Fritz Rudolf Fries

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Fritz Rudolf Fries (* 19. Mai 1935 in Bilbao, Spanien; † 17. Dezember 2014 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Dolmetscher und Übersetzer.

Leben

Fritz Rudolf Fries’ Vater war ein Kaufmann, der als Soldat im Zweiten Weltkrieg von italienischen Partisanen erschossen wurde. Seine Mutter war spanischer Abstammung. 1942 zog die Familie von Bilbao nach Leipzig, wo Fries die Bombardierungen der Stadt erlebte.[1]

Nach dem Studium der Anglistik, Romanistik und Hispanistik bei Werner Krauss und Hans Mayer an der Karl-Marx-Universität Leipzig wurde er freischaffender Übersetzer aus dem Englischen, Französischen und Spanischen (Calderón, Cervantes, Neruda, Buero Vallejo u. a.), Dolmetscher (unter anderem in Prag und Moskau) und Schriftsteller. Außerdem machte er sich als Herausgeber einer vierbändigen Borges-Ausgabe einen Namen. Von 1960 bis 1966 arbeitete er als Assistent bei Werner Krauss an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin. 1964 reiste er nach Kuba.

Sein erster Roman Der Weg nach Oobliadooh fand in der DDR keine Druckgenehmigung und erschien unter Vermittlung von Uwe Johnson 1966 im Suhrkamp Verlag in der Bundesrepublik. Die (West-)Schriftstellerin Gabriele Wohmann bemerkte:

„Fries widerlegte die Vorstellung vom handwerklich ungeschickten, thematisch eingeengten, formal vorsichtigen und bieder erzählenden DDR-Schriftsteller“.[2]

Seine Karriere als Schriftsteller in der DDR verlief nicht bruchlos. Nachdem sein erster Roman im Westen erschienen war, verlor er 1966 seine Arbeitsstelle in der Ost-Berliner Akademie der Künste.[3] Auch später verweigerte sich Fries dem von der Staatspartei SED gewünschten sozialistischen Realismus. Weil seine Werke aber auch keine explizite DDR-Kritik enthielten, konnte er als Autor von Büchern und Hörspielen und als Übersetzer arbeiten.

1972 wurde Fries Mitglied des PEN-Zentrums der DDR und kurz darauf in dessen Präsidium gewählt. Im selben Jahr warb ihn die Stasi als Spitzel für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) an. Sein Deckname als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) lautete Pedro Hagen. Die Spitzeltätigkeit endete 1985.[4]

Nachdem er diese Zuarbeit als IM für die Staatssicherheit 1996 selbst offengelegt hatte,[5] trat er aus allen Vereinigungen, deren Mitglied er war, aus (P.E.N., Akademie der Künste in Berlin, Bayerische Akademie der Schönen Künste, Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung).

Es fiel Fries schwer sich mit diesem Teil seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, was auch sein 2010 erschienener halb-autobiografischer Roman Alles eines Irrsinns Spiel belegt. Hier taucht er in die Familien-Mythen sowie die Zeit seiner Kindheit ein. Damit schließt sich ein Kreis zu seinem ersten Roman Der Weg nach Oobliadooh, der ebenfalls biografisch grundiert von seiner Liebe zum Jazz und dadurch motivierten Ausflügen zu West-Berliner Konzert-Veranstaltungen handelte.[1] Fries’ Romane stehen im Zeichen des Pikaresken, der Phantasie und des Humors.

Fritz Rudolf Fries lebte zuletzt in Petershagen bei Berlin und schrieb noch gelegentlich für das Feuilleton mehrerer Tageszeitungen. Er starb am 17. Dezember 2014 im Alter von 79 Jahren in Berlin.[6]

Werke

Schriften
  • Der Weg nach Oobliadooh. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1966.
  • Seestücke. VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1973.[7]
  • Das Luftschiff. Rostock 1974 / Piper, ISBN 3-492-03428-4.
  • Der Fernsehkrieg. VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1975.
  • Lope de Vega. Leipzig 1977; Insel, 1979, ISBN 3-458-14974-0.
  • Alexanders neue Welten. Berlin und Weimar 1982.
  • Verlegung eines mittleren Reiches. Berlin 1984.
  • Die Väter im Kino. Berlin und Weimar 1989.
  • Die Nonnen von Bratislava. Piper, München 1994, ISBN 3-492-03655-4.
  • Don Quixote flieht die Frauen oder die apokryphen Abenteuer des Ritters von der traurigen Gestalt. Katzengraben-Presse, Berlin 1995, ISBN 3-910178-20-0. (Limitierte Auflage von 999 Stück, den Vorzugsexemplaren 001-099 ist eine Radierung des Malers und Bühnenbildners Manfred Gruber beigegeben.)
  • Im Jahr des Hahns. Tagebücher. G. Kiepenheuer, Leipzig 1996, ISBN 3-378-00591-2.
  • Septembersong. Frieden-Vertriebsgemeinschaft, Hamburg 1997, ISBN 3-930325-15-2.
  • Der Roncalli-Effekt. G. Kiepenheuer, Leipzig 1999, ISBN 3-378-00624-2.
  • Diogenes auf der Parkbank. Erinnerungen. Das Neue Berlin, Berlin 2002, ISBN 3-360-00973-8.
  • Hesekiels Maschine oder Gesang der Engel am Magnetberg. Das Neue Berlin, Berlin 2004, ISBN 3-360-01249-6.
  • Blaubarts Besitz. Faber & Faber, Leipzig 2005, ISBN 3-936618-72-0.
  • Dienstmädchen und Direktricen. Faber & Faber, Leipzig 2006, ISBN 3-936618-83-6.
  • Alles eines Irrsinns Spiel. Faber & Faber, Leipzig 2010, ISBN 978-3-86730-115-2.
  • Last Exit to El Paso. Roman. Wallstein, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1209-8.
Hörspiele und Features

Auszeichnungen und Preise

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Deutschlandradio Kultur vom 26. Oktober 2010: „Die Mythen einer Familie“ Fritz Rudolf Fries: „Alles eines Irrsinns Spiel“. Rezension
  2. Peter Mohr: Ein dienendes Mitglied der Familie. Zum 70. Geburtstag des Schriftstellers Fritz Rudolf Fries. Literaturkritik.de, 6. Juni 2005.
  3. Siehe Andreas Platthaus: Zum Tod von Fritz Rudolf Fries – Aus der Isolation fand er nur einen Ausweg. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Dezember 2014.
  4. Michael Bauer: Der Teufelspakt. In: Focus, 24. Februar 1996, abgerufen am 20. Dezember 2014.
  5. Andreas Platthaus: Zum Tod von Fritz Rudolf Fries – Aus der Isolation fand er nur einen Ausweg. In: FAZ, 19. Dezember 2014.
  6. Roman Bucheli: Dichter in zwei Welten. In: Neue Zürcher Zeitung vom 19. Dezember 2014.
  7. Alles Übel kommt vom Reisen – Familie Fries am Friedensmeer. In: Die Zeit, 5. Oktober 1973, Besprechung von Dominik lost, abgerufen 24. Juni 2012.
  8. Der Arbeitstitel der Sendung lautete „Paris in achtzehn Tagen“. Besprechung in: Patrick Conley: Der parteiliche Journalist. Metropol, Berlin 2012, ISBN 978-3-86331-050-9, S. 100 f.