Karl Kitzinger

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Karl Kitzinger bei der Verleihung von Eisernen Kreuzen an Fallschirmjäger in Norwegen (1940)

Karl Kitzinger (* 18. April 1886 in Neu-Ulm; † 14. April 1962 in Stuttgart) war ein deutscher General der Flieger im Zweiten Weltkrieg sowie zwischen 1941 und 1942 der Wehrmachtbefehlshaber im Reichskommissariat Ukraine, wo insbesondere hunderttausende Juden von der Zivilverwaltung oder von der Militärverwaltung der systematischen Vernichtung zugeführt wurden. In dieser Position erteilte Kitzinger selbst Befehle zu einzelnen Mord-Aktionen. Am 23. Juli 1944 ernannte Hitler ihn zum Militärbefehlshaber in Frankreich.

Militärkarriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kitzinger diente in der Württembergischen Armee zunächst als Fahnenjunker, zwischen dem 5. Juli 1904 und dem 21. März 1911 dann als Zugführer im Pionier-Bataillon Nr. 13. Zwischen dem 1. Januar und dem 1. September 1905 besuchte er die Kriegsschule Hannover. Vom 1. Oktober 1907 bis zum 15. Juli 1909 besuchte er die Vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin. Zwischen dem 1. und 21. August 1909 wurde Kitzinger zur Gewehrfabrik Erfurt abkommandiert. Vom 22. März 1911 bis 6. August 1914 war er Adjutant in seinem Stammbataillon. Hier wurde er auch vom 22. März bis 1. Oktober 1912 als Gerichtsoffizier verwendet.

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs war Kitzinger zwischen dem 7. August 1914 und dem 10. Februar 1915 zunächst Adjutant des Pionier-Kommandanten des XIII. Armee-Korps. Im selben Zeitraum war er zudem vom 1. Oktober bis 1. November 1914 kurzzeitig Kompaniechef im Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württembergisches) Nr. 125. Dann, zwischen dem 11. Februar 1915 und 24. Februar 1916 Adjutant des General der Pioniere der 9. Armee. Und vom 25. Februar bis zum 16. Oktober 1916 war er Chef der Minenwerfer-Abteilung 26. Im Oktober 1916 wurde er verwundet. Danach war er bis zum 4. März 1917 als Generalstabsoffizier im Karpaten-Korps eingesetzt; zwischenzeitlich auch als Adjutant der 1. Infanterie-Division. Zwischen dem 5. März und dem 1. August 1917 war er Generalstabsoffizier bei der 46. Reserve-Division, kurzzeitig auch Generalstabsoffizier der 113. Infanterie-Division. Und zwischen dem 2. August 1917 und 31. Januar 1918 war er im Generalstab des Karpaten-Korps; ebenso zwischenzeitlich im 5. Generalstab in Sedan. Zum Ende des Ersten Weltkriegs war er zunächst Arbeitsinspektor im Generalstab (1. Februar bis 10. Juli 1918), dann Chef des Stabes der 35. Infanterie-Division (16. August 1918 bis 1. September 1919).

Weimarer Republik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Weimarer Republik diente er zunächst in der Reichswehr vom 2. September 1919 bis 28. Februar 1922 als Berater der Ausbildungsabteilung im Reichswehrministerium. Dann wurde er Hauptmann im Stab des I. Bataillons des 13. (Württembergischen) Infanterie-Regiments (1. März 1922 bis 22. Januar 1923). Im Jahre 1923 war er als Signal-Offizier im Regimentsstab eingesetzt, bis er dann am 10. Oktober 1923 zum Kompaniechef desselben Regiments wurde (bis zum 20. November 1925).

Vom 1. Dezember 1925 bis zum 20. September 1930 arbeitete er im Stab der 5. Division. Vom 1. Februar 1928 bis zum 1. April 1930 war er zudem Sport-Offizier. Ende 1930 bis Anfang 1931 wurde er erneut im Stab des I. Bataillons des 13. Infanterie-Regiments eingesetzt. Im Frühjahr 1931 übernahm er die Leitung und wurde ab dem 1. April 1931 zum Bataillonskommandeur ernannt, wobei er diese Funktion bis zum 31. Januar 1933 ausübte.

Nationalsozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war Kitzinger zwischen dem 1. Februar und dem 31. August 1933 Kommandant der Festung Ulm. Im September 1933 war er erneut in der Ausbildungsabteilung des Reichswehrministeriums tätig.

Zwischen dem 1. Oktober 1933 und dem 28. Februar 1934 arbeitete er als Dozent für Militär-Wissenschaften an der Universität Köln. Dann zwischen dem 1. März und dem 20. September 1934 als Festungs-Inspektor II. und im Oktober 1934 als Inspektor der westlichen Befestigungsanlagen.

Am 1. November 1934 trat er zur Luftwaffe über, wo er die Dienststellung des Luftzeugmeisters übernahm. Zum 1. August 1936 wurde er zum Chef des Nachschubamtes im Reichsluftfahrtministerium ernannt. Am 1. Juni 1938 wurde Kitzinger Befehlshaber der Luftverteidigungszone West (Westwall).

Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Oktober 1939, einen Monat nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, wurde Kitzinger Inspekteur der Luftverteidigungszonen bei gleichzeitiger Beförderung zum General der Flieger. Anfang 1940 war er zugleich Inspekteur der Luftwaffen-Bautruppen. Vom 15. April 1940 bis zum 26. Juni 1941 war Kitzinger Kommandierender General und Befehlshaber im Luftgau Norwegen.

Am 1. Juli 1941, wenige Tage nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, wurde Kitzinger Wehrmachtbefehlshaber im Reichskommissariat Ukraine. Diese Dienststellung hatte er bis zum 21. Juli 1944.

Am 26. Juni 1942 gab Kitzinger hinsichtlich der Partisanenbekämpfung den Befehl, dass „bei einem Zweifel hinsichtlich der Wahl der zu treffenden Maßnahmen das härtere Verfahren das richtige“ sei.[1] Im Oktober/November 1942 befahl er dem Kommandanten des Stammlagers (Stalag) für Kriegsgefangene 305, Oberstleutnant Hiltrop, rund 200 jüdische Kriegsgefangene der „Sonderbehandlung“ zuzuführen.[2] Am 21. Juli 1944 beendete Kitzinger seine Tätigkeit im Reichskommissariat Ukraine.

Am 23. Juli 1944 ernannte Hitler ihn zum Militärbefehlshaber in Frankreich. Sein Vorgänger Carl-Heinrich von Stülpnagel war am Hitler-Attentat beteiligt gewesen. Kitzinger trat seine Stelle, so Peter Lieb, in der festen Absicht an, „die schwierige Lage durch Härte und Bekämpfung der Lethargie in den Stäben“ zu überwinden.[2] Wenige Tage später forderte er, zu den Besprechungen des OB West mit den Oberbefehlshabern von Marine und Luftwaffe hinzugezogen zu werden; er selbst wolle nicht als „reiner Territorialverwalter“ angesehen werden. Sonst wolle er zurücktreten.[2] Kitzinger übte das Amt des Militärbefehlshabers Frankreich nur bis zum 4. Oktober 1944 aus, Paris hatte schon am 25. August kapituliert.

Am 2. August 1944 befahl das Oberkommando der Wehrmacht Kitzinger, Defensivpositionen entlang der Flüsse Somme, Marne und Saône vorzubereiten bzw. auszuarbeiten.[3]

Vom 5. Oktober 1944 bis zur Kapitulation der Wehrmacht war er erneut Oberbefehlshaber im Festungsbereich West (Westwall). Seit dem 11. September war das Kommando von den lokalen Wehrkreisbefehlshabern an den OB West transferiert worden. Die Festungsabteilung des OB West wurde aufgewertet zum Oberkommando Festungsbereich West.[4]

Nachkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 8. Mai 1945 geriet Kitzinger in britische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Jahre 1947 entlassen wurde. Für seine Taten im Nationalsozialismus musste er sich nie verantworten. Über sein Leben in der Nachkriegszeit bis zu seinem Tod im Jahre 1962 ist lediglich bekannt, dass er in Stuttgart als kaufmännischer Angestellter tätig war.[5]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Granier: Kitzinger, Karl. in: Baden-Württembergische Biographien. Band 2. Kohlhammer, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-014117-1, S. 267–268.
  • Dermot Bradley (Hrsg.), Karl Friedrich Hildebrand: Die Generale der deutschen Luftwaffe 1935–1945. Band 2: Habermehl-Nuber. Biblio Verlag, Osnabrück 1991, ISBN 3-7648-1701-1.
  • Frank Raberg: Biografisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm 1802–2009. Süddeutsche Verlagsgesellschaft im Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-7995-8040-3, S. 201.
  • Wolfgang Proske (Hrsg.): NS-Belastete aus dem Raum Ulm/Neu-Ulm (= Täter – Helfer – Trittbrettfahrer. Band 2). 1. Auflage. Klemm+Oelschläger, Münster / Ulm 2013, ISBN 978-3-86281-062-8, S. 97 ff.
  • Wolfgang Proske: Karl Kitzinger: „In meinem Bereich sterben täglich 2.500 Gefangene“. In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer, Bd. 11. NS-Belastete aus Nord-Schwaben (+ Neuburg). Kugelberg Verlag, Gerstetten 2021, ISBN 978-3-945893-18-0, S. 165–185.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Timm C. Richter: „Herrenmensch“ und „Bandit“. Deutsche Kriegsführung und Besatzungspolitik als Kontext des sowjetischen Partisanenkrieges (1941-44). Münster 1998, S. 65, ISBN 3-8258-3680-0. Google-Books
  2. a b c Peter Lieb: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44. München 2007, S. 54f. ISBN 3-486-57992-4. Google Books (Quelle: IfZ-Archiv, MA 487.); zum genauen Datum vgl. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 2007, S. 71.
  3. U.S. Army in World War II (European Theater of Operations): Breakout and Pursuit. Kap. XXIX: The Liberation of Paris: S. 592
  4. Chris McNab: Hitler’s Fortresses: German Fortifications and Defences 1939-45, S. 107. Osprey Publishing 2014, ISBN 978-1-78200-828-6.
  5. Erich Riedl: Zwei Neu-Ulmer und ihr Weg zum Fliegen (Memento des Originals vom 22. Dezember 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swp.de Artikel in der Südwest Presse vom 23. April 2015
  6. a b c d e f g h Rangliste des Deutschen Reichsheeres. E.S. Mittler & Sohn, Berlin, S. 122.