Evangelische Kirche von Westfalen

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Logo der Evangelischen Kirche von Westfalen
Karte
Karte der Evangelischen Kirche von Westfalen
Basisdaten
Fläche: 20.168 km²
Bekenntnis: Uniert
Leitende Geistliche: Präses Annette Kurschus
Mitgliedschaft: UEK
Kirchenkreise: 28
Kirchengemeinden: 494 (01.November2017[1])
Gemeindeglieder: 2.312.068 (31. Dezember 2015[2])
Anteil an der
Gesamtbevölkerung:
29,2 %
Offizielle Website: www.evangelisch-in-westfalen.de

Die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) ist eine von 20 Gliedkirchen (Landeskirchen) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Wie alle Landeskirchen ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie hat ihren Sitz in Bielefeld. Die Evangelische Kirche von Westfalen hat etwa 2,31 Millionen Gemeindemitglieder (Stand: Dez. 2015) in 494 Kirchengemeinden und 28 Kirchenkreisen, die in 11 Gestaltungsräumen zusammengefasst sind. Sie unterhält 873 Kirchen und Kapellen. Die Evangelische Kirche von Westfalen ist eine der unierten Kirchen innerhalb der EKD. Die Kirche ist auch eine Gliedkirche der Union Evangelischer Kirchen und Mitglied der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa.

Die Landeskirche unterhält eine Evangelische Akademie mit Sitz im Haus Villigst in Schwerte sowie eine Hochschule für Kirchenmusik in Herford.

Gebiet der Landeskirche

Das Gebiet umfasst im Wesentlichen die bis 1946 bestehende ehemalige preußische Provinz Westfalen. Nach der Auflösung des Staates Preußen nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet Bestandteil des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen und umfasst heute den Landesteil Westfalen, also die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold (ohne den Kreis Lippe) und Münster. Es gibt kleinere Abweichungen des Gebiets der Landeskirche von dem der ehemaligen Provinz Westfalen; so gehören beispielsweise die niedersächsischen grenznahen Ortschaften Stemshorn und Büscherheide dazu, während die westfälische, an der Grenze zu Hessen liegende Stadt Hallenberg zur Kirchengemeinde Bromskirchen in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gehört. Die rheinland-pfälzischen Gemeinden Mudersbach und Brachbach gehören zur westfälischen Kirchengemeinde Niederschelden im Kirchenkreis Siegen. Der Kreis Lippe umfasst im Wesentlichen das Gebiet des ehemaligen Landes Lippe und gehört – abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie der Stadt Lügde, einer westfälischen Exklave – nicht zur westfälischen Kirche, sondern zur eigenständigen Lippischen Landeskirche.

Geschichte

Das Gebiet der heutigen Evangelischen Kirche von Westfalen bestand vor 1800 aus einer Vielzahl von eigenständigen Territorien, die im Laufe der Geschichte mehrmals ihre Grenzen veränderten und zum Teil schon sehr früh die Reformation einführten. Den größten Anteil am Gebiet hatten das Kurfürstentum Köln (mit dem Herzogtum Westfalen und dem Vest Recklinghausen), die Fürstbistümer Münster, Paderborn und Minden, die Grafschaft Mark (Reformation ab 1524), die Grafschaft Ravensberg (Reformation ab 1541) und die Grafschaft Nassau-Siegen. Die geistlichen Territorien blieben im 16. Jahrhundert bis auf Minden katholisch, während in den meisten weltlichen Herrschaften der protestantische Glaube maßgeblich wurde. Hier war die lutherische Lehre vorherrschend, doch gab es auch reformierte Gebiete, vor allem das Siegerland, die Wittgensteiner Grafschaften sowie die Grafschaft Tecklenburg. Eine prägende Rolle für die Einführung der Reformation gewannen für ihr jeweiliges Umland viele der größeren Städte, so etwa Minden[3], Herford[4], Soest[5] und Dortmund[6].

Mark, Ravensberg und Minden kamen im 17., Tecklenburg im 18. Jahrhundert zu Brandenburg-Preußen, weitere Gebiete erhielt Preußen nach dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 bzw. (nach der Zeit der französischen Herrschaft) nach dem Wiener Kongress 1815. Danach bildete Preußen aus seinen Gebieten im westfälischen Raum die Provinz Westfalen mit der Hauptstadt Münster.

In dieser Zeit entstanden auch die kirchlichen Verwaltungsstrukturen der Provinz Westfalen. Als zentrale kirchliche Verwaltungsbehörde wurde das Konsistorium in Münster errichtet. Summus episcopus („oberster Bischof“) für die evangelischen Kirchen in Preußen und damit auch in der Kirchenprovinz Westfalen war der preußische König. 1817 rief König Friedrich Wilhelm III. aus Anlass des dreihundertjährigen Jubiläums der Reformation zu einer Union der Gemeinden lutherischen und reformierten Bekenntnisses, zu gemeinsamem Gottesdienst und zur Feier des Abendmahls in einheitlicher Form auf. Weithin begeistert wurde dieser Aufruf aufgenommen; an zahlreichen Orten, an denen es reformierte und lutherische Gemeinden gab, schlossen diese im Laufe der folgenden Jahre Unionsverträge ab und vereinigten sich so nicht nur gottesdienstlich, sondern auch juristisch. Zu einem Charakteristikum der Union in Preußen sollte es werden, dass es hier (anders als in Nassau und in Baden) trotz mehrfacher Anläufe nicht gelang, eine Lehreinheit des lutherischen und des reformierten Bekenntnisses zu formulieren; vielmehr wurde den einzelnen Kirchengemeinden ausdrücklich zugesichert, dass ihr Bekenntnisstand durch den Beitritt zur Union nicht angetastet und verändert würde. Somit entstand innerhalb des Staates Preußen in den Grenzen von 1815 eine unierte evangelische Landeskirche, die „Evangelische Kirche in Preußen“, die bis zu ihrer faktischen Umwandlung in einen Kirchenverbund 1945 mehrmals ihren Namen änderte; zuletzt bezeichnete sie sich seit 1922 als Evangelische Kirche der altpreußischen Union. Die preußische Landeskirche umfasste vor 1921 die folgenden Kirchenprovinzen: Brandenburg (mit Berlin), Ostpreußen, Pommern, Posen, Rheinland (mit Hohenzollern), Sachsen, Schlesien, Westpreußen und Westfalen.[7] In jeder Kirchenprovinz bestand somit ein Provinzialkonsistorium (in einigen auch zwei), das für die Verwaltung der Kirche zuständig war. In Westfalen war dieses in Münster ansässig. 1819 tagte in Lippstadt die erste westfälische Synode; an ihrer Spitze stand ein Präses. Die Kirchenverwaltung oblag jedoch dem Konsistorialpräsidenten in Münster, dessen Funktion anfangs der Oberpräsident der Provinz Westfalen in „Personalunion“ ausübte. Erst Jahre später wurde ein eigenständiger Konsistorialpräsident eingesetzt.

Am 5. März 1835 erhielt die Provinzialkirche zusammen mit der Kirchenprovinz Rheinland eine Kirchenordnung, der 1855 drei sogenannte „Bekenntnisparagraphen“ vorangestellt wurden, die das Miteinander und Nebeneinander der Kirchengemeinden lutherischen, reformierten und unierten Bekenntnisses beschrieben, so dass trotz der Union die einzelnen Gemeinden ihre jeweilige Bekenntnisbindung behielten. Die kirchliche Leitung und Verwaltung wurde aber durch dieselben Institutionen wahrgenommen – das Konsistorium in Münster und die Superintendenten der „Kreisgemeinden“ (Kirchenkreise). In jener Zeit wurden auch die Ämter des Generalsuperintendenten (geistlicher Leiter der Provinzialkirche) und des Präses (Vorsitzender der Provinzialsynode) geschaffen.

1850 wurde als oberste Kirchenbehörde für die preußische Landeskirche der Evangelische Oberkirchenrat (EOK) in Berlin eingerichtet. Die 1866 neu zu Preußen hinzugekommenen Provinzen behielten ihre eigene kirchliche Leitung und Verwaltungen und wurden nicht in die preußische Unionskirche eingegliedert. Nach 1874 nannte sich die Kirche „Evangelische Landeskirche der älteren Provinzen Preußens“.

Nach dem Ersten Weltkrieg entfiel mit dem Ende der Monarchie das landesherrliche Kirchenregiment. Die preußische Landeskirche formte entsprechend ihre Leitungsstrukturen um. Die Verfassungsurkunde der „Evangelischen Kirche der altpreußischen Union“ von 1922 sah eine Leitung der Landeskirche durch Generalsynode und Kirchensenat (dem neben dem Generalsuperintendenten auch der Präsident des Evangelischen Oberkirchenrats in Berlin angehörte) vor. Für die westfälische Provinzialkirche erlangten nun die Provinzialsynode und der Provinzialkirchenvorstand die Leitungsgewalt – bei Wahrung besonderer Rechte des Generalsuperintendenten, des Konsistorialpräsidenten und des Präses der Provinzialsynode. Eine entsprechende Überarbeitung der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung wurde am 6. November 1923 verabschiedet; sie trat am 1. Dezember 1924 in Kraft.

In der Zeit des Nationalsozialismus galt die westfälische Provinzialkirche als eine der wenigen „intakten Kirchen“, in denen die Deutschen Christen keinen entscheidenden Einfluss von Dauer gewinnen konnten. Nur kurzzeitig gab es an ihrer Spitze mit Bruno Adler von den Deutschen Christen einen Bischof mit Sitz in Münster.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bzw. nach Auflösung des Staates Preußen 1947 wurden die noch verbliebenen sechs alten Kirchenprovinzen Preußens zu selbständigen Landeskirchen. Sie traten alle der „Evangelischen Kirche in Deutschland“ EKD bei. Für die westfälische Provinzialkirche (ab 13. Juni 1945: „Evangelische Kirche von Westfalen“) wurde am 1. Dezember 1953 eine neue Kirchenordnung beschlossen, die zum 1. April 1954 in Kraft trat. Die drei bisherigen Spitzenämter der Provinzialkirche wurden nun im Amt des Präses gebündelt; erster Amtsinhaber des Präsesamts neuen Zuschnitts war Karl Koch, der schon 1927–1934 Präses der Provinzialsynode gewesen war und – nach deren deutschchristlicher Auflösung – 1934–1945 als Präses der Bekenntnissynode vorgestanden hatte. Das Konsistorium wurde von Münster nach Bielefeld verlegt; als neue Bezeichnung wählte man „Landeskirchenamt“. Für dieses wurde ein Neubau am Altstädter Kirchplatz in Bielefeld errichtet, der am 26. April 1956 eingeweiht wurde.

Die frühere Evangelische Kirche der altpreußischen Union wurde durch eine Abmachung am Rande der Kirchenversammlung von Treysa am 31. August 1945 umgeformt zu einem bloßen Verbund von Gliedkirchen, der 1951 eine neue Grundordnung bekam und der sich 1953 – auf Druck der DDR-Regierung – gezwungen sah, die Bezeichnung „altpreußisch“ aus seinem Namen zu streichen und hinfort nur noch als „Evangelische Kirche der Union“ (EKU) zu firmieren; auch diese gehörte der EKD an. Die EKU schloss sich 2003 mit weiteren Landeskirchen aus der Arnoldshainer Konferenz zur „Union Evangelischer Kirchen“ (UEK) zusammen, deren Kirchenkanzlei seit 2008 nicht mehr in Berlin besteht, sondern sich als Kirchenamt in Hannover befindet und unmittelbar mit der EKD verbunden ist.

Während des Zweiten Weltkriegs hatten ausgebildete Theologinnen zum Militärdienst eingezogene Pfarrer vertreten, aber nach 1945 wurden sie wieder aus dem Pfarramt verdrängt. Wie in anderen Landeskirchen der EKD hatten Frauen zunächst nur die Möglichkeit, als „Vikarin“ am Dienst der Verkündigung an Frauen und Kindern mitzuwirken. Ab 1964 konnten Frauen als „Pastorinnen“ ordiniert werden und Pfarrstellen bekleiden, waren aber zur Ehelosigkeit verpflichtet. Die volle rechtliche Gleichstellung mit ihren männlichen Kollegen erreichten sie 1974.[8]

Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare wurde 2013 in der Evangelischen Kirche von Westfalen erlaubt.[9]

Leitung der Landeskirche

An der Spitze der Evangelischen Kirche vom Westfalen steht der Präses, der von der Landessynode auf acht Jahre gewählt wird. Mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres tritt der Präses in der Regel in den Ruhestand. Der Präses ist geistlicher und juristischer Leiter der Kirche sowie Vorsitzender der Landessynode.

Vor 1948 gab es drei Ämter in der Kirchenleitung: einen Generalsuperintendenten als geistlichen Leiter, einen Präsidenten des Konsistoriums als juristischen Leiter und den Präses als Vorsitzenden der Synode.

Geistliche Leiter der Evangelischen Kirche in Preußen waren also Generalsuperintendenten, von denen es in ganz Preußen insgesamt zwölf gab. Das Amt des Generalsuperintendenten wurde kurz nach der Reformation eingeführt, später wieder aufgelöst und dann erst 1828 erneut eingeführt. In Westfalen konnte der erste Generalsuperintendent jedoch erst 1835 nach Verabschiedung der Kirchenordnung sein Amt antreten.

Nach Wegfall des landesherrlichen Kirchenregiments 1918 bildeten Generalsuperintendent, Präsident des Konsistoriums und Präses die Kirchenleitung der westfälischen Provinzialkirche. Nach Auflösung des Staates Preußen im Jahre 1947 wurde die westfälische Provinzialkirche formell selbständig und das neue Amt des Präses eingeführt, der nunmehr alle drei bisherigen Ämter in einer Person vereinigt.

Konsistorialpräsidenten

Ab 1948 übernahm der Präses das Amt des Konsistorialpräsidenten.

1815–1844: Ludwig Freiherr von Vincke, Oberpräsident der Provinz Westfalen
1845–1846: Eduard von Schaper, Oberpräsident der Provinz Westfalen
1846–1850: Eduard Heinrich von Flottwell, Oberpräsident der Provinz Westfalen
1850–1871: Franz von Duesberg, Oberpräsident der Provinz Westfalen (Tatsächlich führten jedoch die Generalsuperintendenten Graeber und Wiesmann die Amtsgeschäfte.)
1871–1891: Karl Friedrich Wilhelm Hering, Konsistorialpräsident
1892–1898: Karl von Westhoven, Konsistorialpräsident
1898–1905: Hermann August Wilhelm Stockmann, Konsistorialpräsident
1905–1923: Günther von Sydow, Konsistorialpräsident
1925–1933: Gottfried Bartels, Konsistorialpräsident
1936–1948: Kurt Gerhard Thümmel, Konsistorialpräsident (1936–1938 kommissarisch)

Generalsuperintendenten

Das Amt wurde erst 1836 geschaffen. Ab 1948 übernahm der Präses das leitende geistliche Amt der Landeskirche.

1836–1846: Wilhelm Johann Gottfried Ross
1846–1856: Franz Friedrich Graeber
1857–1883: Franz Julius Wiesmann
1883–1905: Johannes Friedrich Ferdinand Gustav Nebe
1905–1930: Christian Heinrich Wilhelm Zoellner
1931–1934/1944: Wilhelm Weirich (ab 1936 übernahmen Präses Karl Koch für die nichtdeutschchristlich orientierten Gemeinden und Pfarrer und der Münsteraner Pfarrer Walter Fiebig für die deutschchristlich ausgerichteten Pfarrer und Gemeinden jeweils das Amt der Geistlichen Leitung)

Bischof

1933–1936: Bruno Adler

Als Leiter der Deutschen Christen in Westfalen wurde Bruno Adler vom Kirchensenat der Westfälischen Provinzialkirche zu deren erstem (und einzigem) Bischof mit dem Titel „Bischof von Münster“ ernannt.[10][11] Infolge des Widerstandes der Bekennenden Kirche gegen seine Amtsführung wurde er 1936 vom Provinzialkirchenausschuss abberufen.[12]

Präsides

Bis 1934 (1945) war der Präses Vorsitzender der Provinzialsynode, seit 1945 ist er nicht nur Vorsitzender der Landeskirche, sondern auch der Kirchenleitung und des Landeskirchenamtes; zugleich nimmt er seitdem auch die Aufgaben des früheren Amtes des Generalsuperintendenten wahr und übt damit das „Hirtenamt“ in der Landeskirche aus. 2012 wurde erstmals eine Frau in dieses Amt gewählt.

1834–1835: Jakob von der Kuhlen
1835–1841: Christian Nonne
1841–1843: Bernhard August Jacobi
1844–1874: Diedrich Wilhelm Albert
1874–1902: Ludwig Heinrich Philipp Polscher
1902–1914: Friedrich Adolf König
1914–1927: Heinrich Friedrich Wilhelm Kockelke
1927–1949: Karl Koch (bis 1934 Präses der Provinzialsynode, 1934–1945 der Bekenntnissynode, ab 1945 der Landessynode)
1949–1968: Ernst Wilm
1969–1977: Hans Thimme
1977–1985: Heinrich Reiß
1985–1996: Hans-Martin Linnemann
1996–2004: Manfred Sorg
2004–2012: Alfred Buß
2012–0000: Annette Kurschus

Landessynode

Als „Parlament“ hat die Landeskirche eine Landessynode. Deren Mitglieder, die Synodale, werden auf vier Jahre von den Kreissynoden entsandt. Die Aufgabe der Synode ist ähnlich wie die von politischen Parlamenten. Vorsitzender der Synode ist der Präses, seit 1948 gleichzeitig leitender Geistlicher der Landeskirche sowie Leiter des Landeskirchenamts (ehemals Konsistorium) in Bielefeld.

Bekenntnisstand

Die Evangelische Kirche von Westfalen vereint als unierte Kirche Gemeinden lutherischen, reformierten und unierten Bekenntnisstandes.[13]

Verwaltung der Landeskirche

Kirchenleitung

Landeskirchenamt in Bielefeld

Der Präses hat den Vorsitz der auf acht Jahre gewählten Kirchenleitung („Regierung“ der Kirche), die im Auftrag der Landessynode die Kirche leitet. Der Amtssitz des Präses und der Kirchenleitung befindet sich am Sitz des Landeskirchenamtes in Bielefeld. Der Kirchenleitung gehören neben dem Präses selbst noch 17 weitere Mitglieder an. Sieben Mitglieder sind hauptamtliche Mitglieder der Kirchenleitung (Präses, Vizepräsidenten, Oberkirchenräte als Leiter von Dezernaten), und elf Mitglieder sind nebenamtlich tätig.[14]

Landeskirchenamt

Der Präses ist Vorsitzender des Landeskirchenamtes. Neben ihm stehen der theologische Vizepräsident als Vertreter des Präses, seit 2010 Albert Henz, und der juristische Vizepräsident und Finanzdezernent, seit 2016 Arne Kupke, an der Spitze des Amtes. Das Landeskirchenamt gliedert sich in eine Präsidialabteilung, sechs Dezernatsgruppen, denen die Dezernate und Referate zugeordnet sind, sowie in weitere Bereiche. Die Behörde hat rund 260 Mitarbeiter.[15]

Als Landeskirchenamt wird auch das Kollegium bezeichnet, das im Auftrag der Kirchenleitung die laufenden Geschäfte führt. Dem Gremium gehören unter Vorsitz des Präses die beiden Vizepräsidenten und weitere Dezernenten an.

Aufbau

Die Landeskirche ist als Organisation von unten nach oben wie folgt aufgebaut:

An der Basis stehen die Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gewählten Leitungsorganen, den Presbyterien. Deren gewählte Mitglieder heißen „Presbyter“ bzw. „Presbyterinnen“. Dem Presbyterium einer Kirchengemeinde gehören auch deren Pfarrer an.

Mehrere Kirchengemeinden bilden zusammen einen Kirchenkreis, der die mittlere Ebene im dreistufigen Aufbau der Landeskirche bildet (in der staatlichen Verwaltung einem Landkreis vergleichbar), an dessen Spitze ein Superintendent steht. Die Kirchenkreise sind ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts und haben als Leitungsorgane die Kreissynode, deren Mitglieder von den Presbyterien der zugehörigen Kirchengemeinden entsandt werden, sowie den Kreissynodalvorstand.

Die Kirchenkreise bilden die Landeskirche (in der staatlichen Verwaltung dem Bundesland vergleichbar). Eine weitere Stufe zwischen den Kirchenkreisen und der Landeskirche, die es in einigen anderen Landeskirchen gibt und die in etwa den Regierungsbezirken der staatlichen Verwaltung entspricht, gibt es in der westfälischen Landeskirche nicht.

Die 28 Kirchenkreise

Kirchengemeinden

Die 28 Kirchenkreise umfassen 501 Kirchengemeinden (Stand Ende 2015). Deren Zahl war bei Bildung der Landeskirche deutlich geringer. Im Laufe der folgenden Jahre erhöhte sie sich zeitweilig auf über 620, weil v. a. in Städten durch Zuzüge die Kirchengemeinden so groß wurden, dass man sie aufteilte und damit neue Kirchengemeinden entstanden. In jüngerer Zeit nimmt die Zahl der Kirchengemeinden wieder ab, weil der Ressourcenrückgang (Gemeindegliederzahlen, Finanzmittel) Zusammenlegungen notwendig macht.

Haus Landeskirchlicher Dienste

Das Haus Landeskirchlicher Dienste in Dortmund ist ein Tagungszentrum der westfälischen Landeskirche und Sitz einiger landeskirchlicher Ämter und Einrichtungen:

Gesangbücher

Die Gemeinden der Evangelischen Kirche von Westfalen singen bzw. sangen in den letzten Jahrzehnten vor allem aus folgenden Gesangbüchern:

  • Evangelisches Gesang-Buch. Herausgegeben nach den Beschlüssen der Synoden von Jülich, Cleve, Berg und von der Grafschaft Mark, Elberfeld 1834.
  • Christliches Gesangbuch für die evangelischen Gemeinden des Fürstentums Minden und der Grafschaft Ravensberg. Gütersloh vor 1900.
  • Evangelisches Gesangbuch für Rheinland und Westfalen. Dortmund 1883.
  • Evangelisches Gesangbuch für Rheinland und Westfalen (mit dem Stammteil „Lieder des Deutschen Evangelischen Gesangbuches nach den Beschlüssen des Deutschen Evang. Kirchenausschusses“). Dortmund 1929.
  • Evangelisches Kirchengesangbuch, Ausgabe für die Landeskirchen Rheinland, Westfalen und Lippe. Bielefeld u. a. 1969.
  • Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe für die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche von Westfalen, die Lippische Landeskirche, in Gemeinschaft mit der Evangelisch-reformierten Kirche (Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland), in Gebrauch auch in den evangelischen Kirchen im Großherzogtum Luxemburg. Gütersloh/Bielefeld/Neukirchen-Vluyn 1996.

Ausstellung „Das Russlands-Deutsche Haus“

Die Aussiedlerarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen hat die Wanderausstellung Das Russlands-Deutsche Haus entwickelt. Diese Ausstellung inszeniert die Geschichte der Russlanddeutschen in Form eines begehbaren Hauses und war von 2003 bis 2014 an mehr als 70 Orten in ganz Deutschland zu sehen, dabei auch beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 2013 in Hamburg. Mehr als 100.000 Besucher schauten sich die Ausstellung an. Nach dem Ende ihrer Tour durch Deutschland fand die Wanderausstellung eine dauerhafte virtuelle Präsenz im Online-Migrationsmuseum Lebenswege.[16][17]

Siehe auch

Literatur

Quellen

  • Kirchen-Ordnung für die evangelischen Gemeinden der Provinz Westphalen und der Rheinprovinz vom 5. März 1835, mit den für die Rheinprovinz geltenden Zusätzen, Abänderungen, Verordnungen etc. Bertelsmann, Gütersloh 1865 (Digitalisat).
  • Kirchenordnung für die evangelischen Gemeinden der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz vom 5. März 1835. 4., vermehrte und verbesserte Aufl. Marcus, Bonn 1878 (Digitalisat).

Darstellungen

Commons: Evangelische Kirche von Westfalen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Evangelische Kirche in Westfalen – Daten und Fakten
  2. Evangelische Kirche in Deutschland – Kirchemitgliederzahlen Stand 31.12.2015 EKD Januar 2017
  3. Wilhelm Heinrich Neuser: Evangelische Kirchengeschichte Westfalens im Grundriß. Bielefeld 2002, S. 56 ff.
  4. Wilhelm Heinrich Neuser: Evangelische Kirchengeschichte Westfalens im Grundriß. Bielefeld 2002, S. 66 ff.
  5. Wilhelm Heinrich Neuser: Evangelische Kirchengeschichte Westfalens im Grundriß. Bielefeld 2002, S. 60 ff.
  6. Wilhelm Heinrich Neuser: Evangelische Kirchengeschichte Westfalens im Grundriß. Bielefeld 2002, S. 93 ff.
  7. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen die Kirchenprovinzen Unierte Evangelische Kirche in Polnisch Oberschlesien (Kirchenprovinz von 1923 bis 1937), Landessynodalverband der Freien Stadt Danzig (1920–1940), Landessynodalverband Memelgebiet (1927–1939) hinzu, die bei Deutschland verbliebenen westlichen Teile der Kirchenprovinzen Posen und Westpreußen bildeten ab 1921 die Kirchenprovinz Posen-Westpreußen.
  8. Heidemarie Wünsch: 80 Jahre Westfälischer Theologinnen-Konvent: »Der unbedingte Wille zur Vernetzung«. In: Deutsches Pfarrerblatt 2014 (pdf-Datei).
  9. Evangelisch.de: Westfälische Kirche beschließt öffentliche Segnung homosexueller Paare
  10. Kurt Meier: Die deutschen Christen. Das Bild einer Bewegung im Kirchenkampf des Dritten Reiches. Halle (Saale) 1964, S. 27.
  11. Carsten Nicolaisen (Bearb.): Dokumente zur Kirchenpolitik des Dritten Reiches. Bd. 1.: Das Jahr 1933. Gütersloher Verlags-Haus, Gütersloh 1971, ISBN 3-459-00629-3, S. 18.
  12. Reijo Heinonen: Anpassung und Identität. Theologie und Kirchenpolitik der Bremer Deutschen Christen 1933–1945. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1978, ISBN 3-525-55704-3, S. 93.
  13. Kirchenordnung der EKvW, Grundartikel II.
  14. Website der Landeskirche
  15. Organigramm auf der Website der EKvW.
  16. www.ekd.de, Projekt des Monats: Das Russlands-Deutsche Haus
  17. Online-Migrationsmuseum Lebenswege, virtuelle Dauerausstellung: Das Russlands-Deutsche Haus

Koordinaten: 52° 1′ 17″ N, 8° 31′ 59″ O