Identitätsfragen“.[9]

Spitzenkandidaten und Verbindungen zur AKP[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bisher wurden der Parteivorsitzende und drei Spitzenkandidaten der DAVA bekannt gegeben. Alle vier sollen sich in der Vergangenheit für die türkische AKP oder deren Ableger engagiert haben.[10] Zu den Spitzenkandidaten gehören der Hamburger Arzt Mustafa Yoldaş, Gründungsmitglied des European Tulips Club e.V. (Netzwerk und Entwickler interkultureller Strategien zur Verständigung)[11] sowie ehemaliger Vorsitzender der Schura Hamburg und der im Jahr 2010 verbotenen islamistischen Internationalen Humanitären Hilfsorganisation, und der Arzt Ali İhsan Ünlü, ehemaliger Generalsekretär der Organisation DİTİB. Der Solinger Rechtsanwalt Fatih Zingal und der Vorsitzende Teyfik Özcan waren früher Mitglieder der SPD.[12][13] Zingal bestreitet, dass die DAVA der „verlängerte Arm“ Erdoğans oder der AKP sei.[14]

Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vereinigung wird als „Erdoğan-nah“ und „türkisch-islamistisch“ bezeichnet.[10][15]

Der Journalist Eren Güvercin sieht die Vereinigung als Instrument des türkischen Präsidenten Erdoğan zur politischen Einflussnahme in Deutschland und der EU. Er sieht in der Gründung einen weiteren Versuch Erdoğans, seine politische Agenda durch einen „Propagandalautsprecher“ im Europaparlament zu vertreten. Güvercin weist auf direkte Verbindungen der Gründungsmitglieder und EU-Kandidaten zu türkisch-nationalistischen und islamistischen Kreisen hin und fordert deutsche demokratische Parteien auf, eine klare Strategie zu entwickeln, um der türkischen Einflussnahme entgegenzutreten. Bisher bestehe dafür ein mangelndes politisches Bewusstsein.[16]

Der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries warnte vor der potenziellen Partei und forderte die Sicherheitsbehörden auf, ihre Aktivitäten und ihre Verbindungen zur türkischen Regierung genau zu beobachten.[10] Andere Politiker äußerten ähnliche Bedenken und warnten vor einer direkten Einflussnahme der türkischen Regierung auf die deutsche Politik durch die DAVA.[15]

Ali Ertan Toprak, CDU-Politiker und Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschlands, bezeichnet die DAVA als antidemokratisch, als deutschen Ableger der AKP und als türkische AfD.[8]

Wahlpotential und Einfluss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts könnte die Vereinigung auf ein größeres Wählerpotenzial zurückgreifen. Von den 5,5 Millionen in Deutschland lebenden Muslimen haben 2,5 Millionen die deutsche Staatsbürgerschaft. Würden diese die DAVA wählen, würde sie die Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahlen überspringen. Das Parteipersonal von Dava hat jedoch (mit Stand Februar 2024) einen rein türkischen Hintergrund. Von den 2,5 Millionen Muslimen, die deutsche Staatsbürger sind, haben 1,5 Millionen eine türkische Abstammung. Insbesondere in Großstädten mit einem hohen Anteil türkischstämmiger Wähler könnte die DAVA bei Kommunalwahlen eine Rolle spielen.[9][17][18][19] Laut der Stiftung für Türkeistudien und Integrationsforschungsei ein großer Teil der 1,5 Millionen deutschen Staatsbürger mit türkischer Abstammung „eher liberal orientiert“ und „politisch im Mitte-Links-Spektrum verortet“, und würde „eher nicht“ für DAVA stimmen.[9] Jenseits der Deutsch-Türken möchte die Partei aber generell Migranten ansprechen; im Besonderen jene muslimischen Glaubens, die von den etablierten Parteien enttäuscht sind.[20]

Wahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DAVA wurde Ende März 2024 von der Bundeswahlleiterin zur Europawahl 2024 zugelassen.[21] Der Wahlausschuss prüfte bei der Zulassung nicht die Verfassungsmäßigkeit der Vereinigung, sondern lediglich, ob die formellen Anforderungen für die Zulassung zur Wahl erfüllt sind.[22] Als Kandidaten treten neben Fatih Zingal[5] Ali Ihsan Ünlü, ehemaliger Vorstand der DITIB in Niedersachsen und Mustafa Yoldaş, der sich für die islamisitische Vereinigung Millî Görüş engagierte, zur Europawahl an.[23]

Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Verlängerter Arm Erdogans? - Was über die neu gegründete politische Gruppierung DAVA bekannt ist. Deutschlandfunk, abgerufen am 1. Februar 2024.
  2. Umstrittene Gruppierung Dava will bei Bundestagswahl antreten. In: Süddeutsche Zeitung, abgerufen am 24. Februar 2024.
  3. dava. In: Langenscheidt Türkisch-Deutsch Wörterbuch, abgerufen am 24. Februar 2024.
  4. Verlängerter Arm Erdogans? - Was über die neu gegründete politische Gruppierung DAVA bekannt ist. Deutschlandfunk, abgerufen am 7. Februar 2024.
  5. a b Teresa Peters: Türkeistämmige Wähler im Blick: DAVA auf Stimmenfang in Hessen. In: Hessenschau, 22. Februar 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  6. Christian Parth: viel Erdoğan steckt in der neuen Partei?. In: Die Zeit, 30. Januar 2024, abgerufen am 24. Februar 2024.
  7. Timur Tinç :DAVA will enttäuschte Migranten erreichen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, abgerufen am 24. Februar 2024.
  8. a b Lotte Laloire: Über neue Partei Dava: „Das ist eine türkische AfD“. In: taz. 30. Januar 2024, abgerufen am 30. Januar 2024.
  9. a b c Katrin Elger: Migrationsforscher über Erdoğan-nahe Vereinigung in Deutschland: »Ich würde Dava nicht wählen« In: Der Spiegel, 1. Februar 2024, abgerufen am 1. Februar 2024 (Bezahlschranke)
  10. a b c Besorgnis über möglichen Ableger der AKP. In: tagesschau.de. 28. Januar 2024, abgerufen am 29. Januar 2024.
  11. Registerportal der Länder - VR 39313B, Amtsgericht Charlottenburg. Abgerufen am 3. Februar 2024.
  12. CDU warnt vor Erdoğans neuer Partei in Deutschland. In: Zeit Online. 28. Januar 2024, abgerufen am 29. Januar 2024.
  13. DAVA will enttäuschte Migranten erreichen. Mit Interview des Vorsitzenden des SPD-OV Dreieich zu Tevfik Özkan. Abgerufen am 8. Februar 2024.
  14. Tobias Schrörs: DAVA-Kandidat Zingal | „Wir sind nicht der verlängerte Arm von Erdoğan“. In: faz.net. 12. Februar 2024, abgerufen am 15. April 2024.
  15. a b Politiker warnen vor Erdogan-naher Partei in Deutschland. In: welt.de. 29. Januar 2024, abgerufen am 29. Januar 2024.
    Erkan Pehlivan: Wie Erdogan seinen Einfluss in Deutschland und Europa ausbauen möchte. In: Frankfurter Rundschau. 17. Januar 2024, abgerufen am 29. Januar 2024.
  16. Eren Güvercin: Erdogans Stellvertreter in Deutschland. In: Jüdische Allgemeine, 8. Februar 2024, abgerufen am 14. April 2024
  17. Alexandra Heidsiek: Warnungen vor Erdogan-naher Partei in Deutschland: „Das Letzte, was wir brauchen“. In: Frankfurter Rundschau. 29. Januar 2024, abgerufen am 30. Januar 2024.
  18. Nils Hinsberger: „Wählerpotential ist da“ – CDU warnt vor Islam-Partei in Deutschland. In: merkur.de. 2. Dezember 2023, abgerufen am 30. Januar 2024.
  19. Hugo Müller-Vogg: „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ - Erdogan-Jünger wollen bei uns Politik machen. In: Cicero Online. 30. Januar 2024, abgerufen am 30. Januar 2024.
  20. Andreas Herteux: Parteineugründung DAVA: Wie erfolgreich kann eine Migrantenpartei werden? In: focus.de. 2. Februar 2024, abgerufen am 19. Februar 2024.
  21. 2024: Der Bundeswahlausschuss lässt 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen zu. In: Die Bundeswahlleiterin, Pressemitteilung Nr. 14/24, 29. März 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  22. Dava, Letzte Generation und BSW dürfen zur Europawahl antreten. In: Die Zeit, 29. März 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  23. Fragen und Antworten: Was hat es mit der DAVA auf sich?. In: NDR, 19. Februar 2024, abgerufen am 30. März 2024.